Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mahnt die Politik

Hochwasserrisiken: Forscher errechnen hohen Anpassungsbedarf

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) Forschung und Bildung
Bilder, an die wir uns in Deutschland gewöhnt haben: Ein Radfahrer tritt auf einer überfluteten Allee in die Pedale. Foto: Christof Timmermann, Flickr, CC BY-ND 2.0

Veränderte Regenfälle als Folge der globalen Erwärmung werden das Risiko von Überschwemmungen an Flüssen vielerorts stark erhöhen. Schon heute gehören derartige Fluten zu den häufigsten und verheerendsten Naturkatastrophen. Wissenschaftler haben jetzt die bis in die 2040er-Jahre nötige Erhöhung des Hochwasserschutzes in allen Teilen der Welt berechnet, bis hinunter zu einzelnen Regionen und Städten. Dabei stellten sie fest, dass der Anpassungsbedarf in den USA, in Teilen Indiens und Afrikas, in Indonesien und in Mitteleuropa einschließlich Deutschland am größten ist. Ohne Gegenmaßnahmen wären viele Millionen Menschen von schweren Überschwemmungen bedroht.

Zahl der Betroffenen steigt um 0,6 Mio.

"Mehr als die Hälfte der USA müssen ihr Schutzniveau innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte mindestens verdoppeln, wenn sie einen dramatischen Anstieg der Hochwasserrisiken vermeiden wollen", sagt Leit-Autor Sven Willner vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Ohne zusätzliche Anpassungsmaßnahmen - wie Deichausbau, verbessertes Flussmanagement, Veränderung von Baustandards oder Verlagerung von Siedlungen - würde sich die Zahl der Menschen, die von den stärksten 10 Prozent der Hochwasserereignisse betroffen sind, vielerorts erhöhen: In Nordamerika von 0,1 auf 1 Mio. - eine Verzehnfachung. In Deutschland könnte die Zahl von 0,1 auf 0,7 Mio. steigen, also um das Siebenfache.

Die absoluten Werte sind anderswo noch erheblich größer: In Südamerika kann die Zahl der von Hochwasserrisiken betroffenen Menschen voraussichtlich von 6 auf 12 Mio. steigen, in Afrika von 25 auf 34 Mio., und in Asien von 70 auf 156 Mio. Die realen Zahlen betroffener Menschen könnten in Zukunft noch höher ausfallen, da in der Studie das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Urbanisierung nicht berücksichtigt werden.

Trotz guten Schutzniveaus bleibt viel zu tun

Die Untersuchung basiert auf umfassenden Computersimulationen, bei denen vorhandene Daten zu Flüssen aus einer Vielzahl von Quellen verwendet werden. "Diese Daten liegen zwar nicht für jeden Fluss in den entlegensten Winkeln unseres Planeten in höchster Präzision vor, aber sie sind hinreichend gut für all jene Orte, an denen viele Menschen leben, wo viele finanzielle Werte gebunden sind, und wo das Hochwasserrisiko erheblich ist - wir wissen also genug über die Orte, auf die es ankommt", erklärt Willner. Daten über Veränderungen von Niederschlägen, Verdunstung und Wasserkreisläufen stammen aus dem weltweit größten Projekt zum Vergleich von Modellen zur Klimawirkung (ISIMIP), koordiniert von Katja Frieler am PIK.

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Klimaforscher Prof. Dr. Anders Levermann ist überrascht, dass selbst in hoch entwickelten Ländern der Anpassungsbedarf so groß ist. Foto: Ptolusque, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Die räumliche Auflösung der neuen Studie ist etwa zehnmal höher als bei gängigen Computersimulationen des Klimas. "Wir waren überrascht, dass selbst in hoch entwickelten Ländern mit guter Infrastruktur der Anpassungsbedarf so groß ist", sagt Co-Autor Prof. Dr. Anders Levermann, Leiter der globalen Anpassungsforschung am PIK und Forscher am Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University in New York. "In der Studie nehmen wir an, dass die Menschen das Schutzniveau, das sie heute haben, behalten wollen - sie wollen nicht, dass es schlechter wird. Folglich muss in Ländern mit einem recht guten Schutzniveau viel getan werden, um den Standard aufrecht zu erhalten und zu verhindern, dass Menschen aufgrund von Überschwemmungen tatsächlich ihre Häuser verlassen müssen."

Die Zunahme der Hochwasserrisiken in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten wird durch die Menge an Treibhausgasen verursacht, die wir bereits in die Atmosphäre gebracht haben. Die Entwicklung in diesem Zeitraum hängt also nicht davon ab, ob wir die globale Erwärmung begrenzen.

"Wenn wir allerdings die vom Menschen verursachte Erwärmung nicht auf deutlich unter 2 ºC begrenzen, dann werden bis zum Ende unseres Jahrhunderts die Hochwasserrisiken vielerorts in einem solchen Maße ansteigen, dass Anpassung schwierig wird", erklärt Levermann. "Um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten, müssen klimabedingte Risiken ernst genommen und sehr schnell Geld für Anpassung bereitgestellt werden." Werde jetzt gehandelt, könne man sich gegen die Risiken der nächsten zwei Jahrzehnte absichern. Weiter fortschreitender Klimawandel müsse jedoch durch die Abkehr von fossilen Brennstoffen begrenzt werden. Nur das könne Veränderungen vermeiden, die unsere Anpassungsfähigkeiten übersteigen.

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Schuld an der Zunahme des Hochwasserrisikos in den nächsten Jahrzehnten sind die Treibhausgase, die wir bereits in die Atmosphäre gebracht haben. Foto: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt, pixelio.de

"Die Ergebnisse sollten eine Warnung für die Entscheidungsträger sein", so Levermann weiter. "Wenn wir das Thema ignorieren, werden die Folgen verheerend. Wir müssen jetzt beides tun: Anpassung an den bereits verursachten Klimawandel und Begrenzung zukünftiger Erwärmung." Nichtstun wäre gefährlich.

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