Machbarkeitsstudie Vertikale Gärten, Palmengarten Frankfurt/Main

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Vertikale Gärten Bauwerksbegrünung
Eine fast drei Meter hohe Lärmschutzwand an der Frankfurter Miquelallee diente als Versuchsfläche für eine Machbarkeitsstudie mit vier unterschiedlichen Begrünungssystemen. Foto: FBB

Bodengebundene Fassadenbegrünungen haben eine lange Tradition. Bau- und vegetationstechnische Fragestellungen dazu sind weitgehend geklärt (FLL, 2000). Ganz anders sieht es bei den sogenannten vertikalen Gärten, auch Living Walls oder fassadengebundene Begrünungen genannt, aus. Dabei gibt es aus Sicht der Bau- und Vegetationstechnik wie auch aus Sicht des Materialeinsatzes, der Pflanzenverwendung, der Installation und der Wartung sowie Pflege zahlreiche offene Fragen.

1. Zielsetzung der Untersuchungen

Die Stiftung Palmengarten und Botanischer Garten Frankfurt am Main beauftragte Ende 2012 auf Initiative der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung (FBB) die Machbarkeitsstudie „Vertikale Gärten Palmengarten Frankfurt am Main“ mit der Zielsetzung, eine Empfehlung für eines der im Versuch stehenden Systeme für den Bau eines in Planung befindlichen, rund 500 m langen und fast 3 m hohen, nach Nord-West exponierten Vertikalen Gartens auszusprechen. Im Zeitraum Juni 2013 bis Mai 2014 wurden durch die Verfasser vier unterschiedliche Begrünungssysteme am Standort Frankfurt, Miquelallee, dokumentiert und bewertet. An der Machbarkeitsstudie beteiligten sich vier Firmen mit jeweils einem System: Humko Ltd./Slowenien, Optigrün international AG/Deutschland, Schadenberg Combi Groen B.V./Niederlande und Vertiko GmbH/Deutschland.

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Abbildung 1: Gesamt-Bedeckungsgrad der Bepflanzungen.
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Abbildung 2: Gesamt-Vitalität der Bepflanzungen.
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Abbildung 3: Mittelwerte der Anteile blühender/knospender Pflanzen an den bonitierten Pflanzenclustern in Prozent
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Tab 1: Die Bewertungskriterien und deren Gewichtung sowie Zuständigkeiten der Dokumentation.

2. Rahmenbedingungen für die Machbarkeitsstudie

Jedem der teilnehmenden Unternehmen stand eine Versuchsfläche in der Größe von rund 3 m Höhe und 4 m Breite zur Verfügung. Die Versuchsflächen wurden am 22. Mai 2013 durch die jeweiligen Firmenvertreter mit einer schriftlichen Pflege- und Wartungsanleitung an das Fachpersonal des Palmengartens übergeben.

Hinsichtlich der Pflanzenverwendung waren folgende Vorgaben einzuhalten (MANN, 2012): Die Anzahl der Pflanzensorten musste mindestens 15 betragen, davon sollte ein Drittel immergrün sein. Für die Übergabe am 22. Mai 2013 musste die Versuchsfläche abschließend bepflanzt sein. Nach dem 30. Juni
2013 waren keine Änderungen oder Nachpflanzungen mehr zulässig. Die Teilnehmer mussten bestätigen, dass sie keine Pflanzenschutzmittel verwenden.

Die vertikalen Gärten wurden durch die teilnehmenden Firmen mit Bewässerungssystemen ausgestattet. Die Anleitungen für Betrieb, Wartung und Einstellung der Bewässerung wurden den Mitarbeitern des Palmengartens bei der Übergabe der Gärten ausgehändigt. Der Wasserbedarf wurde für jede Wand mittels Wasseruhren einzeln erfasst und durch Mitarbeiter des Palmengartens dokumentiert.

Der Witterungsverlauf im Untersuchungszeitraum entsprach nicht dem des langjährigen Mittels (1981–2010). Von besonderer Bedeutung waren die Temperaturen. Sie lagen seit Juli 2013 durchweg über dem langjährigen Mittel, besonders gravierend in den Wintermonaten Januar und Februar 2014 mit jeweils einem Gradienten größer Plus 3 °C (Wetterkontor, 2014). Somit wurden im Versuchszeitraum durch den Deutschen Wetterdienst (Standort Flughafen Frankfurt) nur zwei Frosttage gemessen, am 26. und 27. November 2013 (Deutscher Wetterdienst, 2014). Da Vegetation und Systeme im Zeitraum der Studie weder andauerndem noch starkem Frost ausgesetzt waren, sind hinsichtlich der Frostbeständigkeit der Vegetation und der vier Systeme keine Aussagen möglich.

3. Bewertungskriterien und Untersuchungsumfang

Die Bewertungskriterien (vgl. Tab. 1) wurden durch die FBB, die Stiftung Palmengarten und Botanischer Garten sowie Prof. Dr. Roth-Kleyer, Hochschule Geisenheim, festgelegt. Um Aussagen zur Eignung der Bepflanzungen zu treffen, wurden vom 3. Juni 2013 bis zum 30. April 2014 monatliche Bonituren durchgeführt. Dabei wurden der Bedeckungsgrad (projektive Bedeckung) durch Schätzen und die Vitalität der Pflanzen (Vitalitätsschlüssel vgl. Abb. 2) bewertet. Abgestorbene sowie herausgefallene oder herausgezogene Pflanzen wurden anlässlich der Bonituren ebenfalls dokumentiert. Weiterhin wurde der Zuwachs der einzelnen Arten und Sorten durch Volumenmessungen aufgenommen. Für die Protokollierung der Pflanzendaten wurden jeweils Pflanzencluster ausgewählt, die einen Querschnitt durch alle verwendeten Pflanzensorten und deren Standorte innerhalb des jeweiligen Vertikalen Gartens bilden. Jedes Cluster umfasste drei Pflanzen. Es wurden 339 der insgesamt 1458 im Versuch stehenden Pflanzen monatlich bonitiert. Auch die Pflege- und Wartungszeiten wurden festgehalten. Unterschieden wurde hierbei nach „Pflegemaßnahmen Pflanzen“ und „Pflege und Wartung System“.

4. Ergebnisse der Machbarkeitsstudie

4.1 Vegetation (35 %)

Die gewonnenen Ergebnisse und Schlussfolgerungen können sich erwartungsgemäß nur auf den Beobachtungszeitraum unter den gegebenen Bedingungen beziehen.

4.1.1 Entwicklung der Bepflanzungen im Vergleich

Auffällig waren die Gesamt-Bedeckungen bei Humko und Schadenberg (Abb. 1). Bei Schadenberg lagen zu Beginn der Studie zwei ungünstige Umstände vor: Zum einen waren die Pflanzen durch eine lange Transportdauer angegriffen geliefert worden. Zum anderen wurde die Bewässerung verspätet installiert und dann, entsprechend Herstellerangabe, anfänglich zu wenig bewässert. Nach Korrektur der Bewässerungseinstellung konnte die Begrünung das Niveau der Mitbewerber erreichen. Nachdem die Bepflanzung der Firma Humko zuerst einen sehr schnellen Zuwachs erfahren hatte, kam es durch Fehlsteuerung der Bewässerung und Düngung zu Rückgängen der Bedeckung und der Vitalität, vor allem der vielen Sedum-Sorten. Bei Optigrün zeigte die Bepflanzung anfänglich eine sehr rasche Entwicklung. Die Reduzierung des Bedeckungsgrades ist hier vor allem im Verlust von Pflanzen begründet, die aus den Pflanznischen gefallen sind. Bei Vertiko waren hinsichtlich der Entwicklung der Pflanzung keine Auffälligkeiten zu verzeichnen. Lediglich im März 2014 mussten vier offensichtlich entwendete Bergenien notiert werden.

Die Abnahme des Bedeckungsgrades aller vier Parzellen im März ist in der vor der Bonitur durchgeführten Frühjahrspflege und den damit einhergehenden Schnittmaßnahmen begründet. Neben den zuvor beschriebenen Umständen spiegeln die in Abbildung 2 „Darstellung der Vitalität“ aufgezeigten Ergebnisse auch Beobachtungen wieder wie Mangelerscheinungen (z. B. chlorotische Prunus laurocerasus bei Schadenberg), Krankheiten (z. B. Virus an Hosta bei Humko, Mehltau an Nepeta bei Optigrün) oder Trocken-/Nässeschäden (bei Humko und Optigrün, anfänglich bei Schadenberg), welche die Pflanzen in ihrer Vitalität beeinflussen. Hinzu kommt die nachlassende Vitalität der sommergrünen Pflanzen, die im Winter mit der Note 4 bewertet wurden.

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Tabelle 2: Übersicht der Pflanzenverluste.

4.1.2 Verluste von Pflanzen

Die in Tabelle 2 gelisteten Pflanzenverluste geben eine Übersicht über die Ausfälle. Bei der abschließenden Bonitur am 30. April 2014 wurden alle Parzellen noch einmal in ihrer Gesamtheit überprüft und durchgezählt (s. Tab. 2, Tabellenzeile „Ges.“). Hier sind die beschriebenen Probleme der einzelnen Begrünungssysteme deutlich ablesbar: So zum Beispiel die erheblichen Pflanzenverluste bei
Humko, aber auch bei Optigrün sowie die anfänglichen Verluste durch mangelnde Bewässerung bei Schadenberg.

4.1.3 Artenvielfalt, Blühaspekt

Bei der Pflanzenauswahl wurden von den vier teilnehmenden Firmen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Die Firma Humko hatte 20 Pflanzensorten aus elf Arten im Versuch, wobei ein Schwerpunkt auf verschiedene Sedum-, Hosta- und Carex-Sorten gelegt wurde. Dies hatte zur Folge, dass bei den auftretenden Problemen mit Bewässerung und Düngung gleich größere Flächen der Wand in Mitleidenschaft gezogen wurden, was sich auf den Gesamtaspekt negativ auswirkte. Optigrün
hingegen beschränkte sich auf die vorgegebenen 15 Pflanzensorten und wählte diese wiederum aus 15 Arten aus, wodurch einzelne Ausfälle, wie die der Bergenien, weniger schwer wogen. Schadenberg setzte 18 Pflanzensorten aus 13 Arten ein und legte dabei einen Schwerpunkt auf Gehölze, die
teilweise nicht gut gediehen. Bei Vertiko kamen 19 Pflanzensorten aus 15 Arten zum Einsatz. Die Besonderheit hier war, dass einige Sorten nicht in Gruppen, sondern als Einzelpflanzen
in der Wand verteilt wurden.

Als einzige Wand waren bei Schadenberg während der ersten acht Monate der Studie keine Blüten oder Knospen zu verzeichnen (Abb. 3), erst seit Februar 2014 wurden die ersten Blüten an Vinca und Helleborus gesichtet. Bei Humko sind so viele Pflanzen ausgefallen oder waren absterbend, dass sich
dies auch auf die Blütenmenge auswirkte.

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Abbildung 4: Humko 30. April 2014.
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Abbildung 5: Optigrün 30. April 2014.
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Abbildung 6: Schadenberg 30. April 2014.
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Abbildung 7: Vertiko 30. April 2014.

4.1.4 Optischer Gesamteindruck

Bei Humko (Abb. 4) war durch die fehlerhafte Bewässerung und Düngung der ersten Monate
sehr viel Schaden an der Bepflanzung entstanden, wodurch es zu großen Lücken kam. Leider wurde durch die vielen Hosta der Winteraspekt noch kahler. Bei der Optigrün-Wand (Abb. 5) waren Pflanzen aus den Pflanznischen gefallen, wodurch es hier ebenfalls zu teilweise größeren Lücken kam. Die Wand der Firma Schadenberg (Abb. 6) wies vor allem in den ersten zwei Monaten durch Trockenheit und teilweise kümmerliche Pflanzen einen unschönen Aspekt auf. Nach wenigen Monaten hatte sich die Vegetation erholt und bot, mit Ausnahme des mittleren Bereichs, ein üppiges, grünes Bild. Die Vertiko-Wand (Abb. 7) ließ die ausgewogenste Vegetationsdynamik erkennen. Die Bepflanzung entwickelte sich gleichmäßig und konstant.

Bei allen vier Wänden war der Konkurrenzdruck unter den Pflanzenarten enorm. Dies führte optisch dazu, dass die ursprüngliche Ausgewogenheit der Bepflanzungen anfing, sich durch ein Ineinander- und Übereinanderwachsen der Pflanzen nach und nach aufzulösen. Das Aufkommen von Fremdbewuchs war insgesamt gering und unauffällig, nachdem bei Optigrün anfänglich größere Mengen entfernt werden mussten. Schädlinge und Krankheiten wurden ebenfalls nur in geringem Maße beobachtet, jedoch musste bei der letzten Bonitur diverser Befall durch Pilze, Blattläuse, Schnecken und andere, nicht definierte Schädlinge notiert werden.

4.2 Pflege und Wartung (25 %)

4.2.1 Vegetationstechnische Maßnahmen

Der Aufwand für die Pflege (Abb. 8) bestand zum überwiegenden Teil aus wöchentlichen 10-minütigen Kontrollen der Versuchsflächen durch Mitarbeiter des Palmengartens. Der darüber hinaus angefallene Zeitbedarf hatte unterschiedliche Ursachen. Bei Humko fiel vor allem durch herausgefallene Pflanzen und Verschmutzung des Gehwegs sowie das Entfernen abgestorbener Pflanzen ein Mehraufwand bei der Pflege an. Bei Optigrün waren zu Beginn erheblicher Fremdbewuchs, später dann in erster Linie herausgefallene oder vertrocknete Pflanzen ursächlich. Bei Schadenberg mussten ebenfalls abgestorbene Pflanzen und in geringem Maße Fremdbewuchs entfernt werden. Bei Vertiko waren über die Kontrollen hinaus keine weiteren
Maßnahmen notwendig.

4.2.2 Einstellung und Bedienung der Bewässerungsanlage

Die nachfolgenden Aussagen zu den Bewässerungsanlagen beruhen auf Mitteilungen von Herrn Dipl.-Ing. J. Plaßmann, Palmengarten Frankfurt am Main vom 15. Mai 2014: “Das von Firma Humko eingesetzte Steuergerät mit Touchscreen-Menüführung erwies sich als komplex mit relativ hohem Aufwand in der Einübung, war jedoch handhabbar. Für den Winterbetrieb wurde vom Hersteller ein eigener Kompressor mit einer selbsttätigen Entleerung installiert. Firma Optigrün setzte ein typgleiches Steuergerät wie Vertiko ein. Firma Schadenberg setzte ein einfach zu handhabendes System ein, das nach der Korrektur der Einstellung (Erhöhung der Wassergabe) problemlos funktionierte. Auf Grund der außergewöhnlich milden Witterung traten im Winterbetrieb bei keinem der Systeme Probleme auf.“

4.2.3 Wartungsbedarf und Störanfälligkeit

Der Zeitaufwand für die Wartung der Bewässerungstechnik (Abb. 9) bezieht sich weitgehend auf gelegentliche Korrekturen bei den Einstellungen. Bei Humko gab es vor allem im ersten halben Jahr erhebliche Probleme. Es wurde entweder zu wenig oder zu viel bewässert und der Düngerverbrauch war nach mündlicher Mitteilung des Palmengartens sehr hoch. Mehrfach mussten durch ein externes Unternehmen zeitintensive Arbeiten an der Bewässerungsanlage durchgeführt werden. Der Aufwand bei Optigrün war gering. Lediglich im November wurde trotz hohen Wasserverbrauchs zusätzlich von Hand bewässert, da die Wand sehr trocken wirkte. Bei Schadenberg waren einige Einstellungsänderungen notwendig, um eine ausreichende Bewässerungsmenge zu erzielen. Auch hier wurde bei zu großer Trockenheit gelegentlich per Handsteuerung zusätzlich bewässert.
Bei Vertiko gab es wegen eines fehlerhaften Steuergerätes ebenfalls Probleme mit der Bewässerung und zu hohen Düngergaben. Seit Austausch des Steuergerätes lief die Anlage ohne Beanstandungen. Im November wurden alle Anlagen auf Winterbetrieb umgestellt und im Februar wieder in Betrieb genommen.

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Abbildung 8: Pflegeaufwand in Minuten pro Monat und Mittelwert pro Monat.
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Abbildung 9: Wartungsaufwand der Bewässerungstechnik in Minuten pro Monat und Mittelwert pro Monat.
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Abbildung 10: Wasserverbrauch pro Monat und gesamt in m³.

4.3 Herstellkosten (20 %)

Die vier an der Studie beteiligten Firmen waren aufgefordert, ihre Herstellkosten pro m2 für ca. 500 lfd. M. Vertikaler Garten am Palmengarten Frankfurt zu benennen. Diese Kosten umfassten alle Materialien und Arbeiten, die für die Herstellung eines funktionsfähigen Vertikalen Gartens notwendig sind. Insbesondere sind dies das Trägersystem mit Rahmen und Entwässerungsrinne, die Bewässerungstechnik, die Pflanzen und die
komplette Montage. Mit einem Preis von unter 400 Euro pro m2 war die Firma Vertiko am günstigsten. Die drei Mitbewerber Humko, Optigrün und Schadenberg lagen mit Summen ab rund 500 Euro deutlich darüber. Auf das Benennen der konkreten, von den Firmen projektbezogen ermittelten Kosten wird an dieser Stelle verzichtet.

4.4 System-Material (15 %)

Angaben zu dem Kriterium „System-Material“ konnten aus dem Internet (vgl. Kap. 6), Firmenprospekten und für die Studie verfassten Informationen der Firmen entnommen werden. Eigene Beobachtungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Bei der Humko-Wand kam es in den letzten Monaten der Studie zu nicht geringen Verschmutzungen von Grundstücksmauer und Gehweg durch herausgefallenes Substrat. Viele Pflanznischen lagen offen, da Pflanzen sich in Winterruhe zurückgezogen hatten, abgestorben oder herausgefallen waren.

Bei Optigrün waren während der gesamten Dauer der Studie immer wieder Bereiche der Wand trocken, obwohl das System gut bewässert wurde. Dazu gab es Probleme mit herausgefallenen Pflanzen. Bei dem System von Schadenberg muss bedacht werden, dass die Wand nicht hinter, sondern auf die Begrenzungsmauer des Palmengartens gesetzt wurde. Hierdurch ragte die Bepflanzung in ihrer vollen Wuchstiefe in den Gehweg hinein.

Bei Vertiko wurde festgestellt, dass die äußere Vlieslage an manchen Stellen riss. Dies war vor allem an Nahtstellen zwischen zwei Vliesbahnen oder an Schnittstellen von Pflanztaschen der Fall.

4.5 Wasserverbrauch (5 %)

Obwohl Humko und Vertiko die Systeme mit dem größten Wartungsaufwand waren, übertraf der Wasserverbrauch (Abb. 10) bei Optigrün den der Mitbewerber deutlich. Insbesondere nach Umstellung auf Winterbetrieb stieg dort der Verbrauch erheblich an. Während der Bonituren fiel auf, dass ganze Bereiche des Systems trocken waren, obwohl regelmäßig und, wie Abbildung 10 ausweist, reichlich Wasser gegeben wurde.

4.6 Zusammenfassende Bewertung und Empfehlung für einen Vertikalen Garten für den Standort Palmengarten Frankfurt am Main

Um das System zu benennen, das in dem benannten Versuchszeitraum am Standort Palmengarten Frankfurt/Main hinsichtlich der in Tabelle 1 benannten Kriterien die günstigsten Eigenschaften aufwies, wurde wie folgt vorgegangen:

Die vier im Versuch stehenden Systeme wurden bezüglich ihrer Zielerfüllung der fünf Beurteilungskriterien (vgl. Tab. 1) gereiht. Das System mit der höchsten Zielerfüllung erhielt jeweils 4 Punkte, das mit der niedrigsten Zielerfüllung 1 Punkt. Die so vergebenen Punkte wurden mit der prozentualen Gewichtung des jeweiligen Kriteriums multipliziert.

Beispiel Kriterium Vegetation (35 %): Das hier führende System erhielt 4 Punkte x 35. Somit ergaben sich in diesem Fall 140 Teilpunkte. Durch Addition der Teilpunkte, die das jeweilige System erreichte, ergab sich eine Gesamtpunktzahl. Das System mit der höchsten Gesamtpunktzahl war somit das System, das im oben benannten Zeitraum/Standort die günstigsten Eigenschaften aufwies.

Im Folgenden werden die Ergbnisse wiedergegeben.

  • Kriterium „Vegetation“ Gewichtung 35 Prozent.
    Beurteilung von: Entwicklung der Pflanzen, Artenvielfalt, Blühaspekt, optischer Eindruck und Erfüllung der Ausgangsforderungen.
    Dieses Kriterium erfüllt die Firma Vertiko an erster Stelle (140).
    An zweiter Stelle folgt Optigrün (105), dahinter Schadenberg (70) und Humko (35).
  • Kriterium „Pflege und Wartung“ Gewichtung 25 Prozent.
    Beurteilung von: Zeitaufwand für vegetationstechnische Maßnahmen und Wartung sowie Vorhandensein der geforderten Unterlagen.
    Hier stehen Schadenberg und Vertiko mit gleicher Punktzahl (75) vor Optigrün (50) und Humko (25). Während Vertiko mit dem geringsten Zeitaufwand bei den vegetationstechnischen Maßnahmen punkten konnte, lag Optigrün beim Wartungsbedarf an erster Stelle.
  • Kriterium „Herstellkosten“ Gewichtung 20 Prozent.
    Beurteilung von: Netto-Kosten pro m2 für ca. 500 lfd. M. Lärmschutzwand am Palmengarten Frankfurt inklusive aller erforderlichen Materialien und Arbeiten.
    Die Reihenfolge bei diesem Kriterium lautet: Vertiko (80), Schadenberg (60), Humko (40), Optigrün (20).
  • Kriterium „System-Material“ Gewichtung 15 Prozent.
    Eine Bewertung der Firmenangaben zu diesem Punkt (s. Kapitel 4.4) konnte von den Verfassern nicht vorgenommen werden. Daher wurden alle Systeme mit der gleichen Punktzahl (15) bewertet.
  • Kriterium „ Wasserverbrauch“ Gewichtung 5 Prozent.
    Beurteilung von: tatsächlicher Verbrauch in m3.
    Reihenfolge: Humko (20), Schadenberg (15), Vertiko (10), Optigrün (5).

Insgesamt zeigt die Berechnung das System der Firma Vertiko (320) an erster Stelle.
Die Systeme der Firmen Schadenberg (235) und Optigrün (195) nehmen eine Mittelstellung ein, während Humko (135) mit seinem System gegenüber den Mitbewerbern nicht bestehen konnte.

Auf Grundlage der Auswertung der Bewertungskriterien und unter Berücksichtigung der gegebenen Bedingungen am Standort Palmengarten konnte eine Empfehlung für das System der Firma Vertiko ausgesprochen werden.

5. Zusammenfassung

Die Absicht, die Nord-Westgrenze des Palmengartens Frankfurt mit einem ca. 500 m langen und rund 3 m hohen Vertikalen Garten zu versehen, war Auslöser der Machbarkeitsstudie. Vier Unternehmen, alle Mitglieder der Fachvereinigung Bauwerksbegrünung (FBB), nahmen an der Studie teil. Von Juni 2013 bis Mai 2014 wurden in monatlichem Turnus die Kriterien Vegetation, Pflege und Wartung, Kosten, System und Wasserverbrauch als Grundlagen für die Entscheidung für eines der im Versuch stehenden vier Systeme dokumentiert. Auch der Witterungsverlauf wurde in die Auswertung einbezogen, was angesichts des außergewöhnlich milden Winters einen wichtigen Aspekt hinsichtlich der Aussagekraft der Ergebnisse darstellt. Erwartungsgemäß hatte jedes der vier teilnehmenden Systeme eigene spezifische Vor- und Nachteile. Erst mit der Auswertung der Gesamtdaten wurde deutlich, wie die Systeme im Vergleich zu beurteilen waren. Bezogen auf den bereits benannten Beobachtungszeitraum mit dem milden Winter und unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen erreichte das System der Firma Vertiko mit Abstand das beste Ergebnis.

Danksagung

Für die finanzielle Unterstützung bei der Durchführung der Untersuchungen danken wir der Stiftung Palmengarten und Botanischer Garten Frankfurt am Main sowie der Hochschule Geisenheim University. Für die Unterstützung bei den Bonituren und deren Auswertung gilt den Herren B.Eng. Moritz Bauer und B.Eng. Maximilian Kreuzburg unser Dank.


Literatur

FLL (2000): Richtlinie für die Planung, Ausführung und Pflege von Fassadenbegrünungen mit Kletterpflanzen, 2. Ausgabe, Bonn, Eigenverlag
MANN, G. (2012): Machbarkeitsstudie Palmengarten Frankfurt, Protokoll Vor-Ort-Termin am 23.10.2012
MANN, G. (2012): Machbarkeitsprüfung Palmengarten Frankfurt, Besprechungsprotokoll 26.11.2012, 12.00-13.00 Uhr, Krauchenwies


Internet-Quellen

Deutscher Wetterdienst (2014), Ausgabe von Klimadaten zur Ansicht – Tageswerte –, Verfügbar unter:
www.dwd.de/bvbw/appmanager/bvbw/dwdwwwDesktop (04.05.2014)

HUMKO (2014), Produkte, Geschichte (online). Verfügbar unter: http://www.greenwalls.si/dewww.greenwalls.si/de (21.03.2014)

Optigrün (2014), Das Unternehmen (online). Verfügbar unter: http://www.fassadenbegruenung.info/dasunternehmenwww.fassadenbegruenung.info/dasunternehmen (21.03.2014)

Schadenberg (2014), over schadenberg, combi groen (online). Verfügbar unter: http://www.schadenberghem.nlwww.schadenberghem.nl (21.03.2014)

Vertiko (2014), Über uns, Living Walls Außenbereich (online). Verfügbar unter: http://www.vertikogmbh.dewww.vertikogmbh.de (21.03.2014)

Wetterkontor (2014), Monats- und Jahreswerte für Frankfurt – Temperatur, Niederschlag und Sonnenschein (online). Verfügbar unter: www.wetterkontor.de/de/monatswerte-station.asp (03.05.2014)

Prof. Dr.-Ing. Stephan Roth-Kleyer
Autor

Professur für Vegetationstechnik

Hochschule Geisenheim University

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