Sachgerechte Saattechnik verbessert den Gräserbestand

Nachsaatverfahren für Strapazierrasen

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Exaktes Abschälen einer Altnarbe mit dem Field Top Maker: In jüngster Zeit gewinnt das Rotorschälen zur Verbesserung der Narbenzusammensetzung an Bedeutung. Foto: Klaus Müller-Beck

Die Qualitätsanforderungen an Rasensportplätze nehmen ständig zu. Im Bereich der Bundesliga werden mittlerweile höchste Anstrengungen unternommen, um während der gesamten Spielzeit eine vitale Rasenarbe zu präsentieren. Bodenheizung, Tragschicht-Armierung, Belichtungselemente und die regelmäßige Nachsaat mit Spitzensorten zählen zu den besonderen Maßnahmen. Der folgende Beitrag liefert Hinweise zur Auswahl geeigneter Gräser und zum sachgerechten Einsatz der Saattechnik für das Gelingen von Nachsaaten.

Gräserarten und Sorten bestimmen Rasenqualität

Als Grundlage einer dauerhaften Rasenfläche stehen naturgemäß die Gräserarten und die Leistungen der Gräsersorten im Mittelpunkt der Bewertung von Rasenmischungen. Als wichtiges Hilfsmittel zur Beurteilung der Sorten, gilt die „Beschreibende Sortenliste Rasengräser“.

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Die aktuelle Ausgabe 2016 wird gerade vom Bundessortenamt für die Veröffentlichung vorbereitet und steht zum kostenlosen Download zur Verfügung(Bundessortenamt, 2014 u. 2016). Neben den Gesamteignungsnoten, die auch in der FLL-Broschüre „Regel-Saatgut-Mischungen RSM“ genutzt werden, enthält die Sortenliste eine Vielzahl an Prüfparametern, wie beispielsweise Narbendichte, Unkrautfreiheit, Vegetationsaspekt oder Krankheitsanfälligkeit, die somit Auskunft über die Qualität einer Rasensorte liefern. Die Einstufung der Sorteneigenschaften erfolgt anhand einer Skala von 1 (sehr geringe Eignung/unerwünschte Merkmalsausprägung) bis 9 (sehr gute Eignung/gewünschte, beste Merkmalsausprägung). Mit diesen Noten lassen sich die angebotenen Regenerations-Mischungen (RSM 3.2) oder Mischungen für die Neuansaat eines Sportrasens (RSM 3.1) gut vergleichen. Spitzensorten haben ihren Preis, aber auch hier gilt: „Qualität zahlt sich aus!“ Die Verwendung von qualitativ hochwertigen Rasensorten und aufeinander abgestimmte Mischungen sind der wichtigste Grundstein bei der Neuanlage und Regeneration von Sportrasenflächen.

In der RSM 2017 werden derzeit 14 Gräserarten/-unterarten mit insgesamt 315 vom Bundessortenamt für die Rasennutzung geprüften Gräsersorten aufgeführt. Die zahlenmäßig stärksten Arten sind Festuca rubra ssp. (Rotschwingel) mit 115 Sorten, Lolium perenne (Deutsches Weidelgras) mit 108 Sorten und Poa pratensis (Wiesenrispe) mit 45 Sorten (Nonn, 2017).

Nachsaat zur Narbenverbesserung

Eine Verbesserung des Pflanzenbestandes oder die Förderung der Narbendichte bei Lückigkeit, erreicht man in der Regel durch gezielte Nachsaaten einer Regenerationsmischung RSM 3.2, mit leistungsfähigen Sorten aus dem Angebot der strapazierfähigen Grasart Lolium perenne (Deutsches Weidelgras). Sofern die Rasennarbe komplett zerstört ist und kaum ein Restbestand an Gräsern vorhanden ist, zum Beispiel im Strafraum oder in der Mittelachse des Spielfeldes, bietet sich auch die Sportrasenmischung RSM 3.1 mit den Arten Poa pratensis und Lolium perenne an.

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Sonderschau Rasen, Eisenach 2015: Parzellen mit Lolium multiflorum (Mitte hell) und Lolium perenne für die Nachsaat. Foto: Klaus Müller-Beck
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Sonderschau Rasen, Eisenach 2013: Dichte, feinblättrige Rasennarbe des tetraploiden Deutschen Weidelgrases Lolium perenne. Foto: Klaus Müller-Beck

Trends bei der Sortenentwicklung

Als jüngere Neuentwicklung bei Lolium perenne wurde bereits bei der demopark 2013 im Rahmen der Sonderschau Rasen eine Ansaat mit Ausläuferbildendem Deutschen Weidelgras (Regenerating Perennial Ryegrass = RPR) im Vergleich zum Standard gezeigt. Diese neuen Gräsertypen des Deutschen Weidelgrases bilden oberirdische Ausläufer (Pseudostolone) aus, die dazu dienen, bei einer hohen Weidelgras-Dominanz im Bestand, die Lücken in der Rasennarbe besser zu schließen. Im Sportrasen liefern sie eine optimale Ergänzung zu den Rhizomen der Wiesenrispe (Poa pratensis).

Die Lolium perenne-Sorten der Reihe CSI (Creeping Spreading Innovative) werden nach Lung (2014) als Creeping Perennial Ryegrass (CPR), eingeordnet. Durch die neue Genetik entwickeln die CSI-Sorten Triebe, die sich kriechend an der Bodenoberfläche ausbreiten können. Bei der Narbendichte ist von einer doppelt so hohen Narbendichte wie bei den herkömmlichen Lolium perenne-Sorten die Rede. Dies soll durch eine stärkere Bestockung und bis zu 90 Prozent Kriechtriebe erreicht werden. Die CSI-Sorten besitzen eine feine Blattstruktur, eine mittel- bis dunkelgrüne Blattfarbe, eine hohe Narbendichte und eine gute Krankheitsresistenz. Nach Lung (2014) können CSI-Sorten für Gebrauchs-, Sport- und Golfrasen (Tee, Fairway) eingesetzt werden.

In der Zusammenfassung der Auswertung der Ergebnisse zur praktischen Greenkeeper-Hausarbeit kommt Iten (2015) zu folgender Schlussfolgerung: „Bei den Ausläufer treibenden Sorten „CSI-1“ und „CSI-3“ konnten sowohl beim Freilandversuch als auch beim Gefäßversuch Ausläufer festgestellt werden. Im Gefäßversuch bildeten drei von zehn „CSI-1“-Pflanzen Ausläufer. 20 Prozent aller Triebe waren Ausläufer. „CSI-3“ kam auf einen Wert von 35 Prozent. Im Freilandversuch wurden auch bei den Standard Lolium perenne-Sorten „Esquire“ und „Passion“ vereinzelt Ausläufer beobachtet. Im Gefäßversuch konnte dies nicht dokumentiert werden.“

Bei den Weidelgräsern werden neben den neuen Sorten des Deutschen Weidelgrases (Lolium perenne) auch die neuen Gräsertypen des Einjährigen Weidelgrases ­(Lolium multiflorum var. westerwoldicum) in Mischungen genutzt. Beim Deutschen Weidelgras werden darüber hinaus Sorten des tetraploiden Gräsertyps angeboten, die sich von Futtertypen ableiten und ähnliche Eigenschaften aufweisen, wie sie bei den Einjährigen Weidelgräsern zu beobachten sind. Diese zeichnen sich nämlich durch eine sehr rasche Keimung auch bei niedrigen Temperaturen (ab 4?°C) aus.Für die Nachsaaten während der Winterspielperiode nutzen eine Reihe von Stadion-Greenkeepern verstärkt die Regenerationsmischungen mit Lolium multiflorum (z.?B. die SOS-Mischung), da durch die Bodenheizung im Stadionrasen die Mindesttemperaturen für die Keimung erreicht werden können.

Regenerationsmaßnahmen als Pflegekonzept

Bei der höchsten Stufe der Pflegeintensität werden Regenerationsmaßnahmen in Abhängigkeit vom Platzzustand zusammengestellt. Dabei stehen neben der Nachsaat die Tiefenlockerung und eine Wurzelaktivierung für den Sportplatz auf dem Programm. Ein Ablaufplan mit Richtwerten und der Möglichkeit zur Kombination der verschiedenen Maßnahmen sind in der Übersichtstabelle aufgeführt. Eine Tiefenlockerung mit dem Verti-Drain beziehungsweise Terra-Spike Gerät führt nachweislich zur Erhöhung der Wasserdurchlässigkeit und zur Optimierung der Durchwurzelung.

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Tab. 1: Ablaufplan für das Regenerationsprogramm eines Sportplatzes mit gezielter Nachsaat nach starken Narbenschäden (Termin: Sommerspielpause).
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Doppelreihiges Schlitzsaatgerät für die Rasennachsaat. Foto: Klaus Müller-Beck
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Nachsaat auf dem Sportplatz mit Spikeseeder im Rahmen einer Regenerationsmaßnahme. Foto: Klaus Müller-Beck
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Universalgerät Terra Float Air zur Rasenregeneration mit pneumatischer Saattechnik. Foto: Wiedenmann

Die Stimulierung des Wurzelwachstums lässt sich durch geeignete Nährstoffe und die Einarbeitung von Bodenhilfsstoffen zusätzlich fördern. So bildet beispielsweise das Silikat-Kolloid Agrosil LR im Nachgang zur Tiefenlockerung in allen Böden mit Wasser eine Mischung aus Silikat-Gelen und Silikat-Solen. Die hoch molekularen Silikat-Gele haben Kolloideigenschaften, sind mit Feinporen durchsetzt und speichern Wasser und Nährstoffe. Die niedermolekularen Sole sind im Boden beweglich und verteilen sich in einem Horizont bis zu 30?cm Tiefe. Sie vernetzen Bodenteilchen zu stabilen und dauerhaften Krümeln. Das Silikat-Kolloid transportiert das Phosphat im Boden, schützt es vor Festlegung und hält es dadurch voll pflanzenverfügbar. Diese Mehrfachwirkungen üben einen starken Wachstumsreiz auf die Wurzeln aus und ermöglichen den Gräsern die Erschließung eines größeren Horizonts zur Wasser- und Nährstoffversorgung (Compo-Expert, 2017). Das Regenerationswachstum stark genutzter Rasengräser wird deutlich verbessert. Fein verzweigte Wurzeln vernetzen und stabilisieren den Boden und schützen so vor Unebenheit durch Bespielung. Ein dichtes, tiefgreifendes Wurzelwerk ist die Basis für die nachhaltige Strapazierfähigkeit von Sportrasen.

Sachgerechter Maschinen-Einsatz

Wichtig für den Erfolg der Nachsaat auf dem Sportplatz ist die Art der Saattechnik. Es reicht nicht aus, das Saatgut mit dem Streuwagen oder von Hand auf die offenen Flächen zu streuen. In der Praxis haben sich spezielle Schlitznachsaatgeräte, Perforationsgeräte oder Spikeseeder bewährt. Vorteilhaft für die Keimentwicklung sind dabei der Bodenschluss und die damit verbundene, gleichmäßige Feuchtigkeit, die über entsprechende Beregnung vorgegeben wird. Nachsaaten sollten zur jährlichen Routine in der Sportplatzpflege zählen, da nur auf diese Weise die stark strapazierten Teilbereiche des Platzes mit einem Gräserbestand erhalten werden können.

Nachsaaten dienen auch der Bestandsveränderung zu Lasten der unerwünschten Art Poa annua. Beim Terra Float-Gerät lässt sich für die Rasenregeneration die Werkzeugwalze wahlweise mit Igel- oder Sternsegmenten ausrüsten, sodass je nach Werkzeugbesatz bis zu 1500 Löcher/m2 oder 500 Schlitze/m2 erzielt werden. Das sorgt für eine schonende Öffnung des Bodens und für eine perfekte Saatbettvorbereitung. Optional kann das Gerät mit einer geeigneten Saattechnik ausgestattet werden.

Nachsaat/Ansaat nach Rotorschälen

In Verbindung mit der Bearbeitung unterschiedlicher Hybridrasen-Systeme, aber auch zur Optimierung der Pflanzenbestände älterer Sportplätze, gewinnt in jüngster Zeit der Einsatz des Rotorschälens zur radikalen Verbesserung der Narbenzusammensetzung nach Abtrag der Altnarbe an Bedeutung. Insbesondere zur Funktionserhaltung der Tragschichtarmierung im obersten Horizont werden Regenerationsmaßnahmen bei Bedarf erforderlich. Der Umfang dieser Leistungen richtet sich nach der Nutzungsintensität und dem Witterungsverlauf. Bei einer vermehrten Anreicherung von organischer Substanz in den obersten Zentimetern des Belages oder bei einer verstärkten Abdeckung der Armierungsfasern durch Besandungsmaßnahmen, wird die Rasennarbe nach der Spielsaison exakt abgetragen, sodass die Fasen wieder einen Überstand von 15 bis 20?mm aufweisen beziehungsweise die Hybridtragschicht frei liegt. Für diese Arbeiten werden Spezialgeräte, wie der Koro Field Top Maker, Redexim Turf Stripper oder der Blec Combinator mit geeigneten Rotor-Werkzeugen eingesetzt. Zur Erhaltung der Ebenflächigkeit wird bei Bedarf ein entsprechender Ausgleich mit RTS-Material vorgenommen, bevor die Nachsaat mit der geeigneten Lolium perenne-Mischung erfolgt.

Das System der Narbenverjüngung durch Millimeter genaues Herausarbeiten der Altgräser (insbesondere bei einem erhöhten Besatz von Poa annua) wird gerade bei den Trainingsplätzen in der Bundesliga verstärkt genutzt. Je nach Ausstattung der Rotorfräse mit Winkelmessern, Stahlzinken oder Univers-Blättern und Terraplane-Blättern lassen sich die geeigneten Arbeitstiefen für den jeweiligen Pflanzenbestand so einstellen, dass bei einem günstigen Artenanteil von Lolium perenne und Poa pratensis ein gewisses Regenerationsvermögen erhalten bleibt. In Verbindung mit der Nachsaat der schnellkeimenden Regenerationsmischung kommt es bei günstigen Witterungsbedingungen zu einem raschen Narbenschluss. Zur Verkürzung der Keimzeiten insbesondere in den Strafräumen der Sportplätze, werden verstärkt durchlässige Folien (Flies) in den ersten Tagen nach der Saat ausgelegt. Im Stadionbereich kommt bei ungünstigen Lichtverhältnissen dann noch eine gezielte Vegetationsbelichtung zum Einsatz.

Fazit

Die Nachsaat von Sportrasenflächen wird zu einem maßgeblichen Instrument bei der Erhaltung der Narbenqualität für ein regelgerechtes Fußballspiel. So spielt diese Maßnahme nicht nur auf den Rasenflächen der Stadien eine wesentliche Rolle sondern gerade bei der Vielzahl der Trainingsanlagen sind regelmäßige Nachsaat-Konzepte dringend erforderlich, um die Benutzungsintensität auf einem angemessenem Niveau zu halten.Eine besondere Herausforderung für den Platzwart beziehungsweise Greenkeeper stellen zusätzliche Veranstaltungen wie Konzerte, Freiluftaktivitäten oder Turnier-Wochenenden auf dem Rasen dar. Überstrapazierung erfordert in der Regel eine Regenerationsmaßnahme mit Lockerungsarbeiten in Verbindung mit einer Nachsaat zur Wiederherstellung der angemessenen Platzqualität.

Literatur

Bundessortenamt BSA, 2014 u. 2016: Beschreibende Sortenliste Rasengräser 2014.

www.bundessortenamt.de/internet30/fileadmin/Files/...

Compo Expert, 2017: Produktinformation Agrosil LR.

Iten, F., 2015: Erfassung von Unterscheidungsmerkmalen zwischen Lolium perenne-Sorten mit und ohne Ausläuferbildung auf dem Golfplatz Blumisberg. Z. European Journal of Turfgrass Science, S. 63–71.

Lung, G., zit. in Iten, F., 2015.

Nonn, H., 2017: Änderungen bei Regel-Saatgut-Mischungen Rasen 2017.

DRG Rasenthema Jan. 2017

www.rasengesellschaft.de/content/rasen-thema/2017/...

Einsatz des Rotovators zur Bearbeitung der Rasennarbe einer armierten Hybridrasen-Tragschicht. Foto: Klaus Müller-Beck
Koro Field Top Maker mit Winkelmessern zur Bearbeitung einer Altnarbe. Foto: Klaus Müller-Beck
Ausrollen einer atmungsaktiven Folie (Flies) zur Beschleunigung der Keimentwicklung nach der Nachsaat. Foto: Klaus Müller-Beck
Zusätzliche Belichtungseinheit zur Stimulierung der Keimung bei der Strafraum-Nachsaat im Stadion. Foto: Klaus Müller-Beck
Univers-Rotor am Field Top Maker. Foto: Klaus Müller-Beck
Autor

Vorsitzender der Deutschen Rasengesellschaft e.V.

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