GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Nach wie vor große Unkenntnis über Verjährungsfristen

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In den von mir in letzter Zeit gehaltenen Baurechtsseminaren zu Gewährleistungs- (Nacherfüllungs-) Themen musste ich immer wieder feststellen, dass bei den Teilnehmern sowohl zum Umfang der Gewährleistungsverpflichtungen der Unternehmer als auch zu Gewährleistungsfristen große Unkenntnis herrscht.

Während fast alle Teilnehmer durchaus wussten, wann die Vergütungsforderungen der Unternehmer verjähren (drei Jahre mit Kalenderjahresendrechnung), herrschte bei Fragen zu Gewährleistungsfristen nach BGB und VOB und den maßgeblichen Hemmungs- bzw. Unterbrechungstatbeständen große Unsicherheit. Oft unterschieden die Teilnehmer auch nicht zwischen den Begriffen "Gewährleistung" (Nacherfüllung) und "Garantie".

Dies veranlasst mich, auf die wesentlichen Bestimmungen einzugehen:

a) Kaufrecht

Generell sieht § 438 BGB für alle Kaufverträge eine zweijährige Gewährleistungsfrist für die gekaufte Sache vor. Wenn nichts anderes vereinbart wurde, gilt dies auch für gebrauchte Sachen.

Kauft ein Verbraucher (Privatmann) eine bewegliche Sache von einem Unternehmer, gelten zusätzlich die Bestimmungen des Verbrauchsgüterkaufrechts nach § 474 ff. BGB. Unter anderem bedeutet dies für den Unternehmer, dass er durch Vereinbarung die zweijährige Gewährleistungsfrist für neue Sachen nicht unterschreiten kann. Für gebrauchte Sachen dagegen können Vereinbarungen getroffen werden, wonach der Verbraucher mindestens eine Frist von einem Jahr verbleiben muss. Auch lässt die Rechtsprechung keine Umgehungsgeschäfte zu.

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So wollte ein Unternehmer seine Gewährleistungsverpflichtung gegenüber einem privaten Käufer dadurch umgehen, indem er im Kaufvertrag als Kaufsache Schrott zum Preis von 38.000 Euro verkaufte. In Wirklichkeit handelte es sich aber um einen durchaus noch für den Verkehr bestens geeigneten Audi A8, für den der Unternehmer nur keine Gewährleistung übernehmen wollte. Solche Umgehungsgeschäfte werden weder von der Rechtsprechung noch vom Gesetzgeber (§ 475 Abs. 1 BGB) gebilligt. Anders verhält es sich dagegen, wenn man bewusst eine mangelhafte Sache verkauft, diesen Mangel im Kaufvertrag offen legt und sich dies auch im Preis widerspiegelt, zum Beispiel ein Kaufvertrag über ein nicht repariertes Unfallfahrzeug etc.

Gewährleistungsausschlüsse

Verständlich ist die Neigung der Verkäufer, die Gewährleistungsfristen so kurz wie möglich zu vereinbaren und insbesondere bei gebrauchten Sachen auch die Gewährleistungspflichten vollständig auszuschließen. Zumindest bei gebrauchten Sachen können Kaufleute untereinander genauso wie Privatleute (Verbraucher mit Verbraucher) die Gewährleistungsverpflichtung ausschließen. Im privaten Bereich ist hier für einen wirksamen Haftungsausschluss insbesondere das ADAC-Vertragsmuster für Autokaufverträge von privat zu privat zu nennen. Ein solcher Ausschluss ist zumindest wirksam, wenn ein Verkäufer dabei ihm bekannte Mängel an der Kaufsache nicht bewusst verschweigt bzw. den Käufer nicht arglistig täuscht. Auch bei dem Vertragsmuster des ADAC ist zugunsten des gewerblichen Verkäufers der im Vertragstext vorgesehene Haftungsausschluss bei einem privaten Käufer nicht wirksam. Eine solche Regelung verstößt gegen das zwingende Verbrauchsgüterkaufrecht. In einem solchen Fall können dem privaten Käufer die ihm zustehenden Gewährleistungsrechte gegenüber dem gewerblichen Verkäufer nicht genommen werden.

Zu beachten ist auch, dass der Lauf der Gewährleistungsfristen im Kaufrecht stets ab dem Zeitpunkt der Übergabe der Sache an den Käufer zu laufen beginnt, wohingegen im Werkvertragsrecht der Lauf der Gewährleistungsfrist an die Abnahme der Werkleistung geknüpft ist, d. h. die Gewährleistungsfrist fängt erst mit der Abnahme der Werkunternehmerleistung an.

Gewährleistungsfristen für Baustoffe

Die Gewährleistungsrechte des Käufers verjähren allerdings nicht nach zwei Jahren, wenn die gekaufte Sache "entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist und dessen Mangelhaftigkeit verursacht hat" (siehe § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Verwendet ein etwas absonderlicher Bauherr statt einer Klingel ein in einer Musikhandlung erworbenes neues Musikinstrument bleibt es trotz des Einbaus des Instruments als Klingelersatz in das Gebäude bei einer zweijährigen Gewährleistungsfrist, wohingegen für eine neu gekaufte eingebaute Klingel vom Verkäufer fünf Jahre nach BGB zu gewährleisten ist.

Wichtig allerdings ist die von § 438 BGB vorgesehene spezielle Voraussetzung, dass die Sache tatsächlich für ein Bauwerk verwendet, d. h. eingebaut, und nicht nur lose vom Käufer auf Lager vorrätig gehalten wurde. Nicht verbaute Kaufsachen haben als Baustoff im Zweifel nur zwei Jahre Gewährleistung. Vor übertrieben langer Lagerhaltung von Baustoffen kann deshalb jeder Käufer nur dringend gewarnt werden.

Besonderes Risiko des Verbrauchsgüterkaufrechts

Oft sind sich gewerbliche Verkäufer des Risikos gar nicht bewusst, das sie mit ihren Geschäften eingehen. Viele kennen § 476 BGB und die dort fest geschriebene Beweislastumkehr nicht. Nach der nicht abdingbaren Vorschrift wird bei einem Mangel an einer Kaufsache vermutet, dass die Sache bereits bei Übergabe mangelhaft war. Der Gegenbeweis, den der Verkäufer wegen dieser speziellen Vorschrift führen müsste, gelingt freilich so gut wie nie und stärkt damit ganz gewaltig die Position des privaten Käufers (Verbrauchers).

Bestimmungsrecht des Käufers

Wenig bekannt ist auch die Vorschrift des § 439 Abs. 1 BGB. Danach kann der Käufer vom gewährleistungspflichtigen Verkäufer nach seiner Wahl entweder die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Nur wenn die Wahl der Nacherfüllungsart für den Verkäufer mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, kann der Verkäufer ausnahmsweise die Nacherfüllungsart verweigern, d. h. ein Verkäufer darf unter Umständen nachbessern und muss nicht in jedem Fall ein neues Gerät zur Verfügung stellen.

b) Werkvertragsrecht

Schwieriger ist die Situation im Werkvertragsrecht am Bau. Allgemein bekannt ist die werkvertragliche Gewährleistungsfrist von fünf Jahren bei einem Bauwerk nach § 634 a Abs. 2 Nr. 2 BGB oder von vier Jahren nach § 13 Abs. 4 VOB/B. Die lediglich vierjährige Gewährleistungsfrist in VOB-Verträgen wird in der Praxis oft durch Vereinbarung zulässigerweise auf fünf Jahre oder auch fünf Jahre und einige Monate verlängert. Was zu wenig beachtet wird, ist die Differenzierung der Gewährleistungsfristen in § 634 a BGB. Nach der Vorschrift sollen nur für Arbeiten bei einem Bauwerk die lange fünfjährige Gewährleistungsfrist gelten, nicht jedoch für Arbeiten an anderen Sachen, die kein Bauwerk darstellen, wie zum Beispiel bei Grundstücks- oder Wartungsarbeiten (nur zwei Jahre).

Verträge mit zwei- und fünfjähriger Gewährleistungsverpflichtung

Gerade im GaLaBau-Bereich führt nicht jeder BGB-Vertrag automatisch zu einer fünfjährigen Gewährleistungsfrist. Oft ist die Rechtsprechung nur schwer nachvollziehbar, wann eine fünfjährige Gewährleistungsfrist und wann eine zweijährige gelten soll. Nur bei "Arbeiten bei einem Bauwerk" soll laut Gesetzgeber die fünfjährige Frist gelten. Was allerdings unter "Arbeiten bei einem Bauwerk" gemeint ist, erklärt der Gesetzgeber nicht und hat dies der jahrzehntelangen Rechtsprechung anvertraut. Unter "Bauwerk" versteht man eine unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache.

Neues Urteil des BGH

Die Tendenz der Rechtsprechung ist recht eindeutig. Man ist insgesamt recht großzügig zugunsten der Auftraggeber mit dem Vorliegen der Voraussetzungen für "Arbeiten bei einem Bauwerk". Die Folge davon ist, dass die fünfjährige Gewährleistungsfrist auch bei GaLaBau-Verträgen nach BGB schon fast die Regel ist und selbst Arbeiten, bei denen man erhebliche Zweifel haben könnte, ob es sich noch um ein Bauwerk handelt, wurden dennoch von der Rechtsprechung hierzu gezählt. Gerade in letzter Zeit hat sich der Bundesgerichtshof mit einem Urteil vom 20.12.2012 (Az: VII ZR 182/10) mit der Frage befassen müssen, ob man es bei einem Vertrag mit Arbeiten bei einem Bauwerk oder mit Grundstücksarbeiten zu tun hat. Nach dem vom BGH jetzt entschiedenen neuen Rechtsstreit hatte der Auftragnehmer grundlegend einen Trainingsplatz mit Rollrasen, Rasentragschicht, Bewässerungsanlage und Rasenheizung zu erneuern.

Nach Meinung des BGH handelt es sich hier um ein "Bauwerk", so dass für die Entscheidung des Rechtsstreits eine fünfjährige Verjährungsfrist für Mängelansprüche maßgeblich war. Für die Zuordnung einer Werkleistung zu den Arbeiten bei Bauwerken ist nach Meinung des BGH neben der Bestimmung zur dauernden Nutzung die für Bauwerke typische Risikolage entscheidend, welche der Grund für die längere Verjährungsfrist sei. Diese typische Risikolage sei darin zu sehen, dass Mängel bei Bauwerken oft erst spät erkennbar werden, was eine längere Gewährleistungsfrist von 5 statt 2 Jahren rechtfertigen soll. Der BGH setzt mit seiner neuen Entscheidung die Linie der Rechtsprechung unverändert fort. Als Beispiele für ein Arbeiten bei einem Bauwerk sei das Herstellen einer Splitdecke auf einem Tankstellengelände, das Herstellen von Kopfsteinpflaster aus Betonformsteinen auf Schotterbett, das Ausschachten einer Baugrube und ähnliche Arbeiten genannt.

Als Grundstücksarbeiten, für die nur eine zweijährige Gewährleistungsfrist gelten soll, hat die Rechtsprechung zum Beispiel die Schotterung eines Waldweges, das Aufstellen eines einfachen Gartenbrunnens sowie reine GaLaBau-typische Pflanzungen, Pflege- und Reinigungsarbeiten ebenso wie reine Wartungsarbeiten angesehen.

Klare Regelungen in den Vertrag aufnehmen

Um überhaupt keine Auslegungsschwierigkeiten oder Missverständnisse hinsichtlich der Gewährleistungsdauer für in Auftrag gegebene Leistungen aufkommen zu lassen, sei den Vertragsparteien empfohlen, die Gewährleistungszeiten klar im Vertrag zu regeln. Wenn in einem Vertrag bezüglich der Gewährleistung nur verzeichnet ist, dass die Regelungen des BGB gelten, wird es schwierig, wenn ein Vertrag sowohl Leistungen bei einem Bauwerk als auch Grundstücksarbeiten vorsieht. Solche gemischten Verträge sind insbesondere nach dem Parteiwillen auszulegen. Oft wird von der Rechtsprechung auch angeregt, "unter Zugrundelegung einer natürlichen Betrachtungsweise zu ermitteln, ob die Leistungen vertraglich eine Einheit bilden oder Einzelleistungen unabhängig voneinander zu beurteilen sind". Diese Auslegungsregel der Rechtsprechung hilft in der Praxis oft nicht weiter.

So sollten klare Regelungen in das Vertragswerk aufgenommen werden. Denkbar wäre danach zum Beispiel im Einzelfall die vertragliche Leistung des Unternehmers für das Anlegen eines Rasens einer zweijährigen Verjährung unterfallen zu lassen, wohingegen eine ebenfalls in dem selben Vertrag in Auftrag gegebene massive Terrasse auf einer Betonplatte einer fünfjährigen Gewährleistungsfrist unterstellt wird. Steht in einem Werkvertrag lediglich als Gewährleistungsfrist fünf Jahre, wird man diese Frist so wohl allen in Auftrag gegebenen Arbeiten zuordnen und eine Frist von fünf Jahren annehmen.

Um erst gar keine Unsicherheiten aufkommen zu lassen, sollte man unter Zugrundelegung des zuvor geschilderten Beispiels für klare vertragliche Regelungen sorgen wie zum Beispiel "für die Arbeiten betreffend die Errichtung der Terrasse gilt eine fünfjährige Gewährleistungsfrist; für die übrigen Leistungen wie zum Beispiel das Anlegen eines Rollrasens eine zweijährige Gewährleistungsfrist".

Unterschiedliche Gewährleistung - getrennte Verträge

Denkbar wäre auch, für die Arbeiten mit unterschiedlichen Gewährleistungsfristen bewusst getrennte Verträge zu schließen, zumal bei Leistungen, die eigentlich einer Fertigstellungspflege bedürfen, sowieso stets klarstellende vertragliche Regelungen empfehlenswert sind. Hier sollte in den Vertrag für die erbrachte Leistung vor Beginn der Fertigstellungspflege eine (echte) Teilabnahme vertraglich vorgesehen werden, da ansonsten immer wieder der alte Streit aufkommt, ob eine Leistung erst nach Durchführung der Fertigstellungspflege abnahmefähig ist und erst dann der Lauf der Gewährleistungsfrist für die gesamte Leistung beginnen soll. Hier empfiehlt sich eine klare Abtrennung der übrigen Leistungen von der Fertigstellungspflege und spezielle vertragliche Regelungen für die Fertigstellungspflege.

Unterschiede VOB - BGB bezüglich der Gewährleistungsfristen

Die VOB und das BGB unterscheiden sich zumindest in der Praxis hinsichtlich der Gewährleistungsfristen weniger als gedacht. Für Arbeiten am Bau sieht die VOB zwar eine vierjährige Frist vor. In der Praxis wird daraus auf Verlangen der Auftraggeber sehr häufig dann doch eine fünfjährige vertraglich vereinbarte Gewährleistungsfrist. Bei Grundstücksarbeiten unterscheiden sich BGB und VOB praktisch überhaupt nicht. Für derartige Arbeiten gilt jeweils eine zweijährige Verjährungsfrist.

Daneben gibt es in der VOB noch eine Sonderregelung für vom Feuer berührte Teile von Feuerungsanlagen. Hier gilt eine zweijährige Gewährleistungsfrist. Zu beachten ist dabei allerdings, dass für die Feuerungsanlage selbst durchaus die längere Frist von zum Beispiel vier oder fünf Jahren gelten kann. Nur die vom Feuer berührten Teile der Feuerungsanlage selbst unterfallen nach der VOB der zweijährigen Frist, wohingegen das BGB keine Ausnahme macht, so dass dort zumeist für die gesamte Anlage eine fünfjährige Gewährleistungsfrist gilt.

Nur wenn zwischen den Parteien nichts anderes vereinbart ist, sieht die VOB des Weiteren für Teile von maschinellen und elektrotechnischen/elektronischen Anlagen, bei denen die Wartung Einfluss auf die Sicherheit und Funktionsfähigkeit hat, eine kurze Frist von zwei Jahren vor. Dies soll allerdings nur gelten, wenn der Auftraggeber für die Anlage keinen Wartungsvertrag abgeschlossen hat. Mit Wartungsvertrag beträgt die Gewährleistungszeit nach VOB vier Jahre, wobei die längere Frist nur gilt, wenn der Auftraggeber den Wartungsvertrag mit dem ausführenden Auftragnehmer und nicht mit einem Dritten abgeschlossen hat.

Schwierig wird es mit der Fristenberechnung, wenn nach § 13 Abs. 5 VOB/B durch Mängelrügen bzw. Mängelbeseitigungsleistungen Fristen gehemmt bzw. neu in Lauf gesetzt werden. Hinzu kommt dann vielleicht noch eine neue Frist durch Anerkenntnis gemäß § 212 BGB. Mit diesen Themen wird sich mein Beitrag im nächsten Heft ebenso beschäftigen wie mit der Frage: "Soll man für den Kunden Arbeiten aus Kulanz ausführen und welche Folgen hat das für die Vertragsparteien?"

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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