Wind trägt Pestizide vom Acker auf andere Flächen

Insektenbestand in Teilen Deutschlands um 80 Prozent gesunken

Pestizide Pflanzenschutzforschung
Blattkäfer produzieren weniger Nachkommen, selbst wenn sie nur mit Spuren von Pestiziden in Berührung kommen, so Dr. Thorben Müller, Hauptautor der Studie. Foto: Universität Bielefeld

Die Anzahl der Insekten in Deutschland geht stark zurück: allein in Nordrhein-Westfalen innerhalb eines Vierteljahrhunderts um drei Viertel. Welche Rolle Pestizide dabei spielen und wie schon geringe Spuren Käfer langfristig schädigen, haben Biologen der Universität Bielefeld in einer neuen Studie gezeigt. Ein Ergebnis: Blattkäfer legen etwa 35 Prozent weniger Eier, wenn sie mit einem häufig eingesetzten Pestizid - einem Pyrethroid - in Berührung kommen. Auch zeigten die Forschenden, dass weibliche Nachkommen durch das Gift Missbildungen entwickeln. Die Biologen präsentieren ihre Studie in dem Fachmagazin "Environmental Pollution".

Einsatz von Chemikalien stetig gestiegen

Laut Bundesumweltministerium ist der Insekten-Bestand in Teilen Deutschlands seit 1982 um bis zu 80 Prozent gesunken. Für Nordrhein-Westfalen hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv) einen Rückgang von 75 Prozent für die Jahre zwischen 1989 und 2013 angegeben. "Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist in den vergangenen Jahren stetig angestiegen", sagt Professorin Dr. Caroline Müller, die den Lehrstuhl Chemische Ökologie leitet. Ein Problem: "Bislang war weitgehend unklar, wie sich die Pestizide auf Insekten außerhalb der bewirtschafteten Äcker auswirken. Welche Folgen haben die Mittel für die Tiere, die zufällig Spuren der Pestizide ausgesetzt sind?", fragt die Ökologin. Wenn die Chemikalien versprüht werden, gelangen sie auch auf benachbarte Flächen und benetzen angrenzende Sträucher und Bäume. "Mitunter trägt der Wind sie auch auf ökologisch bewirtschaftete Äcker, die eigentlich ohne Giftstoffe auskommen sollen", sagt Caroline Müller.

Die neue Studie zeigt, dass Pestizide die Kommunikation zwischen Insekten stören können. Meerrettichblattkäfer (Phaedon cochleariae Fabricius) verlassen sich bei der Wahl ihrer Fortpflanzungspartner auf chemische Reize. So erkennen sie mögliche Paarungspartner. Auf dem Panzer der Käfer befinden sich Kohlenwasserstoffgemische - eine Art Duftnote, die auch als Erkennungszeichen dient.

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Pestizide Pflanzenschutzforschung
Wenn die Chemikalien versprüht werden, gelangen sie auch auf benachbarte Flächen und benetzen angrenzende Sträucher und Bäume. Foto: Dirk Sanne/pixelio.de

Pestizidbelastete Blätter stören Fortpflanzung

"Wir konnten erstmals zeigen, dass sich diese chemische Signatur auf der Körperoberfläche durch den Kontakt mit dem Pestizid verändert", sagt Dr. Thorben Müller, Hauptautor der Studie. "Die Folge ist, dass Käfer für die Fortpflanzung geeignete Paarungspartner möglicherweise nicht erkennen. Allein dadurch kann schon die Zahl der Nachkommen sinken."

Hinzu kommt, dass ein Pestizid-Kontakt der Eltern negative Auswirkungen auf die folgende Käfergeneration hat - auch wenn diese selbst nicht direkt mit dem Mittel in Berührung kommt. "Nachkommen von Käfern, die pestizidbelastete Blätter gefressen haben, entwickeln sich langsamer als Nachwuchs von Tieren, die unbehandelte Blätter als Futter hatten", sagt Thorben Müller. Doch nicht nur die Entwicklung der Nachkommen verzögert sich: "Weibliche Blattkäfer, deren Eltern mit der Chemikalie in Kontakt kamen, bilden unterschiedlich lange Antennen aus. Diese Missbildung kann die Wahl des Partners und des Eiablageplatzes beeinträchtigen."

Die Ergebnisse der Forschung lassen sich auch auf andere Insekten beziehen. "Bienen und Wespen kommunizieren ähnlich wie die Käfer über chemische Botenstoffe", sagt Professorin Dr. Caroline Müller. "Kommen sie zufällig mit einem Pestizid in Kontakt, könnte das ihre Partnerwahl ebenfalls beeinflussen und zu einem Rückgang der Nachkommen führen." Als Konsequenz aus dem aktuellen Befund legt sie nahe: "Pflanzenschutzmittel sollten erst dann zugelassen werden, wenn feststeht, dass sie der Entwicklung und Fortpflanzung von Nicht-Zielorganismen langfristig nicht schaden."

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