Hang over!? Vertikales Grün in Nürnberg

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Die Nürnberger Klinkerfassade der städtischen Entwässerungsbetriebe in der Muggenhofer Straße wird zum "Schaufenster" für vertikales Grün: Seit Oktober 2013 stehen vier wandgebundene Begrünungssysteme unter wissenschaftlicher Beobachtung. Fotos: Jürgen Eppel

Wandgebundene Begrünungen liegen derzeit voll im Trend. Dort wo früher farbiger Putz oder moderne Fassadenbekleidungen dominierten, schaffen heute Begrünungssysteme die Voraussetzungen für ein unerwartetes Naturerlebnis im verdichteten urbanen Raum. Und weil Natur eben nicht nur schön "grün" ist, sondern darüber hinaus auch Wohlfahrtswirkungen entfaltet, wird die grüne Fassade im Zeitalter von Klimawandel und Energiewende zu einem wichtigen Instrument künftiger Stadtplanung (hoch)stilisiert.

Dass dazu eine ausgeklügelte Technik vorgehalten werden muss, die den Pflanzen ein Überleben "am Tropf" ermöglicht und nur mit einer fachgerechten Entwicklungs- und Unterhaltungspflege sich das angestrebte Begrünungsziel auch erreichen und aufrechterhalten lässt, versteht sich von selbst.

Nürnberg will es wissen

Wie gut die Hersteller von Begrünungssystemen mit dieser Herausforderung umgehen, wird seit 2013 anhand eines praxisnahen Versuchs in Nürnberg untersucht. Neben dem Umweltreferat der Stadt Nürnberg und dem ortsansässigen Verein Grünclusiv e. V., ein Zusammenschluss von Landschaftsarchitekten, GaLaBau-Firmen und Zulieferbetrieben der grünen Branche als Initiator des Modellversuchs, sind auch noch die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V. und die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) als wissenschaftlicher Betreuer involviert. Als Versuchsstandort dient der Hauptsitz der Stadtentwässerung in der Muggenhofer Straße, deren Eigenbetrieb auch die südexponierte Klinkerfassade als Versuchswand zur Verfügung gestellt hat. Die dort von den vier Herstellern von Mitte August bis Anfang Oktober 2013 nachträglich installierten Vertikalbegrünungssysteme funktionieren im Prinzip wie eine vorgehängte hinterlüftete Fassade. Alle Systeme sind auf Strom und Wasser - in diesem Fall vor Ort gewonnenes Brunnenwasser- angewiesen. Die technischen Daten mit den wesentlichen Unterscheidungsmerkmalen der eingebundenen Systemhersteller sind in Tabelle 1 hinterlegt. Die Montage der rund 6m2 großen Versuchsflächen vor Ort, sowie die Auswahl, Verteilung der Pflanzenarten und die Bepflanzung selbst, wurde ausschließlich von den Herstellerfirmen veranlasst. Die Messungen und Bonituren wurden im November 2013 begonnen und sollen mindestens drei Jahre andauern. Die nachfolgend publizierten Ergebnisse basieren folglich auf einem einjährigen Beobachtungzeitraum und können deshalb sicher nur erste Anhaltspunkte liefern. Zusammen mit den in etwa gleich langen Erfahrungen der Frankfurter Machbarkeitsstudie am Palmengarten, ergeben sich daraus aber jetzt schon interessante Aspekte für die Praxistauglichkeit von Begrünungssystemen, die für Hersteller, Planer und Betreiber von wandgebundenen Begrünungen gleichsam von Interesse sind.

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Montage und Ausrichtung der Temperaturfühler durch Mitarbeiter der LWG. Gemessen wird vor, über und hinter jedem Begrünungssystem.

Ohne professionelle Wartung und Pflege geht es nicht

Mit Inbetriebnahme der Versuchswände im Oktober 2013 wurde die Wartung der Systeme, in Absprache mit den Herstellern, einer ortsansässigen Fachfirma übertragen. Der Auftrag umfasst für alle neben einer visuellen Kontrolle, die Wartung von Steuer- und Regeltechnik, eine systemabhängige Ein- und Auswinterung der Anlage, sowie - falls erforderlich - Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten. Was die gärtnerische Pflege betrifft, liegt die Verantwortung in Händen eines anerkannten Staudenfachbetriebs. Dieser ist nach Rücksprache mit den Versuchsbeteiligten auch für Pflanzenschutz und gegebenenfalls erforderliche Nachpflanzungen zuständig. Die Verbrauchsmessungen für Strom und Wasser werden von Grünclusiv vor Ort durchgeführt.

Wie nicht anders zu erwarten, zeigen sich beim Wasser- und Stromverbrauch der Systeme bereits innerhalb eines Jahres gravierende Unterschiede. Wie Tabelle 2 verdeutlicht, ist allen Systemen ein vegetationsbedingt erwarteter höherer Verbrauch während der Frühjahrs- und Sommermonate gemein. Allerdings begnügt sich das im Sommer im Wasserverbrauch sparsamste System "Vertiko" mit durchschnittlich nur 33,4 l/m2 im Monat; was allen anderen Systemen selbst in den verbrauchsärmeren Wintermonaten noch viel zu wenig ist. Da "Vertiko" als geschlossenes System konzipiert ist, lassen sich damit gegebenenfalls auch Überschussbewässerungen ressourcenschonender bewältigen. Auffällig ist der im Herbst/Winter hohe Wasserverbrauch von "Optigrün". Dieses Phänomen war übrigens auch am Palmengarten in Frankfurt zu beobachten, wo dieses System über den gesamten Beobachtungszeitraum den mit Abstand höchsten Wasserverbrauch verursachte (Roth-Kleyer, S. u. Gunkel, S., 2014). In Nürnberg erweist sich im Sommerbetrieb das System "90degreen" mit monatlich über 160 l/m2 als besonders "durstig". Sowohl bei "Optigrün" als auch bei "90degreen" traten allerdings auch schon sichtbare Wasserverluste (Pfützenbildung) auf, was zu Nachjustierungen an der Regeltechnik und Austausch von Bauteilen geführt hat.

Die in Tabelle 2 ausgewiesen Stromverbräuche sind dem Einsatz der Pumpentechnik geschuldet. Zwar gibt es auch hier systembedingte Unterschiede, die aber über die Bewässerungsaufgabe (z. B. mit/ohne Substrat, Dicke der Vegetationstragschicht, Verteilungsprinzip usw.) und der dafür ausgelegten Pumpenleistung erklärbar sind. Durch Direktanschluss an das Hauswassernetz und Verzicht auf eine zusätzliche Pumpe erweist sich das System "90degreen" in dieser Hinsicht als ausgesprochener "Stromsparer".

Betrachtet man die Aufwendungen für den laufenden Betrieb aus monetärer Sicht, so wären in Nürnberg in Abhängigkeit von der Tarifgestaltung im ersten Betriebsjahr pro Quadratmeter Fassadengrün zwischen ein Euro ("Vertiko") und vier Euro ("Optigrün") fällig gewesen.

"Viel hilft viel" stimmt leider nicht immer

Allerdings fallen diese laufenden Betriebskosten mit einem Anteil von durchschnittlich zwei bis drei Prozent am gesamten Unterhaltungsaufwand im Nürnberger Modellversuch bisher kaum ins Gewicht. Allzu viel musste im ersten Versuchsjahr noch für Reparaturen, Wartung, Nachpflanzung und Pflege in die Nürnberger Systeme investiert werden. Gemessen am Gesamtaufwand macht alleine der technische Support mehr als drei Viertel der Kosten aus. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier durch die Firmen - weil ein öffentlichkeitswirksames Projekt betreut wird - entweder überaus sorgfältig gewartet wurde oder aber die Systeme - weil noch nicht ganz ausgereift - doch einen relativ hohen Betreuungsaufwand nach sich ziehen. Die Wahrheit liegt wohl - wie so oft - in der Mitte.

Ein Blick auf die in Tabelle 3 für Betrieb und Unterhalt differenziert aufgeführten Kosten sorgt dennoch für Ernüchterung. Selbst das bisher von Reparaturen und Nachpflanzungen verschonte System "Vertiko" verursachte im ersten Betriebsjahr einen Unterhaltungsaufwand von fast 70 Euro/m2.

Die anderen Systeme liegen - vor allem den notwendigen Nachpflanzungen und Reparaturen geschuldet - deutlich darüber. Die Variante "90degreen" kostete rückblickend sogar mehr als doppelt so viel wie das vertikale Grün von "Vertiko". In diesem Fall bewahrheitet sich der Spruch "viel hilft viel" leider nicht.

Angesichts nach wie vor leerer öffentlicher Kassen darf leider bezweifelt werden, ob ein kommunaler Investor bereit ist, neben der vergleichsweise hohen Erstinvestition, für die je nach Flächengröße, Zuschnitt und Hersteller mindestens 400 bis 700 Euro/m2 einzuplanen sind, zusätzliche Fixkosten in Höhe von jährlich 70 Euro/m2, wie in Nürnberg, in den Haushalt einzustellen. Zugegebenermaßen lassen sich bei größeren Flächenzuschnitten und vertrauter Bedienung die Unterhaltungskosten vielleicht noch nach unten drücken. Aber eines zeichnet sich jetzt schon ab: Die Akzeptanz von vergleichsweise kostenintensiven wandgebundenen Begrünungssystemen hängt maßgeblich vom damit dauerhaft erzielbaren Begrünungserfolg ab.

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Hauptsache Grün? Die vier geprüften Vertikalbegrünungssysteme vom September 2013 bis zum Oktober 2014 im Vergleich: System "Humko" im September 2013 …
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… und im Oktober 2014.
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System "90degreen" im September 2013 …
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… und im Oktober 2014.
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System "Vertiko" im September 2013 …
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… und im Oktober 2014.
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System "Optigrün" im September 2013 …
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… und im Oktober 2014.

Hauptsache grün und dicht

Unabhängig davon welche Ausrichtung der Begrünungserfolg erfahren soll - ob Kunst am Bau oder Klimamäßigung und ökologischer Ausgleich, müssen erstmal die Voraussetzungen für ein gesundes Pflanzenwachstum im System geschaffen werden. Gar nicht so einfach, wenn die Pflanze quasi dauerhaft "in der Luft", beziehungsweise später dann noch "am Tropf" hängt.

Im Gegensatz zum Frankfurter Modellvorhaben wurden in Nürnberg keine Vorgaben für die Pflanzenverwendung gemacht. Jeder Hersteller durfte sich in Sachen Begrünung selbst verwirklichen. Was die Pflanzdichte angeht, betreiben "Humko" und "Optigrün" mit Stückzahlen von über 30 Pflanzen/m2 von Anfang an intensiven Lückenschluss. Allerdings verzichtet "Optigrün" im Gegenzug mit nur sechs ausgewählten Pflanzenarten auf mögliche Vielfalt. Noch artenärmer kommt nur das System "90degreen" mit vier verschiedenen Pflanzen daher. Es fällt auf, das bei insgesamt 36 verschiedenen Pflanzenarten und -sorten, die verwendet wurden, keine einzige Pflanze in allen Systemen vorkommt. Die größte Übereinstimmung bieten die Gattungen Bergenia, Geranium und Heuchera (jeweils drei Systeme), wobei mit Bergenia cordifolia sogar die Art und bei Heuchera micrantha 'Palace Purple' sogar die Sorte identisch ist.

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass alle Systemanbieter - weitgehend unbeeindruckt von Standortverhältnissen oder artspezifischen Ausbreitungsstrategien - wohl in erster Linie auf ihre "systemerprobten" Pflanzengemeinschaften setzen. Leider ging diese Strategie nicht bei allen Herstellern gleich gut auf. In Tabelle 4 sind die im ersten Jahr in Nürnberg abgängigen Pflanzenarten und -sorten systembezogen aufgelistet. Das System "Humko" weist zwar nach wie vor die größte Artenvielfalt auf, hatte prozentual gesehen aber auch die größten Verluste. Etwa ein Fünftel des gepflanzten Materials musste zwischenzeitlich ersetzt werden. Noch schlechter erging es dem System "90degreen", das zwar insgesamt weniger Pflanzen verlor, aber bei geringerer Pflanzdichte und Artenzahl insgesamt am schlechtesten dasteht.

Die Verlustquote bei "Optigrün" hielt sich auch dank der zahlenmäßig hohen Erstausstattung noch in Grenzen. Auf Betreiben der Hersteller hin, ist eine Nachpflanzung mit gleicher Pflanzenart zugelassen, die allerdings erst nach den Boniturzeitpunkten im April und Oktober durchgeführt wird und - wie bisher schon praktiziert - vorab eine exakte Erfassung abgängiger Pflanzenarten beinhaltet.

Eine der Ursachen für die Pflanzenverluste war ein Befall mit Dickmaulrüsslern, der insbesondere den Bergenien und Heuchera zu schaffen machte. Ausgehend vom System "Optigrün" breitete sich der Schaderreger in der Folgezeit auch in den benachbarten Systemen aus und fügte vor allem "90degreen" schwere Verluste zu. Mittlerweile wurde an allen Systemen eine Larvenbekämpfung mittels Nematoden durchgeführt.

Eine Bekämpfung des Käfers soll in diesem Jahr noch folgen. Der Ausfall von Alchemilla ("Humko" und "90degreen") ist dagegen nur durch partielle Austrocknung erklärbar. Gleiches gilt für Gypsophila und Sedum (beide "Humko"), die beide zwar auch gegen Staunässe empfindlich sind, aber keine Fäulnis zeigten. Einzig "Vertiko" bietet bis jetzt keinerlei Anlass zur Beanstandung. Alle Pflanzen des Systems sind - wie die letzte Bonitur der Einzelarten im Oktober 2014 gezeigt hat - bis jetzt noch mindestens ausreichend vital. Die Vegetation war - laut vor Ort durchgeführten Temperaturmessungen - von November 2013 bis September 2014 immerhin 28 Frosttagen (Minimumtemperatur < 0 °C) und sogar 110 Hitzetagen (Höchsttemperatur ? 30 °C) ausgesetzt. Bisher brachten die lokalen Witterungsbedingungen, die Systeme aber nicht wirklich in Bedrängnis.

Was den Flächenschluss betrifft, weisen gegenüber der Frühjahrsbonitur - auch dank erfolgter Nachpflanzung - drei von vier Systemen im Oktober 2014 eine höhere Bedeckung auf. Wie Abbildung 1 verdeutlicht liegt der Flächenschluss beim System "Vertiko" - sogar ohne Nachpflanzungen - bei mittlerweile 90 Prozent, was auch die Bildaufnahme 3 b zum Boniturzeitpunkt im Oktober 2014 verdeutlicht.

Danach folgt mit gebührendem Abstand "Humko" - trotz der auch im Bild gut erkennbaren Sommerausfälle - mit noch 70 Prozent projektiver Bedeckung. Die Systeme "90degreen" und "Optigrün" legen zwar deutlich zu, die Vegetation wirkt aber - wie auch die Bildaufnahmen belegen - immer noch sehr lückenhaft.

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Prima Klima

Alle Systeme beeinflussen - wie nicht anders zu erwarten - das Temperaturgeschehen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Um die Ergebnisinterpretation übersichtlich zu halten, werden die bisher vorliegenden Temperaturaufzeichnungen in Tabelle 5 für jedes System als Monatsmittelwerte wiedergegeben und - um den Wirkungsgrad verdeutlichen zu können - nur als Temperaturdifferenz (rot = Temperaturerhöhung, blau = Temperaturerniedrigung) dargestellt. Besonders deutlich werden die unterschiedlichen Wirkweisen der Systeme, wenn man den kältesten (Januar 2014) und wärmsten Monat (Juli 2014) beispielhaft betrachtet.

Es fällt zum Beispiel auf, dass das System "Humko" im Januar - wie auch in allen anderen Wintermonaten - die mit Abstand beste Isolationswirkung erzielt. Die gemessenen Temperaturen hinter dem Element, vor der Gebäudewand sind in dieser Zeit um durchschnittlich 3 °C wärmer als die gemessenen Umgebungstemperaturen. Der U-Wert (früher K-Wert) der Nürnberger Tragwand-konstruktion liegt bei ca. 2 W/(m2•K), das heißt bei einer Temperaturdifferenz von 1 Kelvin (= Temperaturunterschied von 1°C) zwischen innen und außen beträgt der Energieverlust rund 2W/m2.

Durch den Isolationseffekt der Wandbegrünung lässt sich das Temperaturgefälle in den Wintermonaten um durchschnittlich 3 K (°C) senken. Das heißt bezogen auf einen Quadratmeter Begrünungsfläche ergibt sich ein Einsparungspotential von 3 K • 2,0 W/m2•K = 6 W. Das ist doppelt so viel wie eine nachträgliche 6 cm Außenwand-Dämmung, die den Wärmestrom um ca. 3 W/m2 )verringert, leisten kann. Allerdings kostet diese Maßnahme mit einem Wärmedämmverbundsystem auch nur 95-130 Euro/m2 inklusive Arbeitskosten, Putz, Fassadenfarbe und Gerüst (Schart, P., 2014).

Im Sommer dagegen ermöglicht wandgebundene Fassadenbegrünung einerseits Transpiration durch die Bepflanzung und bietet zudem in Abhängigkeit vom System zusätzliches Volumen, Oberfläche und Technik für eine Bewirtschaftung von Überschusswasser. Rein Rechnerisch werden beim Wechsel des Aggregatzustands der Luft pro Liter Wasser 0,68 kWh an Wärme entzogen. Im Laufe einer Vegetationsperiode lassen sich damit dann pro Quadratmeter Begrünungsfläche bis zu 136 kWh an Verdunstungsenergie entziehen, was für den gewünschten Kühleffekt sorgt. Bei Messungen an einer wandgebundenen Begrünung des Musée du Quai Branly in Paris ergaben sich dadurch Temperatursenkungen von 1,3 bis 3,5 K (Pfoser, N., 2014).

Ein Blick in Tab. 5 auf die Temperaturverhältnisse im warmen Juli 2014 verdeutlicht, dass auch in Nürnberg alle wandgebundenen Fassadenbegrünungen einen mikroklimatischen Kühleffekt herbeiführen, wenngleich zwischen den Herstellern deutliche Unterschiede auszumachen sind. Mit dem System "Vertiko", das bisher auch die beste Pflanzenvitalität und Bedeckung zeigt, lässt sich an heißen Tagen die Umgebungstemperatur vor der Begrünungsebene um durchschnittlich mehr als 2 K senken. Das Zusammenspiel zwischen Pflanze und Versorgungselement arbeitet von allen Anbietern in dieser Hinsicht bisher am effektivsten. Mit dem geringsten Wasserverbrauch (siehe Tab. 2 gelingt es, die Vegetation am üppigsten gedeihen zu lassen und dabei noch den größten Kühleffekt zu erzielen. Alle anderen Systeme erzielen bisher trotz eines deutlich höheren Inputs an Wassergaben einen schlechteren Wirkungsgrad, wenn es um den Begrünungserfolg und die Kühlleistung geht.

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In aller Kürze

Nein, eine "Katerstimmung" verursacht die wandgebundene Begrünung am Nürnberger Versuchsstandort noch nicht. Das wäre nach etwas mehr als einem Versuchsjahr auch vielleicht verfrüht. Aber die erste Euphorie ist leider schon verflogen. Zu wartungs- und pflegeintensiv verlief das erste Jahr für unsere vier Versuchskandidaten. Eine rühmliche Ausnahme bildete lediglich das System "Vertiko", das sich bisher als betriebssicher und pflanzenfreundlich erweist. Auch in der Anschaffung zählt es zu den vergleichsweise Günstigeren am Markt. Übrigens war dieses System auch im Palmengarten Frankfurt nach einjähriger Beobachtungszeit in der Gunst der Bewerter ganz vorne. Bei allen anderen Begrünungsherstellern musste sowohl in technischer als auch pflanzlicher Hinsicht nachgebessert werden. Das trübt natürlich auch das mittlerweile bei fast allen Systemen passable optische Erscheinungsbild etwas ein. Immerhin konnten einige Hersteller mehr, andere weniger, den Beweis antreten, dass mit vorgehängter grüner Fassade im Winter einer Auskühlung der tragenden Wände entgegengewirkt und im Sommer eine Aufheizung unterbunden werden kann.

Angesichts der vorliegenden Erfahrungen sollte in der Praxis unbedingt auf die Einhaltung der Fertigstellungs- und Entwicklungspflege geachtet werden, um überhaupt einen abnahme- beziehungsweise funktionsfähigen Zustand erzielen zu können. Wie das Nürnberger Beispiel zeigt, ist es ratsam, die Abnahmeerst nach Ablauf einer Winter- und Sommerperiode durchzuführen, um das Zusammenspiel zwischen Pflanze und überlebenswichtiger Bewässerungs- und Düngetechnik auch in Echtzeit ausloten zu können. Ansonsten hoffen wir in den nächsten Jahren noch auf weitere aussagekräftige Ergebnisse, wennsich die vier Begrünungssysteme im Alltagsbetrieb, auf zugegebenermaßenkleiner Fläche, beweisen müssen.

Literatur

Pfoser,N. (2014): "Energieeffizientes Bauen mit begrünten Fassaden", in: Jahrbuch Bauwerksbegrünung 2014, S. 80-88, Fachvereinigung Bauwerksbegrünung e. V., Saarbrücken (Hrsg.).

Roth-Kleyer, S. u. S. Gunkel. (2014): "Vertikaler Garten am PalmengartenFrankfurt/Main -Teil 1 - Ergebnisse der Machbarkeitsstudie"; in: Dach und Grün 5/2014, S.6-12.

Roth-Kleyer,S. u. S. Gunkel (2014): "Vertikaler Garten am Palmengarten Frankfurt/Main -Teil 2 - Ergebnisse der Machbarkeitsstudie"; in: Dach und Grün 6/2014, S.6-11.

Schart, P. (2014): "Wärmedämmung bzw. ein Dämmstoffmärchen - über Sinn und Unsinn einer zusätzlichen Wärmedämmung der Außenwände bestehender Gebäude"; im Internet unter www.neuwiedermuss.de/waermedaemmung.

 Jürgen Eppel
Autor

Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau

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