Mit VOB/B ist es besser, weil ...

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Bauordnungsrecht
Schwierigkeiten bereitet das Werkvertragsrecht des BGB den Baubeteiligten insoweit, als damit nicht nur die Abwicklung von Bauleistungen, sondern beispielsweise auch der Vertrag mit einem „Friseur über die Herstellung einer Dauerwelle“ geregelt wird. Foto: BGL

Sobald die Erbringung einer Bauleistung Gegenstand eines Vertrages ist, wird dieser grundsätzlich immer nach dem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Werkvertragsrecht beurteilt. Das sind 25 Paragraphen, die zum Teil seit dem Inkrafttreten des BGB am 01.01.1990 gelten und die Beziehungen der am Bau Beteiligten zu regeln versuchen. Schwierigkeiten bereitet es den Baubeteiligten insoweit, als damit nicht nur die Abwicklung von Bauleistungen, sondern auch der Vertrag mit einem Friseur geregelt wird. Das Werkvertragsrecht ist somit kein spezifisches Bauvertragsrecht.

Dieses Problem hat der Gesetzgeber schon sehr früh erkannt. Denn bereits im Jahre 1921 wurde damit begonnen, spezielle Regelungen für die Erbringung von Bauleistungen zu erstellen. Nach fünfjähriger Entwicklungsarbeit wurde dann die VOB, die Verdingungsordnung für Bauleistungen, im Jahre 1926 eingeführt. Die VOB wurde seitdem wiederholt und zuletzt im Jahre 2012 geändert. Einer Änderung ist dabei auch der alte Begriff "Verdingungsordnung" zum Opfer gefallen. Das Kürzel VOB steht seither für Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistung.

Ein entscheidender Unterschied der VOB zu den Regelungen des BGB besteht zunächst darin, dass die Bestimmungen der VOB nicht die Qualität von Rechtsnormen haben. Die VOB gilt danach - anders als das BGB - nicht automatisch bei Abschluss eines Bauvertrages, sondern sie muss ausdrücklich vertraglich vereinbart werden.

Damit die VOB/B "besser" sein kann, muss sie also im ersten Schritt wirksam vereinbart werden. Die Praxis zeigt, dass sich die Beantwortung der Frage, ob die Regelungen der VOB/B tatsächlich besser als das Werkvertragsrecht des BGB sind, bereits in diesem Prüfungsstadium vielfach erübrigt, da die VOB/B in den meisten Fällen, insbesondere bei dem Abschluss von Bauverträgen mit Privatpersonen eben nicht wirksam vereinbart wird.

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Welche Voraussetzungen an die wirksame Vereinbarung der VOB/B geknüpft sind, hängt davon ab, wer Auftraggeber ist. Hier ist zwischen dem Unternehmer und der öffentlichen Hand einerseits und der Privatperson (Verbraucher) andererseits zu differenzieren.

Ist der Auftraggeber ein Unternehmer, der auf dem Bausektor gewerblich tätig ist, so wird angenommen, dass er die VOB/B kennt. Deshalb muss bei einem Bauunternehmer weder ein Text der VOB/B überreicht noch sonst wie zur Einsicht vorgelegt werden. Es genügt die bloße Bezugnahme auf die VOB/B. Gleiches gilt für den öffentlichen Auftraggeber. Handelt es sich bei dem Auftraggeber um eine Privatperson, ist zu unterscheiden, ob sie bei Vertragsschluss durch einen Architekten vertreten wird oder nicht.

Wird eine Privatperson bei Vertragsschluss durch einen Architekten vertreten, soll der (bloße) Hinweis auf die VOB/B genügen. Denn bei einem Architekten sei - wie bei einem gewerblich tätigen Bauunternehmer - grundsätzlich anzunehmen, dass er aufgrund seiner Ausbildung die Bestimmungen der VOB/B kennt. Der Architekt muss jedoch bei dem Vertragsabschluss "mitgewirkt" haben. Es reicht nicht aus, wenn er nur planungs- und/oder bauüberwachende Tätigkeit ausführt beziehungsweise ausgeführt hat.

In allen anderen Fällen kann die VOB/B nicht durch einen bloßen Hinweis auf ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden. Verlangt wird vielmehr, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber als Privatperson in die Lage versetzen muss, "sich in geeigneter Weise Kenntnis von der VOB/B zu verschaffen und seine Informationsmöglichkeit zu nutzen". Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme. Er gilt nämlich nicht, wenn es die Privatperson ist, die die Geltung der VOB/B wünscht und diese "stellt", das heißt Verwender der VOB/B ist.

Damit bleibt festzuhalten: Wer einer Privatperson ein Angebot zuleitet, auf dem es - gut lesbar oder versteckt sichtbar - heißt, es solle die VOB/B gelten, kann sich später nicht darauf berufen, die VOB/B sei wirksam vereinbart worden. Gleiches gilt, wenn solche Zusätze ("es gilt die VOB/B" oder ähnliches) in der Auftragsbestätigung, im Bauvertrag oder in vom Auftragnehmer verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthalten sind. All diese Fallkonstellationen sind dadurch gekennzeichnet, dass der private Auftraggeber keine Möglichkeit hatte, sich von der VOB/B Kenntnis zu verschaffen.

Ist die VOB/B nach alledem zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer wirksam vereinbart, stellt sich im zweiten Schritt die weitere Frage, ob die VOB/B als AGB der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegt. Maßgeblich für die Beantwortung dieser Frage ist erneut, ob es sich bei dem Auftraggeber um eine Privatperson, einen Unternehmer oder die öffentliche Hand handelt.

Wie sich aus § 310 Abs. 1 S. 3 BGB ergibt, ist die VOB/B in der Weise privilegiert, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen von einer AGB-rechtlichen Kontrolle freigestellt wird. Diese Privilegierung der VOB/B in Gestalt der Freistellung von der AGB-rechtlichen Kontrolle besteht bei Verträgen mit gewerblich tätigen Bauunternehmern und der öffentlichen Hand, wenn sie "als Ganzes" vereinbart wird. Nur dann, das heißt bei der Vereinbarung der VOB/B als Ganzes unterliegt die VOB/B keiner AGB-Kontrolle.

Diese Privilegierung entfällt jedoch komplett bei dem Abschluss von Bauverträgen mit Privatpersonen. Daraus folgt, dass, wenn die VOB/B mit einer Privatperson wirksam vereinbart wurde, die VOB/B immer als AGB der vollen gesetzlichen Inhaltskontrolle unterliegt. Dieser Grundsatz wird nur von dem einen Fall durchbrochen, dass es die Privatperson ist, die die VOB/B als Vertragsbedingung vorgegeben hat, das heißt Verwender der AGB ist.

Die vorstehenden Ausführungen machen deutlich, wie "steinig" der Weg aus Auftragnehmersicht ist, um überhaupt erst einmal zu einer wirksamen Vereinbarung der VOB/B mit einem Verbraucher zu kommen. Und wer glaubt, er habe es dann "geschafft", irrt. Denn ist die VOB/B wirksam vereinbart, unterliegt sie der gesetzlichen AGB-Kontrolle.

Nichtsdestotrotz stellt die VOB/B im Vergleich zu dem BGB-Werkvertragsrecht ein ausgewogenes Regelwerk dar, freilich mit Vor- und Nachteilen auf Auftraggeber - und auf Auftragnehmerseite. Die Vorteile für den Auftragnehmer sind folgende:

1. Vertragsinhalt

§ 1 Abs. 2 VOB/B legt fest, was bei Widersprüchen im Vertrag gilt. Bei Streitigkeiten über den Vertragsinhalt eines BGB-Bauvertrages fehlt eine vergleichbare gesetzliche Regelung. Hier muss anhand der Vertragslegung ermittelt werden, was tatsächlich vereinbart ist. Diese "Ermittlung" erfolgt im Streitfall durch das Gericht und entspricht - vorsichtig ausgedrückt - nicht immer dem, was die Parteien wollten.

2. Vergütung

Die VOB/B enthält genaue Bestimmungen, wie eine Preisfindung zu erfolgen hat, so zum Beispiel in § 2 Abs. 3 VOB/B (Einheitspreisvertrag, Massenmehrungen, Massenminderungen). Diese Regelungen weichen vom BGB ab. Nach dem BGB haben weder der Auftraggeber noch der Auftragnehmer in der Regel das Recht, eine neue Preisvereinbarung zu fordern.

3. Ausführungsunterlagen

Nach § 3 Abs. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer Anspruch auf unentgeltliche und rechtzeitige Übergabe von Ausführungsunterlagen. Im BGB fehlen entsprechende klare Regelungen.

4. Baustellenordnung/-koordinierung

Gemäß § 4 Abs. 1 VOB/B gehört die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung auf der Baustelle, die Koordinierung verschiedener Unternehmer und die Herbeiführung öffentlich-rechtlicher Genehmigungen zu den Pflichten des Auftraggebers. Zwar dürften diese Aufgabenstellungen auch für den Auftraggeber eines BGB-Werkvertrages gelten, jedoch sind diese dort bei weitem nicht so präzise gefasst.

5. Zufahrt, Wasser, Strom etc.

Nach § 4 Abs. 4 VOB/B hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer kostenlos Lager, Einrichtungen, Zufahrtswege sowie Wasser- und Energieanschlüsse zur Verfügung zu stellen. Im BGB fehlt hierzu eine vergleichbare Regelung.

6. Rücktritt und Schadensersatz

Nach den §§ 281 Abs. 1 S. 1, 323 BGB kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer, wenn er nicht oder nicht wie geschuldet leistet, eine angemessene Frist zur Leistungserbringung oder Nacherfüllung setzen. Nach Ablauf der Frist kann der Auftraggeber Schadensersatz statt der Leistung verlangen und vom Vertrag zurücktreten.

Die VOB/B schließt den Rücktritt des Auftraggebers und den Schadensersatz statt der Leistung aus, da Bauverträge nach der Intention der VOB/B möglichst aufrechterhalten werden sollen (§ 5 Abs. 4 VOB/B). Schadensersatz ist beschränkt auf den unmittelbaren Schaden. Der entgangene Gewinn kann nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Vertragsverletzung verlangt werden.

7. Behinderungen

Gemäß § 6 Abs. 2 VOB/B hat der Auftragnehmer bei Behinderungen einen Anspruch auf Verlängerung der Ausführungsfristen, insbesondere auch bei nicht verschuldeten Umständen aus dem Risikobereich des Auftraggebers. Vergleichbare Regelungen kennt das BGB nicht.

8. Gefahrtragung

In § 7 VOB/B ist eine für den Auftragnehmer günstige Gefahrverteilung für den zufälligen Untergang oder die zufällige Verschlechterung der Leistung geregelt. Die Gefahr wird schon vor Abnahme auf den Auftraggeber "verlagert".

9. Terminverzug und Mängel

Sowohl bei Terminverzug als auch bei Mängeln werden gemäß § 8 Abs. 3 VOB/B die nach dem BGB bestehenden Rücktrittsrechte des Auftraggebers ausgeschlossen. Stattdessen kommt nur eine Kündigung des Bauvertrages und damit keine Rückabwicklung des Bauvorhabens in Betracht.

10. Teilabnahme

§ 12 Abs. 2 VOB/B gibt dem Auftragnehmer ein Recht auf Teilabnahme für eine in sich abgeschlossene Leistung. Zwar kennt auch das BGB eine Teilabnahme (§ 641 Abs. 1 S. 2 BGB). Ein Recht hierauf besteht indes nicht.

11. Fiktive Abnahme

Nach § 12 Abs. 5 VOB/B gilt eine Werkleistung als abgenommen, wenn - ohne dass eine Abnahme verlangt wird - der Auftragnehmer die Fertigstellung der Bauleistung schriftlich anzeigt und der Auftraggeber nicht binnen zwölf Werktagen hiergegen Vorbehalte erhebt. Ferner gilt eine Leistung sechs Werktage nach vorbehaltloser Inbenutzungnahme als abgenommen.

Diese Formen der fiktiven Abnahmen, die nicht mit einer konkludenten Abnahme zu verwechseln sind, kennt das BGB nicht. Allerdings könnte die AGB-Inhaltskontrolle des § 12 Abs. 5 VOB/B zu Lasten des Auftragnehmers "kritisch" sein.

12. Gewährleistungsfrist

Gemäß § 13 Abs. 4 VOB/B beträgt die Gewährleistungsfrist bei Bauwerksarbeiten 4 Jahre, nach § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB demgegenüber fünf Jahre.

13. Abschlagszahlungen

Nach § 16 Abs. 1 VOB/B kann der Auftragnehmer Abschlagszahlungen verlangen. Zwar enthält auch § 632 a BGB ein Recht auf Abschlagszahlungen. Gleichwohl bleibt dieses Recht gegenüber der vergleichbaren Regelung der VOB/B deutlich zurück. So zum Beispiel bezüglich der Höhe der Abschlagszahlung. Während sich diese nach der VOB/B nach dem Wert der zu vergütenden nachgewiesenen Leistung bemisst, richtet sich die Höhe der Abschlagszahlung nach BGB nach dem tatsächlichen Wertzuwachs beim Auftraggeber. Gerade bei Abschlagsrechnungen von Nachunternehmern kann die vom BGB geforderte Voraussetzung (Wertzuwachs beim Auftraggeber) zu Schwierigkeiten führen, da der Wertzuwachs nicht beim Vertragspartner des Nachunternehmers, das heißt dessen Auftraggeber, sondern beim Bauherrn eintritt.

14. Sicherheiten

Gemäß § 17 Abs. 5 und 6 VOB/B besteht bei der Vereinbarung von Sicherheitsleistungen und Sicherheitseinbehalten die Pflicht des Auftraggebers zur Einzahlung der Sicherheit auf ein Sperrkonto sowie zur Verzinsung der Sicherheit zu Gunsten des Auftragnehmers. Entsprechende Regelungen sind im BGB nicht existent.

Fazit

Zentrale vertragsrechtliche Aussagen für die Abwicklung von Bauvorhaben enthält der Teil B der VOB. Hier werden die für den Bereich des Baurechts lückenhaften Regelungen des BGB-Werkvertrages ergänzt und geändert. Auf die VOB/B kann ein Unternehmer seine Ansprüche aber nur dann stützen, wenn er sie mit seinem Privatkunden wirksam vereinbart hat. Ob die eine oder andere Regelung aus der VOB/B, auf die sich der Unternehmer im Streitfall berufen will, dabei der gesetzlichen AGB-Kontrolle stand hält oder nicht, dürfte eher zweitrangig sein. Denn die Erfahrung aus der Praxis lehrt, dass die Vergütungsansprüche eines Unternehmers regelmäßig nicht an der AGB-Kontrolle einer VOB/B-Vorschrift, sondern aus anderen, weit profaneren Gründen scheitern. So nützt der beste Umgang mit der VOB/B nichts, wenn sich der Auftragnehmer beispielsweise seine Bauleistungen nicht abnehmen lässt oder er dem Auftraggeber eine Abrechnung erteilt, die mit dem zugrunde liegenden Angebot nichts mehr gemein hat.

 Stephan Eichner
Autor

Rechtsanwalt

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