Neues Kompetenzzentrum für den Garten- und Landschaftsbau in Quedlinburg

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Zum Beginn des Jahres 2007 trat Sachsen-Anhalt der Norddeutschen Kooperation im gärtnerischen Versuchs- und Beratungswesen der Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, und Nordrhein-Westphalen bei. Damit entstand in Quedlinburg ein neues Kompetenzzentrum für den Garten- und Landschaftsbau im Kooperationsgebiet. Länderübergreifend werden die Versuchsvorhaben konzipiert und die Durchführungen, insbesondere bei Gemeinschaftsprojekten, koordiniert.

1937 wurde vor den Toren Quedlinburgs durch die Studiengesellschaft für Technik im Gartenbau e. V. ein Versuchs- und Forschungsinstitut gegründet, sodass inzwischen auf eine 75-jährige Arbeit im Gartenbau zurückblickt werden kann. Das 30 ha große Gelände liegt in nordöstlicher Richtung außerhalb der Stadt am Rand der Magdeburger Börde in freier exponierter Lage. Für verschiedenartigste Versuchsanstellungen im GaLaBau sind diese Voraussetzungen sehr interessant. Von 1945 bis 1990 war der Standort eine zentrale Ausbildungsstätte für alle Fachrichtungen des Gartenbaus. 1992 wurde durch das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Sachsen-Anhalt die Einrichtung als Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Technik, jetzt Zentrum für Gartenbau und Technik (ZGT) Quedlinburg-Ditfurt neu gegründet.

Historischer Abriss

Versuchsbeirat Garten- und Landschaftsbau

Im Frühjahr 2007 fand die konstituierende Sitzung des Versuchsbeirates GaLaBau in Quedlinburg statt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und mehreren personellen Wechseln in der Zusammensetzung gehören zurzeit zu diesem Gremium: Herr Stein, Geschäftsführer des Verbandes Garten, Landschafts- und Sportplatzbau Sachsen-Anhalt e. V., Herr Stania von der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt, Herr Constabel vom Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe Magdeburg, Herr Voigt von der gleichnamigen Baumschule in Priorau und aus den norddeutschen Bundesländern Herr Hagen, Fa. Hagen Baumpflege Elmenhorst/Sahms, Herr Möller, Fa. Grün- und Freiraumgestaltung Büchen, Herr Dann, Fa. Gartenbau Dann Wietzendorf, Herr Frielingsdorf, Garten- und Landschaftsbau Braunlage, Herr Jänike, Referent für landschaftsgärtnerische Fachgebiete des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Nordrhein-Westphalen e. V., sowie als Vertreter des ZGT, Herr Springer, Dr. Hobert und Dr. Schneidewind. Als fachliche Berater und Partner fungieren Frau Prof. Dr. Kausch und Prof. Dr. Kircher von der Hochschule Anhalt Bernburg, Dr. Spellerberg vom Bundessortenamt Hannover, Dr. Bilz, Gartenbauberatung Dresden und Frau Dr. Kusterer, Dezernat Pflanzenschutz der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Sachsen-Anhalt. In der vergangenen Zeit fanden bisher acht Sitzungen dieses Versuchsbeirates, einschließlich mehrerer Versuchsfeldführungen und Vor-Ort-Besichtigungen statt. Im Ergebnis des fachlichen Austausches und intensiver Beratungen wurde ein mittelfristig angelegtes Versuchskonzept erarbeitet und beschlossen, das nachfolgend in Auszügen vorgestellt werden soll.

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Straßen- und Alleebaum-Prüfungen

Im Mittelpunkt der Versuchsarbeit des Kompetenzzentrums stehen Fragen zur richtigen Verwendung und dem verantwortungsvollen Umgang mit Straßengrün. Seit 1995 erfolgt auf dem landeseigenen Gelände in Quedlinburg der schrittweise Aufbau des inzwischen größten Alleebaumprüffeldes Deutschlands. Die Anlagen umfassen zurzeit nahezu 3,5 ha mit mehr als 1400 Prüfbäumen in 274 Arten und Sorten, die unter den natürlichen Bedingungen vor Ort intensiv getestet werden. Ziel dieser Untersuchungen ist es, den verschiedensten Verwendern eine praktische Beurteilungs- und Entscheidungshilfe an die Hand zu geben, die helfen soll, die Baumverwendung und -pflege zu optimieren sowie ökologische und ökonomische Schäden zu vermeiden. Dies ist im Hinblick auf die klimatischen Veränderungen sowie die laufende EU-Osterweiterung außerordentlich bedeutsam, da für die kontinental geprägten Klimaräume Mitteldeutschlands und Osteuropas aktuelle und zuverlässige Grundlagen für die Bewertung der Arten- und Sorteneignung erarbeitet werden. Auch zukünftig ist die sukzessive Erweiterung des Prüfumfanges mit internationalen Sorteneinführungen und Neuzüchtungen vorgesehen, so dass fortlaufend der aktuelle Entwicklungsstand im Straßenbaumbereich dargestellt und das Sortenbewusstsein gestärkt wird.

Um das aktuelle Straßenbaum-Sortiment unter Praxisbedingungen testen zu können, finden zeitgleich an zahlreichen Echtstandorten in Städten sowie an Bundes-, Landes- und Kreisstraßen der Region Paralleluntersuchungen statt.

Versuche rund um die Baumpflanzung und -pflege

Fortlaufend werden von Industrie und Mittelstand neu entwickelte Materialien für die Baumpflanzung, die Anwuchssicherung und des Baumschutzes, beispielsweise Baumverankerungen und -anbindungen sowie Stamm- und Rindenschutz bei verschiedenen Baumqualitäten sowie für alle Maßnahmen der Fertigstellungs-, Entwicklungs- und Unterhaltungspflege von Jungbäumen unter Praxisbedingungen geprüft und bewertet. Das Erfassungsprogramm von Rinden- und Oberflächentemperaturen an verschiedenen Baumarten beziehungsweise unter Schutzvorrichtungen sowie der Erdfeuchte in verschiedenen Bodentiefen erbringen wichtige Erkenntnisse zur Funktionserfüllung, Gehölzverträglichkeit und Recyclingfähigkeit eingesetzter Materialien.

Zu diesem Bereich gehört auch der Gemeinschaftsversuch mit dem Kompetenzzentrum Baumschule der Norddeutschen Kooperation in Ellerhoop-Thiensen. An beiden Standorten stehen seit 2009 Tilia cordata 'Greenspire' unter gleichen vegetationstechnischen Rahmenbedingungen, die zuvor in einer Baumschule in vier verschiedenen Containertypen angezogen worden waren. Über mehrere Jahre hinweg werden die Baumentwicklung und das Auswurzelungsverhalten der Bäume, durch sukzessives Freilegen der Wurzeln bewertet.

Bundesweite Gehölzsichtung

Einen weiteren Versuchsschwerpunkt bilden die kontinuierlichen Sortimentsprüfungen bei Zier- und Wildgehölzen. In Zusammenarbeit mit dem Bundessortenamt Hannover und dem Bund deutscher Baumschulen e. V. in Pinneberg wurden im Kompetenzzentrum bisher 17 Pflanzengattungen unter den natürlichen Standortbedingungen getestet, die in bundesweite und regionale Abschlussberichte münden. Nach Abschluss dieser Gemeinschaftsversuche stehen die Sortimente für weitere vegetationstechnische Pflegeversuche, hauptsächlich zum Aspekt Schnittregime, zur Verfügung. Dadurch bleiben die Gehölzsortimente für alle Verwendergruppen, wie Planer, GaLaBauer und im Rahmen der Aus- und Weiterbildung, als wichtige Demonstrationsobjekte vor Ort erhalten.

Zwischenbilanz und Perspektiven

Insgesamt gesehen kann nach sechsjähriger Arbeit des Versuchsbeirates eine gute Bilanz gezogen werden. Ein sichtbarer Ausdruck dieser positiven Entwicklung war die im September 2012, erstmals außerhalb von Quedlinburg, stattfindende Versuchsbeiratssitzung im Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe Magdeburg, einem langjährigen Praxispartner. Im Mittelpunkt der zweitägigen Veranstaltung standen mehrere Fachreferate zu den Themen Verbreitung, Bekämpfungsmöglichkeiten und -erfolge gegen den Eichenprozessionsspinner in und um Magdeburg, Staudenmischpflanzungen im öffentlichen Grün sowie die Vorstellung der Ergebnisse von den bisherigen Stadtbaumversuchen der GALK, Arbeitskreis Stadtbäume, zur Verwendung neuer Sorten und Hybriden im innerstädtischen Straßenraum, die in Magdeburg federführend durch das Kompetenzzentrum GaLaBau durchgeführt werden. Im Rahmen von zwei thematisch gegliederten Fachexkursionen wurden sowohl die Versuchsstandorte der getesteten Stadtbäume, als auch mehrere Staudenverwendungsflächen in Magdeburg besichtigt und vor Ort intensiv diskutiert.

Gemeinsam mit der Humboldt-Universität Berlin, dem Kompetenzzentrum Baumschule in Ellerhoop-Thiensen und der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Veitshöchheim wurden im vergangenen Jahr die Grundlagen für ein längerfristiges Gemeinschaftsprojekt mit dem Titel: "Klimawandel und Baumsortimente der Zukunft" gelegt sowie mit der Beschaffung und Pflanzung des Prüfsortimentes erste Schritte vollzogen. Durch den mehrfach prognostizierten Klimawandel wird erwartet, dass sich die Standortbedingungen im urbanen Raum Mitteleuropas zunehmend verschlechtern werden und auch bisher nicht vorkommende Krankheitserreger auftreten können. Als Folge würden sich die heutigen Hauptbaumarten nicht mehr dauerhaft gut und gesund entwickeln und müssten dann frühzeitig ersetzt werden. Die Projektpartner haben sich auf die Prüfung von zunächst 20 Baumarten und -sorten mit festgelegten Prüfkriterien verständigt, um die notwendige Selektion zukunftsfähiger Bäume voranzutreiben. In einem zusätzlichen Vorhaben sollen weitere zirka 50 Gehölzarten einbezogen werden, von denen in europäischen Baumschulen bisher noch keine Baumqualitäten verfügbar sind. Mit diesen Vorhaben werden die laufenden Straßen- und Alleebaum-Untersuchungen sinnvoll erweitert.

Autor

Fachbereichsleiter Garten- und Landschaftsbau

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