Ökonomisch betrachtet

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

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Der Anfang des letzten Jahres war vornehmlich noch durch die Folgen der Corona-Pandemie geprägt. Diese zeigen sich durch gestörte Lieferketten und extreme Preissteigerungen, aber auch soziale Probleme. Gut ein Drittel der befragten Betriebe stellen einen erhöhten Krankenstand, Verschlechterungen beim Betriebsklima und häufige Mitarbeitergespräche fest.

Daneben bestehen nach wie vor Probleme durch den Fachkräftemangel. Personalführung beziehungsweise die Schaffung eines positiven Betriebsklimas sind mehr denn je Herausforderungen für die Betriebe. Das wirkt sich auch auf die Kosten aus, die in diesem Jahr durch die Tariferhöhung erneut gestiegen sind. Allerdings haben die Betriebe die Wertschöpfung pro Stunden in den vergangenen Jahren durchschnittlich stärker erhöhen können als die Arbeitskosten gestiegen sind. Die Vorleistungs- beziehungsweise Materialkosten ziehen allerdings mit extremen Steigerungen nach, wodurch das Wachstum der Wertschöpfung inzwischen unter der allgemeinen Inflation liegt. Perspektivisch müssen die Produktivität und die Baupreise daher unbedingt steigen. Ob Letzteres so gut gelingt wie in den letzten Jahren, ist fraglich.

Denn, obwohl der Umsatz im letzten Jahr erneut gestiegen ist, war er, wenn die Baupreissteigerung berücksichtigt wird, eigentlich rückläufig. Schon 2020 sind leicht gesunkene Umsatzrenditen zu erkennen. Dazu schwächelt auch der Cashflow, weil Investitionen häufig zurückgefahren und abgeschriebene Maschinen nicht ersetzt wurden. Das wird jedoch zur Falle, denn so entstehen Risiken in der Zukunft, weil Anschaffungs- und Finanzierungskosten erheblich ansteigen. Da ist eine stabile Eigenkapitalbasis hilfreich. Für den Durchschnitt trifft das zu. Doch oft ist sie immer noch viel zu niedrig und so steigen die Insolvenzen bereits wieder.

Stornierungswelle reißt nicht ab

Aufgrund der extremen Baukostensteigerungen, dem erhöhten Zinsniveau, der schwächelnden Konjunktur und stockenden Fördermöglichkeiten geht zudem die Nachfrage nach Bauleistungen zurück und die Stornierungswelle reißt nicht ab. Aktuell wird eine positive Umsatzentwicklung teils nur noch durch den hohen Auftragsvorlauf gestützt. Aber nicht nur der gewerbliche Bereich ist betroffen. Da der Umsatz im Privatgartenbereich stark am Konsum hängt, der seit 2020 bereits zurückgeht, kann zwar 2022 insgesamt noch mit einer weiteren Steigerung des Branchenumsatzes gerechnet werden. 2023 wird dieser wohl zumindest stagnieren, bevor er 2024 wieder ansteigen sollte.

Eine positive Auswirkung wird diese Entwicklung aber haben: Das Fachkräfteproblem wird sich aufgrund des mangelnden Branchenwachstums kurzfristig zumindest nicht weiter verschärfen.

Nachdem "Unsicherheit" zum "new normal" geworden ist, steht eine krisenfeste, inklusive und nachhaltige Wirtschaft im Vordergrund. Eine "Zeitenwende".

Nachfrage ist grundsätzlich da

Lieferkettenprobleme, Klimawandel und auch die internationale Zinspolitik sind offenkundig Herausforderungen, die auch für den GaLaBau von besonderer Bedeutung sind. Die Auswirkungen auf die Preisdynamik, Beschaffung, Logistik und Lagerkapazitäten sowie Planungs- und Terminsicherheit sind überall spürbar. Nachfrage ist grundsätzlich da und auch die Notwendigkeit zu bauen, vor allem im Bereich Logistik, Infrastruktur und Wohnen.

Zudem spielen die Rahmenbedingungen der Branche in die Hände. Denn die Corona-Pandemie hat sich grundsätzlich positiv auf die Beziehung der Menschen zum Thema Natur ausgewirkt und die öffentliche Hand muss sich um den Umweltschutz und attraktive und lebenswerte Städte kümmern. Wie gut es im GaLaBau läuft, darüber entscheiden aber am Ende Konsumfreude und Kaufkraft. Die Branche profitiert dabei vom Drift zwischen arm und reich. Da der Privatgarten im Wettbewerb mit anderen Luxusgütern steht, wird es dann schwierig, wenn auch die Wohlhabenden sparen müssen.

Der Nachhaltigkeitstrend ist in diesen Schichten besonders von Belang. Gut, dass sich der Branchenverband dieses Thema zu eigen gemacht hat und die Chancen aus dem positiven Image nutzt. Wegen der bisher noch guten Nachfrage und nicht vorhandener Regulierung fehlt bei vielen Betrieben noch der Druck zur Veränderung. Dieser wird aber in jedem Fall steigen, denn zum Beispiel werden Anforderungen durch das neue Lieferkettengesetzt und die gesetzlichen Berichtspflichten für große Kapitalgesellschaften an die Betriebe weitergegeben. Hinzu kommen Anforderungen aus dem Immobilien- und Finanzbereich unter dem Stichwort "ESG - Environmental Social Governance". Auch eine erhöhte Nachfrage nach grünen Konzepten für Gebäude in Bezug auf (wirtschaftliche!) Dach- und Fassadenbegrünung werden eine positive Folge aus dieser Entwicklung sein.

Interessant ist die Branche in jedem Fall, sodass man sich auch auf eine Veränderung der Struktur des Marktes einstellen muss. Denn einige Investoren bemühen sich nach wie vor um die Arrondierung kleinerer Betriebe im Sinne einer Wertsteigerung. Es gibt auch durchaus Chancen, wenn man bedenkt, dass der Gesamtmarkt für GaLaBau-Leistungen inklusive dem versteckten Markt rund 15 Mrd. Euro beträgt.

2023 wird vor diesem Hintergrund ein spannendes und herausforderndes Jahr werden.

Prof. Dr.-Ing. Heiko Meinen

h.meinen@kullmann-meinen.de

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Prof. Dr. Heiko Meinen
Autor

Leiter des Instituts für nachhaltiges Wirtschaften in der Bau- und Immobilienwirtschaft (inwb), Hochschule Osnabrück

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