Künstliches Licht als Planungsinstrument

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Dem Einsatz künstlichem Lichts wird nicht selten einer untergeordneten Bedeutung zugemessen und als einfache und somit auch als wenig reflektierte Nebenleistung im Planungs- und Bauprozess wahrgenommen: Künstliches Licht wird pragmatisch eingesetzt, um Freiräume bei Dunkelheit erlebbar zu gestalten, den rechtlichen Vorgaben zu entsprechen und den Nutzern ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Jedoch bleibt ein nutzungsbezogener und gestaltungsbezogener Facettenreichtum auf der Strecke. Zudem werden mögliche negative Auswirkungen auf die Umwelt oft nicht beantwortet.

Im Rahmen einer Masterthesis an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe wurde sich dieser Themen gewidmet und Ansätze für einen passenden Umgang entwickelt.

Nachhaltige Lichtplanung für die Freiräume

Mittlerweile wohnen mehr als die Hälfte der Menschen in urbanen Räumen und aus dem Weltall kann man Zeuge eines globalen Trends werden: Die deutliche Zunahme an künstlichem Licht, wachsende urbane Räume als wahrnehmbare beleuchtete Flächen und eine gleichzeitige Abnahme dunkler ländlicher Regionen (vgl. licht.wissen 20, Nachhaltige Beleuchtung, ZVEI e. V. 2014, www.licht.de ). Problematisch ist bei diesem zunehmenden Trend von Beleuchtung die sogenannte "Lichtverschmutzung". Primär nach oben abgestrahlte Lichtemissionen, die den Himmel künstlich erhellen, führen zu vielfältigen Beeinträchtigungen für Mensch und Umwelt. "Nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) werden Lichtimmissionen als schädliche Umwelteinwirkungen eingestuft, wenn sie durch ihre Art, Ausmaß oder Dauer Gefahren, erhebliche Nachteile oder Belästigungen für die Allgemeinheit herbeiführen." (licht.wissen 03 - Straßen, Wege und Plätze, ZVEI e. V. 2014, S. 14, www.licht.de).

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Zahlreiche Ratgeber, Leitfäden, Zertifizierungen oder beispielsweise die "Green City" Initiativen schaffen Abhilfe. Sie bemühen sich trotz fehlender gesetzlicher sowie verwaltungstechnischer Bestimmungen konkreter Lichtimmissionswerte um Aufklärung bei der lichttechnischen Planung von Freianlagen.

Die Sensibilität zum Umgang mit künstlichem Licht schärfen

Bisher ist der Einsatz von künstlichem Licht mit positiven Werten wie Sicherheit, Wohlstand und Fortschritt besetzt. Der steigende und oft gedankenlose Einsatz künstlicher Illuminationen mit teilweise enormen Auswirkungen auf Flora, Fauna sowie auf die Menschen verändert aber zunehmend auch in Form von Lichtverschmutzung und der Veränderung von Biorhythmen den Wertekanon von Lichteinsatz. Mit diesen veränderten Auswirkungen liegt es im besonderen Interesse der verantwortlichen Planer, Landschaftsarchitekten und Landschaftsbauingenieuren einen fachlich gewissenhaften Umgang in der Anwendung von künstlichem Licht neu zu reflektieren. Ziel sollte es sein, gutes Grundlagenwissen wahrnehmungsorientierter, sicherheitsbewusster und ökonomischer (in Form von Energieeinsparungen) Planungsaspekte zum Einsatz von Licht insbesondere auch mit ökologischen Anforderungen zu verbinden. Der Einfluss künstlicher Lichtquellen auf die Flora und Fauna, besonders auf Insekten hat schwerwiegende Folgen für die Umwelt: Nachtaktive Insekten haben als Nahrungsquelle oder in ihrer Funktion als Bestäuber einen wichtigen Platz im natürlichen Ökosystem. Umweltfreundliche Leuchtmittel, eine Reduzierung von Streu- oder Punktlichtquellen und wenn möglich keine Lichtaustritte über die Horizontale sind wichtige Maßnahmen zur Reduktion der schädlichen Lichtemissionen. Dieser besondere Fokus auf ökologische Aspekte dient im Weiteren auch menschlichen Bedürfnissen: Die Auswirkungen künstlicher Lichtquellen auf den Menschen sind nicht nur auf unangenehme Aufhellung oder auf eine Blendung zu reduzieren. Vielmehr kann eine unpassende Aufhellung auch den Schlaf-Wach-Rhythmus negativ beeinflussen. Grundsätzlich ist es wichtig, sowohl den Planer als auch den Nutzer für komplexe Aspekte der Verwendung von künstlichem Licht zu sensibilisieren. Dazu gehört auch, die Vorzüge von Dunkelheit gleichberechtig neben den anderen Aspekten neu zu entdecken. Nur "hell" bedeutet für die menschliche Wahrnehmung nicht immer richtig und stellt aus ökologischer Perspektive bei falscher Lichtquelle mit Abstrahlung nach oben eine besondere Gefahr dar. Der Facettenreichtum dieses Mediums lässt faszinierende Einsatzmöglichkeiten zu, die auch ohne Störungen unserer Flora und Fauna sowie des Menschen stattfinden kann.

Anwendungshinweise zum Umgang mit Licht

Künstliches Licht ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken und verhilft die Tages- und Nachtplanung selbst zu bestimmen. Bei der Auslegung einer Lichtplanung ist die grundsätzliche Wahrnehmungsleistung des Menschen eine wichtige Grundlage. Richard Kelly beschreibt bereits in den 1950er Jahren die Grundlagen erfolgreicher wahrnehmungsorientierter Lichtplanung: "Licht zum Sehen", "Licht zum Hinsehen" und "Licht zum Ansehen".

Das "Licht zum Sehen" bietet beispielsweise im Freiraum die notwendige Orientierung und Sicherheit. Eine gleichmäßige und ausreichende Ausleuchtung schafft einen angenehmen Sehkomfort und sorgt für ein sicheres Gefühl. Helles und starkes Licht bedeutet dabei nicht unbedingt eine bessere Wahrnehmung: Nach DIN 13201 werden für bestimmte Verkehrssituationen Beleuchtungsstärken vorgegeben. Jedoch orientieren sich diese Vorgaben weniger an den menschlichen Wahrnehmungsaspekten von Raum und Tiefe als vielmehr an der verkehrsangepassten Geschwindigkeit im Raum. In diesem Zusammenhang kann das "Licht zum Hinsehen" eine wichtige Ergänzung sein. Mithilfe von erzeugten Raumhierarchien durch spezielle Beleuchtung von Kanten oder besonderen Objekten wird ein "Tiefe bezogenes" Sehen und Wahrnehmen unterstützt. Beleuchtungscharakteristika von punktförmiger über linearer bis hin zu flächigen Ausleuchtungen können unabhängig von ihrer Lichtintensität wichtige Stützen Mensch bezogener Wahrnehmung sein. Freiräume können somit gegliedert und definiert werden. Im Weiteren kann das "Licht zum Ansehen" bestimmte Bereiche mit besonderer Information ausstatten. Dekorative und gestalterische Sonderaspekte verhelfen dem Lichtplaner zum Bedeutungsgewinn als Lichtdesigner. Denkbar sind auffällige Illuminationen mit besonderen Lichtfarben und Lichteffekten oder Lichtprojektionen sowie Lichtinszenierungen als erweitertes Medium der Wahrnehmung. Besonders der gezielte Einsatz von Lichtfarben gibt dem Ort einen eigenen und neuen Charakter im Tag-Nacht-Unterschied. Grundsätzlich geht eine erfolgreiche Beleuchtung immer mit einer genauen Analyse der Materialien, deren Beschaffenheit und mit der Analyse der umgebenden Oberflächen einher. Beispielsweise reflektieren unterschiedliche Oberflächen und Strukturen auch mit ihrer Farbgebung das Licht mal stärker oder schwächer. Verschiedene Höhenniveaus können zu Schattenwurf auf zu einer Blendungen des Betrachters führen. Ein richtiger Farbeinsatz kreiert die gewünschte Atmosphäre und verhilft zu passenden Assoziationen. Bei der Beleuchtungsintensität gilt der Grundsatz - weniger Beleuchtung stellt mehr dar - es kommt stärker auf die Verteilung oder die Akzentuierung an als eine "nur" helle Ausleuchtung. Bei durchschnittlich hoher Beleuchtungsintensität ist es kaum möglich, präzise Akzente zu setzen oder besondere Stimmungen zu erzeugen. Dabei sind die oft auch von den Herstellern gut aufbereiteten lichttechnischen Grundbegriffe von beispielsweise Lichtstrom, Lichtausbeute, Lichtstärke, Lichtverteilungsmenge oder Lichtfarbe hilfreiche Begleiter einer guten Planung. Es lässt sich an Hand dieser Parameter und der besonderen Leuchttypen eine angepasste Lichtverteilung für den jeweiligen Ort wählen. Mithilfe einer wahrnehmungsorientierten Lichtplanung kann eine erhöhte Aufenthaltsqualität geschaffen, die Attraktivität des Ortes gesteigert sowie eine sichere Nutzung garantiert werden.

Ökologische Lichtplanung

Der Anblick von sich kreisenden Insektenschwärmen um Leuchten mit künstlichem Licht an einem warmen Sommerabend ist ein bekanntes Bild. Ebenso ist kaum übersehbar, dass sich nicht selten eine hohe Anzahl an toter oder sterbender Insekten oft in unmittelbarer Umgebung und in den Gehäusen der Leuchten befindet. Eine Vielzahl an nachaktiven Insekten orientiert sich im Flugverhalten an Mond und Sternen. Bei gleichzeitigem Lichteinfluss künstlicher Beleuchtung kann diese Orientierung empfindlich gestört oder gänzlich aufgehoben werden. In diesem Zusammenhang erscheint auf den ersten Blick die Verschmelzung ökologischer und Mensch bezogener Gestaltungs- sowie Wahrnehmungsaspekte als kaum überwindbarer Interessenskonflikt. Das ist aber nach heutigem Sachstand nur bedingt der Fall. Vor allem entscheidet die Lichtqualität (1) und der Abstrahlungswinkel (2) über die Anlockwirkung einer Leuchte auf Insekten:

Zu (1): Insekten nehmen dem für uns sichtbaren Licht auch kurzwelliges UV-Licht war und reagieren empfindlich auf blaue sowie kurzwellige Anteile im Lichtverteilungsspektrum. Insofern ist die Vermeidung von Lichtquellen mit blauen Strahlungsanteilen (sowie violetten und UV Anteilen) eine grundlegende Erkenntnis für die richtige Leuchten-Auswahl. Natriumdampf-Hochdrucklampen und warmweiße LED-Beleuchtungen haben in diesem Zusammenhang mit Abstand die geringste Anlockwirkung auf Insekten. Die Lichtfarbe und somit die Strahlungsfrequenz ist insofern entscheidend. Beispielsweise weisen kaltweiße gegenüber warmweißen LEDs einen deutlich höheren Blauanteil auf und sind geringer geeignet. Diese Blauanteile im Licht sorgen nicht nur bei der belebten Umwelt sondern auch bei uns Menschen für unangenehme Nebeneffekte.

Zu (2): Das positive phototaktische Verhalten der Insekten führt zu einer zwanghaften Bewegung in Richtung höherer Beleuchtungsstärken. Das Verhindern von Streulicht und die Abschirmung sowie Abgrenzung von Licht über die Horizontale in den Nachthimmel kann diesem Verhalten entgegen wirken. Neben Insekten werden Vögel, vor allem Zugvögel, durch künstliche Lichtabstrahlungen stark beeinträchtigt. Es kann zu Orientierungslosigkeit und zum sogenannten "Trapping effect" in der Gefangenheit eines Lichtkegels führen. Auch die Flora kann durch Lichteinfluss empfindlich gestört werden. Unter anderem wird durch Lichtstrahlung über die Aufnahme von Photorezeptoren die Fruchtentwicklung, das Wachstum, der Wechsel von vegetativen Blühzuständen, Alterung sowie Samenreifung und Keimung reguliert. Von einer Belastung für die Flora durch Ausweitung künstlicher Lichtquellen ist auszugehen (vgl. Stadt Zürich 2008:20). Die sogenannte "Dark Sky Initiative" setzt sich für eine Verringerung von Lichtverschmutzung über die Horizontale ein. In diesem Zusammenhang sind bereits zahlreiche "Dark Sky Parks" als lichtfreie Bereiche zur ungestörten Sternenbeobachtung weltweit ausgewiesen worden. Die Hersteller bieten in diesem Zusammenhang voll abgeschirmte Leuchten mit einer ULR=0 (englisch für "upward light output ratio" ULR = 0 %) mit folgenden Prinzipien an. Erstens die Lampe (bzw. das Leuchtmittel) darf nicht nach unten aus dem Gehäuse herausragen, zweitens das Abdeckglas muss plan sein und drittens die Leuchte muss exakt horizontal montiert sein. Solche technischen Lösungen helfen zum einen die Lichtverschmutzungen über die Horizontale zu Vermeiden und zum anderen Insekten und Vögeln ein störungsfreies Bewegen über dem Nachthimmel zu gewährleisten.

Neben Abschirmung und Einhaltung von bestimmten Leuchtmitteln mit geringen Bauanteilen kann auch eine saisonal sowie zeitlich beschränkte Beleuchtung negative Effekte auf Mensch und Natur verringern. Vor allem in der Frühjahrs- und Herbstzugzeit der Vögel sowie in der Hauptflugzeit der Insekten, die sich von April bis September erstreckt, sollte Einschränkungen einer Beleuchtung abgewogen werden. Bewegungsmelder können Abhilfe schaffen. Gleichzeitig sparen zeitlich begrenzte Beleuchtungen Energie.

Gute Lichtplanung als fester Bestandteil des Planungsprozesses

Anwendungsbeispiele können Planern eine richtige und gute Lichtplanung vermittelten. Dabei helfen zahlreiche bereits existierende Planungshilfen, Leitfäden oder Leitkonzepte: "Licht im Freiraum" von der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL), Anwendungsbroschüren von der Fördergemeinschaft gutes Licht (licht.de) oder eigens erstellte Leitkonzepte von Kommunen wie beispielsweise der Plan Lumière von der Stadt Zürich oder der Lichtmasterplan der Stadt Stuttgart helfen in diesem Zusammenhang, die oben genannten komplexen Planungsanforderungen in Theorie und Praxis zu verstehen und sie als Bestandteil guter und richtiger Lichtplanung in den Planungsprozess zu integrieren . Im Rahmen der Masterthesis ist eine Planungshilfe entstanden und die zusammengetragenen Erkenntnisse in einem Anschauungsprojekt (Am Beispiel des Kurparks Bad Lippspringe) getestet worden. Fokussiert wurden im Rahmen der Aufgabenstellung besonders ökologische Aspekte. Ziel war es, diese deutlicher herauszuarbeiten als es derzeit üblich ist. Es hat sich aber auch gezeigt, dass spätestens bei der Verteilung von Lichtquellen, oder auch beispielsweise bei der Auswahl der Leuchtmittel erfahrene Lichtplaner nicht zu ersetzen sind. Die Grenzen zu einem präzisen, gut abgewogenem und auch richtig platziertem Lichteinsatz sind spätestens an diesem Punkt ausgereizt. Theoretische Aneignungen von Wissen zu komplexen Sachverhalten der Lichtplanung können keine Erfahrungen zum Umgang mit künstlichem Licht ersetzen. Eine Anleitung für die eine richtige Lichtplanung existiert nicht. Das liegt in erster Linie an den Variablen des Ortes und seinen Besonderheiten. Allerdings lassen sich einfache Grundsätze definieren, beschreiben und umsetzen. Im Rahmen unserer Verantwortung für die Nachhaltigkeit von Freianlagen und ihrer belebten Umwelt sollten diese Grundsätze zu mindestens die richtige Lichtqualität zur Verringerung der Anlockwirkung sowie die richtigen bautechnischen Vorgaben für Lampen zur Verhinderung von Lichtabstrahlung über die Horizontale festlegen. In diesem Zusammenhang geben derzeit nur in Ansätzen Zertifizierungen, Leitfäden oder auch Lichtpläne von einigen Kommunen wirklich verbindliche Angaben vor.

Literatur

Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) (2007): Licht im Freiraum, Bonn.

Maier, Fabian (2010): Beleuchtung im Freiraum - Lichtgestaltung für Gärten und urbane Räume, München, Deutsche Verlags-Anstalt.

Stadt Zürich (2008): Grundlagenbericht - Ökologische Auswirkungen künstlicher Beleuchtung, Zürich.

Landeshauptstadt Stuttgart (2006): Nachterlebnis statt Lichtverschmutzung, Onlineressource.

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (2007): Künstliche Lichtquellen - Naturschutzfachliche Empfehlungen, Online-Ressource

Naturschutzbund Deutschland e. V. (2009): Naturverträgliche Stadtbeleuchtung, Online-Ressource.

Links

Fachgruppe Dark Sky der Vereinigung der Sternfreunde, www.lichtverschmutzung.de

Fördergemeinschaft Gutes Licht, www.licht.de

Plan Lumiere Stadt Zürich, www.stadt-zuerich.ch

M.Sc. Marijana Gutte
Autorin

M.Sc. Landschaftsarchitektur

Prof. Dr.-Ing. Hendrik Laue
Autor

Hochschule Ostwestfalen-Lippe

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