GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Mängelrüge und Mängelbeseitigungsverlangen: Immer wieder vermeidbare Fehler

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Neben dem Streit der Parteien um die Höhe der vom Auftragnehmer beanspruchten Vergütung gibt es häufig Auseinandersetzungen wegen angeblicher oder tatsächlicher am Gewerk des Auftragnehmers vorhandener Mängel. Immer wieder muss ich feststellen, dass es eine ganze Reihe Auftraggeber gibt, die aus einer Mücke einen Elefanten machen, um nicht oder nicht so viel wie gefordert bezahlen zu müssen.

Ich möchte dem Auftraggeber keinesfalls das Recht auf Zurückbehaltung eines gewissen Vergütungsanteils streitig machen. Im BGB steht allerdings hierzu in § 641 Abs. 3 Folgendes: "Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten."

Früher war dieses Zurückbehaltungsrecht gesetzlich anders geregelt. Der Gesetzgeber meinte, dass der Auftraggeber mindestens das Dreifache der Kosten der Mängelbeseitigung einbehalten dürfe. Diese gesetzliche Regelung ist aber seit langem überholt. Die Vorschrift des § 641 Abs. 3 BGB gilt im Übrigen auch für den VOB-Vertrag. In der täglichen Praxis muss ich leider immer wieder feststellen, dass gerade private Auftraggeber wegen Mängeln Beträge zurückbehalten, die weit höher sind als es der Gesetzgeber vorsieht. Auch zeigt der Umgang der Parteien miteinander, dass im Mängelrecht bezüglich der Rechtslage große Unkenntnis herrscht, so dass ich hier auf einige gravierende Punkte eingehen möchte.

Anforderungen an eine ausreichende Mängelrüge

Die Rechtsprechung des BGH ist zugunsten des Auftraggebers sehr großzügig, was die konkrete Mängelrüge betrifft. Der Auftraggeber muss nicht zur Wahrung seiner Rechte spezifiziert rügen. Es reicht aus, wenn er bei seiner Rüge eine Situation schildert, die er als nicht vertragsgerecht ansieht. Bei einer Klimaanlage zum Beispiel reicht die Rüge "sie bläst zu stark" oder bei einer nicht ausreichend dichten weißen Wanne aus Beton genügt die Rüge "die Kellerluft ist sehr feucht.

Die Wände neigen zur Schimmelbildung". Nähere Einzelheiten bezüglich einer solchen Rüge sind nach der Rechtsprechung nicht erforderlich. Allerdings kann erwartet werden, dass der Auftraggeber seine Rüge so formuliert, das sie vom Auftragnehmer als Aufforderung zur Mängelbeseitigung verstanden wird. Auf keinen Fall muss der Auftraggeber Ursachenforschung betreiben, bevor er den Mangel rügt.

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Spezielle Aufforderung zur Mängelbeseitigung nach § 13 VOB/B

Abweichend von den Bestimmungen des BGB sieht § 13 VOB/B zugunsten des Auftragnehmers eine Regelung vor, die die Verjährungsfrist quasi unterbricht und bis zu zwei Jahre verlängert. Um diese für den Auftraggeber günstige Regelung bei einem VOB-Vertrag eintreten zu lassen, bedarf es allerdings einiger Voraussetzungen. Die Quasi-Unterbrechungswirkung für die Verjährung tritt nur bei einer ersten schriftlichen Mängelrüge mit Nachbesserungsverlangen ein. Dies bedeutet für jeden Mangel, dass für ihn nur die erste schriftliche Rüge die verjährungsunterbrechende Wirkung erzeugt und maximal zwei neue Jahre bei der Verjährungsfrist in Lauf gesetzt werden. Ein mehrmaliges erneutes Rügen desselben Mangels bringt die Wirkung der Quasi-Unterbrechung nicht nochmals. Im Hinblick auf zwei äußerst umstrittene Entscheidungen des OLG Frankfurt und des OLG Jena sollte die schriftliche Rüge nicht per E-Mail erfolgen. Die beiden Gerichte sahen die Übermittlung per E-Mail für das Erfordernis der Schriftlichkeit als nicht ausreichend an, so dass in den dort entschiedenen Fällen jeweils die Nachbesserungsansprüche verjährt waren.

Zu beachten ist im Übrigen, dass die von § 13 Abs. 5 VOB/B vorgesehenen neuen zwei Jahre nicht an die vereinbarte Gewährleistungsfrist hinzugefügt werden. Rügt der Auftraggeber zum Beispiel bei einer vereinbarten vierjährigen VOB-Frist im ersten Jahr der Gewährleistung einen Mangel, so geht die zusätzliche zweijährige Frist des § 13 Abs. 5 VOB/B in der vierjährigen Frist unter (sogenannte Kompensation). Erfolgt die erste Mängelrüge allerdings ganz am Ende der vierjährigen Frist, so kommen praktisch für den gerügten Mangel (und auch nur für diesen) zwei neue Jahre hinzu, so dass insoweit für den Mangel praktisch eine Sechsjahresfrist gegeben ist.

Ersatzvornahme (Selbstvornahme)

Wenn der Auftragnehmer die zu Recht gerügten Mängel nicht beseitigt, bleibt dem Auftraggeber in letzter Konsequenz nur die Möglichkeit der Ersatzvornahme (im BGB nach einer Gesetzesänderung zwischenzeitlich in § 637 BGB als Selbstvornahme bezeichnet). Sowohl beim BGB- als auch beim VOB-Vertrag bedarf es vor der Durchführung einer Ersatzvornahme einer angemessenen Fristsetzung zur Mängelbeseitigung. Erst nach Ablauf der Frist oder der Verweigerung des Auftragnehmers, Nachbesserungsleistungen vorzunehmen, kann man als Auftraggeber wirksam zur Ersatzvornahme schreiten. Auftraggeber begehen oft den fatalen Fehler, dass sie nicht abwarten und schon vor Ablauf der Frist einen anderen Unternehmer beauftragen. Lässt sich das nachweisen, verliert der Auftraggeber weitgehend seine gesamten Rechte und bleibt zumeist auf den von ihm aufgewandten Kosten der Ersatzvornahme sitzen.

Durch die voreilige Ersatzvornahme wird das Nacherfüllungsrecht des Auftragnehmers durch den Auftraggeber ausgeschaltet. Die Rechtsprechung des BGH ist in diesem Fall seit Jahren eindeutig. Es besteht dann auch kein Anlass, dem Auftraggeber das Recht zuzubilligen, vom Auftragnehmer einen Anspruch auf Erstattung von ersparten Aufwendungen oder Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht zuzusprechen. Ist die Frist erst einmal abgelaufen, muss der Auftraggeber nach fruchtlosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist auch nicht mehr das Angebot des Auftragnehmers annehmen, doch noch die Mängel zu beseitigen. Es ist allerdings in den meisten Fällen ratsam, dem Auftragnehmer dieses Recht im Rahmen einer Vereinbarung wieder zuzubilligen, weil dann der Auftraggeber nicht unnötig mit Ersatzvornahmekosten in Vorleistung treten muss. Nach der Rechtsprechung kommt es auch nicht darauf an, ob der Auftragnehmer die ihm gesetzte angemessene Nacherfüllungsfrist schuldhaft versäumt hat oder nicht.

Vorbereitung einer Ersatz-vornahme schadet nicht

Der Auftraggeber kann ohne weiteres schon mit einem neuen Unternehmer wegen der Ersatzvornahme Verhandlungen führen oder Angebote einholen. Der Abschluss des "Ersatzvornahmevertrages" selbst darf allerdings erst nach Fristablauf erfolgen. Um den Anspruch der Ersatzvornahmekosten möglichst problemlos eins zu eins auf den säumigen Auftragnehmer durchstellen zu können, sollten der Ersatzvornahmevertrag keine qualitativen oder Mengenabweichungen gegenüber dem ursprünglichen Vertrag aufweisen. Ansonsten erschwert man unnötig die Durchsetzbarkeit des Anspruchs.

Erscheinungsbild der Mängel

Wie im Volksmund immer wieder zu hören ist, gilt die alte Weisheit: "Recht haben und Recht beweisen, ist zweierlei." Ehe man zur Tat schreitet, um zum Beispiel hinsichtlich einer nicht nachgebesserten Subunternehmerleistung einen Drittunternehmer zu beauftragen, sollte man den beanstandeten Zustand entsprechend beweissichern, um später nicht bei einem Leugnen des Subunternehmers mit leeren Händen dazustehen. Wenn es um gravierende Ansprüche geht, kann dies mittels eines gerichtlichen Beweisverfahrens geschehen, was allerdings in den meisten Fällen zu lange dauert und oft auch zu aufwendig ist. Ratsam ist auf alle Fälle eine qualifizierte Person vom Fach zu Beweiszwecken hinzuzuziehen, zum Beispiel einen Privatgutachter oder einen fachkundigen Zeugen. Auf alle Fälle sollte von dem derzeitigen beanstandeten Zustand der Subunternehmerleistung eine ausreichende Bilddokumentation gefertigt werden. Wichtig ist hierbei auch, dass man sich genau notiert, wann die Bilder (Datum) gemacht wurden.

Falsche oder unzureichende Mängelrüge

Nicht nur die Parteien selbst, sondern auch deren Rechtsanwälte machen bei einer Mängelrüge mit Fristsetzung nicht zu verzeihende Fehler. So erhielt ich von einem gegnerischen Kollegen folgende Mängelrüge: "Nachdem das von Ihrer Mandantschaft erbrachte Werk mangelbehaftet ist, bitten wir Sie, für Ihre Mandantschaft zu erklären, ob diese bis zum 30.08.2015 die vom Sachverständigen festgestellten Mängel beseitigen wird." Den Rechtsstreit über eine sodann durchgeführte Ersatzvornahme hat der gegnerische Kollege für seine Partei verloren. Warum?

Wenn man sich den Text seines Schreibens näher anschaut, enthält dieser keine konkrete Fristsetzung zur Nacherfüllung, sondern er verlangt lediglich eine Erklärung bis zum 30.08.2015, ob man Mängel beseitigen will. Eine konkrete Fristsetzung zur Mängelbeseitigung stellt dieses Anwaltsschreiben nicht dar. An ein Anwaltsschreiben werden auch entsprechende Anforderungen gestellt, die weitergehend sind als bei einem Schreiben, das ein Laie verfasst hat. Es ist im Zweifel davon auszugehen, dass das, was ein Rechtsanwalt geschrieben hat, auch so gemeint ist, so dass eine Nacherfüllungsfrist hier nicht ausreichend vorgelegen hat. Genauso sind Schreiben, in denen ein Auftragnehmer aufgefordert wird, binnen einer genannten Frist seine Mängelbeseitigungspflicht anzuerkennen, niemals ausreichend, um darauf sodann nach Fristablauf eine Ersatzvornahme erfolgreich durchführen zu können.

Anerkenntnis der Nach-besserungsverpflichtung

Einem Auftragnehmer sei im Übrigen stets geraten, auf solche auf Anerkenntnis gezielten Schreiben nicht mit einem Anerkenntnis der Nachbesserungsverpflichtung zu antworten. Erkennt der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber eine Nachbesserungspflicht an, so hat dies sowohl beim BGB- als auch beim VOB-Vertrag (unabhängig von § 13 Abs. 5 VOB/B) die Folge, dass mit dem Anerkenntnis für den anerkannten Mangel die vereinbarte Gewährleistungsfrist neu läuft. Das heißt, hat man fünf Jahre Gewährleistung als Frist vereinbart, laufen ab dem Anerkenntnis fünf neue Jahre. Bei Gewerken wie zum Beispiel Flachdacheindeckungen, wo häufig zehnjährige Fristen vereinbart werden, geht der Auftragnehmer das große Risiko ein, gegebenenfalls für den anerkannten Mangel neue zehn Jahre gewährleistungspflichtig zu sein. Die Verbände der Firmen der einschlägigen Gewerke, bei denen häufig zehn Jahre Gewährleistungsfristen vereinbart werden (Dachdecker für Flachdächer, spezielle Fundamentabdichtungen und Tunnelbauten) haben darauf reagiert und ihren Mitgliedsunternehmen Bedingungen zur Verfügung gestellt, bei denen nach Anerkenntnis oder Nachbesserung nicht neue lange Fristen, sondern lediglich nochmals maximal fünf Jahre als neue Gewährleistungsfrist für den betreffenden Mangel vorgesehen sind. Auftragnehmer sollten es nach Möglichkeit vermeiden, irgendwelche Erklärungen abzugeben, die sie über das notwendigste Maß hinaus verpflichten. Möglichst sollte zur Nachbesserungsverpflichtung keine Erklärung abgegeben werden und dem Auftraggeber stets bedeutet werden, dass man ihm auf alle Fälle die gerügten Mängel aus Kulanz beseitigen wird. Bei einer Nachbesserung aus Kulanz werden regelmäßig keine neuen Gewährleistungsfristen in Lauf gesetzt. Im Übrigen zeigt die Erfahrung, dass es sich für einen Auftragnehmer zumeist nicht lohnt, dem Auftraggeber die Möglichkeit zu geben, eine Ersatzvornahme zur Mängelbeseitigung vorzunehmen.

Ersatzvornahme für den Auftragnehmer oft teuer

Zumeist wird eine Ersatzvornahme wesentlich teurer als eine Eigennachbesserung. Wenn ein Auftragnehmer einmal die Initiative bezüglich der Mängel und deren Beseitigung aus der Hand gegeben hat, droht ihm allzu leicht das Risiko hoher oder überhöhter Kosten. In mehreren Entscheidungen des BGH wurde jeweils sehr zugunsten des Auftraggebers entschieden. Grundgedanke dieser Entscheidungen ist wohl eine gewisse Absicht des Gerichts, den nicht vertragstreuen Auftragnehmer, der es zu einer Ersatzvornahme hat kommen lassen, in gewisser Weise für seine Vertragsuntreue finanziell zu bestrafen.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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