Klartext

Maibäume – was lehren sie uns?

von:

Es ist eine schöne Tradition, den Mai und damit die neue Vegetationsperiode mit einem Event gebührend einzuläuten. Während im Norden kleine Birken mit Bierkisten beladene Fahrzeuge verzieren und die Akteure übers Land ziehen, werden im Süden entastete, verzierte Großbäume von bis zu 40 Metern Höhe und entsprechendem Gewicht mit Muskelkraft im Rahmen eines Volksfestes auf Dorfplätzen aufgestellt. In Bayern ist es eine große Gaudi, den Maibaum nach einer Prozession durch den Ort anschließend bei Bier und Gegrilltem unter dem Beifall der Zuschauer in einem mehrstündigen Akt aufzurichten und ihn sicher für mehrere Standjahre zu platzieren. Traditionell legen sich viele tatkräftige Männer ins Zeug, um in Millimeterarbeit mit Hilfe von Seilen und langen Stützstangen unter strenger Regieanweisung diesen Vorgang erfolgreich zu managen. Wohlwissend, dass der kleinste Fehler sofort bestraft wird. Auch heuer war wieder von Fehlleistungen und verletzten Zuschauern durch abrutschende Bäume zu lesen. Daher wird vielerorts wegen der Unfallgefahr auf Kräne zurückgegriffen, die Technisierung hat auch hier Einzug gehalten. Wenn aber alles gelingt, ziert ein Maibaum als Botschafter für das Gemeinschaftswerk der Akteure für lange Zeit den Ort. Jetzt kann gefeiert werden!

Auch für Jungbäume ist jetzt Pflanzzeit. Unsere Altvorderen wussten genau, wie analog zum Maibaum ein Pflanzvorgang zu organisieren ist. Schon Fintelmann schrieb 1877: "Unverständigen und ungeübten Händen darf das Pflanzen von Bäumen in den Städten durchaus nicht überlassen werden, weil man hier mit zu widerwärtigen Boden-, Luft- und sonstigen Verhältnissen zu kämpfen hat und von deren strenger Beachtung allein das sichere und freudige Gedeihen oft recht kostspieliger Anlagen abhängig ist." Bei Misserfolgen wurden die Gärtner von den königlichen Höfen gejagt, eine deutliche Botschaft und Wertschätzung der Baumpflanzung.

Und heute? Überwiegt nicht in vielen Grünentwürfen das Designdenken und weniger das garantiert funktionierende Gestaltungskonzept? Stellt die Praxis nicht zu häufig Bäume gedankenlos nur ins Pflanzloch, ohne den Anwuchs gezielt zu fördern? Wird nicht leichtfertig zu tief gepflanzt und der Baum mit Verankerungssystemen unterirdisch baumschädigend festgezurrt, nur weil die traditionellen Anbindungen nicht mehr gefallen? Wieso wird eine Projektleitung eingesetzt und bezahlt, die nicht in voller Verantwortung für ein gesichertes Baumwachstum agiert? Nur wenn alle Gewerke wirklich abgestimmt handeln, können Baumpflanzungen vital gelingen. Ein Maibaum wäre jedenfalls so nicht sicher aufzustellen! Muss uns das nicht zu denken geben?

Ihr Prof. Dr. Hartmut Balder

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gärtner/Landschaftsgärtner oder Förster/Forstwirt..., Weimar  ansehen
Abteilungsleiter*in Gartenbau / Landschafts- /..., Leipzig  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen
Prof. Dr. habil. Hartmut Balder
Autor

Professor für Phytopathologie und Pflanzenschutz im urbanen Bereich

Beuth Hochschule für Technik Berlin

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen