Ökonomisch betrachtet

Kommt die Krise zur rechten Zeit?

von:
Ökonomisch betrachtet Wirtschaft und Mittelstand
Prof. Dr.-Ing. Heiko Meinen.

Jüngst titelte das Handelsblatt in seiner Online-Ausgabe, dass Bauträger Projekte aufgrund zu hoher Kosten stoppen: "Die Stimmung kippt".

Nach Daten des Statistischen Bundesamtes sind im zweiten Quartal die Preise für Wohn-, Büro- und Betriebsgebäude im Vergleich zum Vorjahr zwischen 17,6 und 19,4 Prozent gestiegen (siehe auch meinen Beitrag in der letzten Ausgabe). Wie das Handelsblatt weiter berichtet, rechnen Experten der Wirtschaftsberatung Pricewaterhouse Coopers (PwC) in den nächsten zwei Jahren mit einer weiteren Steigerung der Baupreise um mehr als 20 Prozent.

Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) berichtet, dass der Auftragseingang im Mai in etwa 7,5 Prozent unter dem Vorjahr lag und die Aussichten noch schlechter sind. Nach Angaben des ifo-Instituts liegen die Stornierungen seit Januar 2020 durchschnittlich um 4 (maximal 8) Prozent. Im April 2022 stiegen sie auf fast 16 Prozent und im Mai lagen sie ebenfalls bei hohen 11,5 Prozent.

Alle Indikatoren weisen darauf hin, dass der Boom sein Ende findet. Aktuell wird die Umsatzentwicklung im Baugewerbe nur noch durch den hohen Auftragsvorlauf gestützt.

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Abb. 1: Entwicklung Umsatz (real) und Beschäftigte im Garten- und Landschaftsbau. Quelle: Daten des Statistischen Bundesamtes bzw. BGL

Der Bauindustrieverband berichtet dazu: "Die BAUINDUSTRIE geht (Stand Ende Juli) davon aus, dass sich der reale Umsatz im laufenden Jahr zwischen Stagnation und einem Rückgang von 2 Prozent bewegen wird." Der GaLaBau hatte bereits von 2020 auf 2021 einen realen Umsatzrückgang von in etwa 5 Prozent zu verzeichnen (3,2 Prozent Umsatzwachstum versus 8,6 Prozent Preissteigerung bei Landschaftsbau und Außenanlagen von Wohngebäuden (gemittelt)).

Jede Krise bringt aber auch immer etwas Positives. Denn gut aufgestellte Betriebe haben nun die Chance, sich im Wettbewerb, speziell um die Fachkräfte zu behaupten. Nach Studien des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) im Juli 2020 beziehungsweise März 2021 hat sich nämlich die Zahl der unbesetzten Stellen von rund 3.200 auf circa 6.000 für Fachkräfte im Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau fast verdoppelt.

Ein Umsatzrückgang würde zu einer deutlichen Entspannung der Situation führen. Das betrifft die Mitarbeiter, die unter der hohen Arbeitsbelastung leiden genauso wie die Unternehmerinnen und Unternehmer, denen die Fachkräfte fehlen. Was heißt das in Zahlen?

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Abb. 2: Auftragsstornierungen in Prozent Quelle: ifo Konjunkturumfragen, Juli 2022

Bei einem Branchenumsatz von 9,68 Mrd. Euro (2021) und 129 252 Beschäftigten kann aktuell von einem durchschnittlichen Umsatz in Höhe von rund 75 T Euro je Mitarbeiter ausgegangen werden.

Sinkt also der Branchenumsatz um 5 Prozent, so werden rechnerisch rund 6450 Stellen frei. Das entspricht dem aktuellen Fachkräftebedarf (offene Stellen), wodurch die Beschäftigtenzahlen trotz Umsatzrückgang zunächst stabil bleiben. Dies wird auch durch die Einschätzung des Bauindustrieverbands gestützt, der davon ausgeht, dass die Zahl der jahresdurchschnittlich Beschäftigten im Bauhauptgewerbe leicht steigen wird, obwohl der Umsatz voraussichtlich um 2 Prozent real sinkt. Hier werden also die offenen Stellen besetzt.

Das alles wird aber nur denjenigen Betrieben helfen, die Lösungen in Zusammenhang mit Materialknappheit, Energiekostenexplosion, Inflation (d.h. auch steigende Personalkosten) und Regulierung (speziell im Bereich Klimaschutz und Nachhaltigkeit) finden und auch mit schmaleren Margen leben können.

Die Nachfrage ist grundsätzlich da und auch die Notwendigkeit zu bauen, vor allem im Bereich Infrastruktur und Wohnen, daher werden viele Projekte nur aufgeschoben und nachgeholt, wenn sich der Markt bereinigt hat.

Prof. Dr.-Ing. Heiko Meinen
h.meinen@kullmann-meinen.de

Prof. Dr. Heiko Meinen
Autor

Leiter des Instituts für nachhaltiges Wirtschaften in der Bau- und Immobilienwirtschaft (inwb), Hochschule Osnabrück

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