Corona-Pandemie, Flutkatastrophe und Ukraine-Krieg

Kommunales Investitionsdefizit bei 159 Mrd. Euro

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Vom jüngsten Einnahmewachstum der öffentlichen Hand profitieren nicht alle Kommunen, sondern vor allem Städte und Gemeinden in strukturstarken Regionen. Foto: Moritz Lösch/Neue Landschaft

Die Kommunen sind durch die Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe 2021 und den Ukraine-Krieg stark gefordert. Ihr Investitionsrückstand ist 2021 auf 159,4 Milliarden Euro angewachsen. Steigende Energiepreise sorgen zusätzlich für finanzielle Belastungen. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle KfW-Kommunalpanel 2022, das vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) erhoben wurde.

Das Panel zeigt, dass sich die Unsicherheiten in den Haushalten der Städte, Gemeinden und Kreise massiv verstärken dürften. So zeigt die Befragung, die Ende vergangenen Jahres durch das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) im Auftrag von KfW Research durchgeführt wurde, dass jede zweite Kämmerei (48 %) ihre Finanzlage nur als "ausreichend" oder sogar "mangelhaft" bewertet. Lediglich 21 Prozent empfinden ihre Finanzlage im zweiten Corona-Jahr als "gut" oder "sehr gut".

Ungleiche Entwicklung der Kommunalfinanzen

Ein Grund für die zurückhaltenden Einschätzungen dürfte in der unsicheren und ungleichen Entwicklung der Kommunalfinanzen liegen. So profitieren nicht alle Kommunen vom jüngsten Einnahmewachstum der öffentlichen Hand, denn das ist zu großen Teilen auf höhere Gewerbesteuern in strukturstarken Regionen zurückzuführen. Die Mehrausgaben, beispielsweise durch höhere Sachkosten für die Pandemiebewältigung, fallen jedoch in nahezu allen Kommunen an. Von einer Normalisierung der Haushalte auf Vorkrisenniveau geht eine Mehrheit der Kommunen sowohl bei den Einnahmen (55 %) wie bei den Ausgaben (46 %) deshalb erst binnen der nächsten zwei bis fünf Jahre aus. In der Folge erwarten sieben von zehn Kämmereien eine weitere mittelfristige Verschlechterung ihrer Finanzsituation, nur eine von zehn eine Verbesserung. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Ausblick damit zwar leicht verbessert, bleibt jedoch noch immer unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Folgen des Ukraine-Kriegs wie die Wirtschaftssanktionen sind dabei noch gar nicht berücksichtigt. Eine Nachbefragung zum KfW-Kommunalpanel im April 2022 zeigt aber, dass allein die gestiegenen Energiepreise schon spürbare Auswirkungen auf viele Kommunen haben.

Der Befragung zufolge wandten die Kommunen im Jahr 2020 im Mittel rund 1,5 Prozent ihrer Ausgaben für Wärme, Strom und Treibstoff auf. Dieser Anteil stieg bis 2022 um rund ein Drittel auf zwei Prozent. Rund die Hälfte der teilnehmenden Städte, Gemeinden und Kreise gab an, dass diese Mehrbelastungen für sie "nur schwer" (46 %) oder sogar "gar nicht" (5 %) zu schultern sind und damit Anpassungen in der Finanzplanung erforderlich machen. Die Kommunen reagieren auf die gestiegenen Energiepreise sowohl mit Einsparungen bei anderen Haushaltsposten, als auch mit Anpassungsmaßnahmen beim Energieverbrauch. Die Maßnahmen konzentrieren sich vor allem auf die Nutzung erneuerbarer Energiequellen für die Stromversorgung (80 %), die Senkung des Verbrauchs durch Energieeffizienz (73 %), den Aufbau von Expertise zu Fragen der Energieeffizienz (68 %) und eine stärkere Nutzung alternativer Wärmequellen (50 %).

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Wahrgenommener Investitionsrückstand der Kommunen 2021. Positiv: Im Bereich Sport ist die Lücke geschrumpft. Quelle: KfW-Kommunalpanel 2022, durchgeführt vom Difu von Septrember bis Dezember 2021. Grafik: Difu

Nachbefragung wegen des Ukraine-Kriegs

Die Investitionen sind dem aktuellen KfW-Kommunalpanel nach im Jahr 2021 leicht auf 38,3 Milliarden Euro gestiegen (Vorjahr: 37,5 Mrd. Euro). Mit jeweils etwa einem Viertel entfielen die meisten Mittel davon auf Schulen und Straßen. In der Investitionsplanung gehen die Kommunen trotz der finanziellen Planungsrisiken weiterhin von einem leichten Anstieg auf 40,6 Milliarden Euro für 2022 aus. Allerdings zeigen die Befragungsergebnisse für das zurückliegende Jahr erneut, dass rund ein Drittel aller geplanten Investitionen nicht realisiert werden. Ein erheblicher Teil der gestiegenen Ausgabenpläne dürfte zudem auf die stark anziehenden Baupreise zurückgehen, sodass mit den Planungen nicht unbedingt mehr reale Investitionen in die Infrastruktur einhergehen.

Infolge wachsender Bedarfe, hoher Baupreise und nur moderat steigender Investitionen steigt der von den Kommunen für 2021 gemeldete Investitionsrückstand auf 159,4 Milliarden Euro (2020: 149,2 Mrd. Euro). Die größten Anteile entfallen dabei mit 29 Prozent auf Schulen, 25 Prozent auf Straßen und 12 Prozent auf Verwaltungsgebäude. Am stärksten zugelegt hat der wahrgenommene Investitionsrückstand bei Straßen (+5,7 Mrd. Euro), Brand- und Katastrophenschutz (+3,8 Mrd. Euro) und Verwaltungsgebäuden (+3,3 Mrd. Euro). In den Bereichen Kultur, IT, Schulen oder Sport ist die Investitionslücke hingegen geschrumpft. Für die Zukunft erwarten 28 Prozent der Kommunen über alle Investitionsbereiche hinweg ein weiteres Anwachsen des Investitionsstaus, jeweils 36 Prozent erwarten entweder keine Veränderung oder können sich sogar einen Rückgang vorstellen.

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Dr. Fritzi Köhler-Geib sieht die deutschen Kommunen administrativ und finanziell unter Druck. Ihre Einnahmebasis bleibe fragil. Foto: KfW-Bildarchiv/Thorsten Futh

Gestiegene Gewerbesteuer-seinnahmen helfen wenig

"Die Gewerbesteuereinnahmen sind zuletzt deutlich - und auch mehr als erwartet - gestiegen", erläuterte Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. "Hier gilt jedoch das Sprichwort: Nicht alles, was glänzt, ist Gold." Der Ukraine-Krieg setze die deutschen Kommunen administrativ und finanziell unter Druck. Die Einnahmebasis vieler Kommunen bleibe fragil. Gleichzeitig kämen mit hohen Energiekosten, der Unterbringung Geflüchteter und weiter steigenden Baupreisen neue Belastungen hinzu. Ähnlich wie zu Beginn der Coronakrise stelle sich die Frage, wie nachhaltig und resilient die Kommunalhaushalte angesichts dieser neuen Risiken aufgestellt sind.

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