Grüne Branche und Ministerialbeamte sind sich einig

"Lebendiges Grün wird von der Politik völlig unterschätzt"

Die Diskussionsrunde war sich in einem Punkt schnell einig: Nachhaltige Stadtentwicklung ist eine interdisziplinäre Aufgabe, die nur ressortübergreifend gelöst werden kann. Und: Lebendiges Grün als zentraler Baustein einer nachhaltigen Stadtentwicklung wird von der Politik völlig unterschätzt. Am 26. Juni waren Vertreter der grüner Branche sowie leitende Beamte des Bundesumwelt- und des Bundesbauministeriums in den Räumen der Unternehmensberatung Deekeling Arndt Advisors zum "Berliner Dialog Kompakt" zusammengekommen.

Unzureichende politische Koordination

Einen Grund für die Vernachlässigung des Grüns sieht Dr. Harald Bajorat, Referatsleiter für nationale und grundsätzliche Angelegenheiten der Ressourceneffizienz im Bundesumweltministerium, in der unzureichenden Koordination verschiedener Politikbereiche. Er setzt sich dafür ein, urbanes Grün in der Umweltpolitik zu stärken und vermisst ein übergeordnetes Verständnis für das Potenzial von städtischem Grün.

Oda Scheibelhuber, Abteilungsleiterin für Stadtentwicklung im Bundesbauministerium, die aus dem Publikum die Diskussion verfolgte, nahm den Ansatz auf und lud alle beteiligten Ressorts zum gemeinsamen Vorgehen ein. Um urbanes Grün stärker in der Stadtentwicklung zu verankern sei es notwendig, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und sich gemeinschaftlich für die Frage einzusetzen. Eine Einladung, die bei ihren Kollegen verschiedener Ministerien auf große Zustimmung stieß.

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Für Eiko Leitsch, Vizepräsident des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL) ist es entscheidend, dass die Verantwortlichen das Potenzial von lebendigem Grün anerkennen und wertschätzen: "Wir müssen städtischem Grün eine Wertigkeit geben. Das ist der erste Schritt in Richtung Akzeptanz. Nur wenn wir belegbar machen können, welche Bedeutung urbanes Grün auf sozialer, ökonomischer und ökologischer Ebene für eine Stadt hat, wird die Politik diesen Wert auch anerkennen." Julia Gerometta, Fraktionsreferentin von Bündnis 90/Die Grünen, attestierte urbanem Grün einen schweren Stand: "Unsere Städte befinden sich in einem Strukturwandel, bei dem das Potenzial von urbanem Grün kaum Beachtung findet."

Dachbegrünung und Retentionsmulden

Dass öffentliche Parks und Grünflächen den Menschen gleichwohl sehr wichtig sind, wird für den Landschaftsarchitekten und Stadtplaner Prof. Herbert Dreiseitl gerade in Istanbul mehr als deutlich. Das Fällen von alten Bäumen im Gezi-Park zugunsten eines neuen Einkaufszentrums löste eine Lawine von Protesten aus, die sich zu einer fundamentalen politischen Auseinandersetzung entwickelt hat. "Parks sind das Wohnzimmer der Gesellschaft", stellte der weltweit erfahrene und international anerkannte Landschafts- und Stadtplaner überzeugt fest. Außerhalb von Gebäuden seien Grünflächen die Orte, wo soziales Miteinander stattfindet.

Dreiseitl, der seit Jahren im Bereich der Stadthydrologie arbeitet, sprach aus Erfahrung, als er die Diskussion auf die jüngste Hochwasserkatastrophe in Deutschland lenkte und dabei auf den Nutzen von städtischem Grün für den vorbeugenden Hochwasserschutz hinwies. Durch die Flächenversiegelung im urbanen Raum komme es bei Starkregen immer häufiger zu Überschwemmungen und Hochwasser in Innenstädten. Urbanes Grün könnte in Form von Dachbegrünung oder Retentionsmulden dazu beitragen, dass Regenwasser gepuffert langsamer abfließt und somit Überschwemmungen vermieden werden.

Ein gutes Beispiel dafür, wie sich Effizienz und Ästhetik beim Wassermanagement nicht ausschließen müssen, sei der Potsdamer Platz in Berlin - ein Projekt, mit dem das Atelier Dreiseitl internationale Maßstäbe gesetzt hat. Julia Gerometta, Fraktionsreferentin von Bündnis 90/Die Grünen, wies auf das Problem leerer Kassen hin. Für den Städtebau stünde zu wenig Geld bereit, weil die Bundesregierung die Städtebauförderung in den letzten Jahren von 612 Mio. (2002) auf 455 Mio. (2013) senkte. Für die Grünen ein Schritt, der wieder rückgängig gemacht werden muss. Statt zu kürzen, müssten die Mittel der Städtebauförderung auf den Stand von 2002 aufgestockt werden. Dann sei auch urbanes Grün finanzierbar. Eiko Leitsch unterstützte diese Forderung mit Nachdruck. Neben einer adäquaten Mittelausstattung komme es auch auf intelligente, kreative Lösungen an: "Um mehr zu erreichen, müssen alle Ressorts, die sich mit urbanem Grün beschäftigen, enger zusammenarbeiten."

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