Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung

Kommunen: Trotz 3,9 Milliarden Überschuss zu wenig Investitionen

Kommunen Forschung und Bildung
Auf Länderebene gibt es deutliche Unterschiede bei Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und städtisches Grün. Foto: BdB

Der Finanzierungsüberschuss des Staates hat im Jahr 2015 nach aktualisierten Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) rund 19,4 Mrd. Euro betragen. Das ist absolut gesehen der höchste Überschuss, den der Staat seit der deutschen Wiedervereinigung erzielte. Die Gemeinden erwirtschafteten davon rund 3,9 Mrd. Euro nach einem Defizit von rund 2,4 Mrd. Euro 2014. Sie konnten damit absolut gesehen ihre finanzielle Situation im Vergleich zu den anderen staatlichen Ebenen am stärksten verbessern.

Investitionstätigkeit seit Jahren schwach

Die Hoffnung, dass zusätzliches Geld in den kommunalen Kassen auch mehr Investitionen in öffentliche Infrastruktur und städtisches Grün bedeutet, dürfte jedoch trügen. "Trotz der öffentlichen Überschüsse investiert ein großer Teil der Kommunen zu wenig, und die Probleme werden sich für viele von ihnen noch verschärfen, wenn die Wirtschaftspolitik nicht schnell und entschieden gegensteuert", sagt Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW): "Vor allem Kommunen mit hohen Sozialausgaben investieren deutlich weniger."

Die Auswertungen des DIW zeigen, dass die kommunale Investitionstätigkeit seit Jahren ausgeprägt schwach ist. Die Investitionsquote hat sich gegenüber dem Jahr 1991 etwa halbiert. Seit der Jahrtausendwende reichen die kommunalen Investitionen nicht einmal mehr aus, um die bestehende Infrastruktur zu erhalten beziehungsweise zu modernisieren. "Die Nettoinvestitionen, das heißt der Saldo aus Investitionen und Abschreibungen, sind seit dem Jahr 2003 negativ. Seither sind mehr als 46 Mrd. Euro im Bereich der Infrastruktur nicht mehr ersetzt worden", sagt DIW-Investitionsexperte Claus Michelsen. Auch die Investitionen der kommunalen Unternehmen konnten dieses Defizit nicht ausgleichen.

Starke Unterschiede zwischen den Ländern

Bereits auf Länderebene zeigen sich deutliche regionale Unterschiede in den 13 Flächenländern. Die wirtschaftsstarken Länder Bayern und Baden-Württemberg haben mit 469 beziehungsweise 371 Euro pro Einwohner im Jahr 2013 die höchsten Investitionsausgaben. Demgegenüber fallen die Ausgaben für Investitionen in anderen westdeutschen Ländern deutlich geringer aus und liegen in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland oft sogar unter 200 Euro pro Einwohner.

Ein Sonderfall ist Ostdeutschland. Dort sind die Investitionsausgaben mit dem Abschmelzen der Mittel aus dem Solidarpakt II seit dem Jahr 2004 rapide zurückgegangen; in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise von 393 Euro pro Kopf im Jahr 2000 auf nur noch 148 Euro im Jahr 2013. "Je geringer die Sonderzuweisungen des Bundes ausfallen, desto stärker tritt dort die eigene geringe Steuer- und Finanzkraft zu Tage - ein Effekt, der durch den Bevölkerungsrückgang noch verstärkt wird", so DIW-Regionalexperte Ronny Freier.

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Die Investitionen der Gemeinden in Deutschland sind seit 1992 ständig zurückgegangen. Quelle: Destatis,
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Reiche Kommunen, arme Kommunen: Je heller die Farbe, desto weniger Investitionen pro Einwohner wurden 2013 getätigt. Quelle: DIW-Berechnungen nach Destatis, Grafik: DIW

Höchste Investitionsausgaben in Bayern

Neun der zehn Kommunen mit den höchsten Investitionsausgaben liegen in Bayern. Spitzenreiter ist der Landkreis München - eine der wirtschaftlich stärksten Regionen in Deutschland - mit Investitionen von 724 Euro pro Einwohner im Jahr 2013. Dagegen konnte Wilhelmshaven in Niedersachsen nur 35Euro pro Kopf investieren. Es gehört damit zu den zehn investitionsschwächsten Kommunen, von denen neun kreisfreie Städte sind. Mit Bielefeld, Hagen und Duisburg haben sich gleich drei Städte aus Nordrhein-Westfalen unter letzteren platziert. Aus dem Saarland oder Mecklenburg-Vorpommern ist demgegenüber keine Kommune vertreten, obgleich diese Länder im Durchschnitt das geringste Investitionsniveau aufweisen. Mit Halle (Sachsen-Anhalt) und Jena (Thüringen) finden sich nur zwei ostdeutsche Kommunen unter den zehn investitionsschwächsten. Als einziger Gesamtkreis rangiert dort der Odenwaldkreis in Hessen. Insgesamt gibt es ein deutliches Nord-Süd-Gefälle mit hohen Investitionen in Baden-Württemberg sowie - mit wenigen Ausnahmen - in Bayern und niedrigen Investitionen in weiten Teilen Westdeutschlands. In Bayern und Baden-Württemberg sind die Investitionen fast flächendeckend hoch. In den meisten anderen Bundesländern befinden sich dagegen oft Kreise mit hohen und niedrigen Investitionen in unmittelbarer Nachbarschaft. Die regionalen Unterschiede bei den kommunalen Investitionsausgaben haben sich über viele Jahre hinweg kaum verändert. Jene Kommunen, die im Jahr 2000 am wenigsten investierten, gehörten auch im Jahr 2013 zum größten Teil zu den unterdurchschnittlich investierenden Gemeinden - in der Regel strukturschwache Regionen mit geringen Steuereinnahmen und hohen Sozialausgaben. Die DIW-Forscher haben einen eindeutigen Zusammenhang zwischen niedrigen Investitionen und hohen Sozialausgaben festgestellt. "Eine entscheidende Ursache für dauerhaft geringe Investitionen liegt in den Sozialausgaben, die den finanziellen Spielraum für Investitionen verringern", sagt Ronny Freier.

Die finanzschwachen Kommunen geraten in eine Abwärtsspirale: Weil sie kein Geld für Investitionen haben, werden sie wirtschaftlich noch weiter abgehängt. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, schlagen die DIW-Experten mehrere Maßnahmen vor. Der Bund könnte strukturschwache Kommunen unterstützen, indem er ihnen mehr Mittel für Investitionen überlässt.

Lösungen bieten sich auch bei der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs, wenn finanzschwache Länder eher in die Lage versetzt werden, ihren Kommunen die notwendigen Mittel zukommen zu lassen. "Würden die kommunalen Steuereinnahmen im Länderfinanzausgleich vollständig berücksichtigt, so wären die finanzschwachen Länder in der Lage, ihren Kommunen zusätzliche Mittel für Investitionen zur Verfügung zu stellen", sagt DIW-Finanzexpertin Kristina van Deuverden.

cm/Destatis/DIW

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