Der Masterplan für einen wachsenden Park

Kabinette geben den Gärten der Welt ein neues Gewicht

von:

n Till RehwaldtRehwaldt Landschaftsarchitekten

Bautzner Straße 13301099 Dresdenmail@rehwaldt.de

Gärten der Welt Landschaftsarchitektur
Kulturlandschaft Wuhletal – Kienberg – Gärten der Welt, Masterplan 2007. Abbildung: Rehwaldt Landschaftsarchitekten

In der Marzahner Feldflur am Wuhletal ist in nur wenigen Jahrzehnten einer der attraktivsten Berliner Parks entstanden. Seit 2007 werden die sich kontinuierlich erweiternden Gärten der Welt mit dem Instrument eines Masterplans entwickelt, der mit der Vorbereitung der IGA eine neue Dynamik bekam.

Mit dem Bau der Großsiedlungen Marzahn und Hellersdorf begannen in den 1970er Jahren grundlegende Veränderungen im bisher landwirtschaftlich genutzten Wuhletal. Durch Ablagerungen von Aushubmaterial und Bauschutt wurde der Kienberg von rund 50 m auf nun 102 m erhöht, auch das umliegende Gelände wurde stark überformt, als Baustelleneinrichtung oder Anzuchtfläche für Gehölze genutzt. Bereits mit den ersten städtebaulichen Planungen wurde ein Konzept für einen landschaftsorientierten Grünraum zwischen den beiden Großsiedlungen entwickelt. Das "Naherholungsgebiet Marzahn" sollte einen Bereich des Wuhletales, den Kienberg sowie die westlich angrenzenden Wiesenflächen einschließen. Als darin integrierte beziehungsweise unmittelbar angrenzende Bausteine waren Schulsportanlagen und ein Freibad vorgesehen, die jedoch nie realisiert wurden.

Unter dem Eindruck der Bundesgartenschau 1985 in Berlin-Britz entstanden auch in Ost-Berlin ähnliche Pläne, für deren Umsetzung sich das Gelände in Marzahn anbot. Bis zum Jahr 1987 wurde unter der Federführung des damaligen Stadtgartendirektors Gottfried Funeck am Kienberg die "Berliner Gartenschau" (BEGA) angelegt. Obwohl diese nur auf Teilen des ursprünglich geplanten Grünraumes realisiert wurde, gelang es bereits damals, eine durchgehende Verbindung vom Wuhletal bis zum Blumberger Damm herzustellen.

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Gärten der Welt Landschaftsarchitektur
Parkentwicklung Gärten der Welt und Erweiterungsflächen, Masterplan 2012. Abbildung: Rehwaldt Landschaftsarchitekten
Gärten der Welt Landschaftsarchitektur
Weiterentwicklung der Gesamtplanung. Skizze zur Vorbereitung des IGA-Rahmenkonzeptes (2012). Abbildung: Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Die auch heute noch ablesbare Grundstruktur des Parks orientierte sich in wesentlichen Merkmalen am Ideal des englischen Landschaftsparks. Geschwungene Wegelinien inszenieren die leicht wellige Topografie, ein Wechselspiel offener und geschlossener Raumkanten eröffnet rhythmische Sichtbeziehungen. Mit vielfältigen Gehölzpflanzungen, oft als sehr dichte Abschirmung konzipiert, wurde in kurzer Zeit ein markantes Raumgerüst geschaffen. Auch der Kienberg wurde hauptsächlich unter Verwendung von Pappeln rekultiviert und entwickelte sich Zeit zu einer markanten Landschaftsfigur im Wuhletal.

Während des Baus der Siedlungen wurde das Gelände westlich des Kienberges teilweise als Anzuchtfläche für Großgehölze genutzt. Mit der Einbeziehung dieser Flächen in die BEGA entstanden charakteristische Quartiere aus Eschenahorn, Eichen, Birken und Kiefern. Die Eigenart der Raster- und Reihenpflanzungen schafft eine ganz besondere Raumatmosphäre, die nunmehr ausgewachsenen "Baumschulen" zählen heute zu den wertvollsten Beständen im Park. Dem Charakter einer Gartenschau entsprachen die vielfältigen Themengärten der BEGA, welche an besonderen Orten in die landschaftliche Parkstruktur eingebettet wurden. Noch heute steht der "Karl-Foerster-Garten" für diese Raumidee, andere Flächen haben dagegen eine starke Überformung erfahren.

Nach der Übernahme der Parkverwaltung durch die Britzer Garten GmbH (später Grün Berlin GmbH) unter der Leitung von Henrik Gottfriedsen erfuhr die Anlage unter dem Namen "Erholungspark Marzahn" eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Ab 1997 gab es Überlegungen zur Gestaltung eines Chinesischen Gartens, der dann im Jahre 2000 auf einer ersten Erweiterungsfläche eingeweiht werden konnte. Dies war der Auftakt für die Entstehung weiterer thematischer Gärten, die jeweils die Gartenkunst unterschiedliche Kulturkreise repräsentieren. Mit dem Bau des Orientalischen Gartens wurde erstmals der Begriff "Gärten der Welt" geprägt, um die neu entstandene Vielfalt auch als ein konzeptionelles Leitbild für den Gesamtpark zu definieren.

Gärten der Welt Landschaftsarchitektur
Koppelwiesen und südlicher Parkeingang, Realisierung nach dem Konzept der Masterplanung (2011). Foto: Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Mitte der 2000er Jahre ergab sich die Möglichkeit, durch Zukauf größerer Flächen am Blumberger Damm das Gelände nochmals wesentlich zu erweitern und damit den Intentionen der 1970er Jahre zur Anlage einer großzügigen Grünverbindung wieder ein Stück näher zu kommen. Dabei zeigte sich die Notwendigkeit eines übergreifenden Konzeptes für den in Wandlung befindlichen Park. Als Ergebnis eines konkurrierenden Verfahrens wurde 2007 das Konzept von Rehwaldt Landschaftsarchitekten ausgewählt und den weiteren Überlegungen zugrunde gelegt. Seit dieser Zeit wurde in mehreren Schritten eine Masterplanung entwickelt, die mit der Entscheidung zur Ausrichtung der IGA 2017 grundlegend überprüft und teilweise neu ausgerichtet wurde.

Schon zu Beginn des Planungsprozesses wurde deutlich, dass die bestehenden Anlagen der "Gärten der Welt" eine wertvolle, sehr zukunftsfähige Bestandsstruktur aufweisen und das Potential besitzen, sich als integrierter Bestandteil eines vielfältigen Landschaftsraumes zu entwickeln. Vom naturnahen, sich weit erstreckenden Wuhletal bis zu den dicht inszenierten Themengärten spannt sich ein großer Bogen vielfältigster Natur-, Park- und Gartenräume, die in ihrer Koexistenz eine beispielhafte Wirkung für die heute notwendige Verschränkung urbaner und landschaftlicher Stadtentwicklung entfalten.

Mit den Erweiterungen wird der Park größer und komplexer, ohne dass jedoch seine Identität in Frage gestellt werden muss. Es geht also nicht um eine grundlegende Neudefinition der Anlage, sondern um eine Ergänzung durch zusätzliche Qualitäten. Den "Gärten der Welt" kommt dabei eine große Bedeutung als "Nukleus" dieser komplexen Landschaft zu. Hier sind bereits gestalterische und funktionale Prinzipien als grundlegende Setzungen definiert, die sich beispielsweise im funktionierenden Zusammenspiel zwischen raumgebender Kulisse und thematischen Gärten äußern.

Ein wesentliches Ziel der Masterplanung war es also, das Bestandsgelände mit den neu hinzukommenden Flächen zu einem konsistenten Gesamtraum zu verschmelzen. Das Leitbild des englischen Landschaftsparks ist dabei in einer idealen Weise geeignet, die thematischen Schwerpunkte in eine ruhige Grundsubstanz einzubetten und somit auch verschiedenartige, oft sehr lebhafte Einzelbausteine in einem respektvollen Nebeneinander zu integrieren. Die sehr individuell gestalteten Einzelgärten können ihre Wirkung nur entfalten, wenn das dazwischenliegende Raumgerüst mit seinen organisch geformten Wegen und der inszenierten Topografie eine ruhige, neutrale Ausstrahlung vermittelt.

Gärten der Welt Landschaftsarchitektur
Ideenkonzept Gartenkabinette am Blumberger Damm (2012). Abbildung: Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Ein zentrales Element des Masterplanes ist das neu entstehende "Gartenband" am Blumberger Damm, welches als ein räumliches und inhaltliches Gegenüber zu den bestehenden Strukturen konzipiert ist. Gegliederte Heckenquartiere schaffen eine Abschirmung zum Straßenraum und integrieren auf eine selbstverständliche Weise den bestehenden Renaissancegarten. Gleichzeitig wird somit auch ein besonderer Raum für experimentelle Garteninszenierungen geboten, die sich von den klassischen Themen des Bestandsparks abheben. Anlässlich der IGA werden hier internationale Landschaftsarchitekten ihre Interpretationen zeitgenössischer Gartenkultur präsentieren.

Im südlichen Bereich der neuen Gartenzone ist die Seilbahnstation eingeordnet. Von hier aus besteht nunmehr eine direkte Verbindung nach Hellersdorf, dabei kann der Park aus der Vogelperspektive erlebt werden. Ein weiteres zentrales Element ist das neue Besucherzentrum mit dem erweiterten Eingang am Blumberger Damm, ergänzt um gastronomische Angebote und einen Ort für Veranstaltungen (Parkbühne). Auch ist hier eine zentrale Logistikfläche angeordnet, von der aus die Ver- und Entsorgung der einzelnen Standorte innerhalb des Parks organisiert wird.

Als eine "entspannende Distanz" zwischen Bestandsgelände und Gartenzone am Blumberger Damm spannt sich eine weitläufige Parkwiese. Damit wird auch hier die landschaftliche Gestaltung zu einer gestalterischen und thematischen Klammer, die den alten und neuen Teil miteinander verbindet. Sie fokussiert sich letztlich in Gestalt des "Cottage-Gardens", der als ein zentrales Element des englischen Landschaftsparkes in dieser wichtigen Übergangszone positioniert ist.

Die topografische Modellierung des Geländes orientiert sich nicht an den Parkgrenzen, sondern bildet einen großräumigen Ausschnitt des Wuhletales ab. Teilweise noch heute erkennbar ist die ursprüngliche Struktur der Marzahner Feldflur mit ihrem spielerischen Auf und Ab, dem vielfachen Wechsel von Kuppen und Mulden, der durch künstliche Aufhöhungen noch übersteigert wird. Die allseits sichtbare Figur des Kienbergs akzentuiert zwar in prägnanter Weise die Landschaft, blieb aber in Bezug auf den Park lange Jahre reine Kulisse. Mit der verbesserten Zugänglichkeit, vor allem aber der Inszenierung des "Gipfels" und der "Bergbesteigung" wird er nunmehr funktional und thematisch eingebunden und als eine landschaftliche Sensation wahrgenommen. Auch südlich des Berges wurde ein topografisches Motiv gestärkt. Mit der Freilegung des "Koppelfließes" als ein Seitenarm der Wuhle entstand hier eine weitläufige Geländemulde, in einem sanften Schwung zum neuen Eingang im Süden führend.

Mit der Neustrukturierung der Anlage und der Einbindung in das öffentliche Nahverkehrsnetz war es notwendig, die Wegerouten an die veränderten Besucherströme anzupassen. Es entstand ein weitmaschiges Netz organisch geschwungener Hauptwege, ohne einen Unterschied zwischen älteren und jüngeren Parkteilen zu machen. Ein für den westlichen Erweiterungsteil neu konzipierter "belt walk" beschreibt die Großform der neuen Parkwiese und führt den Besucher durch unterschiedliche Gehölzkulissen.

Um die Verknüpfung mit dem städtischen Umfeld zu verbessern und neben dem klassischen Parkzutritt künftig auch eine "Alltagsquerung" zu ermöglichen, wurden im Süden und Osten zusätzliche Eingänge konzipiert. Die Stärkung der Ost-West-Beziehung mit dem neuen Haupteingang am Blumberger Damm folgt dem ursprünglichen Gedanken einer Verknüpfung der Stadtteile Marzahn und Hellersdorf.

Gärten der Welt Landschaftsarchitektur
Räumliche Struktur der Gartenkabinette, Skizze zur Vorbereitung des IGA-Rahmenkonzepts (2012). Abbildung: Rehwaldt Landschaftsarchitekten
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Neue Wuhlequerung, Skizze zur Vorbereitung des IGA-Rahmenkonzepts (2012). Abbildung: Rehwaldt Landschaftsarchitekten
Gärten der Welt Landschaftsarchitektur
Topografische Skizze (2012). Abbildung: Rehwaldt Landschaftsarchitekten

Mit der Einbeziehung der Erweiterungsflächen das Bestandsgelände, seit Jahren von immer mehr Besuchern frequentiert, in seiner Nutzungsintensität grundsätzlich entlastet. Intensivere Nutzungen wird es jedoch weiterhin im Bereich entlang der Eisenacher Straße geben. Vor allem war die vergrößerte Tropenhalle, die den erneuerten Balinesischen Garten aufnehmen wird, in den Bestand zu integrieren, mit dem bestehenden Parkplatzangebot und dem Übergang in die nördlich anschließenden Grünräume wird der hier gelegene Eingang auch in Zukunft eine wichtige Funktion erhalten.

Im Bestandsgelände wurden die strukturell notwendigen Veränderungen am Wegenetz auch dazu genutzt, die Deckschichten und Einfassungen grundlegend zu erneuern und somit das Erschließungsnetz der Parkanlage für die zukünftige Nutzung zu qualifizieren.

Die Entscheidung, die IGA 2017 in den Gärten der Welt durchzuführen, hat für die Gärten der Welt nochmals starke Impulse ausgelöst. Für den mitten in der Erarbeitung befindlichen Masterplan bedeutete dies eine veränderte Schwerpunktsetzung. In einer intensiven Zusammenarbeit aller Beteiligten wurde er vor allem in Bezug auf die Anbindung des Kienberges, des Wuhletales sowie des Stadtteiles Hellersdorf weiterentwickelt.

Mit dem Brückenschlag über die Wuhle wurde eine neue Wegeverbindung konzipiert, die das Gelände erstmals unmittelbar mit der Wohnsiedlung sowie vor allem mit dem U-Bahn-Netz verbindet. Mit der Einrichtung der Seilbahn konnte ein langjähriges Erschließungsdefizit beseitigt werden, der barrierefreie Zugang zum Gelände wurde verbessert.

Die zur Entstehungszeit des Parks gepflanzten Gehölzkulissen sind heute zu raumwirksamen Strukturen herangewachsen und geben der Anlage ein eigenes Gepräge. So begegnet dem Besucher beispielsweise eine Vielzahl unterschiedlicher Pappelarten und -sorten, hell leuchtende Silberpappeln setzen starke Akzente und vermitteln räumliche Orientierung.

Die geringe Lebenserwartung und zunehmende Bruchgefährdung der schnellwachsenden Gehölze macht jedoch einen schrittweisen Umbau dieser Pflanzungen erforderlich. Auch wurde es mit der Arrondierung des Parks dringend nötig, die dichte Abschirmung nach außen aufzulösen und Blickbeziehungen in die neu entstehenden Bereiche zu eröffnen.

Aus diesem Grunde wurde ein Konzept für einen allmählichen Umbau der Gehölzkulissen entwickelt. Zunächst werden die in den 80er Jahren angelegten Pflanzungen ausgelichtet, jedoch immer noch als ein räumliches Grundgerüst genutzt. Neu gepflanzte Gehölze ergänzen oder ersetzen schrittweise diese Gruppen. Auch im Inneren der Anlage wurden durch partielle Auslichtungen die räumlichen Qualitäten gestärkt. So wandelt sich die Parklandschaft durch eine langfristige Umformung bestehender Formationen. Nicht nur hier wird wieder einmal deutlich, dass eine Masterplanung für einen wachsenden Park keinen Endzustand definieren kann, sondern vielmehr als ein begleitender Prozess zu verstehen ist, der auf wechselnde Anforderungen reagiert, ohne jedoch die langfristigen Linien zu verlieren.

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