Klartext
Bäume und Volksentscheide – gute Zukunftsidee?
von: Prof. Dr. habil. Hartmut BalderViele Voten sprechen für die Ausgestaltung der Stadtquartiere mit begrünten Plätzen, schattierten Spiel- und Freizeitanlagen sowie vielfältig angelegten Parks mit Bäumen als zentrale Gestaltungselemente. Andererseits stören sie für Kritiker bei der Wahrnehmung der Architektur, verdunkeln die Wohnbereiche, Schädlinge und Laubfall verursachen Dreck, konkurrieren um den Parkplatz vor der Haustür und verschlingen bei Baumschutz, -pflege und -kontrolle hohe Finanzsummen. Wetterextreme mit Kronenbruch, Windwürfen und Hochwasserfluten bedrohen Leben und Gut der Bürger. Aussagen, die allesamt oft zitiert und kontrovers diskutiert werden. Also nichts Neues?
Warum also nicht die Stadtgesellschaft um ihre aktuelle Meinung fragen? Ein Volksentscheid will eben genau dieses. Da in diesen Tagen alle spüren, dass der Klimawandel mit der Hitze in der Stadt nur mit schattierenden und transpirierenden Bäumen zu ertragen ist, ist abzusehen, dass die Mehrheit für Baumpflanzungen sein wird.
In Berlin ist der Prozess angelaufen, ihre Akteure werben mit Slogan wie "1 Million gesunde Straßenbäume für kühlen Schatten und saubere Luft" oder "Von der grauen Betonwüste zur kühlenden Oase – gemeinsam für mehr Leben und mehr Berlin!". Mit Juristen und Experten haben sie Deutschlands erstes kommunales Klimaanpassungsgesetz erarbeitet, Unterschriftensammlungen initiiert und die politische Zulässigkeitsprüfung absolviert. Demnach kann der geplante Volksentscheid 2026 starten! Und die Politik wird absehbar aufgefordert werden, mehr Baumpflanzungen zu organisieren. Also alles auf gutem Wege?
Schaut man sich die Realität in den Städten an, so haben Bäume immer weniger Stellenwert. Die Bedeutung der Grünflächenämter hat vielerorts abgenommen, Baumschutz wird beim Umbau der Städte sträflich vernachlässigt, Baumpflanzungen immer weniger erfolgreich realisiert. Logisch, dass die Lebensdauer der Stadtbäume dramatisch abgenommen hat und Nachpflanzungen fehlen! Ein Ertragsdenken mit Verantwortung, wie es das Weißbuch Stadtgrün den Kommunen empfiehlt, ist nahezu ein Fremdwort.
Als Reaktion auf den spürbaren Klimawandel sollte ein Volksentscheid zunächst diese Fehlentwicklungen aufdecken und Änderungen herbeiführen. Das Vorhandene schützen, pflegen und sanieren, bevor über Nachpflanzungen nachgedacht wird - und dabei aus den Fehlern lernen. Also ist letztlich kein Aktionismus hilfreich, sondern das fachlich getragene Handlungspaket im Sinne von Qualität der Stadtbegrünung. Nur das kann die Botschaft sein, wenn wir dem Klimawandel erfolgreich Paroli bieten wollen!
Ihr Prof. Dr. Hartmut Balder
NL-Stellenmarkt













