Junge Landschaft

Lebensraum Garten, Teil 1

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147. Folge: Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau-Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Biodiversität.

Ich will, dass ihr in Panik geratet. Ich will, dass ihr handelt, als würde euer Haus brennen, denn das tut es!" Mit diesen Worten versuchte die junge Schwedin Greta Thunberg auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, Manager und Politiker dazu zu bewegen, mehr für den Klimaschutz zu tun. An diesen Worten scheiden sich die Geister. Hat sie Recht oder nicht? Ist die Adresse, an die sie ihre Worte richtet, nicht die falsche? Jeder soll sich hier seine eigene Meinung bilden, was aber jeder tun sollte: Einen Beitrag zum Klima,- Arten,-Umwelt- und Naturschutz zu leisten! Auf Politiker und Manager zu warten ist ganz sicher nicht der richtige Weg. Wir als Landschaftsgärtner sind hier, wie viele unserer Gärtnerkollegen, Forstwirte und Landwirte, an erster Stelle gefordert.

Wie fangen wir das an?

In den Gärten und in den Grünanlagen und Wiesenflächen, die wir als Landschaftsgärtner für den Kunden planen, bauen und betreuen, leben mehr Lebewesen als man auf den ersten Blick wahrnehmen kann. Deshalb ist es wichtig, dass der Auftragnehmer (also der Gärtner) über die Lebensweise der in den Außenanlagen lebenden Individuen Bescheid weiß. Nur so kann er deren Lebensraum im Einklang mit den Ansprüchen der Kunden gestalten.

Der Garten als Naturerlebnisraum ist nicht nur ökologisch wichtig, sondern auch immer öfter ein Wunsch der Kunden (siehe Tabelle).

Ich würde gern in einer kleinen Artikelreihe auf einige Schwerpunkte (Hecken, Naturteiche, Blumenwiesen, Streuobstwiesen und natürlich Tier- und Pflanzenarten) eingehen. Im heutigen Artikel soll es darum gehen, aufzuzeigen, wo die Schwerpunkte liegen.

Wie der Garten- und Landschaftsbau dem Artensterben entgegentreten kann

Bei der Gestaltung naturnaher Privatgärten, Außenanlagen im Wohnungsbau und gewerblicher Flächen kommt es besonders auf die Gestaltung und Pflege eines Gartens mit der Natur und deren eigenen Gesetzen und nicht gegen sie an. Das soll jetzt nicht der Freibrief dafür sein, alles durcheinander wachsen zu lassen, keineswegs! Garten bedeutet immer noch durch Menschen entwickeltes Kulturland im urbanen Raum. Die Kunst ist es hierbei, der Natur freien Raum zur Entfaltung zu geben, ohne dabei auf ordnende Eingriffe zu verzichten. Pflegemaßnahmen müssen sich am Charakter des jeweiligen Gartens und seiner Umgebung orientieren. Naturnahe Gärten sind kein Einzelelement, sondern eine Zusammenstellung von verschiedenen Ökosystemen und einer hohen Biodiversität. Sie sind auch keineswegs ein Ausdruck der Faulheit des Besitzers, sondern (und das muss immer wieder hervorgehoben werden) der sichtbare Beweis eines ausgeprägten Umweltbewusstseins.

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Vorbereitung auf trockenere Zeiten

Eine der existenziell wichtigen Komponenten der Ökologie, der Natur und der Umwelt ist das Klima. Zurzeit ist es mit Schlagwörtern, wie Emissionsschutz, ökologischer Fußabdruck, CO2-Ausstoßverringerung und, und, und. . . in aller Munde. Jedem von uns ist klar, dass ein Ansinnen, das Ruder allein herum zu reißen, eine Utopie bleiben wird. Aber frei nach dem Motto "Viele Tropfen bilden eine Pfütze!" (ja, der Spruch ist von mir!), können wir auf jeder Grünfläche einen kleinen Beitrag zur Abmilderung der Klimawandel-Effekte leisten.

Wasser ist der Schlüssel zum Beginn

Warum? Ja, weil Wassermangel etwas ist, das jeder Kunde nachvollziehen und im Verlauf des Jahres auch selbst spüren kann. Spätestens seit den sich wiederholenden Hitzesommern ist Wassermangel für viele Menschen nun auch in Mitteleuropa zum Problem geworden. In allen Überlegungen wird es letztlich darum gehen, wie man kostbares Wasser spart und die Vorbereitung auf trockene Zeiten organisiert.

Wie kann man also Gärten so gestalten, dass sie fast ohne Gießen und ohne Verschwendung kostbaren Trinkwassers auskommen? Einen Ansatz bietet der Naturgarten und die Ansaat trockenheitsverträglicher Pflanzen. Der Naturgarten besitzt oft eine starke (rund 20 cm) dicke Auflage aus Mineralbeton, Kies oder Sand statt Mutterboden. Diese bildet die Basis für artenreiche, magere Blühflächen, die auf diesem mineralischen Substrat hervorragend gedeihen. Tiefwurzler und Gehölze reichen bis in den darunterliegenden Unterboden, der durch die Deckschicht vor schneller Austrocknung geschützt ist. Die Pflanzen bilden hier besonders tiefgreifende und effektive Wurzelgeflechte aus, um leichter an das in tieferen Bodenschichten enthaltene Wasser zu gelangen. Oder sie ziehen bei anhaltender Trockenheit vorübergehend ein, um beim nächsten Regenschauer wieder üppig zu sprießen. Mir ist klar, dass nicht jeder auf den so geliebten Rasen verzichten möchte und - was für viele noch wichtiger ist - auf das Mähen mit dem tollen neuen Rasenmäher.

Kurz geschorene Rasenflächen benötigen jedoch unglaublich viel Wasser und sehen im Hochsommer irgendwann verbrannt aus. Viel robuster sind da unsere heimischen Wildblumen und Gräser der Magerstandorte, die sich, wenn sie zur Blüte kommen dürfen, zusätzlich durch reichliche Versamung selbst erhalten.

Woher kommt das verwendete Wasser?

Ein wichtiger Aspekt ist die effektive Nutzung und Versickerung von Regenwasser. Einfahrten, Wege und Plätze müssen entsiegelt und versickerungsfähig gestaltet werden. Das Wasser von überdachten Flächen muss nicht in der Kanalisation verschwinden, sondern wird in Zisternen gesammelt und als Gießwasser direkt weiterverwendet. Eine zweite Möglichkeit, dieses Wasser zu sammeln, wäre, es direkt auf dem Grundstück in Sickergräben, Rigolen oder Teiche fließen zu lassen und es so langsam dem wasserspeichernden Boden zuzuführen. Hierbei entstehen Bereiche in den Anlagen, die mal feuchtnass und mal trocken sind. Sie beherbergen eine besonders artenreiche Flora und Fauna. Schließt man an diese Bereiche Naturteiche mit ausgeprägten Sumpfzonen an, bleiben in trockenheißen Sommern, wenn alles andere schon ausgedörrt ist, grüne Oasen übrig. Diese garantieren dann ein angenehmes Mikroklima.

Wasser festhalten, so lange es geht!

Das für das Pflanzenwachstum wichtige Wasser ist das Bodenwasser, das durch eine gut Bodenstruktur im Boden gehalten wird. Trocknet der Boden einmal richtig aus, wie es in den vergangenen Jahren in den Wäldern und Fluren in Europa ständig passiert ist, bekommt man Wasser nur schwer wieder in den Boden hinein. Der Boden verhärtet und das Oberflächen- und Niederschlagswasser fließt auf der Oberfläche ab und wird nicht mehr von Boden aufgenommen. Vorbeugen kann man dieser Tatsache, indem man die Vegetationsflächen immer bedeckt hält. Im Staudenbeet oder unter Gehölzen füllt eine Ansaat mit geeigneten Wildkräutern die Lücken, im Gemüsegarten hält eine dicke Mulchschicht die Feuchtigkeit im Boden und setzt zusätzlich während des Kompostierungsprozesses Nährstoffe frei.

Aber so ein Garten macht Arbeit, ODER?

Sicher, Gärten machen immer Arbeit, aber im Vergleich zu "normalen" Gärten ist ein Naturgarten recht pflegeleicht. Vieles überlässt man in ihm der Natur.

Bei der Gestaltung neuer Lebensräume für Pflanzen und Tiere sowie der Erhöhung ihrer Artenvielfalt, gibt es dennoch einiges zu beachten:

  • die richtige Pflanzenauswahl,
  • die Wahl geeigneter Standorte für die Pflanzgesellschaften,
  • den Verzicht auf Torf und
  • die Verwendung von natürlichem Dünger.

Auch das Falllaub, verwelkte Blütenstände und abgestorbene Pflanzenteile bleiben im Herbst in den Pflanzflächen liegen. Sie schützen den Boden vor Austrocknung und führen ihm über die Verrottung der Blätter Nährstoffe zu. Totholz, Reisighaufen aus Obstbaum- oder Heckenschnitt sowie ausreichende Falllaubschichten bieten Unterschlupf, Deckung, Schlafplatz, Überwinterungsort und Brutgelegenheit für zahlreiche Tierarten.

Lediglich bei langanhaltender Trockenheit kann eine zusätzliche Bewässerung erforderlich werden. Aber auch hierfür wird das oben bereits genannte gespeicherte Wasser genutzt. Viele Elemente des Naturgartens, auf die ich in den späteren Folgen eingehen möchte, steigern den Wert dieser ökologisch wichtigen Grünanlage. Zu den reizvollsten Bauwerken gehören Trockenmauern. Sie ermöglichen das Abfangen von Höhenunterschieden, gliedern den Garten, sind für Pflanzen und Tiere Extremstandorte und schaffen dadurch unvergleichliche Lebensräume. Aber auch begrünte Dächer und Fassadenbegrünungen bieten vielfältige Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Hecken und Zäune eignen sich für Grundstückabgrenzungen. Freiwachsende Hecken müssen nur gelegentlich geschnitten, ausgelichtet oder "auf Stock gesetzt" werden. Zäune aus Holz bieten vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten und können individuell aus Weidengeflecht, Knüppelholz, Brettern oder Ästen hergestellt werden. Bestehende Zäune aus Maschendraht oder Doppelstabgitter eignen sich hervorragend als Kletterhilfe für viele Pflanzen (Vertikale Gärten).

Ein Knackpunkt sind versiegelte Flächen wie Parkplätze, Verkehrsflächen, Wege und Terrassen. Diese beanspruchen in der Grundstücksplanung viel Raum. Hier gilt es, auf eine ökologische Gestaltung zurückzugreifen. Sie sollten sich auf ein Minimum reduzieren und in einer Bauweise gestaltet sein, die den Versickerungsfaktor der Fläche stark minimiert. Attraktive Möglichkeiten bieten hier verschiedene Öko-Pflasterungen, Versicherungspflaster, Einkornbetonpflaster, aber auch Schotterrasen, Beton-Gras-Kombinationen und natürlich die altbewährte wassergebundene Decke.

Wasser, Klima, Struktur - alles da, aber für wen?

Als Inseln im Biotopverbund sowie als Lebensraum und Nahrungsquelle dienen Grünanlagen und Gärten der Durchgrünung, Auflockerung und Gliederung von Städten und Dörfern. Dabei kommen ihnen wichtige Funktionen für den Artenschutz im Siedlungsraum zu. Zudem tragen Gärten zum Ausgleich des Wasserhaushalts und zur Sicherung der Bodenfunktionen bei und haben positive Wirkungen auf Kleinklima, Frischluftentstehung und -zirkulation.

Wer jetzt in seinem Garten oder seiner Grünanlage die "Big Five" erwartet, den muss man hier enttäuschen. Wolf und Seeadler werden nicht um den Gartenteich schleichen und auch auf Kiebitz und Fasan werden viele vergebens warten. Darum geht es auch nicht!

Unsere urbanen Grünanlagen bieten im besten Fall eine kleinräumige Kombination von Struktur- und Lebensraumelementen. Allerdings gedeihen auf gleicher Fläche oft mehr Pflanzen- und Tierarten als in der freien Natur.

Reinhard Witt, bekannter Naturgartenplaner und Stammautor der Neuen Landschaft, hat es mit folgenden Worten formuliert:

"An den Tieren lässt sich auch die Artenvielfalt der Pflanzen ablesen. Wenn wir in unserem Garten den Distelfink haben, muss es auch haufenwese Wildsämereien über den Winter geben. Bemerken wir den Grauschnäpper auf der Vogelbeere oder den Großen Abendsegler im Hof, dann dürfte es an diesem Fleck reichlich größere Insekten geben, entweder vom Teich, der bunten Blumenwiese oder den Wildblumenbeeten drum herum. Und entdecken wir in einer lauen Sommernacht sogar Glühwürmchen, dann muss unser Garten ein sehr natürliches Stückchen Land sein, ohne künstliche Lichtquellen, ohne Punktstrahler für Zen-Kiefer und ohne Bewegungsmelder, die ständig an- und ausgehen."

Nach diesem kleinen Einstieg ins Thema beschäftigen wir uns in den weiteren Folgen mit Obstbaumwiesen, Hecken, Blumenwiese, Naturteich und nützlichen Helfern.

Uwe Bienert


Nächsten Monat lesen Sie:
"Lebensraum Garten, Teil 2: Obstbaumwiesen"

 Uwe Bienert
Autor

Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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