Kunststoffrasen: Zwischen Mikroplastik, deutschen Bauweisen und Recycling

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1. Durch die Nutzung vom Spielfeld auf die Laufbahn ausgetragenes Gummigranulat. Foto: Markus Illgas

Die Wellen schlugen hoch, als vor gut einem Jahr über ein mögliches Verbot von Kunststoffrasenplätzen berichtet worden ist. Was war passiert, dass der stark nachgefragte Sportboden Kunststoffrasen plötzlich in Frage gestellt wird? Auslöser der öffentlichen Diskussion war eine im Auftrag der Europäische Kommission durchgeführte Konsultation der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zu einem Beschränkungsvorschlag von absichtlich zugesetztem Mikroplastik . Neben einer Vielzahl anderer Produkte, wie Kosmetikartikeln, Waschmitteln, Baumaterialien, Farben, etc. würde auch das auf Kunststoffrasenplätzen zum Einstreuen in die Polschicht verwendete Gummigranulat unter diese Beschränkung fallen.

Aufgrund der in Deutschland äußerst intensiv geführten Diskussion sah sich die Europäische Kommission sogar dazu veranlasst in einer Pressemitteilung klarzustellen, dass kein Verbot von Kunststoffrasenplätzen geplant sei und auch nicht an einem solchen Vorschlag gearbeitet würde. Richtig sei allerdings, dass die Europäische Kommission im Rahmen ihrer Kunststoffstrategie prüft, wie die Menge an umweltschädlichem Mikroplastik in unserer Umwelt verringert werden kann.

Was ist Mikroplastik?

Auch wenn es bislang keine allgemeingültige Definition gibt, werden unter dem Begriff "Mikroplastik" Kunststoffteile unterschiedlichster Polymerzusammensetzungen zusammengefasst, welche kleiner als 5 mm sind. Mit Bezug auf die Entstehung kann zwischen primärem und sekundärem Mikroplastik unterschieden werden. Kunststoffprodukte, welche bereits in einer Größenordnung von unter 5 mm hergestellt werden, zählen dabei zum primären Mikroplastik. Sekundäres Mikroplastik bildet sich erst durch den Zerfall von größeren Plastikteilen in immer kleinere Einzelteile, bis sie schließlich eine Größe von unter 5 mm erreicht haben . Dies kann beispielsweise durch Verschleiß, Abrieb oder Umwelteinflüsse wie der UV-Strahlung geschehen. Sekundäres Mikroplastik wird in dem Beschränkungsvorschlag der ECHA jedoch ausdrücklich nicht berücksichtigt.

Inzwischen hat sich die Diskussion um den Kunststoffrasen und die Gummigranulate zwar etwas beruhigt, die grundsätzliche Problematik des Mikroplastiks auf Sport- und Spielflächen ist allerdings nach wie vor vorhanden und wird die Branche sicherlich noch für längere Zeit beschäftigen.

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2. Während eines Regenschauers vom Spielfeld abgeschwemmtes Gummigranulat. Foto: Markus Illgas
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3. Auf der Nebenfläche wurde im Winter vom Kunststoffrasenspielfeld abgeräumter Schnee gelagert. Nach der Schmelze blieb das Gummigranulat zurück. Foto: Markus Illgas
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4. Deutlicher Faserabrieb bei einem Kunststoffrasenbelag. Foto: Markus Illgas

Wie viele und welche Flächen sind betroffen?

Die Datengrundlage insbesondere zu Größe, Bauweise oder Alter von Sportplätzen in Deutschland ist unzureichend. Für den Spielbetrieb des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sind aktuell 5 109 Kunststoffrasenplätze gemeldet. Dazu kommen noch 776 DFB-Minispielfelder und 286 ganz oder teilweise für den Hockeysport genutzte Kunststoffrasenplätze. Eine detaillierte Erhebung, in der beispielsweise auch Schulsportanlagen erfasst sind, gibt es derzeit allerdings nicht. Erschwerend kommt hinzu, Kunststoffrasen ist nicht gleich Kunststoffrasen. So unterscheidet die DIN EN 15330-1 "Sportböden - Überwiegend für den Außenbereich hergestellte Kunststoffrasenflächen und Nadelfilze - Teil 1: Festlegungen für Kunststoffrasenflächen für Fußball, Hockey, Rugbytraining, Tennis und multifunktionale Kunststoffrasenflächen" insgesamt 8 Typen von Kunststoffrasenbelägen (Tabelle 1). Zunächst kann zwischen verfülltem und unverfülltem Kunststoffrasen unterschieden werden. Der für den Hockeybereich überwiegend eingesetzte kurzflorige Vollkunststoffrasen, aber auch langflorige unverfüllte Kunststoffrasenbeläge würde von dem Beschränkungsvorschlag nicht betroffen, da hier kein Mikroplastik in Form von Gummigranulat verwendet wird.

Die verfüllten Kunststoffrasenbeläge können in

  • Quarzsand,
  • Gummigranulat/Quarzsand oder
  • natürliche elastische Füllstoffe/Quarzsand verfüllte Beläge

unterschieden werden. Der Beschränkungsvorschlag würde die Typen 5, 6 und 7 der DIN EN 15330-1 betreffen, da es sich hierbei um Gummigranulat/Quarzsand verfüllte Beläge handelt. So mag es auch nicht verwundern, dass der in der Vergangenheit oft gescholtene, ausschließlich mit Quarzsand verfüllte Kunststoffrasenbelag, Typ 4 nach DIN EN 15330-1, im zurückliegenden Jahr eine wahre Renaissance erfahren hat.

Austragswege von Mikroplastik

Das insbesondere bei Kunststoffrasenflächen ein Austrag von Kunststoff stattfindet, ist in der Zwischenzeit allgemein anerkannt. Als Austragswege können neben der Nutzung der Sportflächen (Foto 1) auch Starkregenereignisse (Foto 2), Windabdrift oder gegebenenfalls Schneeräumen (Foto 3) angeführt werden. Ein Austrag durch Pflegemaßnahmen sollte, sofern diese Arbeiten fachgerecht durchgeführt werden, eher gering sein. Vollständig ausgeschlossen werden, kann das allerdings nicht.

Die derzeitige Betrachtung beschränkt sich mit dem Gummigranulat allein auf primäres Mikroplastik. Durch Faserabrieb (Foto 4) entsteht auf den Sportplätzen allerdings auch sekundäres Mikroplastik, welches genauso wie das Gummigranulat emittiert werden kann. Bisher gibt es zu den Austragsmengen und dem Einfluss der verschiedenen Kunststoffrasentypen, keine wissenschaftlich fundierten Untersuchungen. Zudem fehlt es noch an Methoden, um die tatsächlichen Austragsmengen ermitteln zu können.

In der Tabelle 2 soll am Beispiel zweier polverfüllter Kunststoffrasenbeläge, Typen 4 und 5 nach DIN EN 15330-1, im Hinblick auf die einzelnen Bestandteile eines Kunststoffrasenbelags eine Mengenbilanz der potenziell möglichen Kunststoffemissionen aufgezeigt werden. Dabei wird deutlich, dass die Kunststoffrasenfasern mit einem Anteil von circa 4 Prozent einen relativ geringen Anteil darstellen. Trägergewebe, Rückenausstattung sowie Rückenbeschichtung machen ebenfalls einen Anteil von circa 4 Prozent aus, werden im Rahmen der Nutzungsphase allerdings kein Mikroplastik emittieren, da sie von der Polschicht, bestehend aus Kunststofffasern und Füllstoffen, überdeckt sind. Den überwiegenden Anteil eines polverfüllten Kunststoffrasenbelags stellen mit rund 91 Prozent die Füllstoffe dar. Unter Bezug auf einen mit Quarzsand/Gummigranulat verfüllten Kunststoffrasenbelag, beträgt der Anteil an Gummigranulat etwa 12 Prozent. Hierbei wurde mit 3 kg/m² bereits ein äußerst geringer Ansatz für Gummigranulat gewählt, sodass bei einer Fläche von 7 630 m² rund 23 Tonnen theoretisch als Mikroplastik ausgetragen werden können. In der Vergangenheit wurden Kunststoffrasenbeläge allerdings auch mit deutlich mehr Gummigranulat gebaut, beispielsweise wenn keine ausreichend dicke elastifizierende Schicht vorgesehen war. Hier ist der potenzielle Austrag an Mikroplastik entsprechend größer.

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Tabelle 1: Zusammenstellung der Kunststoffrasentypen nach DIN EN 15330-1
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Tabelle 2: Beispiel für eine Mengenbilanz von polverfüllten Kunststoffrasenbelägen.

Reduzierung von Mikroplastik

Ein grundsätzlicher und im Rahmen der aktuellen Diskussion konsequenter Weg den Austrag von Mikroplastik zu reduzieren, wäre zunächst die Notwendigkeit des Einsatzes von Kunststoffrasenflächen zu überdenken. Schließlich bedeutet die Reduzierung des Einsatzes von Kunststoffen gleichzeitig eine Reduzierung ihres Austrags und am Ende der Nutzungszeit auch eine Reduzierung des zu entsorgenden Kunststoffabfalls. Das setzt allerdings auch voraus, dass umfassender als bisher die Bedürfnisse und Erwartungen der Sportler mit den Möglichkeiten eines Sportbelags abgeglichen werden. Ein Vorteil von Kunststoffrasen gegenüber Rasen- und Tennenflächen ist sicherlich, dass er weitestgehend witterungsunabhängig und intensiv genutzt werden kann. Im Sinne eines wirtschaftlichen Handelns würde dies allerdings voraus, dass der tatsächliche Bedarf vorhanden ist. Die FLL-Sportplatzpflegerichtlinien geben für die verschiedenen Sportbeläge folgende Nutzungsdauern an:
Sportrasen bis 800 Std./Jahr
Tenne bis 1 500 Std./Jahr
Kunststoffrasen über 1 500 Std./Jahr
Anhand der folgenden Berechnung soll dargestellt werden, was eine Nutzungsdauer von über 1 500 Std./Jahr für einen Kunststoffrasen bedeutet:
Nach Abzug der Ferienzeiten von etwa 10 Wochen/Jahr, in den die Sportplätze üblicherweise nicht genutzt werden, verbleiben 42 Wochen/Jahr in denen trainiert und gespielt wird. Realistisch betrachtet, findet während der Woche ein Trainingsbetrieb nachmittags ab circa 16 Uhr statt. Sofern keine Nutzungseinschränkungen, beispielsweise aufgrund von Auflagen zum Lärmschutz, vorliegen, wird bis etwa 21.30 Uhr trainiert. Das ergibt bei einer theoretischen Nutzung an 5 Tagen/Woche, mit 5,5 Std./Tag, eine Nutzungsdauer von 1 155 Std./Jahr. Der Spielbetrieb wird mit durchschnittlich 21 Spieltage, jeweils Samstag und Sonntag, mit je 7,5 Std/Tag, angesetzt, sodass sich hierfür eine Nutzung von 315 Std./Jahr ergibt. Insgesamt beträgt die Nutzungszeit unter den zuvor dargestellten Rahmenbedingungen 1.470 Std./Jahr. Vor dem Hintergrund einer ausschließlichen Vereinsnutzung erscheint eine Nutzungsdauer von über 1 500 Std./Jahr somit durchaus ambitioniert. Eine weitere Möglichkeit die Nutzungsdauer der Rasen- und Tennenflächen zu erhöhen, liegt in den Händen der Sportfachverbände, indem Überlegungen angestellt werden, die Spielzeiten in die trockeneren und wärmeren Jahreszeiten zu verschieben.

Technische Maßnahmen, wie die Entwicklung verschleißbeständiger Kunststoffe, oder baulich-konstruktive Maßnahmen, wie die Verwendung unverfüllter Beläge oder den Einbau elastifizierender Schichten unter dem Kunststoffrasenbelag, können zu einer Reduzierung der potenziellen Mikroplastikemissionen beitragen. Auffangeinrichtungen, Schuhabstreifer, Barrieren, etc. können sicherlich ebenfalls, wenn auch in geringerem Umfang, zu einer Reduzierung des Austrags beisteuern, sofern Bälle, Sportler, etc. die Kunststoffrasenflächen dort verlassen, wo diese Einbauten vorhanden sind.

DIN 18035-7 "Sportplätze - Teil 7: Kunststoffrasensysteme"

Im Zuge der Diskussion um die Verwendung von Gummigranulaten ist noch einmal deutlich geworden, dass durch eine konsequente Anwendung der in Deutschland geltende DIN 18035-7 "Sportplätze - Teil 7: Kunststoffrasensysteme" ein deutlich geringerer Einsatz von Gummigranulat und folglich auch ein geringerer Austrag von Mikroplastik, möglich ist. Ergänzend zu der europäischen Norm DIN EN 15330-1, die sich im Wesentlichen auf den Kunststoffrasenteppich beschränkt, enthält die DIN 18035-7 Anforderungen an die einzelnen Schichten unterhalb eines Kunststoffrasenbelags. So wird in der deutschen Norm beispielsweise auf der elastifizierenden Schicht für Fußballspielfelder ein Kraftabbau von 55 bis 65 Prozent gefordert. Damit wird sichergestellt, dass der Kraftabbau eines Kunststoffrasenspielfeldes dauerhaft über den eigentlichen Platzaufbau erfolgt und nicht über Einstreugranulate im Kunststoffrasen, wie es die DIN EN 15330-1 vorsieht. Die dauerhafte Wirkung einer elastifizierenden Schicht gemäß DIN 18035-7 lässt sich durch Vergleichsmessungen belegen. Beispielsweise wurde bei einem 14 Jahre alten, auf einer 35 mm dicken elastischen Tragschicht eingebauten, allein mit Quarzsand verfüllten Kunststoffrasenspielfeld ein durchschnittlicher Kraftabbauwert von 65 Prozent erreicht. Bei der Vergleichsmessung an einem lediglich drei Jahre alten, mit 6 kg/m² Gummigranulat und Quarzsand verfüllten Kunststoffrasen, der auf einer 8 mm dicken Elastikmatte verlegt worden ist, wurden im Mittel lediglich 48 Prozent Kraftabbau erzielt. Dies bedeutet, dass durch die Wahl des Platzaufbaus ein dauerhafter Kraftabbau sichergestellt und gleichzeitig der Austrag von Mikroplastik deutlich reduziert werden kann.

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5. Beispiel für ein Kunststoffrasenbüschel mit texturierten Fasern. Foto: Markus Illgas
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6. Rückseite von zwei Kunststoffrasenbelägen. Der Belag auf der rechten Seite des Fotos hat eine Tuftgassenabstand von 3/8 Zoll, entspricht 0,95 cm. Foto: Markus Illgas

Die im Dezember 2019 erschienene, überarbeitete DIN 18035-7 stellt im Abschnitt 4.5. deutlicher als bisher klar, dass verfüllte oder unverfüllte Kunststoffrasenbeläge immer mit einer gebundenen Tragschicht herzustellen sind. Die Verwendung einer gebundenen Tragschicht stellt sicher, dass es durch Kornumlagerungen in der Tragschicht ohne Bindemittel zu keinen schädlichen Veränderungen in der Ebenheit des Kunststoffrasenbelags kommen kann. Dabei wird in der DIN-Norm in die Bauweisen A und B unterschieden. Die Bauweise A, mit einer Elastikschicht auf einer Asphaltschicht, hat insbesondere bei Spielfeldern für höherklassige Sportveranstaltungen, z.B. Hockeystadien ihre Verwendung, oder wenn höhere Anforderungen an die Tragfähigkeit, z. B. bei außersportlichen Nutzungen, gestellt werden. Außerdem können, im Hinblick auf einen späteren Rückbau, Asphaltschicht und Elastikschicht relativ gut voneinander getrennt und entsorgt werden. Die Elastikschicht kann in situ eingebaut oder vorgefertigt angeliefert und verlegt werden. Die Anforderungen an die Verlegung von vorgefertigten Elastikschichten wurden im Zuge der Überarbeitung konkretisiert. So müssen sie wie bisher plan aufliegen und sind zusätzlich dauerhaft form- und kraftschlüssig miteinander zu verbinden. Die Bahnen oder Platten sind dabei auf Stoß zu verlegen, wobei die Breite der Fugen auf maximal 3 mm begrenzt ist. Der Abstand zu den Randeinfassungen darf nicht mehr als 10 mm betragen. Zusätzlich wird empfohlen die vorgefertigten Elastikschichten an den Rändern zu befestigen.

Zwischen den einzelnen Elementen darf der Höhenversatz nicht größer als 2 mm sein.

Bei der überwiegend in Deutschland angewandten Bauweise B werden die Elastikschicht und die Asphaltschicht durch eine gebundene elastische Tragschicht ersetzt. Diese Bauweise ist in der ATV DIN 18320 "Landschaftsbauarbeiten" bereits mit der Ausgabe des Ergänzungsband 2015 eingeführt worden. Auch im Hinblick auf den Kunststoffrasenbelag lohnt sich ein Blick in die ATV DIN 18320, denn in ihr ist ein Quarzsand verfüllter Kunststoffrasenbelag beschrieben. Also auch hier ein Belag, von dem bereits eine geringere Mikroplastikemission ausgeht. Durch die Festschreibung von gekräuselten/texturierten Fasern (Foto 5) und einem Tuftgassenabstand von ? 3/8 Zoll (Foto 6) wird der Quarzsand besser im Belag gehalten, was wiederum positive Auswirkung auf die Pflegeintensität und somit auch auf den Abrieb hat. Die Noppenzahl in der Reihe ist mit 14 Stück/dm festgeschrieben.

Die Nivellierschicht ohne Bindemittel ist in der aktuellen DIN 18035-7 nicht mehr enthalten. Zur Qualitätsverbesserung bei der Tragschicht ohne Bindemittel wurde eine kornabgestufte, zweilagige Ausführung eingeführt. Die Anforderungen an das Erdplanum und den Baugrund sind unverändert geblieben.

Als Prüfverfahren wurde in der DIN 18035-7 die Prüfung der Verschleißbeständigkeit an elastischen Füllstoffen aufgenommen. Allerdings fehlen hier entsprechende Anforderungswerte, sodass die Werte zunächst lediglich zur Erfahrungssammlung dienen.

Mineralische und elastische Füllstoffe

Nach wie vor sind die Füllstoffe für die Kunststoffrasenbelägen in der deutschen Norm enthalten. Neben den Anforderungen an den mineralischen Füllstoff, also den Quarzsand, enthält die Norm weiterhin Anforderungen an synthetisch hergestellte, elastische Füllstoffe. Bei natürlichen elastischen Füllstoffen wird in der DIN 18035-7 hinsichtlich der Verwendung von Kork lediglich auf das RAL Gütezeichen GZ 944 "Kunststoffrasensysteme" verwiesen. In der Praxis wird im Zusammenhang mit Kork wiederholt von Problemen, wie z. B. Aufschwimmen bei Starkregenereignissen, berichtet wird. Dadurch, dass sich Kork elektrostatisch auflädt, kann es, beispielsweise durch Anhaften an der Kleidung und den Schuhen der Spieler, aber auch durch die Pflegefahrzeuge, zu einem Austrag von Kork kommen. Ebenfalls ist die Frage der späteren Entsorgung, zusammen mit dem Kunststoffrasen, bisher nicht betrachtet worden. Abrieb und Zugfestigkeit, Eigenschaften, die im Hinblick auf die Lebensdauer eines Füllstoffs sicherlich nicht unwichtig sind, können an Kork nicht geprüft werden. Folglich sind im RAL-Gütezeichen hierfür auch keine Anforderungen enthalten. Für die Verschleißbeständigkeit gibt es wiederum ein Prüfverfahren, hier fehlen allerdings entsprechende Anforderungswerte.

Begrenzte Lebensdauer

Bekanntlich hat ein Kunststoffrasenbelag mit 12 bis 15 Jahren eine begrenzte Lebensdauer. Eine Instandsetzung durch Renovationsmaßnahmen scheidet im Gegensatz zu Rasen- oder Tennenflächen aus. Bei Kunststoffrasenflächen besteht lediglich in begrenztem Umfang die Möglichkeit abgenutzte Bereiche, wie beispielsweise die Strafstoßmarkierungen oder Torräume, durch Reparaturen zu erneuern (Foto 7). Insofern ist bei einem Kunststoffrasenbelag der Zeitpunkt eines kompletten Austausches unausweichlich. Der Flor beziehungsweise die Polschicht eines Kunststoffrasenteppichs, bestehend aus Kunststoffrasenfasern und gegebenenfalls den Füllstoffen, stellt im Grund die Verschleißschicht des Belags dar. Ist diese so stark abgenutzt, dass die einzelnen Tuftgassen sichtbar werden (Foto 8), sollte ein Austausch erfolgen. Ansonsten würden vom Kunststoffrasen die erforderliche Sport- und insbesondere Schutzfunktionen nicht mehr erfüllt. In Abhängigkeit von dem jeweiligen Platzaufbau, dem Zustand der elastifizierenden Schicht und dem Kunststoffrasentyp können die Kosten für den Austausch eines Großspielfeldes mit circa brutto 21,50 bis 26,00 Euro/m² angesetzt werden. Die erforderlichen Entsorgungskosten sind hierbei enthalten.

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7. Mehrfach reparierter Torraum eines Kunststoffrasenspielfeldes. Foto: Markus Illgas
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8. Kunststoffrasenfasern sind soweit abgenutzt, dass die Tuftgassen auf der Oberseite des Belags sichtbar werden. Foto: Markus Illgas

Verwertung von Kunststoffrasen

Die gesetzliche Grundlage für den Umgang mit dem zu entsorgenden Kunststoffrasen bildet das Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen - Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Das KrWG sieht zunächst eine Vermeidung von Abfällen vor. Mit Bezug auf die Kunststoffrasenflächen würde dies bedeutet, dass bereits im Rahmen der Planung zu bedenken ist, inwieweit der tatsächliche Bedarf an einem Kunststoffrasenspielfeld besteht. Außerdem wäre nicht allein aus Sicht der Nutzer sondern auch hinsichtlich der späteren Entsorgung abzuwägen, welcher Typ von Kunststoffrasen verlegt werden sollte. Gemäß dem KrWG obliegt grundsätzlich den Herstellern, also auch denen von Kunststoffrasenbelägen, eine Produktverantwortung. Im Sinne des Gesetzes sollte ein Kunststoffrasen insbesondere langlebig sein und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden können. Ebenso sollten die Hersteller Hinweise auf Rückgabe- und Verwertungsmöglichkeiten geben. Das könnte sogar bis hin zu einer Rücknahme eines Kunststoffrasenbelags gehen. Von all diesen Zielen ist in der Praxis bisher wenig umgesetzt.

Der Ansatz Kunststoffrasenbeläge zu recyceln ist sicherlich, auch unabhängig von der Mikroplastikdebatte, grundsätzlich zu begrüßen. Das KrWG schreibt das, zumindest derzeit, allerdings nicht zwangsläufig vor. Im Jahr 2017 fielen in Deutschland 6,15 Mio. Tonnen Kunststoffabfälle an, davon wurden 99,4 Prozent der Verwertung zugeführt . Diese unterteilt sich in eine stoffliche Verwertung (Recycling) und eine energetische Verwertung (z. B. Müllverbrennungsanlagen oder Ersatzbrennstoff-Kraftwerke). Der Anteil der stofflichen Verwertung von Kunststoffabfällen betrug im Jahr 2017 2,87 Mio. Tonnen, dies entspricht 46,7 Prozent. Recycling ist derzeit unter anderem aufgrund der erforderlichen Reinigungs- und Sortierungsprozesse teurer als eine energetische Verwertung. Ein weiterer Nachteil des Recyclings von Kunststoffrasenbelägen ist sicherlich, dass derzeit mit einem vertretbaren Aufwand das Material nicht in der gewünschten Qualität recycliert werden kann. Hier ist der Entwicklungsdarf noch entsprechend hoch, damit bei zukünftigen Belägen entsprechende Standards für die Produktion, auch mit Blick auf eine spätere Recyclierung, geschaffen werden. Derzeit findet insbesondere aus den folgenden Gründen daher eher ein Downcycling statt:

  • Die Gemische aus verschiedenen Kunststoffgruppen, wie zum Beispiel Polyethylen bei den Fasern, Polypropylen bei dem Trägergewebe, Vliesstoffe bei dem Zweitrücken und Latex bei der Rückenbeschichtung müssen soweit es technisch möglich ist, getrennt werden. Zusammen sind sie derzeit nicht hochwertig zu recyceln. Es fehlt eine Typenreinheit bei den Kunststoffrasenbelägen.
  • Die Kunststoffe sind gealtert, da sie für mehrere Jahre der natürlichen UV-Strahlung, Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit und mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt sind.
  • Die technische Möglichkeit einer Wiederverwendung von den aus alten Belägen recyclierten Stoffen für neue Kunststoffrasenbeläge beträgt nach Herstellerangaben aktuell nur 10 bis 15 Prozent.

Zusammenfassung

  • Ein Verbot von Kunststoffrasen ist zurzeit nicht geplant, denkbar ist allerdings ein Verbot des Inverkehrbringens von Gummigranulaten für Kunststoffrasenflächen.
  • Derzeit gibt es keine wissenschaftlich belegten Studien zum tatsächlichen Austrag und den Mengen an Mikroplastik von Kunststoff- und Kunststoffrasenflächen in Deutschland.
  • Der bedarfsgerechten Planung kommt eine bedeutende Rolle bei der Auswahl des Sportbelags zu.
  • Austrag und Entstehung von Mikroplastik können begrenzt bzw. vermieden werden, indem möglichst wenige beziehungsweise keine Kunststoffe verwendet werden.
  • Kunststoffrasenflächen sind nach DIN 18035-7 mit einer gebundenen Tragschicht herzustellen, sei es mit einer Asphaltschicht und einer Elastikschicht oder einer gebundenen elastischen Tragschicht.
  • Ein Recycling von Kunststoffrasen, d.h. aus einem alten Belag wird ein neuer, ist zurzeit nicht zu 100 Prozent möglich.
  • Das KrWG sieht eine Verwertung, stoffliche oder energetische, von Kunststoffabfällen vor.
  • Bei der Entwicklung der vorhandenen Kunststoffrasenbeläge wurde die Möglichkeit einer Recyclierung am Ende der Nutzungszeit nicht berücksichtigt.

Quellen

1 Homepage European Chemicals Agency (ECHA), echa.europa.eu/de/restrictions-under-consideration/-/substance-rev/22921/term

2 Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, Pressemitteilung vom 23. Juli 2019, ec.europa.eu/germany/news/20190723-kunstrasen_de

3 Heß, Diehl, Mayer, Rahm, Reifenhäuser, Stark, Schwaiger, Mikroplastik in Binnengewässern Süd- und Westdeutschlands, Bundesländerübergreifende Untersuchungen in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, Teil 1: Kunststoffpartikel in der oberflächennahen Wasserphase, 2018, Seiten 9 und 10

4 Beschlüsse der 43. Sportministerkonferenz am 7. und 8. November 2019 in Bremerhaven, Mikroplastik auf Kunststoffrasenplätzen, www.sportministerkonferenz.de/

5 Conversion Market & Stategy, Präsentation Kurzfassung Stoffstrombild Kunststoffe in Deutschland 2017, September 2018, www.bvse.de/images/news/Kunststoff/2018/181011_Kurzfassung_Stoffstrombild_2017.pdf

 Markus Illgas
Autor

Landschaftsarchitekt bdla

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