GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Immer wieder Schwierigkeiten mit Bürgschaftsurkunden - Wenig Kenntnisse bei Firmen

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GaLaBau und Recht Bauwirtschaft
Im Baubereich ist die Stellung von Sicherheiten ein wichtiges Thema. Foto: berggeist007/pixelio.de
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Kaum ein Empfänger von Bürgschaftsurkunden macht sich die Mühe und liest sorgfältig den Urkundentext, obwohl es auf diesen entscheidend ankommen kann. Foto: Lupo/pixelio.de
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Gewissenhaftes Vertrags- und Auftragsmanagement ist für jeden Landschaftsgärtner von Vorteil. Foto: Moritz Lösch/Neue Landschaft
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Recht häufig stößt man zurzeit auf den Text von ausführungsbürgschaften, wonach sich der Bürge nicht nur für die Erfüllung des vereinbarten Werkes, sondern auch für die Beseitigung sämtlicher Mängel aus der Zeit vor der Abnahme verbürgen soll. Foto: alexandralee/CC BY-SA 2.0

Im Baubereich scheint es ohne die Stellung von Sicherheiten wohl immer weniger zu gehen. So ist zwischenzeitlich auch im GaLaBau-Bereich die Stellung von Sicherheiten ein bedeutendes Thema. Viel zu wenig wird dabei beachtet, dass die Stellung von Sicherheiten immer mehr die von Unternehmen eigentlich benötigte Liquidität bindet beziehungsweise einschränkt.

Durch unüberlegte Vertragsklauseln hat sich schon mancher Unternehmer grundlos selbst in die Enge getrieben, so dass er wegen eines bei seiner Hausbank oder bei einem Kreditversicherer ausgeschöpften Avalrahmens einen Auftrag nicht mehr oder nur mit erheblicher Verzögerung ausführen kann. So konnte ein Dachdecker, der Mandant des Verfassers war, zeitweise nur noch Aufträge annehmen, wenn er für die Abwicklung des Vertrages keine Ausführungs- und/oder Gewährleistungsbürgschaft stellen musste. Da in manchen Gebieten Deutschlands bei Dachdeckergewerken Gewährleistungsfristen von zehn Jahren (zumindest bei Flachdachaufträgen) üblich sind, und die geschlossenen Verträge vorsahen, dass der Dachdecker für die Gewährleistungszeit(!) eine 5-prozentige Gewährleistungsbürgschaft zu stellen hatte, summierten sich die gestellten Bürgschaften so sehr, dass der von der Bank gewährte Avalrahmen ausgeschöpft war und keine Erweiterung des Rahmens möglich erschien. Der Avalrahmen wurde schon deshalb nicht entlastet, weil die Bürgschaften alle die lange zehnjährige Laufzeit hatten und es dementsprechend mindestens zehn Jahre dauerte, bis die Bürgschaftsurkunden wieder zurückverlangt werden konnten.

Kaum ein Empfänger von Bürgschaftsurkunden macht sich die Mühe und liest sorgfältig den Text der Urkunde, obwohl es auf diesen entscheidend ankommen kann. Tritt der Bürgschaftsfall ein, kommt dann oft das große Erwachen.

Sorglosigkeit der durch die Bürgschaften Begünstigten

Oft ist der Empfänger schon zufrieden, wenn er ein Dokument in den Händen hält, auf dem als Überschrift Vertragserfüllungsbürgschaft oder Gewährleistungsbürgschaft steht. So hatte ich in den letzten Tagen gerade wieder eine Bürgschaftsurkunde in den Händen, die überschrieben war als Bürgschaft für Bauhandwerkersicherheit nach § 648a BGB. Im Folgenden hatte der gesamte Text nichts mit den Besonderheiten der gesetzlichen Bestimmung des § 648a BGB zu tun. Die Bank hatte mangels ausreichender Erfahrung mit § 648a BGB einfach ihren normalen Standardtext für eine Ausführungsbürgschaft verwandt und damit ihrem Kunden ein unnötig großes Risiko aufgebürdet, weil eine solche Bürgschaft viel leichter in Anspruch genommen werden kann, als eine solche nach § 648a BGB. Bei einer solchen Bürgschaft müssen spezielle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme (z. B. vollstreckbarer Titel) gegeben sein. Jeder der geschäftlich oder privat mit Bürgschaften zu tun hat, sollte den Bürgschaftstext aufmerksam lesen. Der Verfasser des Beitrages versichert, es rentiert sich. Fehler kommen selbst bei den renommierten deutschen Großinstituten mehr vor, als man denkt.

Verschiedene Bürgschaftsarten

Durch Rechtsprechung und § 17 Abs. 4 VOB/B spielt die "Bürgschaft auf erstes Anfordern" im Baubereich gottlob keine Rolle mehr. Bei dieser Bürgschaftsart, die dennoch ab und zu noch verlangt wird, musste die Bürgin (z. B. Bank oder Sparkasse etc.) bei Inanspruchnahme der Bürgschaft sofort zahlen, wenn der durch die Bürgschaft Begünstigte erstmals zur Zahlung aufforderte. Wenn heutzutage noch ein Vertragspartner eine Bürgschaft auf erstes Anfordern verlangt und es sich dabei nicht um ein Versehen handeln sollte, ist es zumeist besser, auf eine derartige Geschäftsbeziehung zu verzichten, als sich unnötiger Risiken auszusetzen.

Gebräuchliche Bürgschaftstexte

Für Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften gibt es in der Kredit- und Versicherungswirtschaft eine ganze Reihe Textmuster, die leider ihren Zweck ganz oder teilweise nicht erfüllen. So nutzt folgende im Bürgschaftstext beispielsweise enthaltene Klausel dem Auftraggeber wenig: "Das Werk wurde in Übereinstimmung mit den vertraglichen Bestimmungen fertiggestellt und unbeanstandet und vorbehaltlos abgenommen (…). Dies vorausgesetzt bürgt die Versicherung für die Erfüllung der Mängelgewährleistungsansprüche des Auftraggebers."

Das Oberlandesgericht Frankfurt hält diese Klauseln für klar, verbindlich und rechtlich voll wirksam. Ähnlich argumentiert das Oberlandesgericht Hamm. Wie jeder Baupraktiker eigentlich weiß, gibt es so gut wie keine Abnahme ohne Beanstandungen und Vorbehalte. Die unter der Bedingung einer mängelfreien Abnahme stehende Bürgschaft ist demzufolge für den Auftraggeber wertlos, weil die Voraussetzungen der Bürgschaft nicht erfüllt sind. Enthält ein Abnahmeprotokoll Mängelrügen (auch wenn es ganz unwesentliche sind), führt der Bürgschaftstext nicht nur zu einem vollständigen Ausschluss der Ansprüche der so genannten "Abnahmemängel", sondern auch der sonstigen Gewährleistungsansprüche, die erst nach der Abnahme überhaupt erkannt werden. Oft sind in Abnahmeprotokollen auch Vorbehalte hinsichtlich der Verwirkung einer Vertragsstrafe enthalten. Selbst ein solcher Vorbehalt, der oft schon im Formular des Abnahmeprotokolls vorgedruckt enthalten ist, dürfte nach der von mehreren Oberlandesgerichten vertretenen Meinung die Bürgenhaftung ausschließen, weil die Abnahme nicht vorbehaltlos geschehen ist.

Bedenkliche Ausführungsbürgschaften

Recht häufig stößt man zurzeit auf den Text von Ausführungsbürgschaften, wonach sich der Bürge nicht nur für die Erfüllung des vereinbarten Werkes, sondern auch für die Beseitigung sämtlicher Mängel aus der Zeit vor der Abnahme verbürgen soll. Dies führt bei einem vereinbarten Gewährleistungseinbehalt dazu, dass die nach dem Wortlaut der Bürgschaften sowohl die vom Auftragnehmer gestellte Ausführungsbürgschaft, als auch die später gestellte Gewährleistungsbürgschaft haften würden und wegen einer solchen Haftung die Ausführungsbürgschaft trotz Abnahme noch nicht zurückgegeben werden müsste. Unterstellt man den üblichen Fall, wonach zumeist eine Ausführungsbürgschaft in Höhe von 10 Prozent der Auftragssumme und eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 Prozent der Abrechnungssumme gestellt werden soll, so wäre bei einer solchen Situation ein Auftraggeber mit 15 Prozent der Auftragssumme deutlich übersichert, zumal die noch nicht erfolgte Rückgabe der zehnprozentigen Vertragserfüllungsbürgschaft daran liegen kann, dass nur noch ein wertmäßig recht kleiner Abnahmemangel nicht erledigt ist. Die bisher zu dieser rechtlichen Situation ergangenen Rechtsprechung will eine solche Übersicherung nicht zulassen und hält eine Ausführungsbürgschaft mit einer möglichen Haftung, die noch in die Gewährleistungszeit hineinreicht, für rechtlich bedenklich und im Zweifel für unwirksam.

Bürgschaftstexte sorgfältig prüfen

Um für Vertragspartner klare Verhältnisse zu schaffen und nicht für möglicherweise unwirksame Bürgschaften Gebühren zahlen zu müssen, rentiert es sich für die Vertragsparteien durchaus die Texte der im Rahmen der vertraglichen Verpflichtungen gestellten Bürgschaften aufmerksam zu lesen. Es reicht nicht, dass man sich darauf verlässt, eine Bürgschaft zu erhalten, die als Überschrift "Vertragserfüllungsbürgschaft oder Gewährleistungsbürgschaft" ausweist. Letztendlich entscheidend ist der Text, wonach sich die Haftung der Bürgin ergeben soll. Unwirksame oder zumindest Bürgschaften mit zweifelhafter Wirksamkeit gibt es mehr als man im ersten Moment glaubt. Gerade dann, wenn einer der Vertragspartner in Insolvenz gerät, stellt sich möglicherweise heraus, was eine Bürgschaft letztendlich Wert ist. Leider lässt sich in einem solchen Fall bei Insolvenz eines Vertragspartners nichts mehr reparieren.

Befristung einer Bürgschaft?

Nicht zu beanstanden ist dagegen die Forderung, dass eine Ausführungs- oder Gewährleistungsbürgschaft stets unbefristet sein soll. So sieht es auch ausdrücklich § 17 Abs. 4 VOB/B vor. Besonders wichtig ist dies bei Bürgschaften, für eine Bauhandwerkersicherheit gemäß § 648a BGB. Diese kann überhaupt erst in Anspruch genommen werden, wenn der Auftraggeber seine Zahlungsverpflichtungen anerkannt hat oder gegen ihn ein vollstreckbarer Titel (z. B. Urteil) vorliegt. Wer weiß, wie lange heute Rechtsstreite dauern können, sieht schnell ein, dass derartige Bürgschaften unbefristet sein müssen. Der längste Rechtsstreit, der derzeit in unserer Kanzlei noch geführt wird, befindet sich wegen jährlichen Richterwechsels im 22. Jahr in erster Instanz, ohne dass ein Ende abzusehen ist. Sollte die eingeklagte Forderung zugesprochen werden, sind auf alle Fälle die Beträge für Zinsen höher, als die Hauptforderung.

Unwirksame häufige Vertragsklausel

Bei von Auftraggebern verfassten Bauverträgen hält sich hartnäckig eine Klausel, die schlichtweg unwirksam ist. In ihr wird bestimmt, dass der Auftragnehmer eine Vertragserfüllungsbürgschaft in gleicher Höhe stellen soll, wie er vom Auftraggeber eine Sicherheit nach § 648a BGB verlangt. Mit dieser Auftraggeber freundlichen Klausel soll entgegen der Intention des Gesetzgebers vermieden werden, dass der Auftragnehmer von seinem Recht auf Stellung einer Bauhandwerkersicherheit durch den Auftraggeber Gebrauch macht. Obwohl die Klauseln in zahlreichen Urteilen höchst richterlich als unwirksam angesehen wurden, versuchen nach wie vor professionelle Auftraggeber insbesondere kleinere Auftragnehmer abzuschrecken, von ihrem gesetzlichen Recht auf Sicherheit Gebrauch zu machen.

Fazit

Es rentiert sich für beide Vertragsparteien sich mit den Texten von den verschiedenen Arten im Baubereich gebräuchlicher Bürgschaften zu befassen. Kommt es zu dem Fall einer Inanspruchnahme der Bürgschaft, merkt man leider dann erst, ob und was das Versprechen des Bürgen, für eine Vertragspartei einstehen zu wollen, wirklich wert ist.

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 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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