GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Immer wieder Schwierigkeiten mit Tagelohnrechnungen

von:

Immer wieder kommt es zum Streit der Vertragsparteien, weil in einer Schlussrechnung recht hohe Tagelohnvergütungen (auch Regiekosten genannt) abgerechnet werden. Es ist erschreckend, wie wenig die recht eindeutigen Bestimmungen der VOB beachtet werden.

Oft halten sich Unternehmer nicht an § 2 Abs. 10 VOB/B. Dort heißt es:

Die Regelungen in der VOB/B

"Stundenlohnarbeiten werden nur vergütet, wenn sie als solche vor ihrem Beginn ausdrücklich vereinbart worden sind".

Das bedeutet, die Abrechnung auf Stundenlohnbasis ist die Ausnahme und setzt eine wirksame vorherige Stundenlohnvereinbarung voraus. Ansonsten gilt die Abrechnung nach Einheitspreisrecht. Wie die Praxis zeigt, fehlt es in vielen Fällen an einer wirksamen Vereinbarung der Tagelohnvergütung. Bei genauerer Überprüfung wird man häufig feststellen, dass sich die Parteien vor Ausführung der Arbeiten überhaupt nicht auf eine Tagelohnabrechnung geeinigt haben. Ist das allerdings der Fall, so müssen die Vertragsparteien § 15 VOB/B beachten. Dort ist im Einzelnen geregelt, was der Unternehmer beachten muss, wenn er Tagelohn abrechnen will. Oft hält es ein Unternehmer für ausreichend, dass die Tagelohnzettel von der Ehefrau des Auftraggebers, von seinen Bauleitern oder gar vom Hausmeister vor Ort unterschrieben werden. Spätestens wenn es darum geht, dass der Auftraggeber zahlen soll, kommt es zum Streit, ob und wie der Unternehmer abrechnen durfte. Er wird dann auch erkennen, die VOB - insbesondere § 15 VOB/B - nicht ernst genug genommen zu haben. Wenn ein Auftraggeber die Vereinbarung einer Abrechnungsweise nach Tagelohn bestreitet, hört man von Auftraggeberseite immer wieder, man habe gedacht, die unterschriebenen Tagelohnzettel benötige der Unternehmer nur für seine interne Abrechnung mit seinen Mitarbeitern. Häufig kommt auch der Einwand, die abgerechneten Tagelohnarbeiten gehörten zum ursprünglichen Hauptauftrag und seien keinesfalls gesondert zu vergüten. In einem Rechtsstreit (Prozess ist ein Unglücksfall!) bleibt dem Auftragnehmer gar nichts anderes übrig, als die von der VOB verlangten Voraussetzungen für eine Tagelohnabrechnung darzutun und gegebenenfalls auch zu beweisen.

Die Vereinbarung von Tagelohnarbeiten

Wenn im Hauptauftrag eine Tagelohnvereinbarung enthalten ist, muss diese allerdings hinreichend konkret sein. So reicht zum Beispiel in einem Einheitspreisvertrag nicht die Bestimmung, wonach anfallende Stundenarbeiten zu einem Verrechnungssatz von . . . Euro abzurechnen sind. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat beispielsweise in einem Urteil vom 23.10.2014 festgestellt, dass vor Beginn der Leistung eine konkret auf die anfallenden Arbeiten bezogene Stundenvereinbarung getroffen werden muss. Selbst eine im Leistungsverzeichnis enthaltene Eventualposition ist noch keine ausreichende Vereinbarung. Damit soll lediglich eine vorsorgliche Festlegung der Stundensätze erfolgen, wenn eine Beauftragung von Tagelohn notwendig werden sollte. Dies gilt wohl selbst dann, wenn im Leistungsverzeichnis Stundenlohnarbeiten für "unvorhergesehene Arbeiten" vorgesehen sind. Auch ein solcher Text im Leistungsverzeichnis wird zumeist wie eine Eventualposition behandelt.

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Professur (W2) für das Lehrgebiet Wald- und..., Göttingen  ansehen
Projektleiter*in (m/w/d) gesucht!, Gronau-Epe  ansehen
Gärtner:in (w/m/d) mit Funktion als..., Bremen  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Immer wieder Streit um Stundenlohnzettel

Zeiterfassungsbögen, aus denen lediglich zu ersehen ist, welche Arbeiten, an welchem Tag und wie viele Stunden auf dem Bauvorhaben geleistet wurden, sind als Tagelohnzettel untauglich. Der Auftraggeber muss den angefallenen Aufwand anhand der Tagelohnzettel konkret überprüfen können. Das geht so weit, dass ein Auftraggeber gegebenenfalls auch ermitteln kann, ob die auf dem Zettel für eine Arbeit ausgewiesene Stundenzahl auch angemessen ist. Der Stundenzettel sollte im Hinblick auf § 15 Abs. 3 VOB/B neben dem Datum und der Bezeichnung der Baustelle, insbesondere beinhalten:

a. Genaue Angaben der eingesetzten Arbeitskräfte einschl. ihrer Funktion und Qualifikation (Helfer, Facharbeiter, Meister etc.).

b. Nachvollziehbare Angaben über die Art und die Dauer der einzelnen ausgeführten Tätigkeiten.

c. Der Verbrauch von Stoffen, mit Angaben, um welche Stoffe und welche Mengen es sich handelt.

d. Das Vorhalten von Einrichtungen, Geräte, Maschinen und sonstigen Anlagen.

e. Eventuelle Fuhr- und Ladeleistungen.

Da der Inhalt der Tagelohnzettel später als Basis für die Endabrechnung des Auftragnehmers dient, sollte er möglichst konkret die geleisteten Arbeiten beschreiben.

Die Unterschrift unter den Tagelohnzettel und ihre Wirkung

Der beste Tagelohnzettel nutzt dem Auftragnehmer nichts, wenn er ihn nicht dem Auftraggeber oder seinem Bevollmächtigten zeitnah zur Prüfung und Unterschrift vorlegt. Die VOB geht hier von einer kalendertäglichen oder nach Verkehrssitte auch wöchentlichen Vorlage aus. Der Auftraggeber hat die ihm übergebenen Tagelohnzettel unverzüglich, spätestens aber innerhalb von sechs Werktagen (Samstag ist ein Werktag!) nach Erhalt an den Auftragnehmer zurückzugeben. Der Auftraggeber ist gut beraten, wenn er die Tagelohnzettel nach sechs Werktagen zurückgibt, weil an die Nichtrückgabe für ihn rechtliche Konsequenzen geknüpft sind. In einem von mir zurzeit betreuten Rechtsstreit hat ein kommunaler Auftraggeber stets alle Tagelohnzettel an sich genommen und keinen einzigen zurückgegeben. In dem jetzt anhängigen Rechtsstreit wird der Auftraggeber deshalb möglicherweise erhebliche Schwierigkeiten bekommen. Auf die Klageerwiderung, die demnächst vorliegen wird, bin ich schon gespannt.

Der nicht oder nicht rechtzeitig zurückgegebene Tagelohnzettel

§ 15 Abs. 3 letzter Satz VOB/B sieht vor, dass nicht rechtzeitig vom Auftraggeber zurückgegebene Tagelohnzettel als vom Auftraggeber anerkannt gelten. Selbstverständlich kann der Auftraggeber gegen den Inhalt der Tagelohnzettel bei Rückgabe schriftlich Einwendungen erheben. Die Auftragnehmer sollten darauf achten, Tagelohnzettel nicht nachlässig oder unvollständig auszufüllen, da ansonsten die Anerkenntniswirkung nicht oder nur in geringem Umfang greifen würde. Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass abweichend zur VOB im BGB zum Tagelohn fast keine Regelung zu finden ist. Insbesondere gibt es im BGB nicht die Anerkenntnisfiktion der VOB. Beim BGB-Vertrag sollte der Auftragnehmer peinlich darauf achten, dass der Auftraggeber die Tagelohnzettel unterschreibt und zurückgibt, weil der Auftragnehmer ansonsten im Rechtsstreit mit ziemlich leeren Händen dasteht. Ein vom Auftraggeber ohne Einschränkung unterschriebener Tagelohnzettel führt zu einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis und bindet den Auftraggeber.

Was ist, wenn der Auftragnehmer keine Tagelohnzettel vorlegt?

Es kommt häufiger vor als man denkt, dass Auftragnehmer keine Tagelohnzettel vorlegen und erst mit der Schlussrechnung in erheblichem Maß Tagelohnvergütungen fordern. Vor Jahren vertrat ich an einem größeren Objekt einen Auftragnehmer, der nahezu alle Tagelohnforderungen erstmals mit der Schlussrechnung geltend machte. Die Schlussrechnung hatte rund 500 Seiten, davon waren circa 300 Seiten nur Tagelohnforderungen. Hinsichtlich der erstmals mit der Schlussrechnung präsentierten Tagelohnforderung, ist kein automatischer Verlust der Forderung wegen fehlender Tagelohnzettel gegeben. Die Tagelohnzettel sind lediglich ein Beweisdokument für den Umfang der ausgeführten Arbeiten. In meinem Rechtsstreit kam es deshalb zu einem umfangreichen Vortrag verbunden mit einer anschließenden tagelangen Beweisaufnahme vor Gericht. Beide Seiten hätten sich dieses Martyrium ersparen können, wenn sie sich an die Regelungen der VOB gehalten hätten. Alles was im Nachhinein an Tagelohnarbeiten nicht zweifelsfrei bewiesen werden konnte, ging damals zu Lasten des Auftragnehmers und führte - wie so oft bei Baurechtsstreiten - zu einem für beide Seiten unbefriedigenden Vergleich

Unwirksame Klauseln

In vom Auftraggeber vorformulierten Bauverträgen finden sich oft Klauseln, mit denen er möglichst Vergütungsforderungen auf Tagelohnbasis abzuwehren versucht. Derartige Klauseln finden sich in vielen Verträgen, auch wenn sie oft unwirksam oder zumindest rechtlich äußerst bedenklich sind. Hier eine kleine Auswahl derartiger rechtlich bedenklicher Klauseln wie:

  • Stundenlohnarbeiten dürfen nur geleistet werden, wenn sie schriftlich angeordnet wurden.
  • Tagelohnarbeiten werden nur vergütet, wenn die Tagelohn- oder Bestellzettel spätestens am nächsten Tag der Bauleitung zur Unterschrift vorgelegt werden.
  • Bei Stundenlohnarbeiten gelten die vereinbarten Preise unabhängig von der Anzahl der Stunden.
  • Lohnstunden werden nur anerkannt, wenn die Geschäftsleitung des Auftraggebers schriftlich zugestimmt hat.
  • Der Auftragnehmer kann sich nicht auf guten Glauben berufen, wenn Dritte, auch Angestellte oder Bauleiter des Auftraggebers, Lohnstunden anerkennen. Sie sind dazu nicht berechtigt.
  • Lohnstunden werden nur vergütet, wenn die Stundenberichte des Auftragnehmers spätestens am folgenden Arbeitstag dem Auftraggeber zur Anerkennung vorgelegt wurden.
  • Lohnstundenzettel sind innerhalb von drei Tagen zur Unterschrift vorzulegen. Nachträglich eingereichte oder nicht unterschriebene Stundenlohnzettel werden nicht anerkannt.

Fazit

Es lohnt sich für den Auftragnehmer sich an die Regelungen der VOB zu halten und möglichst detailliert und gründlich die Tagelohnzettel auszufüllen. Nachvollziehbare Tagelohnzettel helfen Streite zu vermeiden und führen zu einer schnelleren Einigung der Parteien bei vom Auftragnehmer beanspruchten Vergütungen für zusätzliche Leistungen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen