Was die realisierten Grünanlagen lehren

Nachhaltigkeit von Gartenschauen

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Gartengestaltung
Abb. 1: Gartenschaugelände im etablierten Reifezustand (Mannheim). Foto: Hartmut Balder

Im Weißbuchprozess "Grün in der Stadt - für eine lebenswerte Zukunft" hat die Politik die Handlungsfelder zur erfolgreichen Stadtbegrünung formuliert und sieht in Gartenschauen nach wie vor "bewährte Instrumente für integrierte Stadt- und Regionalentwicklungsprozesse mit dem Schwerpunkt "Grün in der Stadt". Die damit verbundenen konkreten Maßnahmen sind, je nach Ausgangslage und Zielsetzung, vielschichtig und betreffen etwa die Neuanlage von Stadt- und Landschaftsparks, Wohnumfeldbegrünung sowie die Umsetzung von Grünzugprojekten und Klimaschneisen.

Gartenschauen liefern belastbare Handlungsrahmen, indem sie Einzelmaßnahmen bündeln und eine verbindliche Zeit- und Finanzierungsplanung vorgeben" (BMUB, 2017). Der Bund will daher auch künftig Gartenschauen im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen und fordert die Akteure aus den grünen Disziplinen auf, mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit und in Veranstaltungen sowohl das Fachpublikum als auch die interessierte Öffentlichkeit über aktuelle Stadtentwicklungen zu informieren. Die Wissensvermittlung auf breiter Front steht demnach im Fokus. Der Nachhaltigkeit im Sinne des Weißbuchprozesses kommt daher eine große Bedeutung zu, sie zielt demzufolge auf den fachgerechten Umgang mit urbanen Ressourcen und setzt auf die planerische und handwerkliche Qualität out-put orientierter Grünprozesse mit integriertem Ansatz. Die Chance für künftige Gartenschauen?

Ziele - im Wandel der Zeit

In den Anfängen (bis 1939) lag die Motivation von Gartenausstellungen zu einem hohen Anteil in der Absicht, die gärtnerische Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Vorrangig wurden exotische Pflanzen präsentiert, Gärtner und Züchter zeigten ihre neuen Produkte und gaben Informationen zu den Produkten. Die Eigenwerbung stand hierbei durchaus im Vordergrund. Außerdem war es ein großes Fest mit entsprechender Aufmerksamkeit. Die Bundesgartenschauen nach dem 2. Weltkrieg ab 1951 (Hannover) waren aber bereits als Impuls und Instrument für die Stadtplanung zu verstehen. Die Städte mussten wieder aufgebaut werden und mit der Anlage der Ausstellung wurden der Bevölkerung für lange Zeit neue Grünräume gegeben.

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Diese brachten den Menschen Erholung, Hoffnung und versuchten die verlorene Identifikation wieder zurückzubringen (Eßer, 2011). Die Grünanlagen aus dieser Zeit sind bis heute existent und zeigen dem heutigen Besucher unter dem Aspekt der Langfristigkeit die Sinnhaftigkeit und den Lebenszyklus ausgereifter und funktionaler Planungskonzepte, Pflanzenverwendungen, Vegetationstechniken und Pflegekonzepte (Abb. 1). Diese positive Entwicklung bedarf noch einer wissenschaftlichen Auswertung, um daraus Erkenntnisse für eine optimierte Vorgehensweise der Zukunft zu gewinnen.

Im Laufe der nächsten Jahre wurden Gartenschauen zu einem beliebten Mittel, um die Stadtplanung gezielt und nachhaltig voranzutreiben; denn wenn eine Gartenschau geplant und realisiert wurde, waren alle notwendigen Maßnahmen dafür zu einem Zeitpunkt gebündelt, an dem die Ausstellung fertig sein musste. Die Städte, die sich um eine Gartenausstellung bemühten, den Zuschlag bekamen und sie ausrichteten, konnten sich sicher sein, dass die Ausstellung zum geplanten Zeitpunkt fertig und die stadtplanerischen und infrastrukturellen Maßnahmen ausgeführt waren. Die Grünanlagen zeigten sich dem Besucher daher in einem gärtnerisch guten Reifezustand, insbesondere Gehölze waren in der Regel nach mehrjähriger Anwuchsphase vital, gesund und charakteristisch in ihren Erscheinungsbildern. Die BUGA Berlin (1985) mit dem heutigen Britzer Garten ist mit zehnjähriger Bauzeit hierfür ein nachhaltiges Beispiel.

Mit den Folgejahren trat immer mehr der Gedanke in den Vordergrund, Beiträge zur Stadtentwicklung zu thematisieren. Klangvolle Namen wurden kreiert, Maskottchen als Botschafter entworfen und die lokalen Schwerpunkte im Marketing wortreich herausgestellt. Damit verbunden waren und sind bis heute immer komplexere und langwierigere Abstimmungsprozesse, Finanzierungsfragen, Bürgerbeteiligungen und verkürzte Bauzeiten. Die Organisation einer Gartenschau bis zum Eröffnungstag ist dadurch immer risikoreicher geworden, erste Absagen von Ausrichtern in der Endphase vor Projektbeginn (Osnabrück) oder örtliche Verlagerungen (IGA Berlin 2017) zeigen das Dilemma, in dem Ausrichter und die "grünen Akteure" immer mehr stecken. Insbesondere zwei- oder dreijährige Bauphasen können bei schwierigem Gelände kaum noch Rücksicht auf Witterung, Pflanzenverfügbarkeit und vegetationstechnische Belange nehmen, so dass bei genauer Betrachtung zur Einhaltung des Eröffnungstermins insbesondere die grünen Elemente vielfach nur "hingestellt" wirken, aber nicht mehr für die Besucher sichtbar die volle Funktion erreichen können (Abb. 2).

Nicht zuletzt deswegen nahm die Kritik an Gartenschauen in jüngerer Zeit zu, weil auch das allgemeine öffentliche Interesse, ausgedrückt durch deutlich abnehmende Besucherzahlen, seit den 90er-Jahren kontinuierlich nachgelassen hat (Balder u. a., 2011). Die junge Generation wird durch die bisherigen Ausstellungselemente scheinbar immer weniger angesprochen, da die Eventerwartungen in der Gesellschaft insgesamt zunehmen (Abb. 3). Die Erwartungen der Akteure selbst passen sich durchaus dieser Entwicklung an, zum Beispiel in der Reduktion der zu erreichenden Besucherzahlen. Erklärungen für Misserfolge werden jedoch nahezu ausschließlich bei Dritten gesucht, unter anderem schlechte Witterung (IGA Berlin 2017), Probleme im öffentlichen Nahverkehr (BUGA Havelregion 2015), geringe politische Unterstützung (IGS Hamburg 2013). Eine merkliche Neuorientierung oder Umkehr ist bislang nicht in Sicht, noch halten Akteure und Interessenten im Prinzip an den Grundkonzepten und ihren Inhalten fest (Schmohl, 2016). Wagemutige Konzepte wie dezentrale Ausstellungen werden trotz Bedenken und negativen Erfahrungen (BUGA Havelregion 2015) weiter verfolgt (BUGA Mittelrheintal 2031). Die Dachgesellschaft Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft hat aber durchaus in Würdigung der nunmehr 65-jährigen Geschichte erste Diskussionsprozesse zur Weiterentwicklung angestoßen (DBG, 2016).

Im Zuge der Gartenschauen wurden bislang nicht nur komplett neue Parkanlagen gebaut, sondern auch bestehende Grünanlagen umgebaut, saniert und erweitert. Von den Ausrichtern wird als nachhaltiges Ziel verstanden, wenn nach dem Schließen der halbjährlichen Tore der Gartenausstellung und dem Abbau der stationären Ausstellungselemente der neugeschaffene Park von der Bevölkerung genutzt wird, kostenlos oder mit Eintrittsentgeld. Die Nachnutzung einer solchen Anlage kann viele positive Folgen haben, zum Beispiel die Imageverbesserung von wirtschaftlichen und infrastrukturellen Einrichtungen und der sozialen Grünversorgung, Erholungs- und Freizeitflächen, Frischluftzonen und Tourismussteigerung. Auch lässt sich die Nachhaltigkeit von Planungskonzepten, Pflanzensortimenten oder Themengärten für Besucher nach der Inszenierungsphase besonders gut vermitteln - positiv wie negativ, setzt aber ein konsequentes pädagogisches Gesamtkonzept mit fachkompetenter Betreuung voraus. Diese positiven Effekte einer Nachnutzung können aber nur gelingen, wenn die Nachnutzung gut organisiert ist und die Menschen auch den Park in Gänze nutzen (Kubitz, 2012). Die zu geringen Besucherzahlen insbesondere in der Ausstellungsphase sprechen eher dafür, dass Marketing, Eintrittspreise, Informationsangebote und Grünflächenmanagement offensichtlich überdacht und die Nachhaltigkeit in den fachlichen Informationen für eine moderne Gesellschaft erst noch entwickelt werden müssen, um weiterhin Besucher während und nach der Schau auf die Ausstellungsareale zu locken (DBG, 2016).

Die aktuell großen Themen der Stadtbegrünung wie zum Beispiel funktionale Stadtvegetation der Zukunft, Wohnen und Arbeiten in einer grünen Zukunftsstadt, Klimawandel, integrierte Regenwasserbewirtschaftung, nachhaltige Unterhaltungs- und Betreiberkonzepte bieten den Stoff für neue Konzepte. Diese werden zwar inzwischen punktuell auf den Gartenschauen angekündigt, aber eher am Rande "mitgenommen" als sie sichtbar für den Besucher in den Mittelpunkt zu rücken (Abb. 4).

Die aktuellen Ziele werden von der DBG zusammengefasst als vorrangiger Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung verstanden:

"Besonderen Wert legen wir bei unserer Entscheidung für einen Standort auf ein stimmiges Konzept zur nachhaltigen Nutzung der neuangelegten Parklandschaften. Denn die BUGA- und IGA-Städte sollen nicht nur von der rund siebenmonatigen Öffnungszeit der eigentlichen Schau profitieren, die durchschnittlich zwei Millionen Besucher anzieht und den regionalen Tourismus fördert. Auch langfristig sollen die großzügigen Grünflächen die Attraktivität und Lebensqualität der Städte erhöhen, indem sie zur Erholung und Freizeitgestaltung einladen, neue Arbeitsplätze schaffen und den Wohnwert in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gelände steigern." (homepage DBG, 2018)

Die beteiligten Akteure und Zielgruppen haben aber durchaus weitere Interessen, die sich vorrangig unter ökonomischen Aspekten regional und überregional ergeben (Abb. 5). Die monetären Auswirkungen lassen sich über die Ausstellungsphase und den -ort hinaus aktuell mangels wissenschaftlicher Auswertung nicht beziffern, werden aber dringend benötigt.

Informationsgehalt - während und nach der Schau

Im Rahmen einer Masterarbeit an der Beuth Hochschule für Technik Berlin wurde der Informationsgehalt von Gartenschauen bundesweit untersucht (Schmohl, 2016). Die am häufigsten gezeigten Beiträge sind demnach die Blumenhallenschau, die Rosen- und Grabmalausstellung, dicht gefolgt von der Kleingarten- und der Rhododendrenschau. Die Gartenschauen 1938, 1951, 1953, 1967, 2013 und 2015 haben die zweithöchste Anzahl an Ausstellungsbeiträgen mit jeweils neun von zwölf Beiträgen. Auch die kleineren Landesgartenschauen können viele Beiträge beinhalten, so zum Beispiel Eutin (2016) mit elf der zwölf ausgewählten Ausstellungsbereiche. Die Untersuchung ergab auch, dass es auf Gartenschauen meist dieselben Ausstellungsbeiträge gibt. Ein sich wiederholender Aufbau der Gartenschaugelände konnte dabei nicht erkannt werden. Bei einigen Ausstellungen konnte aber erkannt werden, dass die Beiträge an ähnlichen Orten ausgerichtet werden. So finden sich die Wechselfloranlagen und auch die Blumenhallenschauen an den Eingangsbereichen, die Grabausstellungen eher am Rand des Geländes.

Während der Ausstellungsphase ist es wichtig, die Besucher mit nachvollziehbaren Informationen zu versorgen. Dies geschieht konventionell mit Schildern, die seit jeher in unmittelbarer Nähe von Exponaten platziert werden (Abb. 6). Zu den Informationen zählen beispielsweise Pflanzenneuheiten, neue Möglichkeiten der Pflanzenverwendung, Themengärten, Grabausstellungen oder Auszeichnungen im Rahmen von Wettbewerben. Die Informationen werden jedoch vielfach kurz gehalten, so enthalten sie häufig zum Beispiel lediglich den deutschen und botanischen Namen einer Pflanze. Auch umfassen die Beschilderungen vielfach nicht alle ausgestellten Pflanzen und sind mitunter schwer zugängig. Fachinformationen dürfen durch Bilder, Texte und Beratung zwar übermittelt werden, müssen aber seit jeher mit der Ausstellungbevollmächtigten abgesprochen werden. Gespräche mit Fachpublikum sind erlaubt (DBG, 2016, Ausstellungsordnung).

Von vielen Personen, die im Zuge dieser Studie kontaktiert wurden, konnte vernommen werden, dass Beschilderungen eine veraltete Informationsform darstellen, unübersehbare Werbung von Sponsoren finden viele ablenkend. QR-Codes fänden einige sinnvoller, da dann der Schilderwald zum Beispiel in Pflanzbeeten reduziert würde und es so auch nicht mehr zum Vertauschen kommen kann. So würden auch die jüngeren Besucher in den Genuss kommen mit ihrem Smartphone die Gartenschau zu erleben. Beete der Wechselflorflächen weisen häufig eine große Sortimentsvielfalt auf, so dass die Verwendung von Steckschildern die Besucher die Pflanzen vor lauter Schildern nicht mehr sehen würden.

Eine nachhaltige Informationsweitergabe (Beratung) setzt jedoch das persönliche Gespräch voraus. Von daher haben sich schon immer Behörden, Verbände, Ministerien mit größeren Ausstellungsbeiträgen und Pavillons präsentiert. Wohl aus Kostengründen und abnehmender Aufmerksamkeit nehmen diese Aktivitäten jedoch deutlich ab. In diese Funktion ist seit 2011 der i-Punkt Grün als zentrale Informations- und Beratungsstelle zum Themenbereich Gartenbau auf den Bundes- und Internationalen Gartenausstellungen getreten. Er ist eine Initiative der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft. Diese Beratungsstelle hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Besucher der Ausstellungen über zentrale Themen des Gartenbaus zu informieren und aufzuklären. Um dieses Ziel zu erreichen, wird den Besucher im Zeitraum der Gartenausstellungen ein Veranstaltungsprogramm angeboten, was nicht immer gelingt (Abb. 7).

Dieses besteht aus kostenlosen Präsentationen, Vorträgen, Workshops und Diskussionsveranstaltungen zu gartenbaulichen Themen. Immer wieder auftretende und sehr beliebte Veranstaltungen auf den Gartenschauen sind Veranstaltungen zu den Themen Pflanzenschutz, Obst und Gemüse, Gartenplanung, Pflanzenberatung, Kräuterberatung, Rosen, Floristikvorführungen sowie die Sprechstunden der Pflanzendoktoren, zu denen die Besucher kommen, um unter anderem Krankheiten an ihren Pflanzen bestimmen zu lassen oder die Pflanze selbst zu bestimmen. Zusätzlich können die Besucher auch Informationsmaterialien in Form von Broschüren und Flyern mitnehmen. Der Besucherzuspruch wäre höher, wenn der Pavillon logistisch besser in den Gesamtplan eingegliedert werden würde. Der Bekanntheitsgrad des i-Punkts ist eher gering.

Nach Schließung der Gartenschau verbleiben meist alle Pflanzungen nebst Beschilderungen. Abgebaut werden hingegen die temporären Informationspavillons. Die BUGA Hannover (1951) lockt noch immer mit gepflegter Beschilderung, was zeigt, dass gerade Pflanzenliebhaber mit Sortimentsinteresse gezielt diese Areale aufsuchen. Eine Nachbereitung der Informationen im Sinne einer weiteren Entwicklung von Pflanzen, was auch Fachbesucher anlocken würde, findet scheinbar nicht statt. Es obliegt vielmehr dem späteren Besucher, sich die Aspekte selbständig zu erschließen.

Erkenntnisse aus Studien zur Steigerung der Nachhaltigkeit

"Der grüne Tross zieht weiter zur nächsten BUGA" und "Wir müssen mit dem realisierten Park jetzt klar kommen", so Erfahrungen der Praxis nach dem Ende der Ausstellungsphase. Die damit verbundenen Probleme belegte eine bundesdeutsche Analyse zum nachhaltigen Umgang mit Bäumen vor, während und nach einer Gartenschau (Koch, 2009; Balder u. a., 2011). Eingriffe in Altbaumbestände wurden insbesondere den Gestaltungskonzepten zugerechnet, die in der Vergangenheit immer wieder unverträgliche Eingriffe in Kronen oder das Baumumfeld erforderlich machten. Mit vielen Neupflanzungen soll erwartungsgemäß der Grundstock für eine wüchsige Parkanlage geschaffen werden. Zu häufig sind aber wenig wüchsige Bäume, Fehlentwicklungen und Gehölzschäden die Folge, um als Vorbild und Leistungsbeleg für die grüne Branche zu fungieren (Abb. 8). Die Ursachen wurden in unsachgemäßer Vegetationstechnik, Schädlingsbefall, Pflegedefizite und mangelnde Nachnutzungskonzepte gesehen. Die Folgekosten derartigen Handelns sind hoch und bedeuten einen großen Werteverlust der geschaffenen Gartenschauareale durch Planungs- und Ausführungsmängel, wie die Analyse der BUGA Potsdam (2001) eindrucksvoll ergeben hat (Hanisch, 2003).

Nach diesen Erkenntnissen wurde in Absprache mit der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft begonnen, die Problemfelder anhand von realisierten Beispielen unter dem Langzeitaspekt näher zu analysieren, um wissenschaftlich fundiertes Informationsmaterial für Optimierungsprozesse und als Lehrmaterial für künftige Grünkonzepte im Allgemeinen zur Verfügung zu haben. Dies ergänzt in idealer Weise Forschungsarbeiten zum Stadtgrün im Sinne eines Feldexperimentes. Die wesentlichen Erkenntnisse in Verbindung mit Nachhaltigkeitsbestrebungen werden nachfolgend beispielhaft kurz dargestellt.

Gartenschauareale sind großflächig und ihre Realisierung ist mit Bodeneingriffen und dem Einsatz schwerer Technik unter anderem bei der Modellierung des Geländes verbunden. Damit die Vegetation über lange Zeit gut gedeihen kann und keine unvorhersehbaren Folgekosten entstehen, gilt nach alter gärtnerischer Erfahrung nach wie vor:

"Unverständigen und ungeübten Händen darf das Pflanzen von Bäumen in den Städten durchaus nicht überlassen werden, weil man hier mit zu widerwärtigen Boden-, Luft- und sonstigen Verhältnissen zu kämpfen hat und von deren strenger Beachtung allein das sichere und freudige Gedeihen oft recht kostspieliger Anlagen anhängig ist." (Fintelmann, 1877)

Lehmhaltige oder verdichtete Untergründe geben der Pflanzenverwendung nur wenig Spielraum, wenn es Ziel ist, Pflanzen langfristig sicher und ohne Folgekosten zu etablieren. 30 Jahre nach der BUGA Berlin (1985) zeigen inzwischen am dortigen Lehmstandort viele Bäume im heutigen Britzer Garten eine oberflächennahe weitläufige Wurzelentwicklung (Abb. 9). Hierunter leidet nicht nur die Ästhetik des Areals, sondern die Schäden an technischen Einrichtungen, Belägen und an den Bäumen selbst (Wurzelschäden durch Rasenmahd) sind unübersehbar und kostenträchtig. Als Ursache ist der nach langer Diskussion realisierte Vorschlag zu diagnostizieren, die Bäume auf dem lehmhaltigen Untergrund lediglich oberhalb der Bodenoberkante zu platzieren und das Gelände anschließend im Bereich der Baumstandorte durch Oberbodenaufträge modelliert anzupassen, was demnach nicht empfehlenswert ist.

Als punktuelle vegetationstechnische Lösung werden seit jeher bei Gehölzpflanzungen Baumgruben empfohlen, die sich in DIN-Normen und Regelwerken wiederfinden, zum Beispiel Pflanzempfehlungen der FLL (2015). Aus Kostengründen oder mangels nachhaltigen Denkens werden sie häufig kleindimensioniert realisiert. So wurde die BUGA Potsdam (2001) auf einem ehemaligen Militärgelände mit großflächigen Bodenverdichtungen und -belastungen konzipiert.

Baumgruben von einer Größe von 4 x 4 m erscheinen auf den ersten Blick zwar groß bemessen, sind aber für die Wurzelentwicklung künftiger Großbaumarten dennoch zu gering, vor allem auch dann, wenn das Bodenumfeld aufgrund der Belastungen absehbar nicht erschlossen werden kann. Heute zeigen sich die Spätfolgen: Die Wurzeln sind zwischenzeitlich an die Grubenwände gestoßen, verbleiben entweder in dieser (Blumentopfeffekt) oder wachsen oberflächennah in das Baumumfeld mit negativen Folgen für Ästhetik und Pflege (Abb. 10.) (Lengning, 2013). Ähnliche Probleme zeigen sich auch beim kleindimensionierten Einbau von überbauten Standorten (Abb. 11). Auch in der Vergangenheit hat diese Vorgehensweise zu größeren Problemen und Pflanzenausfällen geführt, zum Beispiel bei der BUGA Bonn (1979) durch Stauwasserbildung.

Damit verbunden ist auch die Frage des einzufüllenden Baumsubstrates. Positive Erfahrungen wurden auf dem Areal der BUGA Gera-Ronneburg (2007) gemacht, bei der auch neuartige strukturstabile Baumsubstrate eingebaut wurden. Die wissenschaftliche Auswertung der Baumentwicklung steht für diese Flächen allerdings noch aus, hat sich aber in anderen Studien bereits bewährt (Parche u. a., 2011; 2012).

In der Pflanzphase werden Gehölze in größerer Stückzahl und Wuchsstärke benötigt, um die Grünbilder im Baufortschritt kurzfristig zu realisieren. Früher pflanzte man kleinere Wuchsgrößen, die Gehölze hatten dann mehrere Vegetationsperioden Zeit, um sich am Standort zu etablieren und sich zur Ausstellungsqualität sicher zu entwickeln. Auch hierfür ist die BUGA Berlin (1985) ein positives Beispiel, bei der neutrale Experten unter anderem durch Pflanzenschutzmaßnahmen den Anwuchs und die Gehölzentwicklung als "Baum-Manager" sicherten.

Als Folge der immer kürzer werdenden Bauzeiten werden heute die Bäume nahezu ganzjährig und in stärkerer Pflanzstärke geordert und überregional eingekauft. Dies bringt immer wieder Probleme mit der Verfügbarkeit der Baumschulware, der Qualität, der Akklimatisierung, der Logistik sowie der Gehölzgesundheit und -vitalität mit sich. Die ausführenden Firmen stehen dann häufig vor dem Problem, in kürzester Zeit auf noch nicht endgültig vorbereiteten Flächen im laufenden Baugeschehen bei ungünstiger Witterung die Bäume vor Schäden zu bewahren und zum Anwachsen zu bringen. Insbesondere Großbäume sind hierdurch großem Stress ausgesetzt, vor allem auch dann, wenn die Akteure die Bäume lediglich in die Baumgruben setzen und wenig Maßnahmen zur Anwuchssicherung realisieren, unter anderem Vermeiden des Körnungsbruches, Kontrolle der Wurzelqualität, Sicherung von Bodenluft, Wasser- und Nährstoffhaushalt (Abb. 12.). Ein essentieller Pflanzschnitt wird besonders im Pflanzjahr vor der Eröffnung einer Gartenschau von der Projektleitung fast immer abgelehnt, da befürchtet wird, dass dadurch ein schlechtes Bild entstehen würde. Von daher zeigen viele Großbäume im Ausstellungsjahr und lange danach Symptome wie Kleinblättrigkeit, Kronendürre, Blattfall und Schaderregerbefall (Abb. 13).

Pflanzensortimente gehören seit jeher fest zu den Ausstellungskonzepten und unterliegen naturgemäß dem Wandel. Die kurzfristige Präsentation von Pflanzen in den aktuellen Konzepten (Abb. 14) lässt aber den Blick für die Entwicklung vorrangig von Gehölzen in der Reife- oder sogar Altersphase nicht zu, da häufig nach der Schau viele Ausstellungselemente wieder abgebaut werden. Es geht aber auch anders. So ist im heutigen Britzer Garten noch immer die große Gehölzpräsentation des Bundes Deutscher Baumschulen zur BUGA Berlin (1985) zu besichtigen. Dies ist heute ein idealer Lernort für phänologische, phytopathologische, naturschutzliche und klimarelevante Studien, wird aber wenig gezielt genutzt und wissenschaftlich schon gar nicht ausgewertet. Im Prinzip ein großer Fundus bei den aktuellen Diskussionen um künftige Gehölzsortimente.

Grüne Berufswerbung

Mit Ziel der Akteure ist seit langer Zeit die Eigenwerbung für die grünen Berufsfelder, um öffentlichkeitswirksam die Disziplinen und auch die Notwendigkeit der Fachkräfteausbildung für die Erstellung von Dienstleistungen oder Produkten auf hohem Niveau vorzustellen. Sehr aktiv war in dieser Hinsicht schon immer der Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau. Dies zeigt sich nachhaltig in den vielen Tätigkeiten des Baus und der Unterhaltung der Gartenschauen in allen Leistungsphasen, so dass die beteiligten Firmen sich zum Beispiel bei Themengärten den Besuchern durch Auszeichnungen präsentieren. Im sogenannten "Haus der Landschaft" wird immer wieder den Besuchern das Berufsbild vermittelt, wobei die Areale wie auf der IGA Berlin 2017 von den Besuchern nicht immer gut zu erschließen sind. Der Bekanntheitsgrad ist gemäß Umfrage bei den Besuchern eher gering (Schmohl, 2016).

Aber auch der "Landschaftsgärtner Cup" trägt seit langer Zeit hierzu bei, indem vor den Augen der Besucher Auszubildende innerhalb weniger Stunden ein vorgegebenes Planungskonzept im Leistungswettbewerb realisieren. Im Spiegelbild der Branche spielt dabei die Sicherung von Pflanzungen leider eine eher untergeordnete Rolle (Abb. 15). So darf es nicht verwundern, dass auch in der Nachschau der IGA Berlin 2017 anlässlich der Erprobung eines künftigen Zertifizierungssystems zur Nachhaltigkeit von Gartenschauen eben die Vegetationstechnik unter dem Aspekt der "Technischen Qualität" eine schlechte Bewertung erzielte (Behnisch, 2016).

Empfehlungen

Die kritische Betrachtung der aktuellen Gartenschauen lässt erkennen, dass bei den Besuchern in der Bevölkerung das Interesse am Besuch einer Gartenschau eher abnimmt. Studien haben ergeben, dass auch bei den Besuchern mit fachlichem Hintergrund die Bereitschaft zum Besuch ebenfalls nachlässt, da kaum neue Erkenntnisse erwartet werden. Neue Impulse werden also erwartet, die zur Weiterentwicklung der Nachhaltigkeit von Gartenschauen notwendig sind. Dies entspricht auch dem Geist des Weißbuchprozesses Stadtgrün und erfordert visionäre Kreativität. Best practise-Beispiele werden gewünscht, die ja eben auf Gartenschaugeländen positiv und negativ zu erleben sind, vor allem unter dem Langzeitaspekt. Es kann also empfohlen werden, eben diese medial aufzuarbeiten.

Damit die Vorteile und fachlichen Möglichkeiten der oben genannten Aspekte besser vermittelbar sind, beziehungsweise erst noch mit wissenschaftlichen Daten unterfüttert werden können, wären folgende Schritte dem Bemühen der DBG förderlich:

  • Konstruktiv kritische Begleitung von Planungsprozessen durch neutrale Experten zur Sicherstellung der dauerhaften Pflanzenentwicklung ohne planungsbedingte Folgekosten insbesondere auf schwierigen urbanen Flächen
  • Berücksichtigung aktueller wissenschaftlich abgesicherter Erkenntnisse in allen Bereichen der Vegetationstechnik zur Schaffung und Sicherung der Wachstumsbedingungen der geplanten Vegetation
  • Neutrales Controlling und Monitoring durch Experten während der gesamten Bauphase
  • Klare Offenlegung der ökonomischen Unterhaltungskosten in der Nachnutzung bereits im Wettbewerbsverfahren.
  • Rückbaukonzepte.
  • Erhaltungskonzepte
  • Entwicklung von Lehrinhalten
  • Betreuung der Lehrschauen
  • Weitere wissenschaftliche Studien zum Nachweis der Nachhaltigkeit der oben genannten Aspekte am Beispiel gebauter Gartenschauen
  • Aufarbeitung der Erkenntnisse in Handlungsempfehlungen für die Stadtplanung
  • Entwicklung neuer Marketingkonzepte für eine moderne Gesellschaft
  • Regelmäßige Präsentation der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf regelmäßigen Fortbildungs- bzw. Meinungsfindungsveranstaltungen; vorstellbar wäre sogar im Sinne eines Lehrgartens die Verpflichtung zur Teilnahme
  • Entwicklung eines effizienten Qualitätsmanagement-Systems, um dem Anspruch der DBG und der Sicherung des Labels gerecht zu werden

Künftige Gartenschauen müssen wieder verstärkt den Lehrgartenaspekt verwirklichen, um nicht dem Vorwurf der verdeckten Städtebauförderung ausgesetzt zu sein. In einem gewollten Netzwerk können sie vielmehr das Bewusstsein der Politik und der Öffentlichkeit für eine intensive Auseinandersetzung mit der nachhaltigen Stadt der Zukunft auf gesicherten Erkenntnissen wecken und nachhaltig sichern.

Literatur

Balder, H.; T. Kopf, 2011: Untersuchungen zum nachhaltigen Umgang mit Bäumen bei Gartenschauen in Deutschland. ProBaum 4, 8-14.

Behnisch, H., 2018: FLL-Experten bescheinigen IGA Berlin 2017 hohe Nachhaltigkeit. Neue Landschaft, 6, S. 18.

Bofinger, M., 2012: Welche Bedeutung haben Nachnutzungskonzepte für den langfristigen Erfolg von Gartenschauen in Deutschland. Masterarbeit Beuth Hochschule für Technik Berlin

BMUB, 2017: Weißbuch Stadtgrün - Grün in der Stadt - Für eine lebenswerte Zukunft. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB).

DBG, 2016: BuGa und IGA von 1951 bis 2051 - Wohin geht die Reise? Thesen und Trends. Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH.

Eßer, S., 2011: Nachhaltig über Generationen - 60 Jahre Bundesgartenschau. Stadt + Grün 3, 7-12.

Fintelmann, L., 1877: Über Baumpflanzungen in den Städten, deren Bedeutung, Gedeihen, Pflege und Schutz. J.U. Kern´s Verlag, Breslau.

FLL, 2015: Empfehlungen für Baumpflanzungen. Teil 1: Planung, Pflanzarbeiten, Pflege. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V., Bonn.

Hanisch, C., 2003: Werteverlust von Gehölzpflanzungen durch Planungs- und Ausführungsmängel. Diplomarbeit Beuth Hochschule für Technik Berlin.

Kopf, T., 2009: Nachhaltiger Umgang mit Bäumen bei Gartenschauen. Masterarbeit Beuth Hochschule für Technik Berlin.

Kubitz, E.-H., 2012: Von Kritikern völlig unterschätzt: Die Langzeitwirkungen der Bundesgartenschauen. Neue Landschaft 4, 62-66.

Lengning, T., 2014: Untersuchungen von Wurzelentwicklungen in Abhängigkeit von der Vegetationstechnik. Masterarbeit Beuth Hochschule für Technik Berlin

Parche, H.; A.-K. Land, A; H. Balder, 2011: Moderne Baumsubstrate optimieren urbane Standorte für Gehölze. Jahrbuch 2011 für mehr Grün in Städten, 83-88, Rolf Soll Verlag, Hamburg.

Parche, H.; A.-K. Land, H. Balder, H., 2012: Untersuchungen zur Optimierung von urbanen Baumpflanzungen durch moderne Baumsubstrate. ProBaum 2, 19-22.

Schmohl, S., 2016: Untersuchungen zu Gartenschauen und ihr Informationsgehalt. Masterarbeit Beuth Hochschule für Technik Berlin.

Prof. Dr. habil. Hartmut Balder
Autor

Professor für Phytopathologie und Pflanzenschutz im urbanen Bereich

Beuth Hochschule für Technik Berlin
 Susanne Schmohl
Autorin

Gartenbauingenieurin

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