"Mit dem Essen spielt man nicht" oder wie alles begann

von:
Bauerngärten Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert

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Unsere Serie für den Nachwuchs erläutert das wichtigste GaLaBau- Grundlagenwissen vom Abstecken bis zum Zaunbau: Diesmal geht es um das Thema Die Geschichte des Gartenbaus.

"Mit dem Essen spielt man nicht!" Dieser Satz meiner Großmutter hat mich dazu inspiriert, einmal nachzuforschen, wie sich der Gartenbau entwickelt hat. Wie und warum sind die Pflanzen zu uns gekommen und Teil unseres Alltags geworden? Vollständig kann das auf den folgenden Seiten natürlich nicht dargestellt werden; der Stoff reicht für ein Buch - oder zwei! Trotzdem kommt nun ein kleiner zeitlicher Abriss und ein paar Anregungen für essbare Pflanzen sollen den Spaß am Gestalten mit Nahrungsmitteln wecken.

Wie alles begann…

Wie ist der Gartenbau entstanden? Sicherlich aus der Landwirtschaft, womit ein erster Hinweis auf Essbares vorliegt! Gehen wir einmal in der Zeit zurück, als an den GaLaBau als Berufsstand noch nicht zu denken war und Gärtner ihr Dasein einfach nur als Gärtner fristeten.

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Bauerngärten Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert
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Über Gärten des Altertums, also die Zeit vor Christi Geburt, ist sehr wenig überliefert. Neben reinen Nutzpflanzungen jeder sesshaft gewordenen Kultur werden "schöne" Gartenanlagen seit etwa 1500 vor Christus in Ägypten, Persien und China in alten Schriften beschrieben. Die berühmtesten unter diesen Gärten waren ohne Zweifel die "hängenden Gärten" der Semiramis (605 v.Chr.). Diese Gärten waren ein Geschenk des Königs Nebukadnezar II. an seine Ehefrau Semiramis als Wiedergutmachung für seine ständige Abwesenheit. Eine großzügige Geste oder bloß Ausdruck eines schlechten Gewissens - das möge jeder selbst entscheiden!

Gärten wurden als Terrassenanlagen angelegt, um des Nil-Hochwassers Herr zu werden. Es entstanden Totengärtchen zur Verehrung der verstorbenen Angehörigen (die Friedhofsgärtnerei lässt grüßen). Auch heilige Gärten zur Verehrung der Götter wurden errichtet. Darüber hinaus waren auch Nutzgärten stark verbreitet. Vor allem Wein, Palmen, Gemüse und Blumen wurden im Garten kultiviert. Es entstanden in der Antike auch die ersten Baumpflanzungen mit Bewässerung. Bäume und andere Pflanzen wurden aus den entlegensten Winkeln der Erde in die Heimatländer transportiert. So bot beispielsweise Afrika eine ungeheure Vielfalt an Pflanzenmaterial für die Länder des Mittelmeerraumes und die arabische Welt. Aus Punt, dem heutigen Somalia, wurden per Schiff Pflanzen für die Gärten der Assyrer und Römer herangeholt.

Bauerngärten Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert
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Gartenbau setzt eine starke Wirtschaftskraft voraus und diese Wirtschaftskraft kann nur im friedlichen Zusammenleben der Völker entstehen. Deshalb wurde die Entwicklung des Gartenbaues im Altertum immer wieder durch kriegerische Auseinandersetzungen, währende derer "feindliche" Gärten verwüstet wurden,, unterbrochen. Ein beliebtes Mittel der Kriegsführung!

Mit der Entstehung des Römischen Reiches wurde dann der Grundstein für eine schnelle Entwicklung des Gartenbaues im heutigen Europa gelegt. Eine hochentwickelte Gartenbaukultur bildete sich heraus. Um römische Bürgerhäuser wurden große Villengärten angelegt, Dachgärten entstanden und in den Villengärten wurden Wasserspiele, Pergolen und Lauben gebaut. Lukullus, ein Naturgelehrter und Philosoph, kultivierte die Süßkirsche für den Gartenbau. Es erschienen viele auch heute noch bekannte Veröffentlichungen über den Gartenbau wie etwa "Nutz- und Villengärten" von Cicero oder das erste wissenschaftliche Gartenbuch "Naturalis historia", eine Pflanzenbeschreibung und Beschreibung des Pflanzenschnittes von Plinius.

Während im Mittelmeerraum vorwiegend beide Gartenarten, Nutz- und Ziergarten, vorhanden waren, gab es in den Kulturen in Nordeuropa nur Nutzgartenanlagen. Eine Änderung dieses Zustandes trat erst mit dem Beginn der Völkerwanderung ein.

Bauerngärten Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert
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Das dunkle Zeitalter

In dieser Zeit entstanden neue Siedlungsgebiete, es grassierten Seuchen und es fanden ständig neue kriegerische Auseinandersetzungen statt. Wir befinden uns im Mittelalter, welches man in drei Epochen einteilen kann:

  • Frühmittelalter von etwa
  • 00-900 n. Chr.
  • Hochmittelalter von
  • twa 1000-1300 n. Chr.
  • Spätmittelalter von
  • twa 1300-1500 n. Chr.

Während im Frühmittelalter der Adel und der Großgrundbesitz die Herrschaft innehatte, kam es im Hochmittelalter zum Aufblühen des Rittertums und des Lehnswesens. Im Spätmittelalter erstarkte zunehmend das Bürgertum der entstehenden Städte. Die Gartenbaukunst wurde durch drei Kunststile, die Romanik, die Gotik und in Anfängen die Renaissance, geprägt.

Am Barock kommt man nicht vorbei

In der Zeit des Barock steigerte sich das Bedürfnis der Regierenden, Macht zu demonstrieren und sich selbst darzustellen. Das führte natürlich auch dazu, dass sie ihre Gärten nach eigenen Wünschen gestalteten. Es entsteht der ebene Garten. Dieser Gartentyp zeichnet sich besonders durch seine räumliche Tiefe aus. Durch das "Ausstrahlen" der teils symmetrischen Gartenachsen in die Landschaft wurde der Machtanspruch der Herrschenden widergespiegelt. Das Bauwerk gelangte an die zentrale Stelle der Anlage. Es war durch eine Hauptachse mit dem Garteneingang verbunden. Somit wurde die Gesamtanlage zwischen Haus und Garten betont. Die Wasserkunst wurde weiter ausgebaut und gelangte in diesem Zeitabschnitt zu ihrer Blüte.

Als Gehölze verwendete man für die Baumwände Linden, Kastanien und Buchen und für die niedrigen Hecken Eibe und Buchsbaum. Die verschieden geformten Baumfiguren riefen ein Licht- und Schattenspiel hervor, das auch in Laubengängen aus Holz zur Geltung kam und ein wichtiges Element des barocken Lustgartens darstellte.

Die Orangerien gewannen zunehmend an Bedeutung, allerdings nicht im Zuge ausgesprochener Sammelleidenschaft so wie im Mittelalter und in der Renaissance, sondern vielmehr um Pflanzen aus südlichen Gefilden zu kultivieren. Hierbei wurde das Ziel verfolgt, sich die fremden, aber geliebten, südlichen, warmen und sonnigen Gebiete der Erde symbolisch durch die dort wachsenden Pflanzen anzueignen.

Im Sommer schmeckten Orangen und Zitronen, die man in Kübeln oder in Töpfen zu pflanzen pflegte. Myrten und Lorbeer wurden als Gewürzpflanzen genutzt. Die Orangerie diente im Winter dazu, diese frostempfindlichen Gewächse vor Kälte zu schützen. Die Gärtner setzten sich über klimatische Grenzen hinweg und schufen mit den Orangerien eine fremde exotische Welt, die den Rahmen für großartige Feste bildete.

Bauerngärten Ausbildung und Beruf
Grafik: Uwe Bienert
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Grafik: Uwe Bienert
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Und noch ein Wort zu Bauerngärten

Nach meinem Empfinden wurde seine Bedeutung sehr lange unterschätzt. Der Zeitgeist hilft diesem Gartentyp gerade dabei, wieder aus der Versenkung aufzutauchen. Der Bauerngarten könnte in der zukünftigen Gartengestaltung eine wichtige Rolle spielen. Ich denke da etwa an die Bewegung der "essbaren Stadt" (bspw. Andernach).

Was ist ein Bauerngarten?

In einem Bauerngarten werden Elemente des Nutzgartens mit dem des Ziergartens vereint. Er wird von einem Holzzaun umrahmt, der von bunten Blumen in leuchtenden Farben gesäumt wird und damit schon von weitem sichtbar ist. Auf den Beeten wächst eine bunt gemischte Pflanzengesellschaft aus Gemüse-, Kräuter- und Zierpflanzen. Im starken Kontrast zu dem scheinbaren Durcheinander auf den Beeten steht die strenge geometrische Gliederung der Gesamtanlage. Diese strenge geometrische Struktur wird durch das Wegesystem, welches sich in Kreuzform in den Garten einfügt, unterstützt. In verschiedenen Bauerngärten bildet ein Rondell das Zentrum der Anlage. Manchmal werden Beete und Rabatten mit geschnittenem Buchsbaum oder anderen Einfassungspflanzen gerahmt.

Der reine Bauerngarten ist in der heutigen Zeit sicher nicht mehr so "gesellschaftsfähig". Uns interessiert vielmehr, wie verschiedene Elemente des Bauerngartens Einzug in die Gestaltung von Grünanlagen und Gärten halten.

Seinen geschichtlichen Ursprung hat der Bauerngarten schon vor rund 2000 Jahren. In dieser Zeit wurde in den Siedlungen Germaniens erstmals in Gärten Gemüse kultiviert. In erster Linie handelte es sich dabei um Nutzpflanzen wie Bohnen, Erbsen, Linsen und Rüben. Mit der Eroberung Germaniens durch die Römer gelangten andere Pflanzen in die Gärten unserer Vorfahren. Römische Siedler bauten in ihren Gärten vor allem Gurken, Spargel, und Kürbis an, aber auch Kräuter wie Thymian und Dill sowie Obst wie etwa Pflaumen, Pfirsich und Süßkirschen wurden angebaut. Für die Germanen war der Anbau von farbenprächtigen Blütenpflanzen wie Rosen, Lilien, Goldlack oder Levkojen etwas völlig Neues. Sie dienten nur der Zierde und hatten keinen eigentlichen "Nutzen". Als praktisches Volk hatten die Germanen für solche "Spielerei" kein Verständnis. Das scheint auch die Ursache dafür zu sein, dass der Bauerngarten mit dem Zerfall des Römischen Reiches in Vergessenheit geriet.

Erst im Mittelalter mit dem Entstehen der Klostergärten der Benediktinermönche erlebte die Gartenkultur eine Renaissance. Die Vorbildwirkung der Klostergärten wirkte sich auch auf die Privatgärten der Bevölkerung aus, welche die Gartenkunst der Mönche sehr bewunderten. Durch die Wanderungen der Mönche gelangten neue Pflanzen und deren Samen in den mitteleuropäischen Raum und wurden von den Klosterbrüdern auch an die Bäuerinnen verteilt, die im Umfeld der Klöster siedelten und deren Aufgabe es war die Bauerngärten als "Nebenerwerb" zu betreuen. Auch durch die Kreuzzüge kamen neue Pflanzen aus dem Vorderen Orient in die Bauerngärten. Eine weitere Vervollständigung des Pflanzensortimentes erfolgte durch die Entdeckung Amerikas und der Erforschung Ostindiens. In der Zeit der Entwicklung der Schlossgärten zogen die Ornamente in den Bauergarten ein und die farbliche Gestaltung nahm zu. Das Pflanzenverhältnis verschob sich langsam in Richtung der Zierpflanzen.

Ihre erste ernste Krise machten die Bauerngärten in unserem Jahrhundert durch. Der Trend des Gartenbaues ging in Richtung "Einheitsrasen" und "faden Scheinzypressenpflanzungen". Mit der eintretenden "Ökowelle" scheint dieser Trend endlich gestoppt worden zu sein und ein geschichtlicher Kreis scheint sich zu schließen.

Uwe Bienert


Nächsten Monat lesen Sie: "Baustoff Holz - 1".

Quellen:

  • Obst und Gemüse, (Bernd Böhmer, Walter Wohanka; Ulmer-Verlag)
  • Der Gärtner 1 (Martin Degen, Karl Schrader; Ulmer-Verlag)
  • Einheimische Laubgehölze (Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • Grundkurs Gehölzbestimmung (Lüder, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • Taschenlexikon der Gehölze (Schmidt/Hecker, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim)
  • International standard ENA 2010-2015 (M.H.A. Hoffmann, ENA's European Plant Names Working Group)
  • Schlauzubi "Gartenbaugeschichte"
 Uwe Bienert
Autor

Landschaftsgärtner-Meister und Ausbilder

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