Kesselsande für Vegetationssubstrate im GaLaBau

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Hochschule Geisenheim University Substrate
Kesselsandsubstrat im Vegetationsversuch. Foto: Stephan Roth-Kleyer

Substrate werden in der aktuellen Fassung der DIN 18915 "Vegetationstechnik im Landschaftsbau - Bodenarbeiten" (2018-06) in Abschnitt 3.10 wie folgt definiert: "Substrat: Künstlich hergestellter Bodenersatz". Weiterhin formuliert DIN 18915 zum Stichwort Substrate in Abschnitt 6.7 (Anforderungen, Substrate): "Substrate müssen für den jeweils vorgesehenen Verwendungszweck geeignet sein. Sie dürfen keine Stoffe enthalten, die den vorgesehenen Gebrauch mindern oder die Umwelt belasten."

In der Regel sind insbesondere folgende Eigenschaften bei Vegetationssubstraten im GaLaBau ohne Priorisierung zu beachten:

  • Umweltverträglichkeit
  • Brandverhalten
  • Pflanzenphysiologische/phytotoxische Unbedenklichkeit
  • Kornverteilung
  • Hohes Porenvolumen bei günstiger Porengrößenverteilung
  • Hohe Wasserkapazität
  • Hohe Luftkapazität, auch bei maximaler Wasserkapazität
  • Günstiges Dränverhalten
  • Gute Kapillarität
  • Strukturstabilität über längere Zeit,
  • Gehalte an verfügbaren Nährstoffen für die Zielvegetation
  • Hohe Austauschkapazität
  • Geringe Nährstoffverlagerung und -auswaschung
  • pH-Wert im Bereich der Zielvegetation
  • Pufferung gegen pH-Verschiebung
  • Schnelle Wiederbenetzbarkeit nach Austrocknung
  • Druckstabilität
  • Fremdstoffe
  • Regenerationsfähige Pflanzenteile und -samen

Die einschlägigen Eigenschaften, Anforderungen sowie Untersuchungsmethoden für die unterschiedlichen Substrattypen für den GaLaBau werden in den aktuellen Regelwerken, so zum Beispiel in DIN 18035 Teil 4: "Sportplätze - Rasenflächen" (DIN, 2012-01), in den "Richtlinien für Planung, Ausführung und Instandhaltung von Dachbegrünungen" (FLL, 2018a), in den "Richtlinien für Planung, Ausführung und Instandhaltung von begrünbaren Flächenbefestigungen" (FLL, 2018b), die "Richtlinie für den Bau von Golfplätzen" (FLL, 2008) oder die "Empfehlungen für Baumpflanzungen - Teil 2" (FLL, 2010) benannt.

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Kesselsandsubstrat im Vegetationsversuch. Foto: Stephan Roth-Kleyer
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Kesselsandsubstrat im Vegetationsversuch – Sedum reflexum. Foto: Stephan Roth-Kleyer
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Kesselsandsubstrat im Vegetationsversuch – Sedum sexangulare Weiße Tatra. Foto: Stephan Roth-Kleyer
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Kesselsandsubstrat im Vegetationsversuch - Anthemis tinctoria und Sedum album. Foto: Stephan Roth-Kleyer
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Kesselsandsubstrat im Vegetationsversuch - Diantus carthusinorum und Sedum sexangulare. Foto: Stephan Roth-Kleyer

Der Markt für Vegetationssubstrate im Landschaftsbau

In den letzten Jahren hat die Bedeutung von Substraten für den GaLaBau beziehungsweise für die Landschaftsarchitektur insgesamt stetig zugenommen.

Die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung (FBB) erfasste 2016 den deutschen Markt für Vegetationssubstrate für bodenferne Begrünungen (z.B. Dachbegrünungen, Begrünungen von Übertunnelungen oder Tiefgaragen). Die FBB teilte mit, dass 2015 circa 8 bis 10 Millionen m³ bodenferne Begrünungen neu angelegt wurden, "so viel wie noch nie zuvor" (MANN, 2016). Der Anteil an extensiv begrünten Dächern lag 2008 bei 89 Prozent, der Anteil an Intensivbegrünungen bei 11 Prozent. 2011 betrug der Anteil an intensiv begrünten Dächern 13 Prozent (FBB, 2012). Basierend auf den Angaben der FBB (2016) ergibt sich bei einer angenommenen Höhe der Vegetationstragschicht von 10 cm im Mittel ein Volumen von circa 800.000 bis 1.000.000 m³ Substrat, die nur für die Begrünung von bodenfernen Standorten in Deutschland jährlich eingesetzt wurden. Der Markt der Bauwerksbegrünung wie des innerstädtischen Grüns ist insgesamt wachsend. Das kann auch auf die globale Erderwärmung und das vitale Interesse, urbanes Grün als ein Mittel der Adaptionsstrategien zur Milderung der Auswirkungen der Klimaveränderungen zu fördern, zurückzuführen sein. Ziel muss es sein, urbanes Grün zukunftsfähig und widerstandsfähig beziehungsweise resilient zu machen. Geeignete Vegetationssubstrate tragen dazu ohne Zweifel bei. Insgesamt wird die Produktion an Vegetationssubstraten in Deutschland für die verschiedenen Einsatzzwecke im GaLaBau auf etwa 2,5 bis 3 Millionen m³ pro Jahr geschätzt.

Der Substratausgangsstoff Kesselsand

Kesselsand entsteht bei der Verbrennung von Steinkohle in Trockenfeuerungskesseln moderner Kraftwerke. Kesselsand besteht aus dem Begleitgestein der Kohle. Die Steinkohle wird zunächst zu Kohlenstaub gemahlen. Anschließend wird der Kohlenstaub mit der Verbrennungsluft in den Feuerraum gefördert. Dort werden die organischen Bestandteile der Kohle unter Wärmefreisetzung verbrannt. Von den mineralischen und nichtbrennbaren Anteilen der Steinkohle steigen circa 90 Prozent mit dem Rauchgas auf und werden als Flugasche herausgefiltert. Die beim Verbrennungsprozess durch Versinterung anfallenden Agglomerate, die sich aufgrund ihrer Masse der Schwerkraft folgend am Boden des Kessels absetzen, werden als Kesselsand nass abgezogen. Das sind die verbleibenden 10 Prozent der mineralischen und nicht brennbaren Anteile der Steinkohle. Beim Austragen des Kesselsandes aus den Kesseln wird der Kesselsand im Wasserbad abgekühlt und anschließend auf Halden bis zur weiteren Verwertung gelagert. Nach etwa 14 Tagen Lagerung sinkt der Wassergehalt des Kesselsandes durch Entwässerung je nach Witterung auf rund 20 bis 30 Masse-% (WIN, 2019).

Kesselsand bildet sich in unterschiedlichen Kornfraktionen aus. Das Material hat eine raue, aufgebrochene Oberfläche. Durch die porige Struktur der Einzelkörner verbindet Kesselsand ein geringes Eigengewicht mit guten bodenmechanischen Eigenschaften. Kesselsand besteht in der Hauptsache aus Alumnosilikaten, die genaue chemische Zusammensetzung hängt von der Herkunft der ausgewählten Steinkohle und den Verbrennungsbedingungen im Kraftwerk ab. Er ist frei von keimfähigen Samen und regenerationsfähigen Pflanzenteilen. Kesselsande werden vorwiegend bei der Produktion von Betonwaren, im Garten- und Landschaftsbau und als Schüttmaterial im Straßenbau eingesetzt. Die Einzelkörner sind denen von geblähtem und gebrochenem Leichtzuschlag vergleichbar. Die Körnung liegt im Bereich 1 bis 8 mm. Bei steigender Korngröße nimmt die Kornfestigkeit ab. Der Kornanteil oberhalb 4 mm wird bei mechanischer Belastung werkseitig meist zerkleinert. Aufgrund seiner physikalischen Struktur verfügt Kesselsand bei günstiger Kornabstufung durchaus über Wasserkapazitäten von circa 50 Masse-%. Kesselsande weisen aus vegetationstechnischer Sicht ungünstige alkalische pH-Werte auf, die meist im schwach bis mäßig alkalischen Bereich (pH 7,9 - 9,3) liegen. Aufgrund der geringen Pufferkapazität der Kesselsande, wird der pH-Wert von kesselsandhaltigen Substraten durch Zugabe von anderen Substratkomponenten, die pH-Werte im sauren Bereich aufweisen, auf vegetationstechnisch günstige pH-Werte von 5,5 bis 7,0 gesenkt. Die Schüttdichte beträgt meist 0,6 bis 1,0 g/cm³. Kesselsand ist nur wenig auslaugbar und kann deswegen außerhalb der Wasserschutzzonen I und II wie natürlicher Mineralstoff eingesetzt werden. Die vegetationstechnisch relevanten Eigenschaften von Kesselsanden können je nach Herkunft, Herstellung und Aufbereitung unterschiedlich sein. Kesselsande weisen "produktionsfrisch" meist einen Eigenwassergehalt von circa 20 bis 45 Masse-% auf. Nach Herstellerangabe werden Kesselsande mit diesen Wassergehalten in Verkehr gebracht.

Aufgrund der Energiewende fallen insgesamt deutlich weniger Aschen, Kesselsande und Schlacken sowie an weiteren Verbrennungsprodukten an, die für die Substratherstellung von Interesse sind oder waren. Damit verbunden ist auch der Einsatz von Rostaschen, Schmelzkammergranulaten und Kesselsanden als mineralische Substratkomponenten momentan geringer als noch vor wenigen Jahren.

Aschen aus der Verbrennung von Steinkohle, so Rostasche, Nassschlacke, Kesselgrus, Schmelzkammergranulat sowie Kesselsand sind für die Herstellung von Kultursubstraten, Bodenhilfsstoffen und Pflanzenhilfsmitteln weiterhin zugelassen. Das unter der Maßgabe, dass sie in granulierter oder staubgebundener Form in Verkehr gebracht werden und so den Siebdurchgang bei 0,125 mm max. 10 Masse-% und bei 0,063 mm max. 7,5 Masse-% einhalten. Flugaschen sind für die Herstellung von Kultursubstraten, Bodenhilfsstoffen und Pflanzenhilfsmitteln nicht zugelassen (BMELV 2012, DüMV Anlage 2, Abs. 7.3.18). Soweit Kesselsande diesen Vorgaben entsprechen, können sie als Mischungskomponente oder in reiner Form, sofern das Sinn macht, für Vegetationssubstrate eingesetzt werden.

Vegetations- und bautechnische Eigenschaften von Kesselsand

Zur näheren Charakterisierung von Kesselsand wurden zwölf Proben aus unterschiedlichen Kraftwerken im Bundesgebiet, also zwölf verschiedene Herkünfte auf ihre vegetations- und bautechnischen Eigenschaften untersucht. Weiterhin wurde die Umweltverträglichkeit der zwölf Kesselsandproben analysiert. Die vegetations- und bautechnischen Eigenschaften der zwölf Kesselsandproben (KS 1 bis KS 12) wurden nach den einschlägigen Methoden, die im FLL Regelwerk "Richtlinien für Planung, Bau und Instandhaltung von Dachbegrünungen" (FLL, 2018a) wiedergegeben sind, gemessen. Die Messung der Kornverteilung wurde, wie im Methodenteil der FLL-Dachbegrünungsrichtlinien vorgegeben (FLL, 2018a), gemäß DIN EN ISO 17892/4 modifiziert durchgeführt. Die Methode wurde der Vorgabe, die Sieblinie des Kesselsandes in staubgebundener Form zu messen (DüMV, Anlage 2, Tab. 1.4, Ziff. 7.3.18, Spalte 3 (BMELV 2012)), in der Weise angepasst, dass die Proben im Zustand des Inverkehrbringens, also ungetrocknet lieferfrisch gesiebt wurden.

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Tab. 1: Wassergehalte (w) und Siebdurchgänge der 12 lieferfrischen Proben (alle Angaben in Masse-%; Nachkommastellen wurden bewusst nicht gerundet) Abb: Stephan Roth-Kleyer
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Tab. 2a: An den Proben „KS 1 – KS 12“ gemessene Kennwerte (alle Kennwerte sind auf den Zustand bei definierter Laborverdichtung bezogen). Die Minimal- und Maximalwerte sind jeweils fett wiedergegeben. Abb.: Stephan Roth-Kleyer
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Tab. 2b: An den Proben „KS 1 – KS 12“ gemessene Kennwerte (alle Kennwerte sind auf den Zustand bei definierter Laborverdichtung bezogen). Die Minimal- und Maximalwertesind jeweils fett wiedergegeben. Abb.: Stephan Roth-Kleyer
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Tab. 3a: Anforderungen der FLL (2018) an Intensivsubstrate für mehrschichtige Bauweisen und die an den Proben „KS 1 – KS 12“ festgestellten Mittel- sowie Minimal- und Maximalwerte (n=12) (Alle Kennwerte sind auf den Zustand bei definierter Laborverdichtung bezogen). Abb.: Stephan Roth-Kleyer
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Tab. 3b: Anforderungen der FLL (2018) an Intensivsubstrate für mehrschichtige Bauweisen und die an den Proben „KS 1 – KS 12“ festgestellten Mittel- sowie Minimal- und Maximalwerte (n=12) (Alle Kennwerte sind auf den Zustand bei definierter Laborverdichtung bezogen). Abb.: Stephan Roth-Kleyer
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Tab. 4: Übersicht der Untersuchungsergebnisse gemäß DüMV zu umweltrelevanten Kennwerten. Quelle: Wirtschaftsverband Mineralische Nebenprodukte, Düsseldorf


Tabelle 1 gibt die Wassergehalte und Siebdurchgänge der untersuchten zwölf Kesselsandproben wieder. Dazu ist anzumerken, dass die Proben im lieferfrischen Zustand, in dem Zustand, in dem sie in Verkehr gebracht werden, hinsichtlich ihrer Korngrößenverteilung untersucht wurden. Den höchsten Siebdurchgang bei 0,125 mm hatte mit 0,14 Masse-% Probe KS 2. Die DüMV benennt hier eine Obergrenze von 10 Masse-% Siebdurchgang bei 0,125 mm. Den höchsten Siebdurchgang bei 0,063 mm hatte mit 0,05 Masse-% Probe KS 4. Die DüMV benennt hier eine Obergrenze von 7,5 Masse-% Siebdurchgang bei 0,063 mm. Wie aus Tabelle 1 hervorgeht wurden die Siebdurchgänge, auf die die DüMV in der aktuellen Fassung (BMELV 2012) abzielt, deutlich positiv unterschritten.

Die Tabellen 2a und 2b geben die weiteren Kennwerte der 12 Kesselsandproben KS 1 bis KS 12 wieder, die gemäß der einschlägigen FLL-Richtlinien (2018a) an Vegetationssubstraten für bodenferne Begrünungen zu messen sind. Die Minimal- und Maximalwerte sind jeweils fett in den Tabellen 2a und 2b gekennzeichnet.

Der Kennwert "Rohdichte trocken" variierte zwischen 0,74 (KS 1) und 1,14 (KS 5) g/cm³. Aufgrund der vergleichsweise hohen Wasserkapazität lagen die Rohdichten bei maximaler Wasserkapazität mit 1,25 (KS 1) bis 1,60 (KS 5) g/cm³ erwartungsgemäß deutlich höher (vgl. Tabelle 2a). Aufgrund des hohen Porenanteils konnten an den Proben erfreulich hohe Gesamtporenvolumina sowie hohe maximale Wasserkapazitäten bei jeweils ausgeglichenem Lufthaushalt festgestellt werden. Das Gesamtporenvolumen betrug 54 (KS 5) bis 71 (KS 1) Volumen-%. Probe KS 8 ließ mit 53 Volumen-% die höchste maximale Wasserkapazität erkennen, Probe KS 9 mit 45 Volumen % die niedrigste. Für Probe KS 5 wurde bei maximaler Wasserkapazität mit 7 Volumen-% der niedrigste Luftgehalt bei maximaler Wasserkapazität der 12 Proben ermittelt. Gemessen an der FLL-Vorgabe (FLL, 2018a) von mindestens 10 Volumen-% Luft bei maximaler Wasserkapazität sind das 3 Volumen-% zu wenig. Somit wurde, wie in den FLL-Richtlinien (2018a) vorgegeben, an dieser Probe der Luftgehalt an der bei pF 1,8 teilentwässerten Probe gemessen. Die Anforderung der FLL (2018a) beträgt für teilentwässerte Proben (pF 1,8) mindestens 20 Volumen-%. Diese Anforderung konnte von Probe KS 5 übertroffen werden, somit ist die Anforderung an den Luftgehalt auch für Probe KS 5 erfüllt. Den höchsten Luftgehalt bei maximaler Wasserkapazität wies Probe KS 1 mit 20 Volumen-% auf. Die Wasserdurchlässigkeiten der zwölf Proben lagen im Bereich 1,9 (KS 10) bis 20,2 (KS 8) mm/min und entsprachen damit den Anforderungen der FLL (2018a) an Vegetationssubstrate für Intensivbegrünungen in mehrschichtiger Bauweise (0,3 - 30 mm/min).

Tabelle 2b zeigt die an den zwölf Kesselsandherkünften gemessenen chemischen Kennwerte. Die gemäß (FLL, 2018a) in Calciumchlorid gemessenen pH-Werte wiesen für die Kesselsandproben pH-Werte von pH 8,30 (KS 1) bis pH 9,33 (KS 8) auf. Die FLL (2018) sieht für Vegetationssubstrate für bodenferne Begrünungen pH-Werte von pH 6,0 bis pH 8,5 vor (außer Rasenbegrünungen; hier pH 5,5 - pH 7,5). Damit waren die pH-Werte von 11 der 12 untersuchten Kesselsandherkünften gemessen an der FLL-Vorgabe zu alkalisch. Wenn Kesselsand als Mischungskomponente eingesetzt wird, ist das Kriterium pH-Wert zu beachten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kesselsande aufgrund ihrer geringen Pufferkapazitäten in Vegetationssubstraten hinsichtlich des pH-Wertes eine nur schwache Wirkung haben. Die Salzgehalte der 12 Proben waren mit 0,6 bis 1,0 g/l im Vergleich zu der in der FLL (2018a) benannten Anforderung von ? 2,5 g/l für Vegetationssubstrate für Intensivbegrünungen in mehrschichtiger Bauweise erfreulich gering. Bis auf den Phosphorgehalt der Probe KS 12 lagen alle an den zwölf Kesselsandproben gemessenen pflanzenverfügbaren Nährstoffe Stickstoff (N), Phosphor (P2O5), Kalium (K2O) und Magnesium (Mg) unterhalb der in den einschlägigen FLL-Richtlinien (2018a) benannten Höchstwerte (vgl. Tabelle 2b). Erwartungsgemäß wiesen die 12 Kesselsandproben keinerlei Fremdstoffe (z.B. Fliesen, Glas, Keramik, Metalle, Kunststoffe) auf.

Vergleich der an den Kesselsanden gemessenen Kennwerte mit den Anforderungen der einschlägigen FLL-Dachbegrünungsrichtlinien

Tabelle 3a und 3b weisen jeweils die an den Kesselsandproben gemessenen Mittel-, Maximal- und Minimalwerte aus. Sie werden den in den FLL-Dachbegrünungsrichtlinen (2018a) festgelegten Anforderungen an Vegetationssubstrate für Intensivbegrünungen in mehrschichtiger Bauweise vergleichend gegenüber gestellt.

Bis auf den pH-Wert der Probe KS 1 (pH 8,3) waren die pH-Werte der übrigen 11 Kesselsandproben gemessen an der Vorgabe der FLL (2018a) von pH 6,0 bis 8,5 zu alkalisch (vgl. Tabelle 2b). Der pH-Wert aller untersuchten Proben betrug im Mittel pH 8,9 (vgl. Tabelle 3b). In der Praxis werden Kesselsande als Mischungskomponente für Vegetationssubstrate eingesetzt und nicht in pur für vegetationstechnische Zwecke eingesetzt. Durch sauer reagierende organische oder anorganische weitere Zuschlagstoffe lässt sich der alkalische pH-Wert der schwach gepufferten Substratkomponente Kesselsand auf wünschenwerte pH-Werte im Bereich 5,5 bis 7,0 einstellen. Die übrigen an den zwölf Kesselsandproben gemäß FLL (2018a) zu messenden vegetations- und bautechnischen Kennwerte entsprachen den einschlägigen Vorgaben (FLL, 2018a) beziehungsweise übertrafen diese in erfreulicher Weise, wie die Tabellen 3a und 3b erkennen lassen.

Vorgaben des Kreislaufwirtschafts-gesetzes (KrWG) und der Düngemittelverordnung (DüMV) an Kesselsande

Absicht des Kreislaufwirtschaftsgesetzes "Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen" (KrWG) (BMJV, 2012) in seiner aktuellen Fassung ist gemäß § 1 die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen. Somit ist es Ziel des KrWG, Abfälle zu reduzieren, insbesondere die zu deponierenden Abfälle. An erster Stelle steht dabei die Vermeidung von Abfällen. Rohstoffe sollen im Sinne des Gesetzes möglichst lange im Kreislauf geführt und nachhaltig bewirtschaftet werden, um Ressourcen und Umwelt zu schonen.

Das KrWG (BMJV, 2012) führt hierzu in Teil 2 "Grundsätze und Pflichten der Erzeuger und Besitzer von Abfällen sowie der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger", Abschnitt 1 "Grundsätze der Abfallvermeidung und Abfallbewirtschaftung" in § 6 (1) "Abfallhierarchie" wie folgt aus: "Maßnahmen der Vermeidung und der Abfallbewirtschaftung stehen in folgender Rangfolge: 1. Vermeidung, 2. Vorbereitung zur Wiederverwendung, 3. Recycling, 4. sonstige Verwertung und zuletzt 5. Beseitigung."

Mit Blick auf die Zielstellungen des KrWG ist das Recycling von geeignetem Kesselsand zu fördern. Ziel der Aufbereiter muss es sein, dem Markt Kesselsande als Nebenprodukte zur Verfügung zu stellen, die den Vorgaben der DüMV (BMELV, 2012) entsprechen und damit verbunden für die Herstellung von Vegetationssubstraten für den GaLaBau Verwendung finden können. Die Vorgaben lauten wie folgt: Kesselsande sind in granulierter oder staubgebundener Form in Verkehr zu bringen. Der Siebdurchgang bei 0,125 mm darf maximal 10 Masse-% betragen, der bei 0,063 mm darf maximal 7,5 Masse-% betragen. Filteraschen sind für die Herstellung von Kultursubstraten, Bodenhilfsstoffen und Pflanzenhilfsmitteln nicht zugelassen (BMELV, 2012, DüMV Anlage 2, Abs. 7.3.18). Soweit Kesselsande diesen Vorgaben entsprechen, können sie als Mischungskomponente oder in reiner Form, sofern das Sinn macht, für Vegetationssubstrate eingesetzt werden.

Tabelle 4 gibt die Untersuchungsergebnisse der gemäß DüMV (BMELV, 2012) zu messenden Kennwerte wieder. Die Kennwerte wurden an den 12 Kesselsandproben im Auftrag des Wirtschaftsverbandes Mineralische Nebenprodukte, Düsseldorf in unterschiedlichen Laboren gemessen und für die vorliegende Publikation zur Verfügung gestellt. Damit verbunden waren unterschiedlich hohe Nachweisgrenzen das Ergebnis, wie Tabelle 4 ausweist. Zum Beispiel konnte bei Cadmium in einem der Labore an der Kesselprobe ein Gehalt von 0,071 mg/kg Cadmium in der Trockensubstanz / Trockenmasse gemessen werden, während bei anderen Labors die Nachweisgrenze bei 0,2 mg/kg in der Trockensubstanz lag und damit verbunden ein Wert von < 0,2 für Cadmium angegeben wurde. In Tabelle 4 werden, wie bereits in den Tabellen 3a und 3b, jeweils die an den 12 Kesselsandproben gemessenen Mittel-, Maximal- und Minimalwerte wiedergegeben.

Erwartungsgemäß unterschritten die gemessenen Kennwerte für die sieben Schwermetalle Arsen, Blei, Cadmium, Chrom gesamt und Chrom VI, Nickel, Quecksilber sowie Thallium die in der DüMV (BMELV, 2012) benannten Kennzeichnungswerte bzw. Grenzwerte erfreulicherweise um ein Vielfaches. Gleiches trifft für die PFT (Perfluorierte Tenside/"Summe" aus PFQA und PFOS) zu, wie aus Tabelle 4 hervorgeht.

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Die zwölf Kesselsandproben. Foto: Stephan Roth-Kleyer

Fazit

In der Praxis werden zur Herstellung von Vegetationssubstraten für den Landschaftsbau in der Hauptsache mineralische Schüttstoffe in Verbindung mit eher geringen Anteilen an organischer Substanz eingesetzt. Über marktübliche organische Substratausgangsstoffe, deren Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten zur Herstellung von Vegetationssubstraten für bodenferne Begrünungen berichtete Roth-Kleyer (2012). Eine Beschreibung mineralischer Substratausgangsstoffe und deren einschlägige vegetationstechnische Kennwerte und Eigenschaften finden sich bei Roth-Kleyer (2013).

Kesselsande können als mineralische Mischungskomponente für Vegetationssubstrate für den GaLaBau, so zum Beispiel für Dachsubstrate in ein- oder mehrschichtiger Bauweise, Rasen- und Schotterrasensubstrate, Substrate für Baumpflanzungen, Lärmschutzwände und Tröge vorteilhaft eingesetzt werden, soweit sie den Vorgaben der DüMV (BMELV, 2012) entsprechen. Mehrjährige Vegetationsversuche (Roth-Kleyer, 2010) dokumentieren eine nachhaltige Vegetationsentwicklung auf der Kesselsandvariante.

Die vegetationstechnisch relevanten Eigenschaften von Kesselsand können je nach Herkunft variieren, wie die Tabellen 1 bis 4 ausweisen. Es wird offensichtlich, dass Kesselsand mit circa 50 Volumen-% eine vergleichsweise günstige hohe Wasserkapazität aufweist. Dieser Kennwert ist insbesondere im Hinblick auf eine ausgeglichene Wasserbevorratung für die Vegetation von Bedeutung. Aus den Tabellen 2 bis 3 geht ebenso hervor, dass Kesselsande bis auf den pH-Wert, der in der Regel gemessen an den Vorgaben der FLL (2018) zu alkalisch ist, den übrigen Anforderungen der FLL (2018) entspechen oder sie in erfreulicher Weise deutlich übertreffen. Hinsichtlich des alkalischen pH-Wertes der Substratkomponente "Kesselsand" ist zu berücksichtigen, dass reiner Kesselsand nicht als Vegetationssubstrat Verwendung findet. Aufgrund der geringen Pufferkapazitäten der Kesselsande lässt sich der pH-Wert im Vegetationssubstrat durch sauer reagierende Mischungskomponenten auf anzustrebende pH-Werte von pH 5,5 bis 7,0 einstellen. Vor der Verwendung als Substratausgangsstoff sind die Stoffeigenschaften wie üblich chargengebunden nach DüMV (BMELV, 2012) und FLL (2018a) zu prüfen.


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Oberflächenstuktur von Kesselsand. Foto: Stephan Roth-Kleyer
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Oberflächenstuktur von Kesselsand. Foto: Stephan Roth-Kleyer


Insgesamt ist der Einsatz von Recyclingstoffen in Abhängigkeit von ihrer Verfügbarkeit, ihrer Art und Zusammensetzung, die Umweltverträglichkeit eingeschlossen, sinnvoll. Häufig werden allerdings Recyclingstoffe in einer Qualität eingesetzt, deren vegetationstechnischer Wert nicht erkennbar ist und deren Verwendung mit dem schon allzu oft missbrauchten Begriff "ökologisch vernünftig " begründet wurde, wobei hier oftmals eine geordnete Ablagerung auf einer Deponie zum Wohle der Allgemeinheit geboten wäre.

Durch die sachgerechte Verwendung von Recyclingmaterialien bei der Herstellung von Vegetationssubstraten und Dränbaustoffen für den GaLaBau lässt sich nicht nur durch die Begrünung selbst, sondern auch durch die Weiterverwendung der Materialien für höherwertige Produkte, hier Vegetationssubstrate, ein volkswirtschaftlicher Nutzen erzielen. Insofern muss für einen geprüften, ökologisch und volkswirtschaftlich vertretbaren Einsatz von Recyclingstoffen plädiert werden. Die Entscheidung für oder gegen eine aus bestimmten Substratausgangsstoffen hergestellte Vegetationstrag- oder Dränschicht ist im Sinne eines nachhaltigen Substrateinsatzes immer abhängig von der bedarfsgerechten Verwendung und damit von den bau- und vegetationstechnischen Erfordernissen und nicht, wie in letzter Zeit zunehmend zu beobachten, von "ökonomischen Zwängen". Das billigste Angebot ist selten das günstigste.

Zusammenfassung

Für den Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau wird eine Vielzahl unterschiedlicher Vegetationssubstrate angeboten, die sich in ihrer Zusammensetzung wie auch in ihren Mischungskomponenten deutlich unterscheiden. Nach einer Einschätzung des Marktes für Vegetationssubstrate im Landschaftsbau werden die vegetationstechnischen Eigenschaften von Kesselsanden dargestellt und mit den vegetationstechnischen Kennwerten anderer mineralischer Substratausgangsstoffe verglichen. Weiterhin werden einschlägige Vorgaben der Düngemittelverordnung (DüMV) und des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) zum Recycling von Kesselsanden wiedergegeben.

Im Ergebnis ist die Verwendung von gebrauchten Baustoffen (Recyclingbaustoffen/Recyclingmaterialien) grundsätzlich zugelassen und aus Sicht der Kreislaufwirtschaft (vorher Abfallwirtschaft) erwünscht. Sollen gebrauchte Baustoffe oder industrielle Nebenprodukte zur Anwendung kommen, ist deren Unbedenklichkeit unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften (z. B. DüMV) nachzuweisen. Insgesamt ist der Einsatz von Recyclingstoffen, so auch von Kesselsanden in Abhängigkeit von ihrer Verfügbarkeit, ihrer Art und Zusammensetzung, ihre Umweltverträglichkeit eingeschlossen, im Sinne des KrWG und der DüMV sinnvoll und geboten. Die Entscheidung für oder gegen ein aus bestimmten Substratausgangsstoffen hergestelltes Vegetationssubstrat ist im Sinne einer nachhaltigen Begrünung immer abhängig von der bedarfsgerechten Verwendung und damit von den bau- und vegetationstechnischen Erfordernissen. Durch eine sachgerechte und qualitätsorientierte Verwendung des Sekundärrohstoffs "Kesselsand" lassen sich die bei der Rohstoffgewinnung der Primärprodukte irreversiblen Eingriffe in die Umweltschutzgüter Boden, Wasser und Luft vermeiden.


Literatur

  • BMELV (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz), 2012: Verordnung über das Inverkehrbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln (Düngemittelverordnung - DüMV) BGBl. I 2012, Nr. 63, S. 2973-3012, ausgegeben am 31.12.2012, zuletzt geändert am 26. Mai 2017 durch Artikel 3 der Verordnung (BGBl. I S. 1305).
  • BMJV (Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz), 2012: Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212), zuletzt geändert durch Artikel 2 Absatz 9 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2808), Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG.
  • Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg): DIN 18035 - Teil 4, 2012-01, Sportplätze - Rasenflächen.
  • Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg), 2018: DIN 18915, 2018-06, Vegetationstechnik im Landschaftsbau - Bodenarbeiten.
  • FBB Fachvereinigung Bauwerksbegrünung (2012): Gründachmarkt um 19 Prozent gewachsen. In: Dach + Grün 21, 3, 55.
  • FLL Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., 2008: Richtlinie für den Bau von Golfplätzen. Bonn, Eigenverlag.
  • FLL Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., 2010: Empfehlungen für Baumpflanzungen - Teil 2. Bonn, Eigenverlag.
  • FLL Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., 2018a: Richtlinien für Planung, Ausführung und Instandhaltung von Dachbegrünungen. Bonn, Eigenverlag.
  • FLL Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V., 2018b: Richtlinien für Planung, Bau und Instandhaltung von begrünbaren Flächenbefestigungen. Bonn, Eigenverlag.
  • MANN, G. (2016): Wir sind spitze, doch es geht noch besser. In: Gebäudegrün, 2. Jg., S. H. 2, S. 3.
  • ROTH-KLEYER, St., 2010: Langzeitentwicklung pflegeloser Dachbegrünungen. Neue Landschaft, 55. Jg, H. 7, 53 - 56.
  • ROTH-KLEYER, St., 2012: Torferfsatzstoffe bei Dachbegrünungssubstraten. Dach + Grün, 21. Jg., H. 4, 6 - 13.
  • ROTH-KLEYER, St., 2013: Substratausgangsstoffe - Kennwerte übersichtlich im Tabellenformat. Dach + Grün, 22. Jg., H. 1, 12 - 21.
  • WIN Wirtschaftsverband Mineralische Nebenprodukte e.V., 2019: Anwendungsbericht Kesselsand als Ausgangsstoff für Kultursubstrate. Eigenverlag.
Prof. Dr.-Ing. Stephan Roth-Kleyer
Autor

Professur für Vegetationstechnik

Hochschule Geisenheim University

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