Kunststoffrasen und Normung

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Kunstrasen
Doppelring-Infiltrometer auf einer Tragschicht ohne Bindemittel, Verfahren C gem. DIN 12616. Fotos: Markus Illgas

Die Nachfrage nach Kunststoffrasenplätzen ist groß. Sicherlich hat der Belag unter bestimmten Gesichtspunkten auch seine Vorteile gegenüber anderen Belägen, allerdings sollte die steigende Zahl von Schäden nicht verschwiegen werden. Insbesondere die anhaltende Diskussion der letzten Jahre im Bereich der Normung hat gezeigt, dass neben fachlichen Fragen vor allem ein erhebliches wirtschaftliches Interesse besteht.

Die Normung von Kunststoffrasenflächen hat in Deutschland bereits im Jahr 1981 begonnen, die erste Fassung der DIN 18035-7 wurde allerdings erst im Februar 1993 veröffentlicht. Das war dann auch gleich die letzte echte DIN-Norm zu diesem Thema. Bei allen später erschienenen Dokumenten, DIN V 18035-7:2002-06 und DIN SPEC 18035-7:2011-10, hat es sich um keine DIN-Normen, sondern lediglich um Vornormen gehandelt. Schließlich ist im Oktober diesen Jahres, nach der Zurückziehung der DIN SPEC 18035-7 im Januar 2013, der Teil 7 der Normenreihe 18035 als DIN-Norm im eigentlichen Sinne erschienen.

In Deutschland gelten somit nun folgende zwei Normen für die Planung und den Bau von Kunststoffrasenflächen:

Die DIN 18035-7 gilt für sämtliche Kunststoffrasensysteme im Freien, unabhängig davon ob sie verfüllt oder unverfüllt sind. Der Begriff "Kunststoffrasensysteme" macht bereits deutlich, dass, im Gegensatz zu der DIN EN 15330-1, nicht allein Anforderungen an den eigentlichen Kunststoffrasenbelag gestellt werden, sondern an jede einzelne Schicht der gesamten Konstruktion. Gegenüber der DIN SPEC 18035-7 hat sich an den Anforderungen an den Gesamtaufbau allerdings kaum etwas geändert.

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Kunstrasen
Einzelring-Infiltrometer, auf vollständig abgedichteten Probekörper.
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35 mm dicke ET-Schicht auf einer Tragschicht ohne Bindemittel.
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Kunststoffrasensysteme in Anlehnung an DIN 18035-7, Anhang A

Hauptgrund für die Überarbeitung war die Anpassung an die europäische Normung. Da der Kunststoffrasenbelag bereits in der DIN EN 15330-1 normativ geregelt ist, wurde er aus der DIN 18035-7 gestrichen.

Im Rahmen der Überarbeitung wurden dann auch Widersprüche, wie bei der Prüfung der Wasserdruchlässigkeit, beseitigt. Hierbei wird nun nicht mehr auf Verfahren, die in den Teilen 5 und 6 der Normenreihe 18035 beschrieben waren, sondern auf die DIN EN 12616 "Sportböden - Bestimmung der Wasserinfiltrationsrate" (Foto 1 + 2 "Doppel- und Einzelring") verwiesen. Die eigentlichen Anforderungswerte wurden allerdings nicht geändert. So entspricht der bisherige Wasserdurchlässigkeitswert k* für den Baugrund und das Erdplanum mit ? 2 x 10-³) cm/s, dem neuen Anforderungswert an die Wasserinfiltration I von ? 72 mm/h nach DIN EN 12616, Verfahren C.

Die DIN 18035-7 beschreibt folgende drei Bauweisen für Kunststoffrasensysteme:

Bauweise 1

Die klassische, aber auch kostenintensivste Bauweise von Kunststoffrasenflächen ist ein Systemaufbau mit einer Tragschicht ohne Bindemittel, einer ein- oder zweilagigen Asphalttragschicht, einer Elastikschicht, vorgefertigt oder im Ortseinbauverfahren hergestellt, und eines Kunststoffrasens. Diese Bauweise wird üblicherweise für Vollkunststoffrasenbeläge, zum Beispiel. für den Hockeysport, gewählt, da mit ihr eine hohe Genauigkeit bei der Ebenheit erzielt werden kann. Selbstverständlich kann bei dieser Bauweise aber auch ein polverfüllter Kunststoffrasen verwendet werden.

Bauweise 2

Die Regelbauweise für polverfüllte Kunststoffrasenbeläge ist, zumindest in Deutschland, die Verwendung einer gebundenen elastischen Tragschicht (ET-Schicht) auf einer Tragschicht ohne Bindemittel. Dies stellt in gewisser Weise eine Weiterentwicklung der zuvor beschriebenen Bauweise dar, da Asphalt- und Elastikschicht durch eine einzelne, nämlich die ET-Schicht, ersetzt werden. Diese Bauweise hat, gerade im Bereich des Fußballsports, sicherlich dazu beigetragen, dass Kunststoffrasenplätze eine weitere Verbreitung erfahren haben, da sie gegenüber der klassischen Bauweise rund 40 Prozent günstiger ist. Eine ET-Schicht kann nur im Ortseinbauverfahren hergestellt werden und muss eine Mindestdicke von 35 mm haben (Foto 3). Sie besteht aus einem zum Beispiel mit Polyurethan gebundenen Gemisch aus elastischem Granulat und mineralischer Gesteinskörnung.

Bauweise 3

Die Elastikschicht auf einer Nivellierschicht ohne Bindemittel ist nur bei Verwendung einer im Ortseinbauverfahren hergestellten Elastikschicht möglich. Die Dicke muss mindestens 30 mm betragen, um den erforderlichen Kraftabbau über die gesamte Lebensdauer des Kunststoffrasens sicherzustellen.

In der Praxis wurden in der Vergangenheit immer wieder Elastikschichten direkt auf ungebundenen Tragschichten verlegt, beziehungsweise eingebaut. Dies hat, vielleicht aufgrund von Unerfahrenheit oder von Missdeutung der bestehenden Regelungen, wiederholt zu Streitigkeiten geführt. Bei der Verwendung einer Bahnenware als Elastikschicht auf einer Tragschicht ohne Bindemittel ist beispielsweise nicht auszuschließen, dass es aufgrund der Befahrung während der Verlegearbeiten zu Beeinträchtigungen der Ebenheit kommen kann. Hinzu kommt, dass sich bei dieser Bauweise etwaige Unebenheiten der Tragschicht ohne Bindemittel quasi auf der Kunststoffrasenoberfläche "abpausen".

Aber auch der Schrumpfungsprozess bei der Bahnenware (Foto 4) führt dazu, dass bei einem Austausch des Kunststoffrasens die Elastikmatten aufgenommen und neu verlegt werden müssen. Bei einer im Ortseinbauverfahren hergestellten Elastik- oder ET-Schicht ist dies nicht erforderlich.

Für die Beurteilung der Festigkeit von im Ortseinbauverfahren hergestellten elastifizierenden Schichten sieht die DIN 18035-7 wieder die Prüfung der Querzugfestigkeit vor. Für diese Laborprüfung müssen allerdings entsprechende Prüfkörper hergestellt werden. Gerade bei eingebauten Schichten ist dies nicht unproblematisch, da bei der Probenentnahme bereits Vorschädigungen auftreten können. Um dem entgegenzuwirken, ist die Querzugfestigkeit nun an Mischgutproben zu bestimmen. Fraglich ist sicherlich, inwieweit die von Hand hergestellten Proben der maschinell eingebauten Schicht entsprechen.

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8 mm starke Elastikmatte nachdem der alte Kunststoffrasenbelag aufgenommen worden ist. Deutlich ist die durch Schrumpfung entstandene Lücke zwischen der Platzeinfassung und der Bahnenware zu erkennen.
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Prüfscheibe mit Spikes an einem Torsionsmess-gerät gem. DIN 18035-7:2014-10.
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30 cm breites Nahtsicherungsband mit gleich-mäßig aufgebrachtem Kleber.

Die Prüfung der Torsionsfestigkeit ist in der Norm zwar noch enthalten, verbindliche Anforderungswerte fehlen allerdings. Ungeachtet der fehlenden Erfahrungswerte ist der Vorteil dieser Methode, dass keine Proben entnommen werden müssen und die Messungen vor Ort, also auf der Baustelle, durchgeführt werden können. Damit zukünftig eine ausreichende Anzahl von Erfahrungswerten vorliegt, soll die Torsionsfestigkeit mitbestimmt werden. Anstelle der in der DIN SPEC 18035-7 noch enthaltenen Schleifscheibe wird nun eine Prüfscheibe mit sechs Stück und jeweils 12 mm langen Spikes verwendet (Foto 5).

Die bedeutendsten Änderungen fanden im Abschnitt 4.10 - Kunststoffrasen - statt; hier sind die Tabellen:

entfallen.

Ebenso werden die bisher in dem Abschnitt 4.11 enthaltenen Anforderungen für sportartspezifische Eigenschaften nur noch in der DIN EN 15330-1 behandelt.

Rein formell ist die Umweltverträglichkeit, welche nun Umweltempfehlung heißt, in den informativen Anhang B verschoben worden. Angesichts der Bezugnahme auf die Umweltverträglichkeit im Abschnitt 4.12 der DIN 18035-7 ist es fraglich, ob der Anhang B tatsächlich als rein informativ bewertet werden darf.

Die DIN 18035-7 enthält im weitesten Sinne zwar keine Anforderungen an den Kunststoffrasenbelag, allerdings werden in ihr Regelungen zu der Verlegung von Kunststoffrasen getroffen. Die Beläge werden üblicherweise lose auf der elastifizierenden Schicht verlegt, eine Verklebung mit dem Untergrund ist nicht vorgesehen, da bei einem Austausch des Belages die elastifizierende Schicht mit aufgenommen werden müsste. Die einzelnen Bahnen sollen miteinander verklebt oder, bei Vollkunststoffrasenbelägen, vernäht werden. Wichtig ist, dass die Fugen nicht breiter als einen Tuftgassenabstand sein dürfen, da ansonsten die Nähte sichtbar bleiben. Üblicherweise werden verfüllte Kunststoffrasenbeläge auf einem 30 cm breiten Nahtsicherungsband miteinander dauerhaft kraftschlüssig verklebt. Hierbei ist insbesondere auf eine gleichmäßige Auflagenbreite des Kunststoffrasens und einen gleichmäßigen Kleberauftrag auf dem Nahtsicherungsband zu achten. (Foto 6) Darüber hinaus dürfen die Bahnen nicht übereinander liegen. Vor der Verfüllung des Kunststoffrasenbelages sollten die Nähte kontrolliert werden.

Anforderungen an den eigentlichen Kunststoffrasenbelag werden in der DIN EN 15330-1 behandelt. Bereits im Anwendungsbereich stellt sich die Frage, ob dem tatsächlich so ist, denn hier heißt es: "Die Anforderungen gelten für Beläge, die für den Breitensport und Schulsport vorgesehen sind. Für den Leistungs- und Spitzensport haben viele Sportverbände eigene Anforderungen veröffentlicht, die von den in dieser Europäischen Norm angegebenen abweichen können." (DIN EN 15330-1:2013-12, Seite 5). Angesichts gelebter Trainings- und Spielpraxis in den verschiedenen Sportarten und Spielklassen könnte man, zumindest in Deutschland, den Eindruck gewinnen, dass auf den meisten Sportanlagen Leistungssport betrieben wird. Dem zur Folge wäre die DIN EN auf einer Vielzahl von Sportplätzen nicht anwendbar. Eine Klarstellung durch das Arbeitsgremium der DIN EN wäre hier sicherlich hilfreich.

Auf Grundlage ihrer hauptsächlichen sportlichen Nutzung werden in der europäischen Norm fünf Kategorien, nämlich Hockey, Vereinsfußball, Rugbytraining, Tennis und multifunktional, in der Verwendung von Kunststoffrasenbelägen unterschieden. Diese werden dann im Anhang A, der lediglich einen informativen Charakter hat, weiter in acht Kunststoffrasentypen aufgeteilt. Die Tabelle 1 soll hierzu einen Überblick geben.

Die DIN EN 15330-1 unterteilt sich in einen Abschnitt 4, bei dem durch Typenprüfungen im Labor Materialeigenschaften wie die Zugfestigkeit des Kunststoffrasens, der Florfäden oder das Verschleißverhalten ebenso geprüft werden, wie die sportspezifischen Eigenschaften für das Ballrollverhalten oder den Kraftabbau. Im folgenden Abschnitt 5 - In-situ-Prüfungen - werden dann Leistungsanforderungen festgelegt, die für den eingebauten Belag gelten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Anforderungen während der Lebensdauer des Kunststoffrasens eingehalten werden sollen. Entsprechende regelmäßig wiederkehrende Prüfungen sind in einem Intervall von zwei bis drei Jahren durchzuführen. Die Ergebnisse müssen, ungeachtet der Abnutzung des Belages den Anforderungen der Erstprüfung entsprechen!

ter Polschicht
Kunstrasen
Zusammenstellung der Kunststoff-rasentypen nach DIN EN 15330-1.
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Durch Abrieb von Recyclinggummi verschmutzter Fußballtorpfosten.
Kunstrasen
Verklumptes EPDM-Granulat (peroxidvernetzt) auf einem Kunststoffrasenbelag.

Der Bereich der Füllstoffe wird in der Europäischen Norm fast gar nicht behandelt. Zwar finden sich bei den Beschreibungen der acht Typen von Kunststoffrasenbelägen Bezeichnungen wie Sand und Gummi, die Anforderungen reichen allerdings nicht über die Eigenschaften Korngröße, Kornform, Rohdichte und Farbe hinaus. Bezeichnend ist auch, dass bei der Produktidentifikation als Bestandteile "Füllmaterial für den Leistungssport" und "stabilisierendes Füllmaterial" aufgeführt sind, wo doch die EN-Norm nach eigener Angabe nicht für den Leistungs- und Spitzensport gilt.

An diesem Punkt muss nun wieder auf die DIN 18035-7 zurückgegriffen werden, da in ihr die bisher enthaltenen Anforderungen an mineralische Füllstoffe und an synthetisch hergestellte, elastische Füllstoffe weiterhin enthalten sind.

Gerade im Hinblick auf die allgemein bekannten Schadensfälle mit elastischen Füllstoffen, sei es das Abfärben bei Recyclinggranulat (Foto 7) oder das Verkleben von peroxidvernetztem EPDM-Granulat (Foto 8), ist festzuhalten, dass bei organischen Füllstoffen, wie zum Beispiel Kork, langjährige und umfassende Erfahrungen mit der Verwendung bei Kunststoffrasenbelägen fehlen. Folglich können sie in der aktuellen Normung auch nicht enthalten sein.

Die Entwicklung bei den Kunststoffrasenbelägen wird immer schneller voranschreiten, als die Normung, das liegt in der Natur der Sache. Fraglich ist, ob die Normen und die darin enthaltenen Prüfverfahren die auf den Spielfeldern tatsächlich herrschenden Bedingungen im Labor ausreichend und realistisch simulieren können. Trotz entsprechender Regelwerke ist gerade die Frage nach geeigneten Füllstoffen nach wie vor offen. Die oft mit hohen Erwartungen verkauften Produkte haben nach einigen Jahren wiederholt Probleme verursacht. Hingegen bewährte Materialien werden oftmals als "rückständig" bezeichnet.

Eine Norm kann immer nur so gut sein, wie derjenige, der sie anwendet. Der Bundesgerichtshof hat bereits vor Jahren den Charakter von Normen als "private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter" (BGH, Az VII ZR 184/97) beschrieben. Dies sollte allen am Bau Beteiligten bewusst sein. Mit den beiden vorliegenden Normen werden die Planung und der Bau von Kunststoffrasenflächen sicherlich erleichtert, allerdings ersetzen Regelwerke nicht das Fachwissen und die Kompetenz der Planer und Ausführenden.

Literatur

- DIN EN 15330-1 "Sportböden - Überwiegend für den Außenbereich hergestellte Kunststoffrasenflächen und Nadelfilze - Teil 1: Festlegungen für Kunststoffrasenflächen für Fußball, Hockey, Rugbytraining, Tennis und multifunktionale Kunststoffrasenflächen", Ausgabe Dezember 2013

- DIN 18035-7 "Sportplätze - Teil 7: Kunststoffrasensysteme", Ausgabe Oktober 2014

- Anforderungen und Laborprüfungen für Kunststoffrasenbelag mit gefüllter Polschicht

- Anforderungen und Laborprüfungen für Kunststoffrasenbelag mit ungefüll
 Markus Illgas
Autor

Landschaftsarchitekt bdla

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