GaLaBau und Recht: Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Laub- und Nadelfall von Bäumen des Nachbarn: Neues BGH-Urteil zum Zahlungsausgleich

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Nachbarrechtliche Streitigkeiten um angeblich störenden Bewuchs und Laubfall könnten in Zukunft öfter vor Gericht landen. Foto: Fotolia

In der Vergangenheit musste sich der für nachbarrechtliche Ansprüche zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs nicht allzu häufig mit den Problemen des Laub- und Nadelfalls von Bäumen des Nachbargrundstücks beschäftigen. Zumeist reichten die Streitwerte nicht, die erforderlich sind, um den Bundesgerichtshof (BGH) mit der Sache zu befassen.

Bei dem jetzt entschiedenen Fall (BGH-Urteil vom 27.10.17, Az. V ZR 8/17) musste sich der BGH allerdings mit der Thematik beschäftigen, weil das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in seinem zweitinstanzlichen Urteil, bei dem der Kläger als Nachbar voll unterlegen war, ausdrücklich die Revision zum BGH zugelassen hatte. Dieser hat in seiner Entscheidung das Urteil des OLG Dresden teilweise aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen.

Dem Gericht wurde für seine weitere Entscheidung, die jetzt wahrscheinlich erst nach einer Beweisaufnahme möglich sein dürfte, folgender amtlicher Leitsatz mit auf den Weg gegeben:

"Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Beseitigung oder Zurückschneiden wegen des Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlussfrist nicht mehr verlangen kann, kann für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfalls von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zustehen."

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Über die genaue Höhe des Zahlungsausgleiches wird nun nach Zurückweisung erneut das Oberlandesgericht Dresden verhandeln. Foto: Fotolia

Sachverhalt des BGH-Urteils und seine Gründe

Dem vom BGH entschiedenen Fall lag unter anderem folgender Sachverhalt zugrunde. Der Kläger ärgerte sich über mehrere Bäume auf dem Nachbargrundstück, die die landesrechtlichen Grenzabstände zu seinem Grundstück nicht einhielten und nach seiner Behauptung zu einer übermäßigen Verschmutzung seines Grundstücks sowie des Daches und der Regenrinne seines Hauses führten. Die Besonderheit des Falles bestand im Übrigen auch darin, dass der Kläger innerhalb der landesrechtlich vorgesehenen Ausschlussfrist von seinem Nachbarn keine Beseitigung der störenden Bäume verlangt hatte und diese deswegen dulden musste. Während das OLG Dresden darauf abstellte, dass der Kläger es selbst in der Hand gehabt hätte, die störenden Bäume innerhalb der gesetzlichen Frist durch seinen Nachbarn beseitigen zu lassen und deshalb keinen Ausgleichsanspruch mehr habe, war der BGH anderer Meinung.

Auf das Verstreichenlassen der Ausschlussfrist meint der BGH, komme es nicht an. Entscheidend sei lediglich, ob die Verschmutzung durch Laub und Nadeln über das zumutbare Maß hinausgehe oder nicht. Das gelte besonders auch bezüglich erforderlicher häufigerer Reinigung der Regenrinnen des klägerischen Hauses.

Zumutbarkeit als Entscheidungskriterium

Sobald das zumutbare Maß der Verschmutzung überschritten werde, bestehe für den Kläger ein nachbarrechtlicher finanzieller Ausgleichsanspruch. Der BGH stellte bei der Gelegenheit auch klar, dass eine Verschattung durch die Bäume oder eine Begünstigung der Moosbildung als Grund für einen Ausgleichsanspruch nicht in Betracht komme. Aufgrund der Zurückverweisung des Rechtsstreits durch den BGH an das OLG Dresden muss das Gericht jetzt, wahrscheinlich durch Sachverständigengutachten, klären, ob das zumutbare Maß der Verschmutzung durch den vorhandenen Baumbewuchs überschritten wird oder nicht.

Ausgleichsanspruch bejaht

Im Prinzip hat der BGH in seiner Entscheidung dem klagenden Nachbarn einen Ausgleichsanspruch zugebilligt. Ob und was er schließlich im konkreten Fall erhalten wird, muss das OLG Dresden im Einzelnen noch entscheiden. In Zukunft wird man sich darauf einrichten müssen, unter Bezugnahme auf die neue BGH-Entscheidung öfter mit nachbarrechtlichen Streiten zu tun haben, bei denen es um einen angeblich störenden Bewuchs auf einem der Grundstücke gehen wird.

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Ob die Verschmutzung durch Laub und Nadeln über das zumutbare Maß hinausgehe oder nicht, war für die Entscheidung am Bundesgerichtshof entscheidend. Foto: H.D. Volz, pixelio.de

Wie stark war die Beanspruchung der Gerichte im entschiedenen Fall?

Insgesamt ging es bei dem vom BGH zu entscheidenden Anspruch um 2527,51 Euro, wobei das Gericht 472 Euro von vornherein als unbegründet ansah, weil der Betrag von der Klägerseite aufgrund der Verschattung eines Teils des Grundstücks verlangt wurde, da dort angeblich Obst und Gemüse nicht mehr angebaut werden konnten und hinzugekauft werden mussten. Man beachte den Aufwand, den dieser Rechtsstreit bisher bei Gericht mit sich gebracht hat und noch weiter mit sich bringt. Beim BGH mussten fünf Richter, beim OLG Dresden drei Richter und beim erstinstanzlichen Landgericht Chemnitz ebenfalls drei Richter bisher an den Entscheidungen mitwirken. Aufgrund der Zurückverweisung müssen jetzt wieder drei OLG-Richter erneut tätig werden.

Man kann durchaus ins Zweifeln kommen, ob ein Rechtsstaat seinen Bürgern einen derart umfangreichen Rechtschutz gewähren muss, wenn auf der anderen Seite in Berlin Schwerkriminelle aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, weil es nicht rechtzeitig zur Gerichtsverhandlung kommen konnte.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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