Neue Antriebskonzepte für mobile Arbeitsmaschinen

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Im automobilen Bereich ist seit Jahren ein zum Teil politisch erzeugter Trend zu hybriden und vollelektrischen Antrieben zu erkennen. Die Anzahl der Veröffentlichungen in diesem Bereich steigt täglich an und die Hersteller bieten für alle Fahrzeugklassen die verschiedensten Modelle und Hybridisierungsgrade. Während Forschung, Industrie und Medien die sogenannte Elektromobilität als Schlüssel für zukunftsweisende und effiziente Antriebe anpreisen, nehmen die Kunden die neuen Alternativen nur sehr verhalten an.

Der Anteil der Neuzulassungen von Hybrid- und Elektro-Pkw bleibt - trotz Steigerungen - mit 0,8 Prozent in 2011 deutlich hinter den Zielen von Politik und Herstellern zurück [1]. Ähnliches lässt sich auf dem Sektor der Baumaschinen beobachten. Auch hier sind in Fachzeitschriften und auf Fachmessen immer wieder Studien und Prototypen von Maschinen mit alternativen Antrieben zu sehen. Im betrieblichen Alltag und auf den Baustellen sind diese Maschinen jedoch nicht im Einsatz. Liegt dies an der noch nicht ausgereiften Technik, an den zu hohen Kosten für die Anschaffung oder stehen die Kunden und Anwender dieser Antriebstechnologie zu kritisch gegenüber? Ist der Trend "E-Mobilität" vielleicht nur aus dem Pkw-Sektor übergesprungen und machen diese Lösungen bei Baumaschinen keinen Sinn?

Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über den Stand der Technik, das Für und Wider alternativer Antriebe, die Schlüsseltechnologie der elektrischen Energiespeicherung und zeigt am Projekt "LIB-Off-Road", wie Konzepte zur Elektrifizierung von mobilen Arbeitsmaschinen helfen können, die Technologie in den Markt zu bringen. Letztendlich verbinden sich mit der Einführung elektrischer Antriebe für Hersteller, Kunden und Anwender große Chancen.

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Motivation

Die Baumaschinenindustrie ist in der deutschen Industrielandschaft ein wichtiger und extrem stark exportorientierter Wirtschaftszweig. Insgesamt exportierte die Branche 2011 Bau- und Baustoffmaschinen mit einem Volumen von 9,3 Milliarden Euro bei einem Gesamtumsatz von 12,6 Milliarden Euro [2]. Die deutsche Industrie besitzt dabei in vielen Bereichen dieses globalen und hoch kompetitiven Marktes die Technologieführerschaft. Die Erhaltung und der Ausbau dieses Wettbewerbsvorsprungs sowie des hohen Qualitätsniveaus sind eine immanente Aufgabe und ein Kernziel zur langfristigen Sicherung und Entwicklung des Industriestandorts Deutschland. Die zumeist mittelständischen Betriebe der Branche müssen sich auch zukünftig mit innovativen und effizienten Maschinen gegenüber der weltweiten Konkurrenz durchsetzten.

Als Hauptargumente für die Elektrifizierung des Antriebsstranges werden immer wieder die Energieeffizienz der Technologie beziehungsweise die zu erzielenden Kraftstoffeinsparungen und die Reduzierung von Schadstoffemissionen genannt. War der Anteil der Kraftstoffkosten auf den Baustellen im Vergleich zu den Gesamtkosten in der Vergangenheit noch überschaubar, wird dieser zukünftig eine immer größere Rolle spielen. Allein in den letzten 20 Jahren hat sich der Preis für 1 l Dieselkraftstoff jedes Jahr durchschnittlich um fünf Prozent erhöht. In Anbetracht begrenzter Ressourcen, wachsender Weltwirtschaft und -bevölkerung ist nicht davon auszugehen, dass sich dieser Trend umkehrt. Die in allen Industrieländern eingeführten und immer schärfer werdenden Gesetze zur Begrenzung der Schadstoffemissionen beziehungsweise die Belastung der Luft durch Feinstaub, Partikel und Abgase stellen die Hersteller zusätzlich vor große Herausforderungen.

Energetische und ökologische Betrachtungen machen allerdings im Hinblick auf mobile Arbeitsmaschinen nur einen Teil der Rechnung aus. Die größten Vorteile der elektrischen Antriebe spiegeln sich erst im zu erzielenden Arbeitsergebnis wieder. Durch die Vorzüge von Elektromotoren eröffnen sich große Potenziale für eine Verbesserung des Arbeitsprozesses selbst. Darüber hinaus bietet ein elektrischer Antriebsstrang bei mobilen Arbeitsmaschinen weitere Verkaufsargumente. Der Einsatz von geräuscharmen Elektromotoren mindert die Lärmemissionen am Arbeitsplatz erheblich. Auf Baustellen arbeitet das Bedienpersonal fast ausschließlich auf oder in unmittelbarer Nähe zu den Maschinen. Die Reduktion von Vibrationen, Schadstoff- und Lärmemissionen schont das Personal und kann zu einer höheren Produktivität beitragen. Zusätzlich zur Entlastung des Bedienpersonals erlaubt dies, Maschinen in lärmsensiblen Bereichen einzusetzen, beispielsweise in Wohngebieten, Naturschutzgebieten oder auf Baustellen im Nacht-Schicht-Betrieb.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alternative Antriebstechnologien die Chance bieten, die Umwelt, die Geldbörse und den Menschen an der Maschine zu schonen. Schon ein einzelner dieser Punkte kann bei Neuentwicklungen den Ausschlag zu einem neuen Antriebskonzept geben.

Stand der Technik

Im Vergleich von On-Road-Fahrzeugen zu Baumaschinen oder mobilen Arbeitsmaschinen allgemein liegt ein wesentlicher Unterschied darin, dass nicht der Transport von A nach B, sondern die Ausführung der Arbeitsfunktionen im Vordergrund steht. Dies erfordert eine Leistungsverteilung in der Maschine. Nach heutigem Stand der Technik sind fast alle mobilen Bau- und Arbeitsmaschinen vollständig diesel-hydraulisch angetrieben. Dieses Antriebskonzept wird unabhängig von Größe, Hersteller und Einsatzzweck standardmäßig und seit vielen Jahrzehnten verwendet. Der Primärenergieträger Dieselmotor treibt in der Regel über ein Verteilergetriebe die Pumpen für die hydraulischen Aktuatoren der einzelnen Fahr- und Arbeitsfunktionen an. Diese Technik hat sich auf den Baustellen bewährt und ist weitgehend zuverlässig und robust. Außerdem können die oft kleinen und mittelständischen Unternehmen die Verfügbarkeit von Service und Ersatzteilen gewährleisten.

In den letzten zehn Jahren wurden auf Messen und in der Fachpresse mehr als ein Dutzend Hybridbaumaschinen präsentiert, aber bislang ist bis auf eine Ausnahme keine kommerziell erhältlich. Ebenso wurden weder Einsatz- noch Erfahrungsberichte publiziert. Die Gründe dafür sind vielfältig: Gegenwärtig besteht keine technische, wirtschaftliche oder vom Gesetzgeber herbeigeführte Notwendigkeit elektrische Antriebslösungen zu etablieren. Da auch die Kunden dies nicht von den Herstellern direkt fordern, wird der erhebliche Aufwand, der hinter solchen Entwicklungen steht, bisher vermieden.

Ausnahmen sind zum Beispiel dieselelektrische angetriebene Miningmaschinen wie große Radlader und Muldenkipper mit Betriebsgewichten von mehreren hundert Tonnen, der Kettendozer D7E von Caterpillar oder auch der teilhybridisierte Komatsu-Bagger HB 215 LC-1. Letzterer, ein 21-t-Kettenbagger, wird seit 2012 auch in Deutschland verkauft. Komatsu gibt an, seit 2009 weltweit mehr als 1700 Einheiten verkauft zu haben [4]. Der Bagger besitzt einen elektrischen Schwenkantrieb für den Oberwagen anstelle des herkömmlichen hydraulischen und nutzt Supercaps als Energiespeicher. Diese speichern kurzzeitig die elektrische Energie, die der Schwenkmotor beim Abbremsen der Schwenkbewegung des Oberwagens liefert und stellen sie für die darauffolgende Beschleunigung wieder zur Verfügung. Bei entsprechenden Arbeitszyklen mit hohem Schwenkanteil und großem Schwenkwinkel sind signifikante Einsparungen möglich. Komatsu spricht von einem Minderverbrauch von durchschnittlich 25 Prozent im Vergleich zum hydraulischen Pendant [4].

Bei den großen Miningmaschinen von Herstellern wie LeTourneau, Liebherr oder Unit Rig wird mittels drehmomentstarker Elektromotoren der Fahrantrieb ohne zusätzliches Getriebe realisiert. Der Dieselmotor treibt einen Generator an, der Strom wird gleichgerichtet und separate Wechselrichter versorgen die einzelnen Radantriebe. Bei diesem gängigen Antriebskonzept werden Wechselstromgeneratoren und -motoren eingesetzt, aber auch Konzepte mit Gleichstrommotoren kamen in der Vergangenheit zum Einsatz.

In der industriellen Fertigung sind elektrische Antriebe Standard. Es gibt Motoren in allen Leistungsklassen und für die unterschiedlichsten Applikationen. In der Robotik und bei Werkzeugmaschinen arbeiten elektrische Aktuatoren hochdynamisch und präzise und sind dabei äußerst zuverlässig und nahezu verschleißfrei. Die elektrischen Maschinen für industrielle und stationäre Anwendungen lassen sich allerdings nur sehr eingeschränkt in Bau-, Land- oder Kommunalmaschinen einsetzen. Die oben aufgeführten Verwendungsbeispiele bei mobilen Arbeitsmaschinen zeigen aber, dass entsprechende Technik auch für raue Umgebungsbedingungen gut geeignet ist, der Service funktionieren kann und sicherheitstechnische Problemstellungen lösbar sind. Systemlieferanten und Hersteller arbeiten zurzeit an speziellen elektrischen Maschinen, die den hohen Anforderungen in Baumaschinen genügen und die notwendigen hohen Schutzklassen aufweisen.

Hybridantriebe müssen zusätzlich zum Kraftstofftank über einen zweiten Energiespeicher verfügen. Dieser eignet sich, überschüssige, nicht benötigte oder zurück gewonnene Energie temporär zu speichern und letztendlich Kraftstoff zu sparen. Grundsätzlich bieten sich zur Speicherung der Energie in Fahrzeugen und Maschinen unterschiedliche Systeme und Formen am:

  • Schwungrad (mechanisch/kinetisch)
  • kumulatoren/Batterien (elektrochemisch)
  • Doppelschichtkondensatoren (elektrisch)
  • Fluide Druckspeicher (mechanisch/potenziell)

Druckspeicher können in Verbindung mit hydraulischen Systemen sinnvoll eingesetzt werden. Für rein elektrische Antriebsysteme macht die Kombination mit der komplexen Hydraulik jedoch keinen Sinn. Kondensatoren und Schwungräder sind gut geeignet für Hybridsysteme, die kurzzeitig hohe Leistungen puffern müssen. Um schwere Baumaschinen dauerhaft mit Energie zu versorgen, sind Druckspeicher, Kondensatoren und Schwungradsysteme auf Grund ihrer zu geringen Energiedichte aber nicht geeignet. Für größere Energiemengen, wie sie beispielsweise zum rein elektrischen Betrieb notwendig wären, kommen aus heutiger Sicht ausschließlich Batterien in Frage. Allerdings verhindern hohe Kosten, die begrenzten Kapazitäten, lange Ladezeiten und die ungenügende Lebensdauer trotz Forschungsaktivtäten und Investitionen in die Batterietechnologie für mobile Anwendungen immer noch eine Nutzung der Potenziale.

Zukünftig bieten Lithium-Ionen-Akkumulatoren am ehesten die geforderte Leistungs- und Energiedichte sowie einen hohen Wirkungsgrad bei der Wandlung von elektrischer zu chemischer Energie und umgekehrt. Zudem soll die Zyklenfestigkeit beziehungsweise die Lebensdauer, steigen und eine standardisierte Massenproduktion akzeptable Preise ermöglichen [6]. Tabelle 1 zeigt den Vergleich von Energiedichte und Kosten für Fahrzeugbatterien und die angestrebte Entwicklungen von Lithium-Ionen-Batterien nach [6], [7] und [8].

Neben der Skepsis der Kunden verhindern folglich die bisher unzureichenden elektrischen Energiespeicher die Durchsetzung von hybriden und rein elektrischen Fahrzeugen. Diese stellen den technologischen Schlüssel zum Erfolg dar. Glaubt man den Prognosen, ist zumindest für kleinere Baumaschinen ein sinnvolles Verhältnis der Kosten und des Gewichtes der Batterie zur Basismaschine zukünftig erreichbar. Allerdings wird der Dieselmotor als Primärenergieträger in schweren Baumaschinen in naher Zukunft nicht zu ersetzen sein. Auch der Einsatz von anderen Alternativen, wie zum Beispiel von Brennstoffzellen, ist auf absehbare Zeit nicht realistisch.

Potenziale elektrischer Antriebe

Moderne elektrische Generatoren, Umrichter und Motoren arbeiten über einen großen Betriebsbereich mit Wirkungsgraden von über 90 Prozent. Bei einem seriellen Hybrid, dass heißt einer mechanischen Entkopplung zwischen Dieselmotor und Abtrieben, lassen sich Gewichts- und Volumenvorteile durch den Wegfall von Getrieben, Kupplungen und Antriebswellen erzeugen. Außerdem kann der Verbrennungsmotor in emissions- und verbrauchsgünstigen Betriebspunkten betrieben werden. Durch eine geschickte Dimensionierung eines Energiespeichers zur Abdeckung von Lastspitzen kann ein kleinerer Dieselmotor verwendet und eine sogenannte Start-Stopp-Funktion für Nulllast oder niedrige Teillastbereiche implementiert werden. Sie erlaubt die Abschaltung des Verbrennungsmotors während des Betriebs.

Alle diese Punkte können dazu beitragen, den Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffemissionen deutlich zu reduzieren. Auch lassen sich gegebenenfalls die aufwändigen Abgasnachbehandlungssysteme verkleinern. Unter 37 Kilowatt Leistung benötigen Dieselmotoren auch nach 2013 in Europa weder einen Dieselpartikelfilter noch ein katalytisches System zur Reduktion von Stickoxiden mittels Harnstoffen. Unter 56 kW Leistung würde ab 2014 ein Dieselpartikelfilter genügen [9]. Voll elektrische Maschinen arbeiten lokal emissionslos und bieten so weitere Vorteile, beispielsweise innerhalb von Gebäuden, beim Tunnelbau oder im urbanen Umfeld, wie in smogbelasteten Ballungsräumen in Asien. Der alternative Betrieb einer elektrischen Maschine per Netzstrom kann dabei kurzfristig die heute noch nicht praktikablen Batteriepakete ersetzen.

Elektromotoren lassen sich besser und vor allem bedarfsgerechter regeln und ermöglichen im Vergleich zum herkömmlichen Antriebskonzept eine höhere und einfachere Arbeitsprozessautomation. Sie liefern bereits beim Anfahren aus dem Stillstand ihr volles Drehmoment. Leistung der Elektromotoren, Anlaufverhalten, Drehzahl und gegebenenfalls Position können dem Arbeitsprozess oder der jeweiligen Funktion optimal angepasst werden. Auftretenden Leistungsspitzen können durch eine kurzzeitige Überlastung der Antriebe abgedeckt werden. Es lässt sich in Verbindung mit der Arbeitseinheit ein großer funktionaler Vorteil generieren, der das letztendliche Arbeitsergebnis verbessert und die Produktivität erhöht.

Vor allem bei Maschinen mit vielen drehenden Antrieben und bei dezentralen Arbeitsprozessen, die eine Leistungsverteilung auf mehrere kleinere Antriebe erfordern, können elektrische gegenüber hydraulischen Antriebssystemen punkten. Die Vernetzung und Verkabelung der Komponenten ist deutlich einfacher und übersichtlicher zu gestalten. Bei entsprechend hohem Spannungsniveau des Bordnetzes bleiben die Leitungsquerschnitte gering, die Übertragung der Leistung geschieht nahezu verlustfrei und geeignete Stecker und Schnittstellen garantieren Service- und Wartungsfreundlichkeit. Die Leistungsverteilung bei hydraulischen Systemen mittels Ventilen, Verrohrung und/oder Verschlauchung, sowie Verbindungs- und Kupplungselementen ist aufwändiger. Die Installation, die Wartung und ein schlechter Wirkungsgrad durch lange Leitungen, zu geringe Querschnitte und viele Steuerkanten bedeuten letzten Endes hohe Kosten für den Kunden. Schnelllaufende Elektromotoren mit Flüssigkeitskühlung und gegebenenfalls Untersetzungsgetrieben können die notwendige Leistungsdichte für mobile Anwendungen realisieren. Allerdings können elektrische Antriebe die hydraulischen Antriebe nach dem heutigen Stand der Technik nicht vollständig ersetzen.

Für translatorische Bewegungen mit großen Kräften und hohen Verstellgeschwindigkeiten ist kein Ersatz zu Hydraulikzylindern in Sicht. Durch die um den Faktor drei bis fünf höhere Leistungs- und Kraftdichte von hydraulischen Aktuatoren stoßen die elektrischen Alternativen oft an ihre Grenzen. Wenn aber aus Gründen der Traktion oder Standsicherheit ein bestimmtes Maschinengewicht nicht unterschritten werden darf, hat das zum Teil höhere Gewicht keine negativen Auswirkungen.

Hydraulisch angetriebene Baumaschinen führen, je nach Größe, häufig mehrere 100 l Hydrauliköl mit sich. Da Leckagen, besonders bei älteren Maschinen, leider zur Tagesordnung gehören kommt es immer wieder zu Bodenkontaminationen. Auf Baustellen in Natur- und Wasserschutzgebieten sind teure, biologisch abbaubare Spezialöle vorgeschrieben. Dieselelektrische mobile Arbeitsmaschinen benötigen keinen Hydrauliköltank, keine Filter und natürlich auch keinen Hydraulikölwechsel.

Der umweltfreundliche Betrieb, weniger Betriebsstoffe, die Minimierung von Ölmengen, aber auch verschleißfreies Bremsen, der stark reduzierte Wartungsaufwand und die hohe Zuverlässigkeit elektrischer Antriebe senken die Betriebskosten deutlich. Erfahrungen in der Vergangenheit, beispielsweise mit dem dieselelektrischen Straßenfertiger Vögele Super 1800 DE bestätigen dies. Nach dreijähriger Betriebszeit, 3900 Betriebsstunden, 182.000 t Einbaumaterial und unter vergleichbaren Rahmenbedingungen wurde ein hydraulischer Super 1800 Fertiger mit einem dieselelektrisch betriebenen Super 1800 DE von der Hochtief Verkehrswegebau GmbH verglichen. Ergebnis: Unter anderem wurde 55 Prozent weniger Kraftstoff verbraucht und die Wartungskosten um 80 Prozent reduziert [10].

Konzepte für dieselelektrische Radlader, Seilbagger, Straßenfertiger, Vibrationswalzen und für die Elektrifizierung von einzelnen Maschinenfunktionen, wie zum Beispiel den Antrieben für Verladebänder an Kaltfräsen, gibt es genügend. Technologisch aufwändige Neuerungen aber stellen Hersteller und Kunden immer wieder vor Fragen:

  • Lohnt sich der finanzielle Aufwand wirklich?
  • Wann kommt der Return of Investment?
  • Gelingt es, die Technik mit der notwendigen Reife und Zuverlässigkeit in den Markt zu bringen?

Betrachtet man alle Vorteile und bezieht das Potenzial zur Automatisierung mit ein, können elektrische Antriebslösungen in Baumaschinen heute schon kostengünstiger sein als ihre hydraulischen Gegenstücke. Durch erfahrungsgemäß langlebige Komponenten lässt sich gegebenenfalls auch die Abschreibungsdauer der Maschinen verlängern. In erster Linie will der Betreiber Geld mit der Maschine verdienen und es interessiert abschließend nur, wie preiswert ein bestimmtes Arbeitsergebnis realisiert wurde.

Projekt LIB-OFF-Road

Ein zurzeit noch laufendes Projekt an der Fachhochschule Köln beschäftigt sich mit dem "Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien in Off-Road Nutzfahrzeugen zur Effektivitäts- und Autarkiesteigerung (Projekt LIB-OFF-Road)". Untersucht werden dabei die Möglichkeiten des Einsatzes von Elektrifizierung in Verbindung mit Lithium-Ionen-Batterien auf mobilen Arbeitsmaschinen sowie landwirtschaftlichen Maschine-Gerät-Kombinationen. Zu den Arbeitsschwerpunkten des Verbundprojektes gehören außerdem die Entwicklung eines Batteriedemonstrators sowie Aufbau und Test eines Demonstratorfahrzeugs mit hybridem Antriebsstrang. Am vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten Projekt sind folgende Partner beteiligt:

  • John Deere Werke Mannheim
  • Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung
  • Technische Universität München, Lehrstuhl für Verbrennungskraftmaschinen (LVK)
  • Enders Ingenieure GmbH
  • Fachhochschule Köln, Institut für Landmaschinentechnik und Regenerative Energien

Unterstützt wird das Projekt von der TÜV Rheinland Consulting GmbH als Projektträger. Das Projekt "Einsatz von Lithium-Ionen-Batterien in Off-Road Nutzfahrzeugen zur Effektivitäts- und Autarkiesteigerung (LIB-OFF-Road)" beinhaltet die Weiterentwicklung, Optimierung und serienmäßige Applizierung von großen Lithium-Ionen-Batterien in landwirtschaftlichen und anderen Off-Road Nutzfahrzeugen. Als Projektziele wurden unter anderem definiert:

  • Die Verbesserung der Energieeffizienz unter Berücksichtigung der vielfältigen Einsatz- und Betriebsbedingungen in diesen Bereichen
  • Die Weiterentwicklung, Optimierung und serienmäßige Applizierung von großen Lithium-Ionen-Batterien in Off-Road Nutzfahrzeugen zur Verbesserung der Energieeffizienz unter Berücksichtigung der vielfältigen Einsatz- und Betriebsbedingungen in diesen Bereichen
  • Die Untersuchung der Möglichkeiten des Einsatzes von Elektrifizierung in Verbindung mit einer Lithium-Ionen-Batterie auf mobilen Arbeitsmaschinen, sowie landwirtschaftlichen Maschine-Gerät-Kombinationen
  • Entwicklung und Integration einer Hoch-Volt-Batterie in ein Demonstratorfahrzeug

Für den Aufbau des Demonstrators mit hybridem Antriebsstrang wurde als Basismaschine ein John Deere 7530 E-Premium gewählt. Dieser ist standardmäßig mit einem 20-kW-Kurbelwellengenerator und elektrifizierten Nebenaggregaten ausgestattet. Für die vollständige Erweiterung zum Hybrid-Traktor mit typischen Hybridfunktionen wie einer Start-Stopp-Funktion, Rekuperation, verschleißfreiem Bremsen und elektrischem Boosten wurden folgende Komponenten integriert:

  • 11,5 Kilowatt Lithium-Ionen-Batterie
  • Bidirektionale Gleich- und Wechselrichter
  • 700 Volt Bordnetz
  • Elektrische Schnittstelle zum Anbaugerät
  • Bremswiderstand

Das 11,5-kW-Batteriepaket besteht aus zwei einzelnen Batterien mit einer Kapazität von je 40 Amperestunden bei 144-V-Nennspannung. Je 40 "High-Energy-Zellen" der Firma Li-Tec sind in Aluminiumrahmen zu einer Batterie gepackt. Im Gehäuse integriert sind außerdem das Batteriemanagementsystem und ein Datenlogger. Für 10 Sekunden kann das im Traktor verbaute Batteriepaket eine Leistung von bis zu 28,8 kW liefern. Die Kühlung der Batterien ist an den Kühlkreislauf der Klimaanlage angeschlossen.

Zellen: Li-Tec HEI 40 High
Batterie Spezifikation:

Kapazität: 40 Ah
Nennspannung: 40 x 3,6 V = 144 V
Entladestrom: 40 A bis 80 A
Max. Entladestrom: 200 A (10 s)
Ladestrom: 80 A (konstant)
Max. Ladestrom: 160 A (30 s)
Lade-Temperaturbereich: 0° C bis + 40° C
Entlade-Temperarturbereich: -30° C bis +60° C
Länge x Breite x Höhe: 580 x 242 x 320 xmm³ Gewicht: ca. 60 kg

Die für die harten Anforderungen konzipierten Batterien und die Elektronik wiegen zusammen ca. 400 kg. Sie sind rechtsseitig am Traktor zwischen Vorder- und Hinterrad angebaut. Am Heck befindet sich die elektrische Schnittstelle zum Anbaugerät. Im Stecker integriert sind zusätzlich eine 12 V- und eine Iso-Bus-Schnittstelle zur Datenübertragung. In der Kombination Traktor-Anbaugerät kommen die Vorteile des Hybridtraktors zur Geltung. Das elektrifizierte Anbaugerät kann einfach per Stecker angeschlossen werden. Die Vorzüge der elektrischen Antriebe lassen sich im Anbaugerät nutzen und eröffnen völlig neue Möglichkeiten die landwirtschaftlichen Produktionsprozesse zu automatisieren und effizienter, umweltfreundlicher und kostengünstiger zu gestalten.

Saatgut, Düngemittel oder Pflanzenschutzmittel kann präziser, bedarfsgerechter und somit sparsamer ausgebracht werden. Die Funktion "Anbaugerät steuert Traktor" zeigt, welches Potenzial in vielen bisher rein mechanisch oder hydraulisch angesteuerten Anbaugeräten steckt. Zum Beispiel kann zukünftig die Fahrgeschwindigkeit des Traktors optimal dem Anbaugerät beziehungsweise dem Arbeitsprozess angepasst werden. Zurzeit arbeiten viele Hersteller von Traktoren- und Anbaugeräteherstellern an diesen Systemen. In den letzten Jahren wurden auf der Fachmesse Agritechnica bereits einige elektrischer Anbaugeräte vorgestellt. Wichtig für die Durchsetzung der Technik ist es, dass die elektrische Schnittstelle standardisiert und herstellerübergreifend eingeführt wird. Die Projektgruppe "High Voltage" der Agricultural Industry Electronics Foundation (AEF) legt momentan die Grundlagen für eine übereinstimmende Basis und treibt die Normungsaktivitäten der Branche voran.

Zusammenfassung und Ausblick

Wirtschaftliches und gewinnbringendes Arbeiten setzt den Einsatz von effizienten und leistungsstarken Maschinen voraus, die den jeweiligen Arbeitsprozess optimal und zuverlässig ausführen. Der Einsatz von elektrischen Antrieben in mobilen Arbeitsmaschinen kann dabei aus vielerlei Gründen sinnvoll sein. Forschungsprojekte wie das Verbundprojekt "LIB-Off-Road" zeigen, dass der Einsatz neuer Effizienztechnologien möglich ist, man die Abhängigkeit vom Öl reduzieren, sämtliche Emissionen minimieren und die Maschinen besser in ein multimodales Arbeitssystem integrieren kann.

Neben dem Fahrantrieb muss vor allem auch der Antrieb der Anbaugeräte, Arbeitswerkzeuge und Arbeitsfunktionen betrachtet werden. Alternative elektrische und hybride Antriebskonzepte besitzen dabei die größten Potenziale, konventionelle Antriebe abzulösen. Eine volle Nutzung der Potenziale dieser Konzepte scheitert bisher an der mangelnden Verfügbarkeit geeigneter Energiespeicher. Um voll elektrisches Fahren zu ermöglichen sowie langfristig die notwendigen Leistungen und Kapazitäten im speziellen Betriebsumfeld der Land- und Baumaschinen bereit zu stellen, sind Anpassungen und Weiterentwicklungen der Batterietechnologie notwendig.

In Anbetracht der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten ist es eminent wichtig, jede Maschine und Anwendung detailliert zu betrachten. Es gibt keinen universell einsetzbaren energieeffizienten Antriebsstrang und es macht keinen Sinn, jedes hydraulische System quasi eins zu eins durch ein elektrisches zu ersetzten. Jede Maschine braucht individuelle Lösungen. Auch die hydraulischen Antriebe werden zukünftig ihren Platz in den Maschinen haben. Große lineare Kräfte und Bewegungen lassen sich nach heutigem Stand der Technik nur mit Hilfe von Hydraulikzylindern kostengünstig, gewichts- und raumoptimiert bewerkstelligen. Entscheidend ist es, vom eigentlichen Arbeitsprozess ausgehend, die Auslegung und Dimensionierung der Aktuatoren vorzunehmen. Umfangreiche Kenntnisse der Wechselwirkung Baustoff-Maschine sowie ausführliche Analysen und Tests sind erforderlich.

Noch sind die Kosten und die Verfügbarkeit von Komponenten, die die hohen Anforderungen für den Einsatz in mobilen Arbeitsmaschinen erfüllen, problematisch. Trotzdem werden elektrische Antriebe auch in Serienanwendungen realisiert werden und sich dauerhaft durchsetzen. Eine höhere Funktionalität, die Möglichkeit die Maschinen zu vernetzen und Prozesse zu automatisieren werden neben der Reduzierung der Betriebskosten die Triebfedern alternativer elektrischer Antriebe in Baumaschinen sein. Die Entwicklung des Dieselpreises und der Kosten für geeignete Komponenten werden entscheidenden Anteil am Umfang und am Zeitpunkt haben. Des Weiteren ist für eine schnelle Marktdurchdringung elektrischer Antriebe ein hoher Stand an Wissen nicht nur in der Entwicklung, sondern auch in Handel, Vertreib und beim Service notwendig. Im Kölner Labor für Baumaschinen an der Fachhochschule Köln wird mit der Untersuchung und Entwicklung von neuen Anwendungsmöglichkeiten und Gebrauchsmustern im Bereich der mobilen Bau- und Arbeitsmaschinen die Voraussetzung für einen schrittweisen Übergang zu neuen Technologien geschaffen. Zurzeit beschäftigt sich das neuste Projekt mit dem Aufbau eines dieselelektrischen Hybrid-Straßenfertigers. Das Konzept und die Analysen versprechen eine erhebliche Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der Emissionen.

Literatur

[1] Kraftfahrt-Bundesamt (KBA): Jahresbericht 2011, Flensburg, 2012

[2] VDMA Fachverband Bau- und Baustoffmaschinen: Gutes Jahr 2011, Pressemitteilung, Frankfurt, 2012

[3] Aral Aktiengesellschaft: Preis-Datenbank, www.aral.de/toolserver/retaileurope/annualstatement.do (Stand 07.11.2012)

[4] Komatsu Europe International N.V.: Komatsu HB215LC-1 hybrid excavator makes UK debut, Press release, 2012

[5] Thiebes, Phillip: Hybridantriebe für mobile Arbeitsmaschinen, Dissertation, Karlsruhe, 2011

[6] Hannig, Florian; Smolinka, Tom; Bretschneider, Peter; Nicolai, Steffen; Krüger, Sven; Meißner, Frank; Voigt, Marco: Stand und Entwicklungspotenzial der Speichertechniken für Elektroenergie - Ableitung von Anforderungen an und Auswirkungen auf die Investitionsgüterindustrie, BMWi-Auftragsstudie 08/28, 2009

[7] Thielmann, Axel; Sauer, Andreas; Isermann, Ralf; Wietschel, Martin; Plötz, Patrick: Produkt-Roadmap Lithium-Ionen-Batterien 2030, Schriftenreihe des Fraunhofer ISI, Karlsruhe, 2012

[8] Thielmann, Axel; Sauer, Andreas; Isermann, Ralf; Wietschel, Martin: Technologie-Roadmap Energiespeicher für die Elektromobilität 2030, Schriftenreihe des Fraunhofer ISI, Karlsruhe, 2012

[9] Stellmach, Hendrik: Der Hybrid lebt, Wissensportal baumaschine.de 1(2012) www.baumaschine.de/baumaschine/2012-01.html (Stand 14.11.2012)

[10] Utterodt, Roland: Erfahrungen mit einem lärm- und emissionsarmen Straßenfertiger, Veröffentlichung auf der BAUMA 1998, München, 1998

Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Borggrebe
Autor

Kölner Labor für Baumaschinen (KLB) an der Fachhochschule Köln

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