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Schwammstadt - wachsen die Bäume jetzt von alleine?

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Gehölze wachsen in der Stadt nur bei standortgerechter Verwendung und kontinuierlicher Pflege, dem Wasserhaushalt kommt hier eine besondere Bedeutung bei. Grundwasserabsenkungen, geringe Infiltrationsmöglichkeiten bei Bodenversiegelungen und -verdichtungen, Schadstoffeinträge und mangelnde Bewässerungen beinträchtigen gerade im urbanen Bereich Vitalität und Gesundheit unser Stadtbäume. Das wussten schon unsere Altvorderen, deswegen war die Bewässerung Chefsache. Mit den Klimaveränderungen in Form von Hitze- und Trockenperioden verschärft dich die Situation zunehmend. Aber was tun? Weitermachen wie bisher?

Aktuell wird ein Paradigmenwechsel diskutiert. Warum nicht das Regenwasser zur Bewässerung nutzen anstatt es aufwendig und teuer zu entsorgen? Der Begriff der Schwammstadt beschreibt diese Idee und will die Wasserwirtschaft mit der Stadtbegrünung vereinen. Aktuell werden digitale Konzepte fast wie am Fließband auf der Basis der Regelwerke entworfen, auf Messen und Tagungen visionär dargestellt. Es muss aber eine gewisse Unbedarftheit und Leichtigkeit in der Umsetzung der Schwammstadtidee attestiert werden. Denn wo sind die Studien, die die Funktionalität bestätigen?

Die Wasserwirtschaft hat im Blick, dass bei Starkregen Überflutungen nicht unbeherrschbar werden und Stoffeinträge nicht den Grund- und Trinkwasserschutz gefährden. Sie zeigen sich der Schwammstadtidee grundsätzlich offen gegenüber und sind bemüht, sich in Neubauprojekten mit Vorgaben an Bauherren einzubringen. Auch die Politik unterstützt dieses Ansinnen.

Und die Pflanzenverwender? Wo ist ihre Verantwortung an gesicherte Empfehlungen in der Pflanzenverwendung, der Platzierung von Großgehölzen im Einflussbereich der Regenwasseranlagen, der Anpassung in den Pflegekonzepten für die Sicherung der Investitionen? Was ist mit dem Bauen im Bestand? Wie ist die Verkehrssicherheit zu gewährleisten? Diese Fragen müssen durch wissenschaftliche Studien dringend beantwortet werden, bevor aus den bisherigen Konzepten Standards abgeleitet werden können. Dies ist umso dringlicher, belegen doch die Berliner Studien von 15-jährigen Baumentwicklungen in mehreren Stadtquartieren, dass durch Regenwasserzufuhr das Baumwachstum zwar gefördert wird, aber bei unzureichender Standortdimensionierung und mangelnder Wurzellenkung mit der Zeit große Schäden an der technischen Infrastruktur ausgelöst werden. Ferner steigt mit den Standjahren der Wasserbedarf der Bäume, so dass in Trockenzeiten auch diese Baumpflanzungen eine zusätzliche Bewässerung benötigen. Ist die Schwammstadt also nur eine "Schnapsidee"? Natürlich nicht, aber ein größerer Stadtumbau mit dem Ziel der verbesserten Klimaresilienz benötigt eben gesicherte Grundlagen in allen Belangen. Eben diese müssen langfristige Forschungen interdisziplinär erst noch erarbeiten, um eine gute Idee weiter reifen zu lassen. Nur dann werden sich die Bäume vital entwickeln und keine Folgekosten entstehen!

Ihr Prof. Dr. Hartmut Balder

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Prof. Dr. habil. Hartmut Balder
Autor

Professor für Phytopathologie und Pflanzenschutz im urbanen Bereich

Beuth Hochschule für Technik Berlin

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