GaLaBau und Recht: Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Immer wieder Probleme mit der Abnahme

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GaLaBau und Recht Recht und Normen
Redliche Parteien eines Bauvertrages sollten hinsichtlich der Abnahme für klare Verhältnisse sorgen und möglichst eine förmliche Abnahme vereinbaren. Foto: Moritz Lösch/Neue Landschaft

Es wundert mich, dass es bei den Parteien immer wieder zu Problemen mit der Abnahme der Werkleistung kommt. Bei näherer Prüfung erweisen sich die meisten als reine Scheinprobleme oder sind leicht lösbar. Dieser Beitrag soll keine Wiederholung früherer Artikel sein, sondern nur eine Ergänzung, die nach meinen Erfahrungen aus der täglichen Praxis notwendig erscheint.

Verständlicher Weise legen Auftragnehmer besonderen Wert darauf, ihre für den Auftraggeber erbrachten Leistungen alsbald abgenommen zu erhalten, da es ohne Abnahme der schlussgerechteten Baumaßnahme vom Auftraggeber wohl keine weitere Zahlung mehr geben wird. Schließlich ist nach der herrschenden Rechtsprechung eine Forderung aus einer Abschlagsrechnung nicht mehr neu einklagbar, wenn die Werkleistung fertiggestellt und schlussrechnungsfähig ist. Die Gerichte verlangen in einem solchen Fall vom Auftragnehmer stets aus der Schlussrechnung und nicht aus der Abschlagsrechnung vorzugehen. Redliche Parteien eines Bauvertrages sollten hinsichtlich der Abnahme für klare Verhältnisse sorgen und möglichst eine förmliche Abnahme vereinbaren, das heißt die Parteien beziehungsweise deren Vertreter treffen sich gemeinsam am Objekt und stellen den Zustand der vom Auftragnehmer ausgeführten Leistung fest. Das Ergebnis wird sodann in ein Abnahmeprotokoll aufgenommen und ist von beiden Seiten zu unterzeichnen.

Reinschrift des Abnahmeprotokolls

Auf der Baustelle beim Abnahmetermin gefertigte Protokolle haben keinen Anspruch auf Schönheit geschweige denn auf orthographische Fehlerfreiheit. Die Parteien sollten sich an solchen Schönheitsfehlern nicht stören und das Original des Abnahmeprotokolls dennoch unterzeichnen.

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Immer wieder kommt es vor, dass eine Partei vorschlägt, das Protokoll mitzunehmen und erst noch vor Unterzeichnung eine Reinschrift zu fertigen. Allzu häufig enthält dann die nach der Abnahme vorgenommene Reinschrift erhebliche Änderungen oder Ergänzungen, die auf der Baustelle überhaupt kein Thema waren und die beim besten Willen der andere Vertragspartner auch nicht gewillt ist zu akzeptieren. Eine Reinschrift eines Protokolls hat nichts mit Hinzufügungen oder Änderungen des Inhalts zu tun. Sie sollten ohne ausdrückliche Zustimmung des Vertragspartners unterlassen werden, zumal eine Reinschrift, mit der dem Vertragspartner irgendwelche Ergänzungen oder Änderungen "untergejubelt werden" allzu leicht auch einen Straftatbestand erfüllen können. Wenn eine Seite meint, mit dem Protokoll der Abnahmebegehung zu schlecht weggekommen zu sein, erlebt man immer wieder, dass die Unterzeichnung unter das Abnahmeprotokoll verweigert wird.

Unterschriftsverweigerung durch den Auftragnehmer

Auftragnehmer sind sich oft nicht darüber im Klaren, was eine Abnahme bedeutet und welche Wirkung ihre Unterschrift unter das Abnahmeprotokoll tatsächlich hat. Eine Abnahme ist im Juristenchinesisch ausgedrückt: die Entgegennahme der vom Auftragnehmer ausgeführten Leistung durch den Auftraggeber und dessen Billigung als in der Hauptsache als vertragsgerecht anzusehen. Eine Leistung ist nach BGH abnahmefähig, wenn die beauftragte Bauleistung im Wesentlichen bis auf geringfügige, also unwesentliche Restarbeiten und Mängel vom Auftragnehmer erbracht ist (BGH BauR 1972 S. 252). Demnach obliegt die Abnahmeerklärung ausschließlich dem Auftraggeber, der mit seiner Unterschrift unter das Abnahmeprotokoll die Abnahme erklärt. Bei der Abnahme kommt es nicht auf die Meinung des Auftragnehmers an. Dementsprechend reicht eigentlich die Unterschrift des Auftraggebers unter das Abnahmeprotokoll, wenn aus diesem eindeutig zu erkennen ist, dass der Auftraggeber gewillt war, die Leistung abzunehmen. Die fehlende Unterschrift des Auftragnehmers unter das Abnahmeprotokoll ist also rechtlich unerheblich (OLG Dresden, Urteil vom 26.06.2013, 1 U 1080/11).

Inhalt des Protokolls als Anerkenntnis?

Oft wollen Auftragnehmer Abnahmeprotokolle nicht unterzeichnen, da sie befürchten, mit ihrer Unterschrift die im Abnahmeprotokoll angeführten Mängel und deren Beseitigungspflicht anzuerkennen. Dies ist nicht der Fall. Regelmäßig ist die Unterzeichnung eines Abnahmeprotokolls durch den Auftragnehmer kein Anerkenntnis (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 07.10.2014, 8 U 138/13). Möchte allerdings ein Auftraggeber ein Anerkenntnis der Mängelbeseitigungsverpflichtung des Auftragnehmers festgestellt haben, so müsste dies ausdrücklich im Protokoll vermerkt werden.

Unterschriftsverweigerung unter das Abnahmeprotokoll durch den Auftraggeber

Ist der Auftraggeber nicht gewillt, das auf der Baustelle gefertigte Abnahmeprotokoll zu unterzeichnen, stellt dies regelmäßig eine Abnahmeverweigerung dar. Über die Konsequenzen einer Abnahmeverweigerung sind sich die wenigsten Auftraggeber im Klaren. Ganz gleich, ob es sich um einen VOB- oder BGB-Vertrag handelt, ist ein Auftraggeber nur berechtigt, die Abnahme wegen wesentlicher Mängel zu verweigern.

Oft ärgert sich ein Auftraggeber über die Leistung des Auftragnehmers und hält die gerügten Mängel nach seinem subjektiven Empfinden für wesentlich, obwohl dies bei objektiver Betrachtungsweise eines Dritten nicht der Fall ist. Die Frage, ob ein Mangel als wesentlich anzusehen ist oder nicht, wird im Zweifel im Rechtstreit ein Richter mit sachkundiger Unterstützung eines Gutachters entscheiden. Hat ein Auftraggeber zu Unrecht die Abnahme verweigert, büßt er unter Umständen in erheblichem Maße Gewährleistungsrechte ein, so dass ein Auftraggeber sich gut überlegen sollte, ob er die Abnahme tatsächlich verweigert. Er sollte sich darüber im Klaren sein, dass er bezüglich der im Abnahmeprotokoll gerügten Mängel keine großen Nachteile hat, da der Auftragnehmer im Rahmen seiner Gewährleistungsverpflichtung die Mängel beseitigen muss und dem Auftraggeber solange auch entsprechende Zurückbehaltungsrechte bezüglich des geforderten Werklohns zustehen.

Ziel des Auftragnehmers: Erhalten des Werklohns

Der Auftragnehmer sollte stets bedenken, dass es zur Fälligkeit der schlussgerechteten Forderung der Abnahme der Werkleistung bedarf. Weigert sich der Auftraggeber abzunehmen, gibt es für den Auftragnehmer zumindest zwei Alternativen, wie man gegen den Auftraggeber vorgehen kann.

Der Auftragnehmer setzt dem Auftraggeber für die fertig gestellte Leistung eine angemessene Frist zur Abnahme. Dies ist ausdrücklich in § 640 Abs. 1 BGB vorgesehen und gilt sowohl für den BGB- als auch für den VOB-Vertrag. Nimmt der Auftraggeber trotz seiner Verpflichtung zur Abnahme die Leistung nicht innerhalb der ihm gesetzten angemessenen Frist ab, so gilt die Leistung als abgenommen. In einem späteren Streit obliegt es allerdings dem Auftragnehmer die Fertigstellung seiner Leistung zu beweisen. Zumeist ist es wenig sinnvoll gegen den Auftraggeber ein gerichtliches Beweisverfahren anzustrengen, wenn nur festgestellt werden soll, dass eine Leistung fertiggestellt und mängelfrei ist. Wie die Praxis zeigt, dauern derartige gerichtliche Beweisverfahren über Gebühr lange und verursachen häufig völlig unnötige Kosten.

Wie sollte man vorgehen?

Der Verfasser rät in den meisten Fällen seinen Klienten nicht unbedingt nach § 640 BGB vorzugehen. Muss man mit Verzögerungen durch den Auftraggeber rechnen, sollte man ernsthaft überlegen, auch ohne ein förmliches Abnahmeprotokoll vorweisen zu können, direkt auf Zahlung zu klagen. Jede Klage auf eine schlussgerechnete Werklohnforderung wird von der Rechtsprechung inzidenter auch als Klage auf Abnahme angesehen, ohne dass es einer gesonderten Klage auf Abnahme oder eines in der Werklohnklage enthaltenen zusätzlichen Antrags auf Abnahme bedarf. Wer diese Rechtsprechung kennt, weiß auch, dass ein von unerfahrenen Rechtsanwälten immer wieder gegebener Rat, auf Abnahme zu klagen, nur dazu führt, Zeit zu verlieren. An die hierdurch entstehenden erheblichen zusätzlichen Kosten soll in diesem Zusammenhang gar nicht groß erinnert werden.

Unterschiedliche Regelungen in VOB und BGB zur Fälligkeit der Schlussrechnung

Ist im Vertrag keine andere Regelung betroffen, sieht die VOB (Fassung Herbst 2016) die Fälligkeit der Schlusszahlung spätestens innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung vor. Unrühmlich tun sich hierbei allerdings oft öffentliche Auftraggeber hervor, die trotz Fälligkeits- und Verzugsregelungen in VOB und BGB Schlusszahlungen erst weit nach Ablauf der vorgesehenen Fälligkeiten leisten. Auch scheint in manchen Kreisen der öffentlichen Hand der neue § 271a BGB nicht bekannt zu sein beziehungsweise beachtet zu werden, wonach die Vereinbarung der Fälligkeit einer Entgeltforderung nach mehr als 30 Tagen nur wirksam ist, wenn diese ausdrücklich vereinbart wurde oder "aufgrund der besonderen Natur oder der Merkmale des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist". In vielen Bereichen geht die öffentliche Hand in Bezug auf die Leistung der Schlusszahlung nicht als leuchtendes Beispiel voran. Soweit in Verträgen die VOB nicht vereinbart wurde, sollte der Auftragnehmer daran denken, dass mit Abnahme und Stellung der Schlussrechnung die sofortige Fälligkeit der Forderung gegeben ist und man eigentlich nicht noch geraume Zeit warten muss, bis man seinen endgültigen restlichen Werklohn zu erhalten hat.

Beginn der Gewährleistungsfrist bei vergessener förmlicher Abnahme

Mit der Abnahme der Leistungen durch den Auftraggeber beginnt der Lauf der Gewährleistungsfrist. Wenn eine Baustelle nach Meinung der Vertragspartner sehr gut gelaufen ist und der Auftraggeber jeweils pünktlich auf die Abschlagsrechnungen des Auftragnehmers gezahlt hat, kommt es schon einmal vor, dass man die eigentlich erforderliche förmliche Abnahme vergisst und nach längerer Ingebrauchnahme der Leistungen rätselt, wann die Gewährleistungsfrist tatsächlich endet. In diesem Fall ist eine Entscheidung des OLG Stuttgart sehr hilfreich. Das Gericht meint, dass man bei Ingebrauchnahme und beanstandungsloser Zahlung der Schlussrechnung ohne jegliche Mängelrüge von einer (stillschweigenden) Abnahme ausgehen könne und damit die Gewährleistungsfrist in Lauf gesetzt werde. Ganz unumstritten ist diese für den Auftragnehmer günstige Meinung allerdings nicht.

Es zeigt sich immer wieder, dass es sich für beide Vertragsparteien durchaus lohnt, hinsichtlich der Abnahme der Leistungen sorgfältig zu sein und für Klarheit zu sorgen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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