Der Kommentar

Mindestlohn bleibt riskantes Experiment

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Ein gesetzlicher Mindestlohn, der über dem sogenannten Gleichgewichtslohn liegt, vernichtet Arbeitsplätze, sagt das Lehrbuch. Der Gleichgewichtslohn ist jener Lohn, der sich aus Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt bildet. Liegt der gesetzliche Mindestlohn höher als die Nachfrageseite bereit oder in der Lage ist zu bezahlen, verabschieden sich die Unternehmen aus dem Markt und damit gehen Stellen verloren. Nach diesem neoklassischen Modell hilft auf der anderen Seite ein zu niedriger gesetzlicher Mindestlohn aber auch nicht, da der tatsächliche Lohn schon höher liegt. Immer wieder gibt es Studien, die dieses Modell infrage stellen, denn ein Arbeitsmarkt hat andere Gesetze als ein Markt für Industriegüter.

So hat Frankreich mit einem Mindestlohn von 9,43 Euro eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, England mit einem Mindestlohn von 7,42 Euro eine eher niedrige Arbeitslosigkeit. In der deutschen Bauwirtschaft gibt es einen Mindestlohn in Höhe von 11,05 Euro West und 10,25 Euro Ost. Eine Studie der Bundesagentur für Arbeit hat festgestellt, dass dieser Mindestlohn der ostdeutschen Bauwirtschaft Arbeitsplätze gekostet hat und in der westdeutschen Bauwirtschaft eher Arbeitsplätze geschaffen wurden. Die westdeutschen Bauunternehmen konnten sich scheinbar mit dem Mindestlohn vor der billigen ostdeutschen Konkurrenz schützen. Im Osten werden Bauinvestitionen vermutlich durch Schwarzarbeit erledigt oder das Geld fließt in andere Bereiche, beispielsweise in Flachbildschirme aus Korea. Per Saldo ist im Bauhauptgewerbe die Zahl der Arbeitnehmer immerhin von ca. 1,4 Millionen auf 700.000 gesunken. Wobei es sehr viel andere Gründe für die stark gesunkene Zahl der Arbeitnehmer gibt und der Anteil des Mindestlohnes an dieser Entwicklung nicht zu belegen ist. Trotzdem gibt es eher Belege dafür, dass ein zu hoher Mindestlohn nicht ohne Folgen planwirtschaftlich vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden kann.

Für den Garten- und Landschaftsbau ist wohl die Lohngruppe 7.5 "Arbeitnehmer nach vollendetem 18. Lebensjahr, die mit einfachen Arbeiten beschäftigt werden", diejenige, die einen Mindestlohn am ehesten abbilden würde. Im Westen liegt diese Lohngruppe bei 10,37 Euro im Osten bei 9,87 Euro. Daher würde vorrangig ein Mindestlohn, wie zurzeit diskutiert, von 8,50 Euro keinen Einfluss haben, da die Tarifparteien schon höherer Löhne vereinbart haben. Die Frage ist, welche Löhne Unternehmer tatsächlich zahlen? Prekärer wird die Situation sicher im Osten der Republik insbesondere im Bereich der Pflege und Unterhaltung von Grünflächen. Ob der Mindestlohn der Gebäudereiniger, in Höhe von 9,00 Euro West und noch 7,56 Euro Ost, für eine Entspannung sorgt, bleibt abzuwarten.

So fasst es auch die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" zusammen: Die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes bleibt ein hochriskantes Experiment, dessen Ausgang niemand kennt. Das gilt eingeschränkt auch für den Garten- und Landschaftsbau.

Ihr Martin Thieme-Hack

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Prof. Dipl.-Ing. (FH) Martin Thieme-Hack
Autor

Hochschule Osnabrück, Fakultät A&L

Hochschule Osnabrück University of Applied Sciences

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