IGA Berlin 2017: Gute Noten für die Nachhaltigkeit

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IGA Berlin 2017 Internationale Gartenausstellungen
Markus Gnüchtel erläutert Kollegen anlässlich der IGA-Veranstaltung "Metropolitan Open Space" die Bemessungsgrundlagen für das IGA-Audit – hier in der modellierten Parkfläche, die in Bezug auf Nachhaltigkeit für die Regenrückhaltung im Kienbergpark gestaltet wurde. Foto: DBG

Wie nachhaltig sind eigentlich neu gestaltete urbane Freianlagen? Den Startschuss zur Evaluierung gab 2015 der IGA-Workshop zur "Zertifizierung von Gartenschauen", den die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH (DBG) mit der IGA GmbH angestoßen hatte. Es sollte ein Pilotprojekt werden.

Schon im August 2014 war von der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) ein Arbeitskreis für das Projekt "Leitfaden für nachhaltige Freianlagen" gegründet worden, dem die DBG seit Sommer 2015 beratend zur Seite stand. Der FLL-Leitfaden übernahm dazu die vom Bundesbauministerium entwickelte Systematik zur Beurteilung von Bauprozessen. Im Herbst 2016 erteilte die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft Markus Gnüchtel, GTL Landschaftsarchitekten, Fachsprecher im Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, den Auftrag zur Entwicklung von Kriterien für nachhaltige Gartenschauen und die Durchführung eines IGA-Audits. Als Basis dienten die schon von der FLL bis 2017 entwickelten standardisierten Kriterien, die sie für ihren neuen Leitfaden für nachhaltige Freianlagen entwickelt hatte. Die Arbeitsgruppe unter Markus Gnüchtel erarbeitete 130 Fragen an das Projekt, die in sechs Qualitäten für Nachhaltigkeit gebündelt und der Prüfung zu Grunde gelegt wurden.

Umgang mit dem Standort

Eine klare Zielstellung vor der Planung des IGA-Geländes lautete: Hier sollten ökologische und urbane Ressourcen entwickelt werden, die im Ergebnis eine biodiverse, aktive lebendige Stadtnatur entstehen lassen würden.

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Die Kienbergterrassen boten das beste Beispiel für die auf der IGA verfolgte Materialverwendung aus der Region. Theumarer Schiefer für die Terrassen, Verwendung von Boden vor Ort, Jungpflanzen und Aussaat aus Gartenbaubetrieben Brandenburgs. Foto: Lichtschwärmer
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Die Kienbergterrassen Foto Lichtschwärmer

Im Monitoring und der Analyse fragte man sich: Wie geht man mit bestehenden Nutzungsgewohnheiten um? Wo gibt es Unverständnis? Welche Bevölkerungsgruppen brauchen was in ihrem Park? Zur Klärung dieser Fragen konnten viele junge Menschen schon im Vorfeld der Gartenschau gewonnen werden: zum Beispiel in der Arbeit am IGA-Campus im Umweltbildungszentrum, im Friedenspark und vielen anderen Einrichtungen der IGA, die dieser Thematik folgten. Schnell war klar, dass eine besonders qualifizierte Naherholungsdestination für Marzahn-Hellersdorf entstehen würde. Man fand heraus, dass die Ansprache der lokalen Zielgruppen wichtig ist und der digitale Standort, beziehungsweise die digitale Präsenz des Parks verstärkt werden muss. Eine bessere digitale Vernetzung würde auch Auswirkungen auf das "soziale Grün", die Ausbildung des Wir-Gefühls haben: "Wir sind der Park und das ist unsere Homepage".

Ökologische Qualitäten

Sehr gut bewertet wurde, dass die Bestandsvegetation a priori erhalten blieb und damit eine Grundlage für Sukzession und Parkvegetation geschaffen werden konnten. Im Ergebnis: dass der Park zur Eröffnung schon eine gewachsene Form zeigte. Bereits in der Planung hatte man den Wald, das Offenland und den Park aus dem Bestand heraus weiterentwickelt. Im Ergebnis führte das zur Förderung der Biodiversität und einer Vielzahl von Biotoptypen. Für die Zukunft ist eine klarere Formulierung der Kreislaufprinzipien als ein wesentlicher Kern der Nachhaltigkeit wichtig: eine fach- und sachgerechte Definition der Natur- und Materialkreisläufe.

Ökonomie

Im Audit geht es zugleich um ein ökonomisches Funktionsgerüst für und in Freianlagen. Die Analyse der verschiedenen Haushaltspläne zeigt auf, wie aus der Keimzelle der ökonomischen Analyse der Gärten der Welt der Anstoß zu der Entwicklung des gesamten grünen Umfeldes Marzahn-Hellersdorf entsteht. Diese ökonomische Betrachtung des Freiraumes bringt es mit sich, dass die teilhabenden Parteien klare multilaterale Verpflichtungen eingehen. Im Ergebnis bedeutet es zum Beispiel für den öffentlichen Nahverkehr die Anbindung bis zum Hauptbahnhof mit der U5, die Abstimmung über die Finanzierungspläne für die Gärten der Welt und die Finanzierung des Umweltbildungszentrums. Es zeigt sich, dass die ökonomischen Plattformen für eine Freiraumverwaltung klare Formulierungen ihrer Ziele und Benchmarks brauchen, sonst bestimmen die Besucherquoten das Urteil und die Richtung.

Sozial funktionale Kriterien

Als sehr effektiv wurde die hier entwickelte "Grüne Infrastruktur" beurteilt. An der Kreuzung der Stadtteile Marzahn und Hellersdorf in Ost-West-Richtung und dem in Nord-Süd-Richtung verlaufenden grünen Wuhletal ist ein neuer Berliner Park entstanden, von dessen Aussichtplattform auf der Kienbergspitze der Blick auf den Fernsehturm am Alexanderplatz die eigene Position in Berlin sofort verständlich macht.

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Ein gutes Beispiel für die über das Audit geforderte Nachhaltigkeit bietet das Programm des Umweltbildungszentrums, das mit Landesmitteln auch nach der IGA 400 Veranstaltungen jährlich bieten wird. Foto: TU, IGA Campus Uhlemann

Dem Bürger und Besucher wird dort der nachhaltige Umgang mit der Stadt und ihrer Natur vor Augen geführt. Die Verantwortung dafür will früh gelernt sein: Kitas und Schulklassen finden ein breit angelegtes Umweltbildungsprogramm im neuen IGA-Campus, der auch nach der Gartenschau weiterfinanziert und personell unterstützt wird.

Vielfalt ist ein weiteres in allen Bereichen gelebtes Merkmal dieses Parks: Vielfalt im biologischen Sinn, aber auch für die Menschen, die hier internationale Gärten als gärtnerischen Grundkurs zur Globalisierung und internationalen Verständigung über Kulturen besuchen können.

Und nicht zuletzt: Über das Audit ist herausgefunden worden, dass das Thema Sicherheit im Park stark in den Vordergrund gestellt werden muss - auch in der Netzkommunikation.

Technik, Bau und Pflege

Festzuhalten ist die hohe baulogistische Leistung, die gute Grundlagen legte. Zum Bau der Parklandschaft hat man vorrangig die Bodenressourcen vor Ort verwendet. In der Untersuchung der Wassertechnik wurden fachgerechte Ergebnisse für die naturnahe Versickerung des Regenwassers durch die Einleitung in Teiche und in die Wuhle nachgewiesen. In Zukunft sollte die Informationstechnik stets auf einem zeitgemäßen Stand genutzt werden. Das heißt, es muss eine einheitliche Informationsverarbeitung für die Pflege gewährleistet sein. Zur Fortschreibung der Pflegepläne sollten die Lebenszykluskosten analysiert werden.

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Mit dem "Arche-Park" der Grün Berlin GmbH entstand ein Refugium zum Erhalt der heimischen Haustierrassen, die große und kleine Gäste des Parks in ihrer Vielfalt erleben können. Mithilfe der natürlichen Landschaftspfleger wird der Buschbewuchs reduziert und die Landschaft offen gehalten. Foto: Osha, Uhlemann

Prozess

Festgestellt werden konnte ein gutes, durchgängiges Planungs- und Verfahrensmanagement: Von den Vorstudien über das Leitbild, das Marketing, den landschaftsarchitektonischen Wettbewerb bis zu den Teilwettbewerben. Stets gab es begleitende Bürgerinformationen und Informationen über den Ist-Zustand an die vielen teilhabenden Institutionen. Zukünftig sollte es nachhaltige Management-Tools für die Vergabe von Bau und Pflege geben. Alle weiterführenden Prozesse zum Erhalt des Parks müssen gut integriert und interdisziplinär aufgesetzt sein. Das schafft die Synthese von Naturschutz und Bildung als neue landschaftsbildender Kraft.

Fazit

Die IGA Berlin 2017 und der mit ihr entstandene Kienbergpark in der Anbindung an die Gärten der Welt ist ein hervorragender Beitrag zur aktuellen Diskussion um die Grüne Metropole. Dieses Pilotprojekt hat die Blaupause für ein erfolgreiches ökonomisches Management von Freianlagen entwickelt. Die Chancen für den Erhalt des IGA-Geländes stehen bestens, wenn Verantwortliche es in der Digitalisierung mit einer öffentlichen Plattform verbinden und dort den Austausch in und über das Grün anregen. So wird die Bürgernähe in einer der größten Siedlungen Berlins auf zeitgemäße Weise genutzt. Die Analyse hat insgesamt gute Noten für den IGA-Park ergeben.

Die Vorstellung des Audits erfolgt im Mai dieses Jahres. Die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG) zieht in Erwägung, das Bewertungsverfahren als Matrix für nachfolgende Gartenschauen und Gartenschauparks einzusetzen.

M. A. Sibylle Eßer
Autorin

Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH (DBG)

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