Prof. Dr. Hartmut Balder schildert seine ersten Eindrücke

Kurzrezension: Was bietet die BUGA Havelregion 2015 fachlich?

Bundesgartenschau 2015 Havelregion Bundesgartenschauen
Das Entrée zur Havelregion – die Deutsche Alleenstraße. Foto: Hartmut Balder
Bundesgartenschau 2015 Havelregion Bundesgartenschauen
Eröffnungsschau "Tulpen, Tulpen, Tulpen" in der Kirche St. Johannis, Brandenburg. Foto: Hartmut Balder
Bundesgartenschau 2015 Havelregion Bundesgartenschauen
Heterogenität im Rasenbild. Foto: Hartmut Balder

Als Leistungsschauen des gärtnerischen Berufsstandes gegründet, haben sich Bundes- und Internationalen Gartenschauen zunehmend zu Wettbewerben der Städte und Kommunen um eine gute Stadtentwicklung und ihre grünen Themen entwickelt. Inzwischen steht die Pflanze immer weniger im Fokus. Events rücken in den Vordergrund. Ein Blick auf das Konzept der Bundesgartenschau Havelregion offenbart, dass sich der Trend auch dieses Jahr ungebrochen fortsetzt. Das Ziel ist ehrenwert: Ein ganzer Landstrich soll aus dem Dornröschenschlaf geweckt werden. Was aber bietet die BUGA 2015 fachlich? Prof. Dr. Hartmut Balder von der Beuth Hochschule für Technik Berlin, ist der Frage vor Ort nachgegangen.

Havelregion und ihre grünen Themen

Fährt der Besucher auf dem Wege zum südlichsten Ausstellungsort, so taucht er von der A 2 kommend über die L 102 in Richtung der Stadt Brandenburg allein schon topographisch in die für viele unbekannte Havelregion ein. Bereits auf den ersten Kilometern erwarten ihn prägende alte Baumalleen eingebettet in eine traditionsreiche Kulturlandschaft, die Teil des für Touristen attraktiven bundesweiten Deutschen Alleenstraßen-Konzeptes sind. Sie prägen als Naturdenkmäler großflächig das Bundesland Brandenburg, von daher ist es unverständlich, dass die diesjährigen BUGA-Macher und Marketing-Experten bei dem Konzept der fünf Standorte mit 80 km Entfernung dieses Highlight der Region völlig außer Acht gelassen haben.

An den fünf Standorten bieten sich dem Besucher unterschiedlich große Areale: Die kleinste Fläche in Premnitz misst 3,3 ha, das größte Areal bietet Rathenow mit 24.2 ha. Auch wenn sich nach den Werbeaussagen die Flächen thematisch unterscheiden sollen, so haben sie doch nahezu ähnlich grüne Ausrichtungen: Frühlingsblüher, Stauden und Rosen bilden vielfach ein individuell strukturiertes Bild ergänzt durch Wasserareale, Gebäude, Brücken, Aussichtstürme, historisch technische Elemente sowie rekonstruierte Parkanlagen. Von daher greifen sie die Themen der bisherigen Gartenschauen auf, wirklich Neues ist nicht zu entdecken. Auch die üblichen Themengärten (Brandenburg) fehlen nicht und wollen dem Besucher Anregungen für den eigenen Garten geben. Viele der 50 inszenierten Gärten sind jedoch sehr künstlich und regen wenig zur Nachahmung an. Einige wenige liefern dem Besucher vertiefende Informationen, beispielsweise zum Birken- bzw. Eichensortiment in der Pflanzenverwendung oder zur Biodiversität von grünen Lebensräumen (Abb. 2).

Als Besonderheit werden für die Standorte Brandenburg und Havelberg wechselnde Blumenhallenschauen in historischen Kirchen thematisch angegeben, die große Eröffnungsschau "Tulpen, Tulpen, Tulpen" in der Kirche St. Johannis in Brandenburg ließ jedoch dieses Thema nicht erkennen. Insgesamt sind viele Grünthemen aus bisherigen Gartenschauen oder von der Berliner Grünen Woche hinlänglich bekannt. Erste Reaktionen von langjährigen BUGA-Kennern besagen demzufolge: das eigentlich Interessante an der BUGA Havelregion 2015 sind die Areale dazwischen.

Als festes Element präsentierten sich bislang traditionell die grünen Verbände mit eigenen Beiträgen für die Besucher, zum Beispiel die Landschaftsgärtner mit Lehrbaustellen oder die Produktionsbetriebe mit Pflanzensortimenten. Bislang haben die Verbände diese Gelegenheit immer genutzt, um auf ihre Produkte und Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Diese so wichtigen Dauerbeiträge fehlen in diesem Jahr, was vor dem Hintergrund des beklagten Fachkräftemangels in der grünen Branche nicht nachvollziehbar ist. Eine vertane Chance um Werbung in eigener Sache zu machen.

Kommunale Verantwortung mit Rückgrat

Die Entwicklung einer Gartenschauthematik bis hin zur Eröffnung ist ein langer Prozess. Aber vielmehr noch ist die Nachnutzung mit in das Gesamtkonzept einzubeziehen und nachhaltig zu entwickeln, wenn die Investitionen einer Gartenschau gerechtfertigt sein sollen. Hieran hat es bislang häufig gemangelt, wie wissenschaftliche Studien nachdrücklich belegen. Diese können aus Rückbaukonzepten wie beispielsweise in München 2005 oder aus finanziell abgesicherten langjährigen Unterhaltungskonzeptionen bestehen. Letzteres tritt zunehmend in den Mittelpunkt der Strategien der ausführenden Städte, die BUGA Koblenz 2011 markiert in diesem Zusammenhang daher einen Neubeginn der BUGA-Geschichte. Bereits in der Planungsphase wurden seitens der Stadt hierzu unter anderem ökonomische Berechnungen bezüglich der Lebenszykluskosten von Parkanlagen durch neutrale Fachinstitutionen durchgeführt, die aktuell diskutiert werden.

Auch der BUGA-Zweckverband Havel geht diesen Weg und hat mit der Vorsitzenden Dr. Dietlind Tiemann eine engagierte Kämpferin für die Sache. Mit ihrem Mitarbeiterstab setzte sie durch, dass Planungsmängel rechtzeitig erkannt und die anstehenden Pflegekosten für bestimmte Areale im Vorfeld berechnet wurden, was in der Folgephase Berücksichtigung finden wird. Mit viel Herzblut setzte sich vor allem ihr Mitarbeiter Bernd Priess für eine nachhaltige Baumpflege und einen weitsichtigen Baumerhalt ein. Im Ausstellungsareal "Marienberg" (Brandenburg) stehen rund 1000 Bäume, die seit 1992 mit Unterstützung eines digitalen Baumkatasters regelmäßig kontrolliert und gepflegt werden. Daher konnte dieses Parkareal in die BUGA problemlos integriert werden. Die sonst üblichen Auseinandersetzungen mit den Naturschutzverbänden oder Anwohnern bei der Fällung von unsicheren Baumbeständen oder der Erstellung von Sichtachsen bei der Herstellung der Gartenareale blieben dadurch aus. Die baumschonende Rekonstruktion des Humboldthains ist ein weiteres positives Beispiel. Für sein langjähriges Engagement im kommunalen Baum-Management wurde Priess bereits im Vorfeld der BUGA in Berlin mit dem Baumforum Award 2014 geehrt.

Kommunen und Städte können sich in der Tat an diesen Erfahrungen orientieren, dies nicht nur im Zusammenhang mit künftigen Gartenschauen. Da die diesjährige GALK-Jahrestagung in Brandenburg stattfindet, können diese Lehrbeispiele vor Ort besichtigt werden. Sie zeigen, dass sich in der Verantwortung für die eigene Stadtentwicklung und für die hohen finanziellen Ausgaben anlässlich einer Bundesgartenschau die politisch Verantwortlichen sowie die involvierten Verwaltungen kompetent und zielorientiert einbringen können, um Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen und die Weichen in ihrer Stadt sachlich orientiert für die Zukunft zu stellen. Das entspricht dem Geist der aktuellen Ausrichtung der Deutschen Bundesgartenbau-Gesellschaft und empfiehlt sich zur Nachahmung. Trotz langjähriger Planungsvorläufe von Gartenschauen wird die Realisierungsphase erfahrungsgemäß immer kürzer. Gerade nach Jahren mit Witterungsextremen wie heißen Sommern oder langen Wintern wird es gerade für die GaLaBau-Betriebe kompliziert, zur Eröffnung der BUGA alles in einen perfekten Zustand zu bringen.

Stauden und Sträucher gut etabliert

In der Havelregion ist vieles positiv gelaufen, da ein Großteil der Stauden, Rosen und Sträucher schon im Vorjahr in vorbereitete Vegetationsflächen gesetzt werden konnte. So konnten sich die Pflanzen gut etablieren und durch die pflegenden Fachbetriebe optisch gut entwickeln. Ein ästhetisch gutes Bild ist daher im Sommer zu erwarten.

Auch die Bäume wurden bei guter Ausgangsware in diesem milden Winter rechtzeitig gepflanzt und sichtbar gut geschnitten. Lediglich die Rasenflächen erscheinen in vielen Arealen sehr heterogen, lückig und chlorotisch. Wie häufig üblich wurde noch am Vortag Rollrasen verlegt, der wohl nur mit viel Mühe bei laufendem Besucherverkehr in gutem Zustand gebracht und gehalten werden kann. Insbesondere das Areal "Packhof" (Brandenburg), dem Ort mit den publikumswirksamen Themengärten, ist durch die Vorgeschichte (alte Werftanlage) von großflächigen Bodenverdichtungen und Altlasten charakterisiert, wie die Praxis berichtet. Wuchsbeeinträchtigungen und großflächige Fehlentwicklungen sind daher leider zu erwarten. Derartige Vorgehensweisen sind wenig dafür geeignet, später problemlos als Dauerareal zu funktionieren. Es ist zu wünschen, dass bei der künftigen Realisierung von Großprojekten mit mehr Vorlauf gebaut werden kann, um gerade auf Gartenschauen die Pflanzen nicht in einem frisch inszenierten Bild zu präsentieren, sondern in ihrem entwickelten Habitus.

Fazit

Ein Besuch der Bundesgartenschau 2015 Havelregion ist in mehrfacher Hinsicht zu empfehlen. Baumpfleger, Parkmanager und Landschaftsarchitekten können in den alten Parkarealen das nachhaltige Baum-Management studieren, Landschaftsgärtner die praxisnahe Realisierung der unterschiedlichen Themenbereiche. Wer jedoch erwartet, für eine nachhaltige Stadtentwicklung Lösungen für die Stadt der Zukunft zu entdecken, der wird enttäuscht sein. Wünschenswert wäre, dass die grünen Verbände dennoch die Gelegenheit nutzten, sich vor Ort mit den brennenden Stadtthemen auseinanderzusetzen. Dies auch in Hinblick auf den großen Bundeskongress "Grün in der Stadt - Für eine lebenswerte Zukunft" am 10. und 11. Juni in Berlin. Die künftige Ausrichtung der Gartenschauen und ihre Botschaften für die Öffentlichkeit zählen zweifellos zu den brennenden Themen.

Hartmut Balder

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