GaLaBau-Wissen

Knospenkunde: Unsere Gehölze im Winter

von:
GaLaBau Wissen Baumpflege
Grafik: Uwe Bienert

180. Folge: Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Knospen.

Die schwierigste Aufgabe eines Ausbilders besteht darin, junge Menschen, die sich entschlossen haben, unseren Beruf auszuüben, für das Thema „Pflanzenkunde“ zu begeistern. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig: Erstens sind die jungen Kollegen nach zehn, zwölf oder 13 Jahren Schulbankdrücken lernmüde und wollen endlich praktisch arbeiten, mit Technik umgehen und sich im Beruf beweisen. Da ist das „Grünzeug“ ziemlich uncool! Zum Zweiten ist ihnen in dieser reizüberfluteten Welt die Gabe der Beobachtung (und erst recht der Langzeitbeobachtung) verloren gegangen – es fehlt schlichtweg an Geduld. Und drittens ist das ganze Thema Pflanze mit seiner Komplexität an Zusammenhängen und der neuen Sprache (Latein) tatsächlich nicht ganz so einfach zu bewältigen.

Wenn man es allerdings beherrscht, besitzt man gegenüber vielen, die sich neben uns auf dem Markt als Fachleute breitmachen, ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal.

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An dieser Stelle werden sich jetzt die Besserwisser melden, die da sagen: "Es gibt ja heutzutage schon sehr gute Pflanzenerkennungs-Apps." Klar doch, man kann alles verdigitalisieren. Ich bin noch aus der Generation, die, wenn man sie nach ihrem Namen fragt, nicht erst bei Google nachfragen müssen. Handwerk hat nicht immer nur etwas mit "Händen" zu tun, sondern auch mit dem Kopf. Und "Was man im Kopf hat, kann man unbeschwert nach Hause trage" (Sprichwort) - will heißen ich kann es jederzeit und an jedem Ort benutzen.

Man muss sich für die Sache begeistern können und sich einen eigenen Weg suchen, sich dem Thema zu nähern, dann kann Pflanzenerkennung auch Spaß machen, hat es doch (wenn man die nötigen Grundkenntnisse endlich im Kopf hat) etwas von Detektivarbeit. Die Krone der Pflanzenbestimmung ist ohne Zweifel die Erkennung von Gehölzen im Winter. Das Haupterkennungselement ist neben der Rinde und dem Habitus die Knospe - und um die soll es hier gehen.

Knospe? Was soll das sein?

Knospen sind Tresore des Lebens. Sie sind die Stellen an der Sprossachse, an denen Pflanzen wachsen und austreiben können. Sie ermöglichen den Gehölzen, den Winter zu überdauern. Jede Knospe besteht aus teilungsfähigem Gewebe und ist von kleinen Blättchen umgeben. In ihnen sind alle für das nächste Jahr benötigten vegetativen Triebe (Spross, Blätter) und Blütenstände eingelagert. Würden diese ohne die schützende Hülle der Knospe angelegt, hätten sie bei tiefen Temperaturen kaum eine Überlebenschance. Diese Hüllen werden Knospenschuppen genannt. Sie schützen das Gewebe vor Austrocknung. Sie sind meistens bräunlich, grünlich, gelblich oder rötlich gefärbt. Nur wenige Ausnahmen kommen ohne diese Knospenhülle aus (Viburnum lantana, Frangula alnus).

Die vielfältige Gestalt der Knospen ist für einzelne Gattungen oder auch Arten sehr charakteristisch. Knospen befinden sich in der Regel am Endpunkt der Sprossachse und in den Blattachseln. Sie treiben nicht immer sofort aus, sondern können sich auch längere Zeit in der sogenannten Knospenruhe befinden. Im Winter stellen zum Beispiel die meisten Pflanzen ihr Wachstum ein. Dann befinden sich alle Knospen in der Knospenruhe.

Knospen unterteilen sich in Blatt- und Blütenknospen, wobei Blattknospen neue Triebe und Blätter hervorbringen. Sie sind an ihrer meist länglichen, spitzen Form zu erkennen. Aus den Blütenknospen entwickeln sich die Blüten. Sie haben meistens eine dicke, rundliche Form.

Vier Grundformen lassen sich unterscheiden:

  • Form: lang, spindelig, Pflanzenbeispiel: Fagus sylvatica
  • Form: rund, kugelig, Pflanzenbeispiel: Cornus mas
  • Form: gedrungen eiförmig, Pflanzenbeispiel: Acer pseudoplatanus
  • Form: flach und breit, Pflanzenbeispiel: Fraxinus excelsior

Die Stellung der Knospen - ein Kombinationsspiel

Schon an der Stellung der Knospe zueinander am Trieb kann man erste Schlussfolgerungen für die Erkennung der Pflanzen machen. Erfahrungsgemäß ist an dieser Stelle das Ausschlussverfahren am erfolgreichsten. Das Aussehen und die Stellung der End-, Seiten- und Beiknospen zueinander und zum Spross sind bei einer Gehölzart fast immer gleich. Somit ist dies das wichtigste Erkennungs- und Bestimmungsmerkmal an jedem Gehölz. Bei der Beurteilung der Knospenstellung interessieren uns hier primär die Seitenknospen. Sie können unterschiedlich am Spross angeordnet sein. Ihre Stellung ist für eine Gehölzart charakteristisch und deshalb für die Bestimmung im Winterzustand ein wichtiges Merkmal.

Man kann zwischen folgenden Knospenstellungen unterscheiden:

  • Gegenständig: Die Knospen stehen sich jeweils an den Nodien gegenüber. (Viburnum opulus)
  • Kreuzgegenständig: Die übereinanderliegenden Knospenpaare liegen in einem rechten Winkel zueinander. (Acer, Fraxinus, Aesculus hippocastanum)
  • Schiefgegenständig: Die Knospen sind in der Höhe etwas gegeneinander verschoben. (Rhamnus cathartica, Salix purpurea)
  • Wechselständig-zweizeilig: Die nächst höhere Knospe ist um den Winkelbetrag von 180° verschoben. Das führt zu zwei gegenüberliegenden Knospenreihen und ist an Seitentrieben vieler Laubbäume zu finden. (an Langtrieben von Castanea sativa)
  • Wechselständig-spiralig: Eine einzige Knospe sitzt an einer Nodie. Die nächst höher sitzende Knospe ist jeweils um einen bestimmten Winkelbetrag verschoben, was zu einer spiraligen Anordnung führt (Ginko biloba)

Aber auch die Stellung der Knospe in Bezug auf den Trieb selbst lässt zusätzliche Schlussfolgerungen auf die Pflanze zu. So können die Knospen unterschiedlich am Spross befestigt sein. Es gibt Pflanzen (Carpinus betulus), bei denen die Knospe eng am Trieb anliegt - anliegend. Bei anderen (Fagus sylvatica) steht sie deutlich vom Trieb ab - abstehend. Einige (Cornus mas) haben Knospen, die auf einen kleinen Kurztrieb platziert sind - gestielt. Und bei einigen (Prunus sargentii, Taxus baccata ) sitzen die Knospen auf einem kleinen Vorsprung - sitzend.

Gestielte Knospen sind nicht zu verwechseln mit Knospen an Kurztrieben. Im Unterschied zum Knospenstiel ist ein Kurztrieb meist geringelt und trägt Blattnarben.

Beiknospen kommen nur bei gewissen Gehölzen vor. Sie stehen direkt neben, unter oder über der End- oder Seitenknospe und sind meist kleiner. Es wird zwischen kollateralen (die Beiknospen stehen links und rechts von der Seitenknospe), serial absteigenden und serial aufsteigenden Beiknospen (die Beiknospen stehen über bzw. unter den Seitenknospen) unterschieden. Kollaterale Knospenstellung findet man bei Musa x paradisiaca und Allium sativum, seriale Stellung bei Lonicera xylosteum und, Juglans regia. Beiknospen können parallel oder schräg zum Spross stehen.

"Knospen-Security" - die Knospenschuppen

Charakteristisch für jede Pflanzenart ist die Anzahl der Knospenschuppen. Diese bilden einen mechanischen Schutz für die im Innern verborgenen Blätter- und Blütenanlagen. Sie sind die äußersten sichtbaren Blättchen einer Knospe. Um einen sicheren Schutz zu gewährleisten, sind Knospenschuppen mitunter behaart, lederartig oder von Harz- Gummi- oder Schleimausscheidungen überzogen.

Was sollte man noch wissen?

Gewisse Knospen haben klebrige Ausscheidungen (besserer Winterschutz). Ein typisches Beispiel hierfür ist die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum). Ihre Knospen sind stark mit einer klebrigen Substanz überzogen. Knospen können auch in Bezug auf die Behaarung unterschiedlich sein. Je nach Gehölzart können die Knospen glatt sein oder einen mehr oder weniger stark ausgebildeten Pelz auf den Knospenschuppen haben. Einige Gehölze lassen sich unter anderem an ihrer auffallenden Knospenfarbe gut erkennen.

Es gibt Arten, bei denen äußerlich keine Knospen sichtbar sind. Im Sommer sind sie unter dem Blattansatz versteckt, beginnen im Januar zu wachsen und werden im Frühjahr sichtbar. Solche verborgenen Knospen kommen beispielsweise bei Robinia pseudoacacia Scheinakazie) vor. Der "Kracher" allerdings ist für mich die Blattknospe der Platane (Platanus hispanica). Die versteckt ihre neue Blattknospe im Blattstielansatz. Fallen im Herbst die Blätter, stehen plötzlich wie aus dem Nichts riesige Knospen am Trieb.

Quellen:

Gütebestimmungen für Gehölze (FLL e. V.) und den Gütebestimmungen für Stauden (FLL e. V.) (Forschungsanstalt Landesentwicklung Landschaftsbau e. V.)
Der Gärtner 1 (Martin Degen, Karl Schrader; Ulmer-Verlag),
Grundkurs Gehölzbestimmung (Lüder, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim),
Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt/Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim),
International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA’s European Plant Names Working Group),
DIN 18916 „Vegetationstechnik im Landschaftsbau – Pflanzen und Pflanzarbeiten“,
Die Nadelgehölze (Krüssmann, Paul Paray Verlag Berlin/Hamburg 1955),
Wikipedia, www.baumkunde.de

Uwe Bienert

Nächsten Monat lesen Sie: „Achtung, Baum fällt!“.

 Uwe Bienert
Autor

Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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