Bundesregierung legt Entwurf vor

Neues Unternehmensstrafrecht birgt viele Ungereimtheiten

Seit Jahren wünschen sich verschiedene Interessengruppen, dass in Deutschland auch Firmen - und nicht nur ihre Führungskräfte und Mitarbeiter - strafrechtlich belangt werden können. Seit Juni gibt es dazu einen Entwurf der Bundesregierung. Bundestag und Bundesrat müssen nun darüber beraten. Die Pläne haben aber viele Tücken.

Wer ist schuld? Juristisch betrachtet, fällt die Antwort auf diese Frage oft schwer - es fängt schon damit an, wer überhaupt schuldig sein kann: Nach vorherrschender Meinung muss sich ein Täter aktiv für Unrecht entscheiden. Soll nun aber ein Unternehmen die Schuld für etwas tragen, müsste es über ein entsprechendes Bewusstsein verfügen.

Doch trotz dieser Grundproblematik haben die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag 2018 vereinbart, das Sanktionsrecht für Unternehmen neu zu ordnen. Inzwischen formuliert ein Referentenentwurf das "Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft"; ursprünglich war noch von einem "Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität" die Rede.

Dreierlei soll künftig fundamental anders laufen. Es soll deutlich höhere Strafen geben: Schon heute drohen Firmen Sanktionen, wenn sie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Laut Ordnungswidrigkeitenrecht liegt die Höchstgrenze für Geldbußen bei 10 Millionen Euro. Künftig wären bis zu 10 Prozent des weltweiten Konzernjahresumsatzes denkbar, unter Umständen also Milliarden.

Der Ermessensspielraum soll abgeschafft werden: Bislang entscheidet die zuständige Staatsanwaltschaft, ob sie nur gegen Firmenbosse oder auch gegen das Unternehmen ermittelt. Dieses sogenannte Opportunitätsprinzip soll es nicht mehr geben: Bei einem Anfangsverdacht muss auch gegen die Firma ermittelt werden. Und: Für Wohlverhalten wird ein Bonus eingeführt. Wenn Unternehmen eine gute Compliance-Struktur haben, also intern alles tun, um Straftaten zu verhindern und aufzuklären, soll sich das sanktionsmildernd auswirken, genauso wie eine umfassende Kooperation mit den Behörden.

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Wirtschaftsvertreter zweifeln Nutzen an doch die Pläne des Ministeriums haben eine Menge Fallstricke. Es droht Doppelbestrafung: In Deutschland gibt es viele Personengesellschaften, deshalb könnte es in der neuen Rechtslogik leicht zur Bestrafung einer Person auf zwei Kanälen kommen - als Mensch und als Firma. Das widerspricht aber dem juristischen Grundsatz, dass man nicht mehrfach für das gleiche Vergehen bestraft werden darf.

Es entsteht neue Bürokratie: Es soll sich positiv auswirken, wenn Firmen Fehlverhalten im eigenen Haus aufspüren. Doch entsprechende Compliance-Abteilungen und interne Ermittler kosten Geld und verursachen bürokratischen Aufwand. Vor allem, wenn die Erkenntnisse später wohlsortiert an die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden sollen. Letzteres ist auch juristisch problematisch - denn wer zukünftig wem was wann noch vertraulich mitteilen kann, ist dann schwer nachvollziehbar.

Es kann zu Mithaftung kommen: Indem auch die Firma zur Rechenschaft gezogen wird, können unschuldige Mitarbeiter zumindest indirekt bestraft werden - zum Beispiel, wenn sie aufgrund hoher Strafzahlungen ihren Job verlieren. Auch das Entstehen eines Generalverdachts ist nicht auszuschließen: Wird künftig strafrechtlich gegen Firmen ermittelt, würden sämtliche Beschäftigten schnell unter Generalverdacht gestellt - schließlich sucht die Öffentlichkeit die Schuld weiterhin bei Individuen.

Oft arbeiten Behörden am Kapazitätslimit: Schon heute sind Staatsanwaltschaften und Gerichte oft überlastet. Wenn künftig umfassend gegen Firmen ermittelt und Anklage erhoben wird, dürfte das das System weiter lähmen.

Aus all diesen Gründen zweifeln viele Wirtschaftsvertreter daran, dass das geplante Gesetz mehr nutzt als schadet. Sie argumentieren, dass die bisherigen rechtlichen Instrumente - richtig angewendet - ausreichen, um Unternehmen auf dem Pfad der Tugend zu halten.

iwd

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