GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Neue GaLaBau-relevante Gerichtsentscheidungen deutscher Oberlandesgerichte

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Die meisten GaLaBau-Unternehmer sind froh, wenn sie möglichst wenig mit juristischen Dingen zu tun haben. Dennoch lohnt es sich manchmal, über die neueste Rechtsprechung informiert zu sein. So sind in letzter Zeit mehrere Urteile von hohen deutschen Gerichten ergangen, die eigentlich für die GaLaBau-Unternehmer von Interesse sein sollten. Dieses Mal befasst sich mein Beitrag mit solchen neuen Urteilen.

Die meisten GaLaBau-Unternehmer sind froh, wenn sie möglichst wenig mit juristischen Dingen zu tun haben. Dennoch lohnt es sich manchmal, über die neueste Rechtsprechung informiert zu sein. So sind in letzter Zeit mehrere Urteile von hohen deutschen Gerichten ergangen, die eigentlich für die GaLaBau-Unternehmer von Interesse sein sollten. Dieses Mal befasst sich mein Beitrag mit solchen neuen Urteilen.

Nicht jeder Zuschlag führt zum Auftrag

1. Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 07.06.2019, Az. 7 U 69/18

Interessant ist die Entscheidung eines Rechtsstreites vor dem Oberlandesgericht Naumburg. Bei einer öffentlichen Ausschreibung von Straßenbauarbeiten, die für die Zeit vom 05.04.2018 bis 11.07.2018 vorgesehen waren, erhielt ein Bieter den Zuschlag, mit einer Ausführungszeit vom 04.05.2018 bis 15.08.2018, d. h. der Unternehmer sollte praktisch einen Monat später mit seinen Leistungen beginnen, als es die ursprüngliche öffentliche Ausschreibung vorsah. Der Bieter bedankte sich zwar schriftlich für den Zuschlag. Er teilte aber mit, dass er den gewünschten Ausführungszeitraum nicht bestätigen könne und kündigt Mehrkosten an, die sich später auch als drastisch (80 % mehr) erwiesen. Die Anordnung einer späteren Ausführung im Zuschlagsschreiben sieht das Gericht nicht als zulässig an. Der Bieter sei zwar im Prinzip an sein Angebot gebunden. Wenn aber der Auftraggeber in seinem Zuschlagschreiben neue Ausführungszeiten festlege, bedeute der Zuschlag allerdings nicht automatisch das Zustandekommen eines Vertrages zu geänderten Ausführungszeiten. Der Zuschlag mit neuem Ausführungstermin, stelle ein neues Angebot des Auftraggebers dar, das der Bieter keineswegs annehmen müsse. Ihm stehe es frei, dieses geänderte Angebot des Auftraggebers anzunehmen. Der Bieter könne keinesfalls zur Annahme des Angebots gezwungen werden. Ein Unternehmer ist normalerweise interessiert, auch zu einem anderen Zeitpunkt den Auftrag auszuführen. Hat er aber zu den neuen Ausführungszeiten keine Kapazitäten, kann er folgenlos den erteilten Zuschlag ablehnen. Auch wenn er zu der fraglichen Zeit lukrativere Aufträge erhalten kann, muss er sich nicht an den mit geänderten Ausführungsfristen erteilten Zuschlag binden lassen. Die Erteilung des Zuschlags zu geänderten Konditionen kommt in der Praxis häufiger mit der Konsequenz vor, dass der eigentlich an sein Angebot gebundene Bieter es sich aussuchen kann, ob er den Zuschlag zu geänderten Konditionen (Ausführungszeiten) akzeptiert oder nicht.

Wie kann der Auftraggeber das für ihn negative Ergebnis abwenden?

Anders wäre die Situation allerdings, wenn der Auftraggeber den Zuschlag auf das Angebot zu unveränderten Konditionen erteilt hätte. Damit wäre der Vertrag zwischen Auftraggeber und Bieter zustande gekommen. Unstreitig hat er bei einem bestehenden Vertrag nach § 2 VOB/B das Recht, Änderungsanordnungen vorzunehmen. Allerdings ist eine Änderungsanordnung nicht grenzenlos möglich. So ist es äußerst umstritten, ob zum Beispiel Beschleunigungsanordnungen so ohne weiteres zulässig sind. Der Unternehmer, der durch Zuschlag an den ursprünglich erteilten Auftrag gebunden ist, hätte allerdings nach § 2 Abs. 5 VOB/B aufgrund der Änderungsanordnung Anspruch auf ihm hierdurch entstehende Mehrkosten. Hier müsste dann im Einzelnen ermittelt werden, welche Mehrkosten durch den späteren Beginn unter Berücksichtigung der Kriterien des § 2 Abs. 5 VOB/B tatsächlich zu vergüten sind. Diese werden allerdings nicht mehr nach der jahrelang praktizierten Preisfortschreibung sondern nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ermittelt. D. h. für die geänderten Leistungen werden die dem Auftragnehmer entstehenden Kosten ermittelt und ihm ein angemessener Zuschlag zugebilligt (vgl. auch meinen Beitrag in Neue Landschaft, Heft 12/2019).

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Gewährleistungsfrist 2 oder 5 Jahre?

2. Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25.04.2019, Az. 5 U 91/18

Ein Auftraggeber beauftragte ein Garten- und Landschaftsbau-Unternehmen mit der Erneuerung der Terrassenanlage an seinem Wohnhaus. Auftragsgemäß sollten die alten Platten abgestemmt, entfernt und durch neue Platten im Mörtelbett auf einer vorhandenen Betonplatte verlegt werden, sowie Treppenstufen von der Terrasse zum Garten in Form von Blockstufen neu hergestellt werden. Interessant an dem Fall ist der Umstand, dass der Auftraggeber in dem Rechtsstreit seinen Rechtsanwalt verklagt hat, weil er mit der Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche beauftragt war, diese aber habe verjähren lassen, da die zweijährige Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB bereits abgelaufen sei.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob die Arbeiten an der Terrasse als Arbeiten an einem Bauwerk anzusehen sind. In diesem Fall gelte dann nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und nicht die kürzere Frist von zwei Jahren. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sieht in der Erneuerung einer Terrassenanlage mit neu im Mörtelbett verlegtem Plattenbelag keine Reparaturarbeiten mit einer zweijährigen Gewährleistungsfrist sondern als eigenes Bauwerk an, so dass der Unternehmer im vorliegenden Fall eine gesetzliche Gewährleistungsfrist von fünf Jahren gegen sich gelten lassen musste. Der verklagte Rechtsanwalt hatte Glück, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf die fünfjährige Gewährleistungsfrist angenommen hat. Damit hatte er die Gewährleistungsfrist für seinen Mandanten nicht verjähren lassen und sich dementsprechend auch nicht schadensersatzpflichtig gemacht.

Einem Unternehmer ist dringend anzuraten, seinem Auftraggeber gegenüber sich nur auf Verjährung zu berufen, wenn er sich seiner Sache sicher ist. Der Bundesgerichtshof hat bereits 2016 entschieden, dass bei bestehenden Bauvorhaben durchaus eine fünfjährige Gewährleistungsfrist gegeben sein kann, wenn die Arbeiten nach Art und Umfang für das ganze Bauwerk oder ein Bauwerksteil im Hinblick auf Konstruktion, Bestand, Erhaltung, Erneuerung oder Benutzbarkeit wesentliche Bedeutung haben, also eine Funktion für das Bauwerk erfüllen. Allzu leicht gelangt ein Richter abweichend von der Meinung eines Auftragnehmers zu dem Ergebnis, bei den Arbeiten handele es sich nicht nur um eine Reparatur, sondern um ein eigenes Bauwerk, das der fünfjährigen Gewährleis tungsfrist unterfalle. Es lohnt sich für einen Unternehmer dementsprechend nicht, vorschnell sich auf Verjährung zu berufen.

Vorsicht bei Formvorschriften

3. Beschluss des OLG Naumburgs vom 26.11.2018, Az. 2 U 38/18

Vorsicht bei Verträgen mit Städten und Gemeinden! In Deutschland herrscht zwar nach wie vor Vertragsfreiheit. Selbst Verträge mit größerem Auftragsvolumen können ohne weiteres mündlich geschlossen werden, auch wenn Juristen aus gutem Grund hiervon abraten und sich für schriftliche Verträge aussprechen. Schon in Goethes Faust heißt es zu Recht:

"Denn was man schwarz auf weiß besitzt, das kann man getrost nach Hause tragen".

Wie der vom OLG Naumburg entschiedene Fall zeigt, reicht bei Städten und Gemeinden selbst die Einhaltung der Schriftform nicht aus, um das Zustandekommen eines Bauvertrages annehmen zu können.

Eine Gemeinde hatte dem günstigsten Bieter für die Sanierung und den Umbau einer Kindestagesstätte den Zuschlag in Form eines Auftragsschreibens erteilt, das der Bürgermeister der Gemeinde unterschrieben hatte. Ein Dienstsiegel war jedoch auf dem Schreiben nicht angebracht. Nach Streit mit dem Auftragnehmer kündigte die Gemeinde den Bauvertrag, vergab die Leistungen anderweitig und machte sodann kündigungsbedingte Mehrkosten geltend.

War wirklich ein Vertrag zustande gekommen?

Das Gericht stellte fest, dass zwischen der Gemeinde und dem gekündigten Unternehmer überhaupt kein Vertrag zustande gekommen war. Nach der für das Bundesland einschlägigen Gemeindeordnung ist ausdrücklich vorgesehen, dass Aufträge, die nicht der laufenden Verwaltung einer Gemeinde unterliegen, wie es nun einmal größere Bauvorhaben darstellen, nur rechtsverbindlich sind, wenn sie handschriftlich vom Bürgermeister unterzeichnet und mit einem Dienstsiegel versehen sind. Derartige Formvorschriften gibt es in unterschiedlichster Ausgestaltung praktisch in jedem Bundesland. Es ist jedem Bieter dringend zu empfehlen, wenn er auf sein Angebot einen Auftrag erhält, zu prüfen, ob die landesrechtlichen Formvorschriften für die Auftragserteilung durch Städte und Gemeinden eingehalten sind oder nicht. In manchen Bundesländern können Aufträge ohne die Beifügung eines Dienstsiegels erteilt werden, andere bedürfen zweier Unterschriften und des Dienstsiegels. Hat ein Unternehmer bereits in weitem Umfang Leistungen erbracht und gerät er sodann mit der Kommune in Streit, der zur Kündigung des Auftrags führt, hat ein nicht formwirksam nach kommunalem Auftragsrecht erteilter Auftrag für den Auftragnehmer möglicherweise üble Folgen. Kommt das Gericht in einem Rechtsstreit zu dem Ergebnis, wegen des Verstoßes gegen Formvorschriften sei kein Vertrag zustande gekommen, so kann der Auftragnehmer seine Leistungen nicht zu den vertraglich vereinbarten Sätzen sondern nur nach Bereicherungsgrundsätzen abrechnen, d. h. im Zweifel erleidet der Unternehmer erhebliche finanzielle Einbußen. Es sollte sich deshalb jeder Unternehmer, der mit Kommunen baut, zuvor schlau machen, welche Formvorschriften für die Erteilung von Aufträgen seitens der Kommunen beachtet werden müssen.

Wie soll sich der Unternehmer verhalten?

Erhält ein Unternehmer ein nicht formgültiges Zuschlagsschreiben, sollte man unbedingt auf Nachbesserung (bspw. ein nachträgliches Anbringen des Dienstsiegels) bestehen. Die gesetzlich normierten Förmlichkeiten für Aufträge von Städten und Gemeinden werden von der Rechtsprechung durchaus ernst genommen. Hier gibt es keine disponiblen Ordnungsregelungen sondern nur zwingendes Recht. Zu beachten ist, dass derartige Formvorschriften auch für maßgebliche Nachträge gelten. Hieran wird insbesondere seitens der Unternehmer viel zu wenig gedacht. Kommt es zwischen Unternehmer und der Kommune zum Streit über Nachträge, erlebe ich es immer wieder, dass man seitens der Kommunen sich auf die gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten zu berufen versucht, um auf die missliebigen Nachträge nicht bezahlen zu müssen.

Haftung für die Funktion einer Leistung?

4. Urteil des OLG Koblenz vom 27.09.2016, Az. 4 U 674/14, hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des BGH vom 21.11.2018, Az. VII ZR 263/16 zurückgewiesen

In dem Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Koblenz verklagte ein Auftraggeber den Auftragnehmer, der Betonsteinpflaster zu verlegen hatte. Der Auftragnehmer hatte sich an die detaillierte Beschreibung des Leistungsverzeichnisses sowohl bzgl. des Untergrundes als auch des Pflasterbelages gehalten. Kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist beanstandete der Auftraggeber, dass sich die Pflastersteine gelockert und sich Risse gebildet hätten. Nach Durchführung eines gerichtlichen Beweisverfahrens und Feststellung der Mängel, klagt der Auftraggeber einen Kostenvorschuss in Höhe von über 500.000 Euro ein. Der Auftragnehmer verteidigt sich in dem Rechtsstreit damit, dass er sich genau an das ihm vom Auftraggeber zu Verfügung gestellte Leistungsverzeichnis und den dortigen Beschrieb gehalten habe. Insbesondere habe die beschriebene Ausführung der Dehnungsfuge dem seinerzeit geltenden Regelwerk entsprochen.

Die Entscheidung der Gerichte

Dennoch hat die Klage des Auftraggebers Erfolg. Das Oberlandesgericht Koblenz stellt in seinem Urteil fest, das der BGH durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde bestätigt hat, der Unternehmer schulde ein dauerhaft mangelfreies und funktionstaugliches Werk. Die Gerichte nehmen bei ihrer Entscheidung eine Erfolgshaftung an. Diese soll auch gelten, wenn bei der Bauausführung die aktuell geltenden anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden und diese Regeln sich später als unrichtig erwiesen haben. Eine technisch untaugliche Werkleistung soll auch dann mangelhaft sein, wenn den Unternehmer kein Verschulden trifft, zum Zeitpunkt der Abnahme den anerkannten Regeln der Technik entsprach und sich diese erst während der Gewährleistungszeit geändert haben.

Eine äußerst harte Entscheidung der Gerichte, die jeden GaLaBau-Unternehmer mahnt, sich zu vergewissern, ob die ausgeschriebene Leistung auf Dauer funktionstauglich sein wird. Allzu leicht kann ein Unternehmer in die Haftung für eine auf Dauer nicht funktionstaugliche Leistung geraten, so dass stets anzuraten ist, nur Arbeiten auszuführen, die man aufgrund eigener Erfahrung guten Gewissens verantworten kann. Der vorliegende Fall mit einer Verurteilung von weit als 500.000 Euro für eine Ersatzvornahme zeigt, wie schnell ein Gewährleistungsfall existenzbedrohend werden kann. Hat der Auftragnehmer auch nur die geringsten Zweifel, ob die Funktionstauglichkeit für seine Arbeiten auf Dauer gewährleistet ist, sollte er lieber einmal zu viel, als einmal zu wenig Bedenken nach § 4 Abs. 3 VOB/B beim Auftraggeber anmelden und dessen Entscheidung abwarten.

Bei einem Gegenstandswert von über 500.000 Euro und der gegebenen Prozessdauer sind einschließlich Zins- und Kosten dann mehr als 600.000 Euro angefallen. Das Streiten über die Instanzen in Bausachen ist ein langwieriges und teures Vergnügen, das man sich nach Möglichkeit ersparen sollte.

Rainer Schilling
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

 Rainer Schilling
Autor

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