Landschaftsbau und Entwerfen

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Entwerfen ist eine Praxis, die unter anderem Architekten, Ingenieure, und Softwareentwickler, aber auch Landschaftsbaubetriebe miteinander teilen. Auch wenn der fachliche Kontext jeweils ein völlig anderer ist, bleiben wesentliche Inhalte gleich. Es geht um die (Er-)Findung von Lösungen, die, bevor sie gefunden sind, weder bekannt noch beschreibbar sein können.

So jedenfalls formuliert es das Vergabehandbuch für freiberufliche Leistungen, welches die Vergabe von Architekten-, Ingenieurs- und sonstigen freiberuflichen Leistungen für den öffentlichen Auftraggeber regelt. Sehr wohl beschreibbar und fachlich durchaus spezifisch sind jedoch die Anforderungen, die an einen Entwurf gestellt werden können beziehungsweise die er als künftige Lösung einer gestalterischen und/oder technischen Aufgabenstellung integrieren soll (Vgl. Abb. 1).

Die Formulierung dieser Anforderungen, seien sie funktional, seien sie materialspezifisch oder seien sie eine Zusammenstellung von Abbildungen aus Zeitschriften und Büchern, ist eine der wichtigsten Aufgaben, die ein Auftraggeber, welcher die Planung seiner Außenanlage delegieren möchte, in den frühen Planungsphasen zu leisten hat. Bezüglich der Grundlagenermittlung hat er den Planenden zu unterstützen und ihm die benötigten Unterlagen zu beschaffen. Überhaupt ist ein fördernder und fordernder Bauherr eine Grundvoraussetzung für gute Entwürfe. Hierzu gehört elementar auch die Vorgabe eines Budgets, ohne das, jede entwerfende Tätigkeit zu einer Art Blindflug wird.

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1. Entwurf als integrierendes Medium. Grafik: Thomas Brunsch

Gleichermaßen gehört dazu auch ein Verständnis des Bauherrn, dass Wünsche und Bedarfe immer auch ökonomische, qualitative und terminliche Bezüge aufweisen und, dass das ‚Scheitern‘ von Projekten, im Sinne einer mangelhaften monetären oder zeitlichen Zielerreichung häufig bereits auf mangelhafte oder unvollständige Ausformulierung und Dokumentation der Anforderungen in den frühen Projektphasen zurückzuführen ist. Der Entwurf ist deshalb die Basis und das Fundament eines jeden Projekts im Wortsinn. Es ist eine grundlegende Erkenntnis des Projektmanagements, dass in dieser frühen Projektphase jede Art von Planänderung uneingeschränkt am preiswertesten zu haben ist, da die Planungskosten im Verhältnis zu den später daraus resultierenden Bau- und Unterhaltungskosten den weitaus geringsten Anteil aufweisen und der Entwurf – für sich genommen – auch nur einen Bruchteil der Planungskosten ausmacht, sofern man das gesamte Leistungsbild einer Planung von der Bestandsaufnahme bis zur Gewährleistungsbetreuung damit vergleicht (Vgl. Abb. 2).

Was ist Entwerfen eigentlich genau?

Unter Entwerfen versteht man eine komplexe Methode der sich schrittweise präzisierenden (iterativen), konzeptionellen und planerischen Annäherung an einen gedanklich vorgestellten, das heißt gewünschten und beabsichtigten, zukünftigen Sollzustand einer Sache oder eines Sachverhalts. Der jeweilige Stand dieser Zielerreichung wird in sich zunehmend konkretisierenden Planungsständen dokumentiert. Solche möglichen Konkretisierungsschritte zeigt die folgende Begriffsreihung:

Idee > Skizze > Vorentwurf > Entwurf > Modell > Ausführungszeichnung > Leistungsbeschreibung > Muster > Ausführung/Bau > ‚fertiges‘ Objekt > Nutzung/Pflege > Umbau/Umnutzung

Es handelt sich somit um eine Heuristik, also eine „Findungskunst“, die bei einem systemimmanenten unüberschaubaren Überangebot von Informationen und Wechselwirkungen und innerhalb eines gegebenen und im Regelfall beschränkten Zeitfensters zu einer ästhetisch annehmbaren, dauerhaften, wirtschaftlich und funktional praktikablen Lösung kommen soll.

Entwerfen ist deshalb eine Grundfertigkeit und ein Grundnotwendigkeit vieler Disziplinen. Architekten tun es, Industriedesigner tun es und Ingenieure und Landschaftsgestalter tun es auch, nur jeweils unter anderen Vorzeichen. Liegt beim Ingenieur die Betonung auf „Firmitas“, so lautet sie beim Architekten eventuell eher „Venustas“, während „Utilitas“ beide Sphären miteinander verbindet.1

Dabei wird im Rahmen einer stufenweisen Annäherung die Lösung jeweils schrittweise verändert, konkretisiert und angepasst. In diesem Sinn beinhalten somit auch die Schritte „Bemusterung“ oder „Ausführung“ immer noch ein Quantum des Entwurfs . Erfahrene Landschaftsgestalter nutzen diese Spielräume bis zur Fertigstellung und darüber hinaus. Auch die Pflege beinhaltet noch ein erhebliches gestalterisches Potential. Abbildung 1 zeigt eine mögliche und sicher nicht vollständige Auswahl von entwurfsbeeinflussenden Faktoren eines landschaftsbaulichen oder landschaftsarchitektonischen Entwurfsobjekts, ohne jedoch die denkbaren Wechselwirkungen zwischen diesen Faktoren darzustellen. Selbst die nur näherungsweise Einbeziehung all dieser möglichen Wechselwirkungen erscheint kaum darstellbar und kann auf einer vernunftbezogenen Ebene und unter realen Bedingungen (Faktor Zeit) wohl kaum abschließend geleistet werden. Bei der Entwurfsarbeit in komplexen Kontexten kommen daher vor allem intuitive Kreativtechniken zum Einsatz. Die Herausbildung von neuen Eigenschaften oder Strukturen aus einem nicht vollständig erklärbaren Zusammenspiel komplexer Sachverhalte wird auch als Emergenz bezeichnet. Insofern kann Entwerfen auch als ein emergentes System betrachtet werden. Der Nutzen dieser Betrachtungsweise liegt zum einen in der Erkenntnis, dass die Eigenschaften und Systematiken der entwurfskonstituierenden Vorgänge sich einer genauen wissenschaftlichen Erklärbarkeit nicht nur entziehen, sondern geradezu widersetzen. Zum anderen lässt sich feststellen, dass der Entwurf somit eine Grundeigenschaft des menschlichen Geistes (nämlich die der Emergenz) abbildet, die ihn (den Entwurf) bislang glücklicherweise jeder Automatisierung oder Digitalisierung unzugänglich macht.

Entwerfen als landschaftsbauliche Praxis

Auch wenn es sowohl in der landschaftsarchitektronischen wie auch in der landschaftsbaulichen Praxis nicht immer so gern gehört oder auch geflissentlich übersehen wird, der bundesrepublikanische Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau lebt zu einem großen Teil davon, dass er entwirft. Gemäß der jährlich durch den Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau erfassten bundesweiten Branchendaten stammten 59 Prozent der im Jahr 2016 erzielten Umsätze der Mitgliedsbetriebe(!) aus privaten Aufträgen. Weitere 25 Prozent gehen auf gewerbliche Auftraggeber wie Industrie, Generalunternehmer und Wohnungsbau etc. zurück. Lediglich gute 16 Prozent des Umsatzes sind öffentliche Aufträge und als solche in der Regel daran gebunden, dass der Entwurf der Leistung dem Auftragnehmer zur Verfügung gestellt wird (Vgl. Abb. 3).

Gerade im Hausgartenbereich, der rund 4 Mrd. Euro der branchenbezogenen Umsatzerlöse ausmacht, ist nicht davon auszugehen, dass jeder Baumaßnahme die Planung eines freien Landschaftsarchitekten zugrunde liegt. Viele, der etablierten Planungsbüros im Bereich Landschaftsarchitektur, übernehmen Privatgärten gar nicht beziehungsweise nur ungern und wenn überhaupt, erst ab einem Bauvolumen, das eine umfassende Planung gemäß Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, kurz HOAI, auch für beide Seiten, Bauherr und Planer, lohnenswert macht. So beginnt die gesetzliche Honorartabelle für Freianlagen (§ 40 HOAI) am unteren Ende erst bei Projekten ab knapp 60.000 Euro brutto (Die gesetzlich vorgegebene Honorarermittlung eines Landschaftsarchitekten ist immer an eine Bausumme gekoppelt). Das für einen Hausgarten dieser Größe beziehungsweise Bausumme zu veranschlagende, gesetzliche Gesamthonorar liegt je nach Schwierigkeit und Komplexität der Planung ungefähr zwischen 17.000 und 20.000 Euro brutto, sofern alle Leistungsphasen beauftragt werden.

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2. Typische Entwicklung der Kosten und deren Beeinflussbarkeit bei Bauprojekten. Grafik: Thomas Brunsch
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3. Umsatzanteile im GaLaBau nach Auftraggebern im Jahr 2016. Grafik: Thomas Brunsch, Zahlenwerte: BGL

Der Entwurf, verstanden als Zusammenfassung der Leistungsphasen 1–3 (Grundlagenermittlung, Vorplanung und Entwurfsplanung), macht nach der Berechnungssystematik der HOAI hiervon einen Kostenanteil von knapp 5000 bis gut 6000 Euro aus. Für den bauwilligen privaten Auftraggeber resultieren somit Gesamtkosten in Höhe von bis zu 80.0002 Euro, wenn er sich dafür entscheidet, einen freien Landschaftsarchitekten zu beauftragen.

Unterdessen bieten viele GaLaBau-Betriebe, die sich auf Hausgärten spezialisiert haben, Beratung und Planung gleich im Gesamtpaket mit der eigentlichen Herstellung des Gartens an.

Der Entwurf, der dann als dessen notwendige Voraussetzung an den höherwertigen Bauauftrag gekoppelt ist, wird somit Teil der umfassenderen Haupt- und Bauleistung und unterliegt daher nicht den Preisvorgaben der HOAI. In der Praxis werden die Kosten der Teilleistung ‚Entwurf‘ oder ‚Planung‘ dann pauschal oder nach Stundensatz und in der Regel der Höhe nach unabhängig von der zukünftigen Bausumme verrechnet. Einige Betriebe bieten Modelle an, die eine Erstattung der Entwurfskosten bei Beauftragung der Bauleistung, beispielsweise über Skontierung, vorsehen. Hierdurch wird der Entwurf auch zum Akquise- und Marketinginstrument. Häufig erleben Betriebe dabei zwar einerseits eine grundsätzliche Bereitschaft der Kundschaft, den Entwurf als kostenpflichtige Leistung anzuerkennen, andererseits aber nur bis zu einer gewissen, vom Kunden definierten Kostenhöhe. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Entwurf möglichst schnell und effektiv abgewickelt werden muss, einerseits um Kosten zu sparen, andererseits um eine zügige Beauftragung anzubahnen. Die Konzentration auf die möglichst optimale Erfüllung der Kundenwünsche, der
gebotene Erfolgs-, Termin- und Umsetzungszwang sind wohl die wesentlichen Unterschiede zwischen landschaftsbaulichem und landschaftsarchitektonischem Entwerfen.

Der landschaftsarchitektonische Entwurf, beispielsweise im Rahmen eines Planungswettbewerbs, zielt wesentlich auf „alternative Ideen“ und „optimierte Konzepte“, die die „Qualität der gebauten Umwelt“ fördern sollen (Richtlinien für Planungswettbewerbe, RPW 2013). Hierin begründet sich unter anderem eine Gemeinwohlverpflichtung, die einen belastbaren wertorientierten Handlungsrahmen bildet und den entwerfenden Landschaftsarchitekten in gewisser Weise unabhängig macht von kurzfristigen oder unvereinbaren Interessen einzelner Nutzer. Dieser wertorientierte Rahmen, der auf einem politisch-planerischen Konsens beruht, fußt auch auf dem Ziel der Förderung einer ‚Baukultur‘, ohne dass dieser Begriff hier näher betrachtet oder definiert werden kann. Die gesetzlich vorgeschriebene Honorarordnung soll helfen, einen rein ökonomischen Wettbewerb einzudämmen und einen Leistungswettbewerb zu fördern. Aus dieser autonomen, eher dem Gemeinwohl verpflichteten Haltung gegenüber dem Klienten, die Landschaftsarchitekten als Freiberufler etwa mit Notaren oder Apothekern teilen, erwächst eine gewisse Distanz, die durch die gesetzlich verankerte Honorarordnung nicht unbedingt verringert wird. Architekten haben in diesem Sinn häufig ein gewisses Sendungsbewusstsein, welches ein potentieller Bauherr teilen kann, aber nicht muss.

Dagegen ist es im Landschaftsbau von existentieller Bedeutung, die positive Energie des Projektstarts möglichst schnell in einem möglichst unproblematisch umsetzbaren Entwurf im wahrsten Wortsinn umzumünzen. Langwierige Verfolgung mehrerer Entwurfsvarianten, Diskussionen um planerische Dogmen oder detailbezogene Änderungen werden häufig mit dem Hinweis vermieden, das ließe sich dann auf der Baustelle klären. Und häufig ist es auch so, dass soviel interne Erfahrung mit den gewählten Bauweisen besteht, dass umfassendere Detailplanungen nicht notwendig werden. Die Gefahr besteht dabei jedoch auch darin, dass unkonventionelle oder innovative Lösungen vermieden werden, weil man deren Umsetzung bzw. die damit verbundenen Komplikationen und Kosten fürchtet.

Die Erbringung der Leistung ‚Planung‘ beziehungsweise Entwurf‘ im GaLaBau-Betrieb erfolgt je nach Anspruch des Bauherrn und Verfügbarkeit von Personal durch Gärtnermeister oder –Techniker, durch Landschaftsbauingenieure oder angestellte Landschaftsarchitekten beziehungsweise solche im Status von Subunternehmern. Entwerfen und Gestalten ist gleichermaßen Teil der Ausbildung aller genannten Qualifizierungen. Wie kam es dazu?

Die historische Entwicklung

Beide Berufsfelder, das des Landschaftsbauers und das des Landschaftsarchitekten gehen zurück auf das historische Berufsbild des Kunst-, Lust- oder Hofgärtners. Diese Disziplinen waren stark an überkommene aristokratische Strukturen und somit an landesherrliche Repräsentationsvorstellungen gebunden. Sie stellten eine gärtnerische Spezialisierung dar, die häufig das gesamte Management der höfischen Außenanlagen umfasste. Erst durch die Entstehung und Erstarkung von (national-)staatlichen Strukturen sowie eines breiten Bürgertums im 18. und 19. Jahrhundert wird das Berufsbild des Gartenarchitekten überhaupt erst in nennenswertem Umfang möglich. Es gründet sich zunächst auf eine solide handwerkliche Grundausbildung und anschließende, häufig internationale Erfahrungen und Studienaufenthalte, vor allem in den (garten-)künstlerisch dominierenden Ländern Italien, Frankreich und England. Die Berufsbezeichnung ‚Architekt‘ als Leiter und Vorsteher der Bauleute ist somit historisch eher eine höfische Hierarchie- und Besoldungsstufe, die organisch aus dem Berufsbild erwächst. Mit dem Fortschreiten der Industrialisierung und der zunehmenden Urbanisierung im 19. Jahrhundert steigt der Bedarf an gärtnerischen Fachleuten sowie qualifizierter Planung stark an. An den vielfach in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstmals gegründeten gärtnerischen Lehr- und Forschungsanstalten werden gärtnerische Führungskräfte ausgebildet, die wissenschaftliche, ingenieurtechnische und architektonische Kenntnisse erwerben. Die Ausbildung erfolgt in drei Stufen: Gärtner (zwei Jahre), Kunstgärtner (dreijährige Ausbildung) und Gartenkünstler (vierjährige Ausbildung). Mit dem Aufkommen der Villenkolonien, der Gartenstädte und der bürgerlichen Einzelhaussiedlungen im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert entstehen die ersten Wirtschaftsbetriebe, die sich auf das Berufsfeld ‚Privatgarten‘ spezialisieren. Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entstehen die ersten Honorarordnungen der ‚Gartenkünstler‘ auf Initiative privatrechtlich organisierter Vereine. Sie beschreiben umfassend das Leistungsbild einer Planung durch einen ‚Gartenkünstler‘ (der im 19ten Jahrhundert üblichen Bezeichnung) und definieren das resultierende Honorar auf Grundlage der Baukosten. Sie bilden damit die Grundlage der heutigen HOAI. Die Berufsbezeichnung Gartenarchitekt etabliert sich im beginnenden 20. Jahrhundert.

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4. Landschaftsbauliche Entwürfe dienen auch der Akquise. Grafik: Thomas Brunsch

Die Ausbildung dazu verlagert sich an Hochschulen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts werden in der Bundesrepublik Deutschland die öffentlich-rechtlichen Architektenkammern auf Länderebene gegründet, die Berufsbezeichnung Garten- und Landschaftsarchitekt setzt sich allgemein durch. Voraussetzung für das Führen dieser geschützten Berufsbezeichnung ist ein einschlägiges Hochschulstudium, der Nachweis praktisch planender Tätigkeit über einen definierten Zeitraum (in der Regel zwei Jahre) sowie der Eintrag in die entsprechende Architektenliste der Kammern. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts entsteht die neue Studienrichtung ‚Landschaftsbau‘ bzw. Landschaftsbau und Management.3

Was macht einen guten Freiraumentwurf aus?

Was ist nun der Unterschied zwischen einem landschaftsarchitektonischen und einem landschaftsbaulichen Entwurf? Was macht überhaupt einen guten freiraumplanerischen Entwurf aus und woran kann man seine Qualität erkennen? Jeder Entwurf, sei er technisch oder gestalterisch, ‚lebt‘ von einer umfassenden Analyse aller ihn bedingenden Faktoren und er lebt von Inspiration, also von Vorstellungen und Ideen. Ideen, die der Planende entwickeln kann, die aber auch vom Bauherrn stammen können. Im Idealfall entsteht eine Synergie aus beiden Faktoren.

Aber, freiraumplanerische Entwürfe und Konzepte besitzen auch ein Alleinstellungsmerkmal, welches mit keiner anderen Disziplin vergleichbar ist. Dieses ist die besondere Bedeutung der Faktoren Pflanze, Raum und Zeit. Das Zusammenspiel von Wachstum und Niedergang, von Grünen, Blühen, Fruchten, Herbstfärbung und Laubfall setzt eine komplexe raumzeitliche Partitur voraus. Die Zahl der standardmäßig für die Gestaltung zur Verfügung stehenden gärtnerischen Pflanzenarten und –sorten kann auf ca. 5000 bis 10.000 geschätzt werden. Diese Komplexität erfordert eine umfassende Ausbildung, einen ständigen Abgleich mit der Praxis, der auch als Erfahrung bezeichnet werden kann sowie eine Kenntnis aktueller Moden und Strömungen. Apropos ‚Moden‘: viele Landschaftsbauer führen ins Feld, dass aktuell im Durchschnitt nur noch zehn Prozent der Leistungserbringung einen gärtnerischen Bezug aufweisen würde und ansonsten der Tiefbau dominierte. Dem kann entgegen gesetzt werden, dass es gerade die ‚gärtnerische Prägung‘ ist, die definiert, dass man eben nicht zum Gewerk des Tief- und Straßenbaus gehört, welches völlig anderen gewerblichen und planerischen Gesetzmäßigkeiten gehorcht. Daher ist der gestalterische Umgang mit Pflanzen eine somisch prägende Größe, die ein eigenständiges Gewerk ‚Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau‘ überhaupt erst möglich macht und daher näher betrachtet werden muss: Wachstum und Niedergang sind natürliche und somit autonome Phänomene, die zwar durch Kultur und Gestaltung weiter überhöht werden können, sich aber letztlich der vollständigen Planbarkeit entziehen. Ein Gehölzbestand kann im Winter niemals als der gleiche wahrgenommen werden wie im Frühjahr oder Sommer. Der atmosphärische Unterschied kann jeweils größer nicht sein. Das Kunstprojekt ‚WrappedTrees‘ des Künstler Christo spielt genau mit diesem Wahrnehmungsunterschied. Somit kann auch die Raumauffassung in einem landschaftlichen Zusammenhang niemals eine absolute sein, da Vegetation keine eindeutigen, sondern vielmehr weiche und verschwimmende Raumkanten und große „Raumschatten“ erzeugt und dieser wahrgenommene Raum sich in einer fortwährenden raum-zeitlichen Veränderung befindet. Dies begründet sich durch das vegetative Wachstum und die Wandelbarkeit vegetativer Elemente im Lauf der Jahreszeiten und in Abhängigkeit des Wetters, was häufig kurzfristig, atmosphärisch prägnant und a priori erkennbar ist (wie bspw. das sich Belauben der laubabwerfenden Bäume im Frühjahr oder das Erblühen und zeitnahe Wiederverschwinden von Geophyten). Diese raumzeitlichen Veränderungen finden aber genauso über sehr lange Zeiträume und dann auch ausgesprochen dramatisch, jedoch für das menschliche Auge nicht direkt wahrnehmbar statt (Die Wahrnehmung sehr zeitverzögerter Veränderungen ist im Allgemeinen den menschlichen Sinnen entzogen. Direkt wahrnehmbar werden schleichende Veränderungen erst durch fotografischen Vergleich bzw. die Technik des ,Zeitraffens‘). So beginnt ein Baum mit einem nur wenige Zentimeter großen Sämling und entwickelt sich im Lauf der Zeit unter Umständen zu einem Raumvolumen von vielen tausend Kubikmetern.

Auch der Raum selbst ist eine transzendente Kategorie, die unseren Sinnen nicht direkt zugänglich ist. In Anlehnung an Sartre ließe sich sagen, dass Raum als Erfahrung nur möglich ist durch das, was er nicht ist, nämlich Körper. Die englische Künstlerin Rachel Witheread drückt dieses Paradoxon in ihren Arbeiten aus, indem sie Abgüsse von Häusern und Räumen herstellt und somit Raum körperhaft werden lässt, was letztlich den Raum negiert und ihn gleichzeitig in jedem Detail nachzeichnet und erlebbar werden lässt.

Gleichzeitig sind, gerade bei sehr hochwertigen Gestaltungen, zum Zeitpunkt des Entwurfs viele Informationen noch nicht gegeben. Bei der Verwendung von unbearbeitetem Naturstein und von individuellen Solitärpflanzen ist der genaue Charakter sowie Größe und Form dieser Elemente häufig noch gar nicht bekannt. Andererseits ist es umgekehrt aber auch möglich, dass ein ganzer Entwurf um einige spezielle schon existierende und durch den Kunden ausgewählte Objekte ‚herum gestrickt‘ wird. In jedem Fall erfordert dieses ‚Entwerfen‘ mit konkreten Objekten einen Entwurfsprozess, der sich bis zur endgültigen Ausführung erstreckt und dessen endgültige Komposition, ungeachtet aller Sorgfalt der Planung auf Papier, sich erst in der Wirklichkeit endgültig manifestieren kann.

Die Integration dieser oft sehr subtilen Prozesse sowie die Vermittlung ihres sublimen Charakters via Entwurf und eines darüber hinaus entgrenzten Gestaltungsprozesses sind wesentlich für alle Disziplinen, die Landschaft gestalten. Naturgemäß muss dieser Zugang jedoch dem Landschaftsbau ferner liegen, da die ,Fertigstellung‘ und die möglichst ökonomische Realisierbarkeit eines Bauwerks einen statischen Endzustand suggeriert, der einzuhalten ist, der kontrollierbar bleiben soll und der erhalten werden kann und muss. Anders in der fernöstlichen Tradition, dort ist die Gestaltung durch Pflege und weit über die bauliche Fertigstellung hinaus wesentlich stärker integriert. ‚Niwaki‘ bezeichnet in Japan die Schnitt- und Formkunst für Gehölze, die ausgepflanzt sind (Im Gegensatz zu Bonsai, die in Gefäßen kultiviert werden). Dort ist es üblich, dass Bäume, speziell die symbolträchtigen Kiefern (Matsu = ‚Kiefer‘ sowie synonym ‚sehnsuchtsvolles Warten‘) über sehr lange Zeiträume mittels Gerüsten gestützt (Schneelast), geformt und aufwendig geschnitten werden.

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5. Eine Trockenmauer benötigt keine Detailplanung zur Lage einzelner Steine. Die Detaillierung und somit der ‚Feinentwurf‘ vollzieht sich auf der Baustelle im Maßstab 1:1. Foto: Thomas Brunsch

Eine Technik, die durch die zunehmende Popularität von sogenannten ‚Outdoor-Bonsai‘ auch bei uns immer mehr Zuspruch findet. Auch einige Baumschulen haben sich bereits auf die Entwicklung von individuell gestalteten Pflanzencharakteren, in Abgrenzung zur normierten Einheitsware, spezialisiert.

Abschließend kann gesagt werden, dass ein guter Gartenentwurf immer auch eine Synergie erzeugt, die weit über das hinausgeht, was die Summe seiner Elemente und der ihn angrenzenden Objekte wie Architektur oder Landschaft ist. Gleichzeitig spielt er eine Mittlerrolle, die die genannten Elemente zueinander in Beziehung und in Wert setzt. Davon soll im nächsten Kapitel die Rede sein.

Landschaftsbauliches Entwerfen

Dass auch Landschaftsbauer heraus ragende Gestaltungen vollbringen können, zeigt das Beispiel von Peter Berg und seiner Firma GartenLandschaft Berg, dem dreimaligen Gewinner des renommierten Taspo Awards in der Disziplin ‚Gartendesigner des Jahres‘. Peter Berg ist Gärtnermeister und gestaltet seine Gärten mithilfe seines Teams selbst. Er bezeichnet die Schulung des ästhetischen Empfindens als das ‚Wichtigste für einen Gärtner‘. In diesem Sinn ist gärtnerische ‚Handwerkskunst‘ in Bergs Verständnis gleichzusetzen mit Gestaltungskompetenz. Diese Gestaltungskompetenz jedes Teammitglieds ermöglicht es überhaupt nur, dass ein außergewöhnlicher Garten pars pro toto entstehen kann. Voraussetzung dafür ist auch, nach Peter Bergs Verständnis, eine profunde Analyse und ein differenziertes Eingehen auf die Örtlichkeit, verstanden als Ort des Geschehens, als gegebene Architektur, aber auch als umgebende Landschaft und Region, was elementare Auswirkungen auf das entwurfliche Thema haben kann, aber auch die Material- und Pflanzenauswahl beeinflusst. Zweite Grundvoraussetzung ist auch hier die Vertrauensbasis zum Bauherrn, die zum einen eine gemeinsame Entwicklung des Konzepts mit dem Auftraggeber ermöglicht, zum anderen aber auch die starke ‚gärtnerische‘ Emotionalität erst ermöglicht, mir der Berg zu Werke geht und die ihn Eins werden lässt mit seinen Projekten. Hieraus entwickelt Berg ein ästhetisches Verständnis, das weit über rein optische Schönheit hinausgeht. Der Garten wird als dasjenige verstanden, was mit allen Sinnen erlebt werden
kann und was umgekehrt, im Verständnis eines umfassenden sinnlichen und körperlichen Feedbacks auf

  • Gesundheit
  • Wohlergehen
  • Inspiration und
  • Kreativität

der Nutzer zurück wirkt. In diesem Sinne ist der Garten ein Katalysator, der Reaktionen und Synergien bewirken kann und in diesem Sinn auf verschiedensten Ebenen einen Mehrwert generiert, welcher weit über die Gestehungskosten hinausgehen kann.

Peter Berg lebt diese Philosophie auch dadurch, dass die von ihm propagierte ‚gestaltende Handwerkskunst‘ im Rahmen von Seminaren, Vorträgen und an eigene Auszubildende und Praktikanten lehrend weitergibt. Er macht sich dadurch stark für ein Verständnis der gestaltenden Landschaftsgärtnerei, das im Zuge der fortschreitenden Rationalisierung und aseptischen Modularisierung des Berufsbilds auszusterben droht. Das heute aber gerade im höherwertigen privaten Auftragsbereich wieder zunehmend nachgefragt wird.

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil des Bergschen Entwurfskosmos ist das grundlegende Wissen um die entwurfskonstituierenden Faktoren Raum, Proportion und Struktur, verbunden mit einem stetigen Wunsch, sich lebenslang an diesen, häufig in der Praxis als zu transzendent verstandenen, Einflussgrößen abzuarbeiten. Teil dieses ‚Abarbeitens‘ ist auch die Auseinandersetzung mit anderen als Vorbild angesehen Planern oder fremden Gartenkulturen. All dies führt zu einer starken entwerferischen Haltung4 , die auch auf biografische Einflüsse zurück zu führen ist und sich irgendwann auch darin ausdrückt, dass alle bearbeiteten Projekte des Gartengestalters im Sinne eines Werks oder Œuvres zusammenfließen und man eben jenen Gestaltenden an seinem Werk erkennt.

Fazit

Gärtnerisches Entwerfen speziell im landschaftsbaulichen Kontext, besteht aus einem theoretisch planenden und baulich umsetzenden Anteil. Dabei konstituieren beide Aspekte den Entwurf annähernd gleichwertig, im Sinne eines pars pro toto. Die im Rahmen öffentlicher, VOB-basierter Aufträge vorgesehene vollständige Trennung zwischen diesen Sphären macht im umsatzstarken Segment der Privatgärten keinen Sinn. Vielmehr muss sich, für das Ziel einer möglichst hochwertigen und qualitätsvollen Gestaltung der gesamte Entwicklungsprozess, von der ersten Bestandsaufnahme bis weit über die Fertigstellung hinaus, diesem Ziel unterordnen. Vor allem die frühen (papierenen) Entwurfsphasen sind dabei von hoher Wichtigkeit, da hier durch Beratung und Austausch das Vertrauensverhältnis zwischen GaLaBaubetrieb und Bauherrenschaft aufgebaut wird und im Idealfall Kosten, Aufwand und Umfang der Baumaßnahme verlässlich definiert werden. Gleichzeitig kann die intensive Auseinandersetzung mit der Bauherrenschaft helfen, ein optimales ästhetisches Ergebnis (Im Sinne aller räumlich und sonstigen sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften) zu erzielen. Dieses Vertrauensverhältnis, die starke Betonung der Bestandsaufnahme und Analyse sowie eine ebenso starke innere Haltung des Entwerfenden sind wesentliche Bausteine eines guten Entwurfs. Hinzu kommen durch Ausbildung und stetige Auseinandersetzung erworbene Fähigkeiten in den Bereichen Raum, Struktur und Proportion.

Bezogen auf die Ausführungsebene bedeutet dies auch, dass alle Mitarbeiter die entsprechend notwendigen Qualifikationen aufweisen beziehungsweise gewillt sind, diese zu erwerben und sich fortwährend darin zu perfektionieren. Dieses Ausbildungsziel der gestaltenden Handwerklichkeit muss daher verstärkt wieder in die Lehrpläne der Berufs-, Meister-, Techniker- und Hochschulen aufgenommen und dort vermittelt werden. Auch und gerade im Berufsbild des Landschaftsgärtners, welches im Augenblick auch davon bedroht ist, zu einer rein technischen Tiefbauausbildung zu verkommen.

Quellen

1) Firmitas (Festigkeit), Utilitas (Nützlichkeit) und Venustas (Schönheit) sind die drei Hauptanforderungen an Architektur, die der römische Architekt Vitruv erstmals im Jahr 33 v. Chr. formulierte. Alle drei sollen nach demnachgleichwertig Beachtung finden.

2) Das Honorar erhöht sich bei größeren Bausummen entsprechend, jedoch im prozentualen Anteil degressiv, d.h. ein Garten mit einer Bausumme von 600.000 Euro brutto ergibt ‚nur‘ noch ein Honorar zwischen 99.000 und 146.000 Euro.

3) Der Studiengang ‚Landschaftsbau und-Management‘ wurde in Deutschland erstmalig 2002 an der Hochschule Weihenstephan Triesdorf mit dem Abschluss ‚Bachelor of Engineering‘ angeboten.

4) Als Haltung eines Entwerfers kann ein gewisser ethisch-moralischer Kodex bezeichnet werden, der bestimmte Handlungsweisen bedingt und forciert, andere aber ausschließt. Diese für den Planer als universell
gesetzten Handlungsprinzipien führen zu einer gewissen Selbstähnlichkeit der entwurflichen Schöpfungen, welche dann gern mit einer entwurflichen ‚Handschrift‘ verglichen wird.

Literatur

BGL (Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sport-platzbau e. V.) (2017). GaLaBau-Statistik 2016. www.galabau.de/branchendaten.aspx. Zugegriffen am: 02.08.2017.

Brunsch, T.: Landschaftsbau und Landschaft (2017), in: O. Kühne, H. Megerle, F. Weber, (Hrsg.): Landschaftsästhetik und Landschaftswandel, (S. 319ff), Springer, Wiesbaden.

Hettche, T.: Pfaueninsel (2016), BTB, München.

Janson, T., & F. Tigges, (2013). Grundbegriffe der Architektur. Basel: Birkhäuser.

Kühne, O. (2013). Landschaftstheorie und Landschaftspraxis. Eine Einführung aus sozialkonstruktivistischer Perspektive. Wiesbaden: Springer VS.

Wefeld, H. J. (1989). Peter Joseph Lenné und die erste Gärtnerschule. In F. von Buttlar (Hrsg.), Peter Joseph Lenné. Volkspark und Arkadien (S. 91–97). Berlin: Nicolaische Verlagsbuchhandlung Berlin.

Prof. Dr. Thomas Brunsch
Autor

Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Technik und Bauabwicklung im Landschaftsbau

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