Die 19 häufigsten Irrtümer in der Personalarbeit

Legenden des Arbeitsrechts

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Arbeitsrecht Unternehmensführung
Es zahlt sich immer aus, wenn Unternehmen neben dem Betriebsalltag auch Wert auf eine gute Personalarbeit und arbeitsrechtliche Fragen legen. Foto: Moritz Lösch, Neue Landschaft

Gerade kleinere und mittlere Unternehmen verschätzen sich häufig in grundlegenden arbeitsrechtlichen Fragen im Rahmen ihrer Personalarbeit. In kleineren Betrieben spielt die Personalarbeit häufig nur eine untergeordnete Rolle neben anderen Bereichen, die es ebenfalls abzudecken gilt. Hieraus resultieren oft grundlegende Fehler in der Bearbeitung von Personalangelegenheiten, die die Unternehmen im Einzelfall viel Geld kosten können - aber vermeidbar wären, wenn man nicht auf weitverbreitete "Legenden des Arbeitsrechts" vertrauen würde. Mit diesen "Legenden" soll an dieser Stelle aufgeräumt werden.

Seit Inkrafttreten des § 623 BGB am 1.5.2000 ist diese Aussage nicht mehr richtig. Jede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, also auch eine betriebsbedingte Kündigung, muss schriftlich erfolgen. Das gilt gleichermaßen auch für Aufhebungsverträge. Es hört sich zwar einfach an. Wohl aber sind oftmals viele Kündigungen wegen Verstoß gegen das sogenannte Schriftformerfordernis unwirksam. Nach § 126 BGB erfordert die Schriftform eine eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers des Kündigungsschreibens. Was unter einer Namensunterschrift zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Sprachgebrauch und dem Zweck der Formvorschrift.

1. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann auch mündlich erfolgen

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat in einem Urteil vom 13.06.2007 (3 Sa 514/07) bestätigt, dass die Namensunterschrift unter einem Kündigungsschreiben zur Erfüllung der Schriftform einen individuellen Schriftzug aufweisen und einzelne Buchstaben erkennen lassen muss, die für eine Wiedergabe des vollen Namens und gegen das Vorliegen einer bloßen Paraphe sprechen. In dem vom LAG Hamm zu entscheidenden Fall war das Gericht der Auffassung, dass das dortige Schriftzeichen nicht als Namensunterschrift angesehen werden kann. Der Anfang des Schriftzuges wies nur einen leicht nach rechts ansteigenden langen Strich auf, der sich in einem Bogen in einem waagerecht nach links verlaufenen Strich und einem weiteren rechts verlaufenen Haken fortsetzte. Der Rest des Schriftzeichens bestand lediglich aus einem langen, flach nach rechts gerichteten Aufstrich mit einem kurzen Haken in einem weiteren leicht schräg nach rechts oben gerichteten Aufstrich.

Eine Kündigung kann bereits deshalb als unwirksam angesehen werden, weil der Arbeitgeber sich nicht die Mühe macht, die Kündigung mit einem charakteristischen Schriftzug zu unterschreiben. Gerade im Digitalzeitalter kommt es immer wieder vor, dass Arbeitgeber übereilt und aus Verärgerung Kündigungen per E-Mail oder per SMS schicken. Eine Kündigung per E-Mail oder auch per SMS erfüllt nicht die Vorgaben des §126 BGB. Die Schriftform ist durch eine solche Kündigung nicht gewahrt. Die Kündigung ist, unabhängig von einer inhaltlichen Prüfung, bereits aus diesem Grund schlicht unwirksam. Gleiches gilt im Übrigen auch für eine Kündigung per Telefax oder Computer-Fax. Auch durch ein Telefax oder Computer-Fax ist die Schriftform nach § 126 BGB nicht gewahrt. Die Schriftform ist in allen Fällen einer Kündigung einzuhalten - egal, ob es sich um eine ordentliche, außerordentliche oder eine Änderungskündigung handelt. Gleichermaßen gilt das auch für einen Aufhebungsvertrag.

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Rund um das Thema "Kündigung von Arbeitsverhältnissen" gibt es viele Legenden. Foto: Thorben Wengert, pixelio.de

2. Eine Kündigung ist erst nach drei Abmahnungen wirksam

Unzutreffender Weise sammeln Arbeitgeber häufig drei Abmahnungen, um eine Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer auszusprechen. Die weit verbreitete Annahme ist falsch. Abhängig von der Schwere des jeweiligen Fehlverhaltens, der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Kündigungsfrist ist sogar eine außerordentliche Kündigung gegebenenfalls ohne eine vorherige Abmahnung zulässig. So zum Beispiel bei einem Diebstahl zu Lasten des Arbeitgebers. Unter diesen Umständen ist eine fristlose, außerordentliche Kündigung möglich, ohne dass eine vorangegangene Abmahnung stattgefunden haben muss.

Bei weniger schwerwiegenden Pflichtverletzungen, etwa im Leistungsbereich, ist eine bestimmte Anzahl von Abmahnungen nicht gesetzlich vorgeschrieben. Da es jedoch für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes gemäß §102 KSchG darauf ankommt, dass eine sogenannte negative Zukunftsprognose besteht, kann es je nach Schwere der Pflichtverletzung nicht ausreichend sein, wenn der Arbeitnehmer nur einmal abgemahnt wurde. Die Anzahl der erforderlichen Abmahnungen hängt immer von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab.

3. Jede Kündigung des Arbeitgebers muss eine Begründung enthalten

Diese grundsätzliche Aussage ist falsch. Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses muss nur in gesetzlichen Ausnahmefällen begründet werden. Einen solchen Begründungszwang gibt es beispielsweise bei Kündigungen von Ausbildungsverhältnissen oder wenn der fristlos, außerordentlich gekündigte Arbeitnehmer den Arbeitgeber auffordert, die Kündigungsgründe mitzuteilen, soweit sie nicht im Kündigungsschreiben aufgeführt worden sind. Das ergibt sich aus § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB.

Allerdings ist zu bemerken, dass ein Verstoß gegen den § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB nicht dazu führt, dass die erklärte Kündigung unwirksam ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Verletzung des § 626 Abs.2 Satz 3 BGB allenfalls Schadensersatzansprüche des Gekündigten auslösen, wenn etwa der gekündigte Arbeitnehmer im Vertrauen darauf, dass kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vorlag, eine Kündigungsschutzklage erhoben hat und hierdurch mit Rechtsanwaltskosten belastet wird.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, von einer voreiligen Begründung im Kündigungsschreiben seitens des Arbeitgebers abzusehen und im Zweifel sogar bis zur arbeitsgerichtlichen Güteverhandlung abzuwarten. Es können beispielsweise nach Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung noch weitere, deutlich überzeugendere Kündigungsgründe bekannt werden, die bei Ausspruch der Kündigung vorlagen, aber noch nicht bekannt gewesen sind. Besteht allerdings ein Betriebsrat, hat man diese Möglichkeit der Prozesstaktik nicht, da der Betriebsrat schon vor Ausspruch der Kündigung die Gründe mitgeteilt bekommen muss.

Wichtig ist abschließend noch, dass dem gekündigten Arbeitnehmer gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz KSchG im Falle einer betriebsbedingten Kündigung auf Verlangen die Gründe mitzuteilen sind, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. Hierbei handelt es sich allerdings auch nur um eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertragsverhältnis, deren Verletzung nicht zu einer Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung führt.

4. Solange ein Arbeitnehmer krank ist, darf ihm nicht gekündigt werden

Die Annahme, dass einem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber während der Krankheit des Arbeitnehmers nicht gekündigt werden darf, ist unzutreffend. Die Kündigung des Arbeitgebers kann grundsätzlich zu jeder Zeit und an jedem Ort erklärt werden, somit während der Krankheit des Arbeitnehmers, aber auch während seines Urlaubs oder an Sonn- und Feiertagen. Nur ganz ausnahmsweise spricht man von einer sogenannten Kündigung zur Unzeit, die dann als treuwidrig gemäß § 242 BGB gilt und damit rechtswidrig ist. Bisher ist allerdings noch offen, welche Fälle als eine solche sogenannte ungehörige Kündigung zur Unzeit angesehen werden.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in seinem Urteil vom 05.04.2001 (2a ZR 185/2011) einen Fall zur Entscheidung, bei dem eine Kündigung unmittelbar nach der Beerdigung eines Lebensgefährten des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitnehmer ausgesprochen worden ist. Das BAG hat diese Kündigung in seiner Grundsatzentscheidung vom 05.04.2001 (2a ZR 185/2011) ausdrücklich nicht als Kündigung zur Unzeit beanstandet. Die Kündigung war sogar als wirksam angesehen worden.

Eine arbeitgeberseitige Kündigung kann gegenüber dem Arbeitnehmer zu jeder Zeit und an jedem Ort erklärt werden.

5. Eine Kündigung während der Kurzarbeit ist unwirksam.

Viele Arbeitnehmer sind der Ansicht, dass sie sich während der Dauer der Arbeitszeitverkürzung im Rahmen der Kurzarbeit in einer unkündbaren Stellung befinden. Das ist allerdings unzutreffend, denn generell steht dem Arbeitgeber trotz der Kurzarbeit weiterhin die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung offen. Allerdings darf sich die Begründung nicht auf Tatsachen beziehen, die bereits zur Anordnung der Kurzarbeit geführt haben.

6. Schwerbehinderte Arbeitnehmer sind unkündbar

Diese Aussage ist ebenfalls in einer solchen Absolutheit unzutreffend. Die Kündigung von Schwerbehinderten oder diesen gleichgestellten Arbeitnehmern ist zwar an eine erhöhte Anforderung gebunden, aber nicht unmöglich. Schwerbehinderte Menschen genießen im Vergleich zu nicht behinderten Menschen lediglich einen besonderen Kündigungsschutz. Der Schutz äußert sich darin, dass Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung eines schwerbehinderten Menschen ist, dass von Seiten des Arbeitgebers vorher die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt wurde. Eine vom Arbeitgeber ohne die Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung ist stets unwirksam. Eine mit Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung kann von dem Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung dann im weiteren Verlauf mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht angegriffen werden.

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Jede Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, also auch eine betriebsbedingte Kündigung, muss schriftlich erfolgen. Foto: Petra Bork, pixelio.de

7. Der Betriebsrat muss einer arbeitgeberseitigen Kündigung zustimmen

Auch diese Aussage gehört zu den Legenden des Arbeitsrechts. Soweit im Unternehmen des Arbeitgebers ein Betriebsrat existiert, muss der Arbeitgeber nach § 102 des Betriebsverfassungsgesetzes den Betriebsrat vor Ausspruch der beabsichtigten Kündigung lediglich ordnungsgemäß anhören. Im Gegensatz zu § 103 Betriebsverfassungsgesetz ist eine Zustimmung des Betriebsrates bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung nicht nötig. Die Beteiligung des Betriebsrates erschöpft sich nach dem Willen des Gesetzes in einer umfassenden Anhörung durch den Arbeitgeber. Für die Wirksamkeit einer Kündigung spielt es damit keine Rolle, ob der ordnungsgemäß angehörte Betriebsrat der Kündigung zugestimmt hat oder nicht. Allerdings haben Anhörungsmängel stets zur Folge, dass die Kündigung unwirksam ist.

In der Praxis zeigt sich leider immer wieder, dass Arbeitgeber häufig Probleme damit haben, eine Betriebsratsanhörung ordnungsgemäß durchzuführen. Das ist insoweit misslich, da eine unvollständige Unterrichtung des Betriebsrates einer gänzlich unterbliebenen Unterrichtung gleichsteht. Die Anhörung des Betriebsrates hat nämlich den Zweck, den Arbeitgeber in die Lage zu versetzen, sich im Rahmen seiner Trennungsentscheidung mit etwaigen Argumenten des Betriebsrates inhaltlich auseinanderzusetzen. Dieses Anliegen gilt unabhängig davon, ob die vom Betriebsrat vorgebrachten Einwände überhaupt rechtliche Konsequenzen auslösen können. Der Arbeitgeber muss im Kündigungsrechtsstreit beweisen, dass er den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört hat. Gelingt ihm dies nicht, so wird bereits aus diesem Grunde der Kündigungsschutzklage des gekündigten Arbeitnehmers stattzugeben sein.

In der Praxis geschieht das viel häufiger als man annehmen sollte, etwa weil dem Betriebsrat wesentliche Sozialdaten des zu kündigenden Arbeitnehmers nicht mitgeteilt oder die Kündigungsgründe seitens des Arbeitgebers lediglich pauschal angegeben worden sind.

8. Eine Verlängerung der Probezeit über sechs Monate ist unproblematisch möglich

Diese Aussage ist unzutreffend. Man denke sich folgende, typische Situation: Ein Arbeitnehmer hat während der sechsmonatigen Probezeit nicht gehalten, was er versprochen hat. Dennoch soll ihm eine zweite Chance gegeben werden. Mit dem Arbeitnehmer wird also eine zweite Probezeit von weiteren drei Monaten vereinbart.

Eine solche Regelung kann sich schnell als Fehlschuss erweisen, da hierbei nicht bedacht wird, dass das Arbeitsverhältnis voll und ganz in den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen kann. Beschäftigt der Arbeitgeber nämlich mehr als zehn Arbeitnehmer und dauert das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate, muss sich jede Kündigung, die der Arbeitgeber ausspricht, am Kündigungsschutzgesetz messen lassen.

9. Die Befristung eines Arbeitsvertrages kann auch mündlich vereinbart werden

Häufig vertreten Arbeitgeber die Auffassung, dass befristete Arbeitsverträge grundsätzlich nur mündlich abgeschlossen werden sollten. Wer Arbeitsverträge mündlich abschließt, kann keine wirksame Befristung vereinbaren. Vor Aufnahme der Beschäftigung durch einen Mitarbeiter, der befristet angestellt werden soll, ist zumindest die zugrundeliegende Befristung schriftlich zu vereinbaren. Geschieht diese Befristungsvereinbarung nur mündlich oder erst nach Aufnahme der Beschäftigung, beispielsweise am zweiten Arbeitstag, liegt ein unbefristeter Arbeitsvertrag vor.

Unbefristete Arbeitsverträge müssen allerdings nicht immer schriftlich geschlossen werden. Die Schriftform ist zwar üblich, allerdings kann ein Arbeitsverhältnis sehr wohl auch mündlich geschlossen werden, was jedoch dann zu einem unbefristeten Arbeitsvertrag führt.

10. Die Verlängerung einer Befristung kann mit einer Gehaltserhöhung verbunden werden

Man stelle sich folgenden typischen Sachverhalt vor: Der befristet beschäftigte Mitarbeiter hat sich bewährt. Die Befristung wird verlängert und zur Belohnung wird das Gehalt gleichzeitig angehoben. In einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer doppelten Grund zur Freude: Zum einen kann er sich über die Gehaltserhöhung freuen und zum anderen über einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Werden nämlich eine Befristung verlängert und gleichzeitig weitere Konditionen des ursprünglichen Vertrages verändert, wird nach der Rechtsprechung des BAG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet. Soll eine Befristung verlängert werden, sollte ausschließlich diese Verlängerung schriftlich niedergelegt werden. Weitere Vereinbarungen sind hierbei zu vermeiden.

11. Minijobber sind keine Arbeitnehmer

Arbeitnehmer mit einem Monatsgehalt von 450,00 Euro oder einem Gehalt innerhalb der Gleitzone von 450,01 Euro bis 850,00 Euro werden typischerweise als sogenannte "Minijobber" bezeichnet. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass mit diesem Status auch nur ein arbeitsrechtlicher "Minischutz" verbunden ist. Der Minijob-Status begründet ein vollwertiges Arbeitsverhältnis. Minijobber haben daher beispielsweise Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen, auf bezahlten Erholungsurlaub, auf betriebliche Sozialleistung und fallen natürlich auch unter den Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes. Das Gesetz sieht sogar ein Verbot der Diskriminierung von Minijobber vor.

12. Nach einem Betriebsübergang kann ein Jahr lang nicht gekündigt werden

Soweit ein Betrieb oder ein Betriebsteil auf ein anderes Unternehmen übergehen, wird oftmals die Auffassung vertreten, dass für einen Zeitraum von einem Jahr ab dem Übergang eine Kündigung gegenüber Arbeitnehmern nicht möglich sei. Diese Auffassung ist unzutreffend. Es kann sowohl unmittelbar vor als auch nach Übergang eines Betriebes oder eines Betriebsteils gekündigt werden.

Unzulässig sind lediglich solche Kündigungen, die wegen des Betriebsüberganges ausgesprochen werden. Selbstverständlich sind Kündigungen aus verhaltensbedingten Gründen bei Vorliegen eines Betriebsüberganges stets möglich. Denkbar sind auch Kündigungen nach einem Widerspruch des Arbeitnehmers gegen den Betriebsübergang.

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Auch der Minijob-Status begründet ein vollwertiges Arbeitsverhältnis. Foto: Moritz Lösch, Neue Landschaft

13. Gekündigte Arbeitnehmer haben automatisch einen Anspruch auf Abfindung

Diese Auffassung ist vollkommend unzutreffend. Nach § 7 des KSchG gilt eine Kündigung von Anfang an rechtswirksam, wenn der betroffene Arbeitnehmer nicht innerhalb einer Frist von drei Wochen ab dem Zugang der Kündigung (§ 4 Satz 1 KSchG) beim Arbeitsgericht eine Klage auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (sogenannte Kündigungsschutzklage). Viele Arbeitnehmer äußern die Vermutung, dass ihnen nach Ausspruch der Kündigung ein Rechtsanspruch auf eine Abfindung zusteht. Dies ist insoweit unzutreffend, als dass der Arbeitnehmer sich eben gerade im Wege der Kündigungsschutzklage gegen die Wirksamkeit der Kündigung zunächst wehren muss.

Im Übrigen ist die Kündigungsschutzklage nicht auf einen finanziellen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers gedacht. Vielmehr dient die Kündigungsschutzklage dazu, auf Erhalt des Arbeitsplatzes zu klagen. Dass in der Praxis dann häufig genug Abfindungslösungen erzielt werden, steht auf einem anderen Blatt. In der jüngeren Vergangenheit haben sich im Übrigen immer häufiger solche Varianten durchgesetzt, die eine Verlängerung der Kündigungsfrist vorsehen bei gleichzeitiger Vermeidung der Zahlung einer Abfindung für den Arbeitnehmer.

Hierneben wird auch häufig mit sogenannten "Turbo- oder Sprinterprämien" gearbeitet. Hierbei erhält der Arbeitnehmer dann eine Erhöhung seiner Abfindung, wenn er bereits noch während der laufenden Kündigungsfrist eine neue Anstellung findet und so aus der entsprechenden Fortzahlung des Arbeitgebers herauskommt. Das hat für den Arbeitnehmer den Anreiz, neben seiner Vergütung, die er von dem neuen Arbeitgeber erhält, zusätzlich noch einen weiteren Betrag zu erhalten, den er sich nicht auf seine Vergütung aus dem neuen Arbeitsverhältnis anrechnen lassen muss.

Eine in der Praxis eher selten anzutreffende Ausnahme von dieser Regel stellt die Kündigung nach § 1 a KSchG dar. Seit dem 01.01.2004 besteht für den Arbeitgeber die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer bei betriebsbedingten Kündigungen bereits im Kündigungsschreiben ein gesetzliches Abfindungsangebot zu machen. Erhebt der Arbeitnehmer darauf hin keine Kündigungsschutzklage, so führt das zu einem gesetzlichen Abfindungsanspruch in Höhe eines halben Monatsverdienstes pro Beschäftigungsjahr. Diese Variante hat sich in der Praxis allerdings nicht wirklich durchgesetzt. Was schlichtweg daran liegt, dass im Falle der Erhebung einer Kündigungsschutzklage oftmals höhere Abfindungen seitens des Arbeitgebers gezahlt werden müssen.

14. Die Abfindung wird auf das Arbeitslosengeld angerechnet

Von vielen Arbeitnehmern wird regelmäßig die Befürchtung geäußert, dass die Abfindung auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird. Dieser weit verbreitete Irrglaube hat seinen Grund wohl darin, dass tatsächlich vor einigen Jahren eine solche Anrechnung von Abfindungen auf das Arbeitslosengeld stattgefunden hat. Die diesbezügliche gesetzliche Regelung wurde aber bereits vor längerer Zeit abgeschafft. Eine Anrechnung der Abfindung auf Arbeitslosengeld findet grundsätzlich nicht statt. Lediglich unter bestimmten Voraussetzungen, die in § 143 Abs. 3 SGB III gesetzlich geregelt sind, ist noch eine Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld möglich.

Nach § 143 a SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zu einem Jahr, wenn das Arbeitsverhältnis ohne eine Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet worden ist und der Arbeitslose eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat. Aus diesem Grunde wäre es ein schwerer Fehler auf Seiten des Arbeitnehmers, sich mit dem Arbeitgeber auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung zu einigen, wenn dabei die ordentliche Kündigungsfrist nach § 622 BGB abgekürzt werden würde. Das gilt auch dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag schließen oder sich nach erfolgter Kündigung auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung im Rahmen eines sogenannten Abwicklungsvertrages einigen.

15. Die Abfindung muss nicht versteuert werden

Diese Regelung gilt leider schon seit dem 01.01.2006 nicht mehr. Früher gab es für Abfindungen Steuerfreibeträge, was zur Folge hatte, dass zumindest ein Teil der Abfindung nicht versteuert werden musste. Mit Wirkung zum 01.01.2006 sind diese Steuerfreibeträge entfallen. Eine Begünstigung findet nur noch in der Form statt, dass Abfindungen nach der sogenannten "Fünftelregelung" nach § 34 EStG versteuert werden. Bei dieser Regelung wird so gerechnet, als würde man fünf Jahre lang ein Fünftel der Abfindung erhalten. Auch wenn die so berechnete Steuer auf einen Schlag an das Finanzamt entrichtet werden muss, führt das infolge einer Abschwächung des Progressionseffektes in den meisten Fällen zu einem spürbaren Steuervorteil.

16. Die Kosten eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens trägt der Verlierer

Diese Einschätzung ist unzutreffend. Die Kosten einer Rechtsvertretung im arbeitsgerichtlichen Verfahren trägt bis zum Abschluss der ersten Instanz jede Partei selbst, und zwar auch dann, wenn der Prozess gewonnen wird, denn eine Kostenerstattungspflicht besteht in der ersten Instanz beim Arbeitsgericht nicht. Erst im Berufungs- oder Revisionsverfahren trägt der Verlierer des Rechtsstreits die Kosten für die anwaltliche Vertretung des Gegners. Das ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung aus § 12 a Arbeitsgerichtsgesetz.

In arbeitsgerichtlichen Verfahren kommen schnell recht hohe Streitwerte zusammen, da allein eine Kündigung regelmäßig mit einem dreifachen Bruttomonatsgehalt berechnet wird. Wenn dann noch weitere Ansprüche streitig sind, wirkt dies auch streitwerterhöhend. Insofern bietet es sich für einen Arbeitgeber durchaus an, über eine Rechtsschutzversicherung im arbeitsrechtlichen Bereich nachzudenken, sofern das Risiko von häufigen arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen gegeben ist. Hierzu gibt es von größeren Versicherern durchaus tragfähige Angebote.

17. Im Bewerbungsgespräch muss man immer die Wahrheit sagen

Das kommt darauf an. Wahrheitsgemäß muss der Bewerber nur solche Fragen beantworten, die auch zulässig sind. Wenn sich also Fragen zum Beispiel auf die Ausbildung und den bisherigen beruflichen Erfahrungen beziehen, so muss der Bewerber in der Tat wahrheitsgemäß antworten. Bei unzulässigen Fragen des Arbeitgebers gibt es indes "ein Recht zu Lügen". Unzulässig sind beispielsweise Fragen nach einer Schwangerschaft, nach künftigem Kinderwunsch oder einer politischen Grundhaltung. Gleiches gilt für eine Gewerkschaftszugehörigkeit.

18. In Arbeitszeugnissen dürfen nur positive Beurteilungen stehen

Es ist richtig, dass Arbeitszeugnisse grundsätzlich berufsfördernd und damit auch wohlwollend sein sollen. Arbeitszeugnisse müssen aber auch wahrheitsgemäß sein. Wenn also ein Mitarbeiter zum Beispiel wegen Diebstahls gekündigt wurde, so hat der Mitarbeiter keinen Anspruch darauf, dass in seinem Arbeitszeugnis die Formulierung aufgenommen wird, seine Leistung sei "einwandfrei" gewesen.

19. Der Arbeitgeber muss Nebentätigkeiten der Mitarbeiter genehmigen

Soweit reichen die Rechte der Arbeitgeber nicht. Eine Nebentätigkeit darf der Arbeitgeber nur ausnahmsweise untersagen, also etwa wenn die Interessen des Unternehmens dadurch beeinträchtigt werden, oder wenn die Nebentätigkeit ungesetzlich wäre. Das folgt bereits aus dem Grundrecht zur freien Berufsausübung.

Autor

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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