Die digitale Vernetzung von Bauprozessen im Landschafts- und Tiefbau

Hightech-Strategie Landschaft 4.0

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Digitalisierung Digitalisierung im GaLaBau
Mobile Apps stellen die Informationen zielgerichtet zur Verfügung. Foto: Dataflor AG

Aktuell ist das Thema Industrie 4.0 als Projekt zur Hightech-Strategie der Bundesregierung in aller Munde. Die industrielle Produktion soll auf der Grundlage von intelligenten, vernetzten Systemen immer weiter mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik verzahnt werden.

Die Technologien und Arbeitsabläufe sollen zukünftig nutzerorientiert, situationsbezogen, vorausschauend, autonom, selbstkontrollierend und dabei vernetzt organisiert werden. Was für die Industrie ein wichtiges Zukunftsszenario darstellt, geht auch nicht spurlos an den Unternehmen im Garten- und Landschaftsbau vorbei. Die schnelle Entwicklung moderner Messtechnik, der weitere Ausbau der Mobilität und immer leistungsfähigere Softwarelösungen ermöglichen es, die klassischen Planungs- und Organisationsmethoden im Landschaftsbau mit Daten und Informationen zu verzahnen und damit neue Wertschöpfungspotentiale zu erschließen. Bisher unverbundene Insellösungen treten miteinander in Beziehung.

Dabei geht es jedoch nicht primär um Technik und Technologie - der Hauptantrieb 4.0 sollte der aus der Veränderung entstehende Nutzen für das Unternehmen und seine Mitarbeiter sein. Ohne handlungskompetente Mitarbeiter oder gegen sie wird der Nutzen überschaubar bleiben. Im Zuge der digitalen Vernetzung werden mit dem Ziel der Transparenz von Prozessen und Abläufen schrittweise alle Stufen der Wertschöpfungskette in einer durchgängigen Daten- und Informationsstruktur zusammengeführt. Technische Assistenzsysteme bis hin zur Telematik unterstützen bei der Verwaltung und Organisation und liefern jederzeit aufgabenbezogen entscheidungsunterstützende Information. Ziel ist es, den Mitarbeiter in seiner Entscheidungsfindung und Arbeitsorganisation in allen Phasen des Produktionsprozesses zu begleiten, zu beraten und zu unterstützen. Daraus ergibt sich die größte Herausforderung der Strategie 4.0: eine gemeinsame Sprache finden. Nur damit erschließen sich optimal die Potentiale der Wertschöpfungskette - auch über das eigene Unternehmen hinaus.

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Leutewitzer Windmühlen in Dresden – Laserscan mit Leica BLK360. Foto: Stefan Raum, Vermessungstechnik Engelmann KG

Chancen und Notwendigkeiten der Digitalisierung

Die häufigsten Probleme im Wertschöpfungsprozess fokussieren sich auf Probleme mit Kosten, mit Terminen, mit Kommunikation und daraus folgend auch auf die Qualität. Die Qualifizierung der Mitarbeiter, moderne Baustoffe inklusive Bautechnologien und verbesserte Maschinen können allein die zukünftigen Herausforderungen nicht lösen. Daten, Informationen und ihre Verarbeitung und punktuelle Bereitstellung gewinnen immer mehr an Bedeutung und stellen den neuen Schatz der Unternehmen dar. Aktuell hört der Einsatz vernetzter Strukturen oft an der Bürotür auf, häufig auch schon an der der Ausgangstür des Planers. In einzelnen Wertschöpfungsabschnitten bereits eingesetzte moderne Technologien wie zum Beispiel Messtechnik, vernetzte CAD- und Betriebswirtschaftssoftware oder mobile Apps können durch fehlende durchgängige Strukturen und eine gemeinsame Datenbasis ihre wahren Potentiale nur selten entfalten. Damit ist auch die gewinnbringende Nutzung durch die Mitarbeiter nicht oder nur eingeschränkt möglich. Die Technologie der Informationsaufbereitung und -bereitstellung ist das neue Werkzeug im Unternehmen und der Mitarbeiter muss der Fachmann für den gewinnbringenden Einsatz dieses Werkzeugs werden.

Was bedeutet Digitalisierung

Prinzipiell beschreibt die Digitalisierung grundsätzlich erst mal die Umwandlung analoger Informationen in ein digital verwertbares Format. Das wäre schon mal geschafft wenn beispielsweise die per Hand zusammengestellte Materialbestellung zukünftig mit einem entsprechenden Computersystem erfolgt. Bleibt die Digitalisierung auf dieser Stufe stehen, ist der Nutzen relativ überschaubar. Man kann davon ausgehen, dass diese einzelne Maßnahme etwa zu einer Einsparung von maximal fünf Prozent im Wertschöpfungsprozess führt. Erst wenn diese digitale Information in einem weiteren Schritt vernetzt wird, entsteht zusätzlicher Nutzen für das Unternehmen in Form von Kostensenkung, Fehlerreduzierung oder echtem Mehrwert.

Es kann weder doppelt noch falsch bestellt werden und Bestellungen für mehrere Baustellen können koordiniert werden. Durch die Verbindung mit zusätzlichen Informationen anderer Wertschöpfungsabschnitte, anderer Baustellen oder der Planung und Kalkulation (Zeit oder technische Informationen) entsteht weiterer Zusatznutzen. Was wird wann wo gebraucht? Was ist schon vorhanden? Wo liegt es und kann ich es zwischenlagern? Welche Alternativen habe ich? Informationen, die die Wirtschaftlichkeit einer Baumaßnahme wesentlich beeinflussen können.

Digitalisierung bedeutet also in der Endkonsequenz den Einsatz moderner Technologien, um Wertschöpfungsprozesse neu zu gestalten und Erträge zu verbessern. Sie bedingt neben technischen Veränderungen aber auch einen Wandel in der Organisation und der Unternehmensführung. Tradierte Strukturen basierend auf zentralen Entscheidungsmechanismen und fester Grenzen zwischen den Wertschöpfungsschritten müssen ersetzt werden durch interaktive und kooperative Entscheidungsmechanismen.

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Planungen in der virtuellen Realität ermöglichen dem Kunden eine völlig neue Perspektive. Grafik/Foto: Dataflor AG

Digitalisierung als Wettbewerbsvorteil

Fehlende Information, sequenzielles Denken und Arbeiten sowie undurchlässige Entscheidungsstrukturen sind die Ursache für den wesentlichen Teil auftretender Probleme im Bauprozess. Dabei wird die Arbeit immer komplexer und die gegenseitige Beeinflussung aller Prozesse nimmt stark zu. Gleichzeitig sinkt die Verfügbarkeit von Fachkräften. Der Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechniken auf Basis einer umfassend synchronisierten Datenstruktur und die Vernetzung mit dem gesamten Wertschöpfungsprozess, auch über das eigene Unternehmen hinaus, wird der Wettbewerbsvorteil der Zukunft sein.

Dazu kommt, dass gerade im Landschaftsbau, wo jede Baustelle ein Unikat ist und die Vorleistungen sehr indifferent, sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen (Bodenschutz, Entsorgung) immer komplizierter werden, wird in kürzester Zeit der Aufwand ohne Digitalisierung der Prozesse unvertretbar hoch werden wird. Durch die steigende Komplexität der Baumaßnahmen, sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen spielt zukünftig aber auch die digitale Vernetzung über das eigene Unternehmen hinaus zum Beispiel zum Lieferanten oder zum Spezialdienstleister eine zunehmende Rolle. Fachinformationssysteme der verschiedensten Produzenten können dabei nur ein erster Schritt sein.

Zunehmende Vorfertigung und Konfektionierung bis hin zu kompletten Dienstleistungen bei Einbau, Betrieb und Wartung wird die Unternehmen ohne Vernetzungsstrategie vor große Herausforderungen stellen. Durch die zusätzliche Zunahme des Komplexitätsgrades bei der Fertigungstiefe werden zukünftig deutlich mehr Zulieferer, Partner, Kunden und Informationen zu koordinieren sein. Mitarbeiter und Entscheider in den Unternehmen werden zukünftig viel schneller auf viel mehr Dinge reagieren und sachgerecht entscheiden müssen. Dafür wird es notwendig, die bei der Digitalisierung anfallenden Informationen für einen lückenlosen Kommunikationsablauf schnell und effizient zu verdichten und punktuell bereitstellen zu können.

Etwas konkreter

Bei der Beratung von Interessenten kommen heute schon sehr häufig moderne Mess- und CAD-Systeme zur Grundlagenermittlung, Planung und Visualisierung der Gestaltungsidee zum Einsatz. In der Beratungsphase entstehen dann schrittweise ein Plan, dann ein Kostenvoranschlag und in weiteren Schritten verschiedene Angebote.

Stehen in diesem Wertschöpfungsabschnitt zusätzliche Informationen aus anderen Bereichen zur Verfügung, können mehrere Abschnitte effizient parallel ablaufen. Dazu ist es nur notwendig, dass Ihr CAD-System weiß, was zum Beispiel eine Natursteinterrasse in ihrem Unternehmen kostet, welches Material in welchen Mengen benötigt wird, wie lange die Mitarbeiter mit der Ausführung beschäftigt sind, oder welche Genehmigungen benötigt werden. Diese Informationen liegen meist in den Unternehmen digital vor, sind aber nicht vernetzt und erbringen damit keine zusätzliche Wertschöpfung.

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Das Arbeitsfeld des Controllings im Unternehmen wird durch die Digitalisierung ein völlig neues Gesicht bekommen. Grafik/Foto: Dataflor AG

Dabei kann der Entwurf/Plan, ob zweidimensional oder präsentiert in der virtuellen Realität, viel mehr für das Verständnis der Bauaufgabe, der Fehlerpotentialanalyse, der Simulation von organisatorischen Abläufen, bei der Kalkulation und Wirtschaftlichkeitsbetrachtung leisten. Probleme werden vorher sichtbar, Konflikte in der Bauphase vorher erkennbar, notwendige Zusatzleistungen vorher erkennbar. Konsequenterweise gehört CAD und 3D nicht nur ins Büro sondern auf die Baustelle.

Die verschiedenen Beteiligten schauen auf die gleiche Datenbasis aber mit individuellen Brillen und Filtern. Der Kunde kann sich aus der Ich-Perspektive meine Idee anschauen. Das Unternehmen sieht daneben die Grundlagen für die Kalkulation und Kostenschätzung, den Material-, Geräte- und Zeitbedarf, den notwendigen Kapitaleinsatz. Wann kann ich bei der aktuellen Auslastung diesen Auftrag ausführen? Durch das Simulieren des Baustellenablaufs im Modell lassen sich Risiken minimieren, Zwischenlagerplätze festlegen und Zufahrtssituationen abklären.

Der Vorarbeiter schaut mit seiner Brille eher auf eine Fehler- und Risikoanalyse vor Baubeginn, auf technische Masse und Informationen vor und während der Bauausführung, auf Materialmanagement und Zusammenarbeit mit Lieferanten und Vorfertigern. Idealerweise kommen die CAD-Informationen auch gleich für die Absteckung oder auch die Maschinensteuerung auf der Baustelle zum Einsatz. Der Zusatznutzen ist, bei verbundenen Informationen passen sich selbstverständlich auch die verbundenen Informationen bei Planänderungen, Nachträgen und sonstigen Änderungen mit an. Der Aufwand für die Verteilung aktualisierter Informationen entfällt und das Risiko für Fehler sinkt extrem. Baustellenplanung ist das neue Controlling-Werkzeug, mit dem Ziel die Realität näher an die Planung heranzubringen oder umgekehrt.

Aktuell wird sehr viel in immer bessere Überwachungs- und Kontrolltechniken in den Unternehmen investiert, was ein wenig an rückwärtsgewandte Vergangenheitsbewältigung erinnert. Ich analysiere, was ich nicht mehr ändern kann. Das Ziel der digitalen Vernetzung ist es, vorher anzusetzen. Kritische Prozesse vorher zu simulieren und das Unternehmen in Echtzeit zu steuern.

Neue Herausforderungen für das Controlling im Unternehmen

Daten, die zeitnah zur Verfügung stehen und automatisiert verarbeitet werden können, ermöglichen unmittelbare Reaktionen auf Störungen im Wertschöpfungsprozess. Aktuell wird im Controlling häufig der Schwerpunkt auf die Bewertung der Leistungserbringung, auf Kosten und Erlöse gelegt. Zukünftig werden, durch die Form und Geschwindigkeit der Verfügbarkeit von Daten und Informationen, strategische Aspekte, Simulationen und die Analyse von Zusammenhängen von Ursache und Wirkung sowie die Bewertung von Chancen und Risiken ein wesentliches Arbeitsfeld des Controllings sein. Es wird sich weiterentwickeln zu komplexen Simulationsmodellen und es eröffnet damit in seiner Bedeutung für den Wertschöpfungsprozess sehr große Potentiale. Analysen, Risikofaktoranalyse, flexible Budgetierung, szenarienbasierte Investitionsentscheidungen - das Arbeitsfeld des Controllings im Unternehmen wird durch die Digitalisierung ein völlig neues Gesicht bekommen und eine gestaltende Rolle in der Unternehmenspolitik spielen.

Dipl.-Ing. Hans-Gerhard Voß
Autor

Dipl.-Ing. für Gartenbau bei der DATAflor AG

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