Initiativbündnis in Berlin gegründet

Klima: Die Leiter historischer Gärten schlagen Alarm

Denkmalschutz Historische Parks und Gärten
Die historischen Gärten in Deutschland sind massiv gefährdet. Die Hitzesommer 2018 und 2019 haben sie stark geschädigt. Foto: SSG Baden-Württemberg

Die Leiter der historischen Gärten in Deutschland schlagen Alarm. Der Klimawandel bedrohe das Erbe der Gartenkultur in Deutschland, sagte Michael Hörrmann, Vorsitzender des Vereins Schlösser und Gärten Deutschland (SGD), der die Betreiber von rund 340 Monumenten vertritt. Mit dem Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK) sowie der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) hat der Verein ein "Initiativbündnis Historische Gärten und Klimawandel" gegründet. Es stellte sich im vergangenen Monat in Berlin vor.

Die Folgen des Hitzesommers 2018 hätten in diesem Jahr in historischen Gartenanlagen mit tief abgesunkenen oder stark schwankenden Grundwasserspiegeln, auf Böden mit geringer Bindekraft für Regenwasser und bei einer Vorschädigung der Gehölze zum Absterben von mehreren Tausend prägender Bäume geführt, sagte Hörrmann. Die Anfälligkeit geschwächter Bäume gegenüber Krankheiten und Schädlingen steige, Grünabbrüche würden sich häufen, Extremwetterereignisse täten ihr übriges. Die Herausforderungen seien "kein regionales Phänomen, sondern in allen Schlösserverwaltungen Deutschlands bereits bedrohliche Realität".

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Vor allem alte Bäume sind betroffen

Betroffen seien vor allem die angestammten alten Bäume, die Baumriesen, die in manchen Fällen seit Anlage der Gartenkunstwerke im späten 18. oder im 19. Jahrhundert das Bild der Gärten prägten. Der SGD-Vorsitzende: "Wenn nicht zeitnah konsequent abgestimmte, nachhaltig wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden, drohen wesentliche Teile des kulturellen Erbes Deutschlands in ihrer Denkmalsubstanz und in ihrem Denkmalwert erheblich geschädigt zu werden."

Schäden in allen Bundesländern

Hörrmann nannte Beispiele: Im Schlossgarten Schwetzingen (Baden-Württemberg) seien 70 Prozent der Buchen geschädigt, 30 Prozent sind abgestorben. Im Großen Garten in Dresden (Sachsen) mussten von 20.000 Bäumen in diesem Jahr über 100 gefällt werden, vor zwei Jahren waren es lediglich 36 gewesen. Über 200 Bäume sind im Fürst-Pückler-Park Branitz (Brandenburg) in akuter Gefahr. Vor allem Stieleichen und Rotbuchen, die 85 Prozent aller Bäume im Park ausmachen, leiden unter einer Komplexkrankheit. In den 15 Gärten und Parks der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (Berlin, Brandenburg) haben etwa 2.000 Bäume starke Schäden, rund 50 Prozent davon sind ganz abgestorben.

Für die historischen Gärten ist das mit einem hohen finanziellen und personellen Aufwand verbunden. Die Bewässerung musste in den meisten Parks in den letzten Sommern bereits vervierfacht werden. Die Kosten für die Fällung und Entsorgung eines alten Baumes, bezifferte Hörrmann mit bis zu 3.000 Euro. Nachpflanzung können bei Hochstämmen bis zu 2.000, bei Großbäumen über das dreifache kosten. Die Pflege im Bestand wird durch Hitzeschäden teurer. Hinzu kommen hohe Kosten für verstärkte Bodenverbesserungsmaßnahmen.

Mehr Geld für Personal und Forschung

"Hätten wir genau hingeschaut, hätten wir schon früher Anzeichen der Bedrohung sehen können", sagte Hörrmann, der hauptamtlich Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten (SSG) Baden-Württembergs ist, selbstkritisch. Eigentlich müsse man dem Hitzesommer 2018 danken. Er habe allen mit Brutalität vorgeführt, was Deutschland in Zukunft erwarte. Hörrmann: "Jetzt hilft Wegsehen nicht mehr".

Das "Initiativbündnis Historische Gärten und Klimawandel" fordert nun mehr Mittel für Personal und Forschung. Bund und Länder seien gefordert, unabhängig von den Besitzstrukturen, den erhöhten Pflegeaufwand sowie Verkehrssicherungs-Maßnahmen für das lebendige Grün in den historischen Parks zu finanzieren. Personal- und Etataufstockungen würden zeitnah gebraucht. Seinen Sitz hat das Initiativbündnis in der DGGL-Geschäftsstelle am Pariser Platz in Berlin genommen. Um die Organisation kümmert sich dort Landschaftsarchitekt Philipp Sattler.

Forschung zu neuen Pflegestrategien nötig

Zudem werde eine verstärkte anlagengenetische Forschung zu denkmaladäquaten Pflegestrategien in den einzelnen Gartendenkmalen benötigt. Die dafür erforderlichen botanischen Kenntnisse sollten durch Forschungsverbünde erarbeitet werden. Bereits vorliegende Forschungsergebnisse zu Klimabäumen wie das bayerische Projekt "Stadtgrün 2021" oder der GALK-Straßenbaumtest könnten zur Grundlage genommen werden. Schließlich seien die weitere Entwicklung in einem Monitoring zu analysieren und die Wirkung veränderter Pflege mittelfristig zu beobachten.

Die Mitarbeiter der historischen Gärten kämpfen bereits um den Erhalt der zum Teil über 200 Jahre alten Landschaftsbilder. Im Südwesten Deutschlands konzentrieren sich die Gärtner auf die Nachzucht einheimischer Baumarten. Ihre Hoffnung: Die neue Generation werde sich von Anbeginn auf Hitze und Trockenheit einstellen. Diskutiert wird auch ein Import von Bäumen aus Brandenburg oder Polen, wo die Sommer schon immer trockener waren. Die Situation auf den Anlagen der Preußischen Schlösser und Gärten lässt dafür jedoch wenig Hoffnung.

Ausschau nach klimaresilienten Bäumen

So halten die Leiter der historischen Gärten immer mehr nach Bäumen aus dem Ausland Ausschau. DGGL-Präsident Jens Spanjer rechnet nordamerikanischen und asiatischen Baumarten bessere Zukunftschancen zu. Norbert Kühn, Professor für Vegetationstechnik an der Technischen Universität Berlin, der Gast beim Gründungstreffen des "Initiativbündnisses Historische Gärten und Klimawandel" war, hatte bereits im Sommer auf "unempfindlichere Bäume aus dem Mittelmeerraum" hingewiesen. Hörrmann erinnerte daran, dass es vor 200 Jahren Mode war, exotische Baumarten oder Unterarten mit besonderen Merkmalen zu pflanzen: "Die dadurch entstandene Vielfalt in den Altbaumbeständen bietet heute ein enormes Potential für eine langfristige Sichtung klimaresilienter Baumarten."

Das Initiativbündnis will sich auch um klimaresiliente Baumarten bemühen, die - wenn es nicht anders geht - bildprägende Gehölze in den Landschaftsparks ersetzen könnten. Blatt- und Kronenstruktur müssten ähnlich sein, erläuterte Hörrmann. Wichtig sei "die individuelle Ausprägung nach Sorte, Wuchs und Form". Forststrategien seien im historischen Garten auf alle Fälle nicht geeignet. In diesen Parkanlagen komme es nicht allein darauf an, die Volumina und die CO2-Bindekraft der Gehölze stabil zu halten. Historische Gärten müssten Sacharchive der kulturgeschichtlichen und botanischen Forschung, Orte zur Vermittlung des kulturellen Erbes sowie des Denkmalverständnisses und ein Refugium der Biodiversität bleiben, sagte Hörrmann. cm

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