GaLaBau und Recht: Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Neues Urteil des BGH: Einwurf-Einschreiben vom Gericht akzeptiert

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Wichtige Briefe und Urkunden hat der Verfasser in seiner Rechtsanwaltskanzlei niemals per Einwurf-Einschreiben versandt, da die Versendeform rechtlich umstritten war. Ich wusste, dass beim BGH ein Rechtsstreit zu dem Thema anhängig war, ob die Versendung mittels Einwurf-Einschreiben in allen Fällen genügt oder nicht. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 27.9. 2016, Az. II ZR 299/15 für Klarheit gesorgt.

Die Deutsche Post AG hat fünf verschiedene Einschreiben im Angebot:

Notwendige Versendung per Einschreiben

  • das Einwurf-Einschreiben,
  • das Einschreiben,
  • das Einschreiben eigenhändig,
  • das Einschreiben/Rückschein und
  • das Einschreiben eigenhändig/ Rückschein

In Verträgen und auch insbesondere in manchen gesetzlichen Bestimmungen wird wegen der Bedeutung der Sache oder aus Nachweisgründen häufig die Übermittlung einer Willenserklärung zwingend per Einschreiben gefordert. So zum Beispiel in § 51 GmbHG.

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Dort ist die Einberufung der Gesellschafterversammlung geregelt. Die Einladung zur Gesellschafterversammlung muss nach der Vorschrift per Einschreiben erfolgen. Weiteres Beispiel ist § 21 GmbHG. Soll ein Gesellschaftsanteil eingezogen werden (Kaduzierung), weil ein Gesellschafter die geschuldete Einlage nicht gezahlt hat, bedarf es nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zum einen einer Zahlungsaufforderung und zum anderen einer Androhung, dass im Falle der Nichtzahlung der Gesellschaftsanteil eingezogen wird. Für diese gravierende Folge sieht der Gesetzgeber ausdrücklich das Formerfordernis des Einschreibens zwingend vor. In den Gesetzen, die ein Einschreiben verlangen, wird an keiner Stelle zwischen den von der Deutschen Post AG angebotenen unterschiedlichen Einschreibeformen differenziert. Als die Post im Jahr 1997 die Versendeform des Einwurf-Einschreibens einführte, waren die Gesetze, die ein Einschreiben verlangen, schon jahrelang in Kraft (z. B. wurde das GmbHG in seinem ursprünglichen Wortlaut am 20.05. 1898 im damaligen Reichsgesetzblatt bekannt gemacht). Jahrzehntelang gab es nur das Übergabe-Einschreiben. Nach der Einführung des Einwurf-Einschreibens als neue Versendeform, sah sich der Gesetzgeber nicht veranlasst, eine Klarstellung im Gesetzestext vorzunehmen, so dass hierzu - wie so oft - die Rechtsprechung herhalten musste.

Der vom BGH entschiedene Rechtsstreit

Im konkreten Fall hatte der BGH zu entscheiden, ob die Einziehung eines Gesellschaftsanteils rechtmäßig war oder nicht. Im Schrifttum wurde zum Teil von kompetenten Juristen die Meinung vertreten, dass sowohl bei der Einladung zur Gesellschafterversammlung als auch bei der Einziehung eines Gesellschaftsanteils als Versendeform nur das Übergabe-Einschreiben und nicht das Einwurf-Einschreiben in Betracht komme. Bei dem vom BGH zu entscheidenden Fall war bei der Einziehung des Gesellschafteranteils allerdings nur die Versendeform des Einwurf-Einschreibens gewählt worden. Als einzigen Grund brachte der durch den Einzug des Anteils betroffene Gesellschafter das Argument vor, die Einziehung seines Anteils sei nicht rechtens, da man ihm gegenüber die Versendeform des Einwurf-Einschreibens und nicht die des Übergabe-Einschreibens gewählt habe. In seiner Entscheidung hat sodann der BGH sich mit der Versendeform des Einwurf-Einschreibens näher befasst und im Einzelnen die Unterschiede zum Übergabe-Einschreiben detailliert dargestellt. Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile kam der BGH sogar zu dem Schluss, dass es bei dem Übergabe-Einschreiben mehr Zugangsschwierigkeiten gebe als bei dem Einwurf-Einschreiben. Hier reiche bereits die Ablieferung der Sendung in den Briefkasten des Empfängers. Die Möglichkeit der Zugangskontrolle sei bei beiden Einschreibeformen gleich und hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Postlaufs gäbe es auch keine Qualitätsunterschiede. Entgegen der in der Literatur teilweise vertretenden Meinung ist der BGH nach Abwägung aller Vor- und Nachteile der Meinung gewesen, die Versendeform des Einwurf-Einschreibens als vollgültiges Einschreiben anerkennen zu können.

Großer Nutzen für die Praxis

Die Entscheidung des BGH hat in der Praxis große Bedeutung, da es gerade bei größeren Gesellschaften bei Einladungen zu Gesellschafterversammlungen mittels Übergabe-Einschreiben häufig zu Problemen gekommen ist. Ist der Empfänger vom Postboten nicht zu erreichen, legt der Postbote bei einem Übergabe-Einschreiben einen Benachrichtigungszettel in den Briefkasten des Empfängers. Die Sendung wird dann bei einem mitgeteilten Postamt sieben Werktage zur Abholung bereitgehalten (Samstag ist ein Werktag). Holt der Empfänger das Einschreiben nicht ab, so gilt es als nicht zugegangen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gilt der Zugang des Benachrichtigungsscheins nicht als Zugang des Einschreibe-Briefs (so z. B. BGH, Urteil vom 11.07.2007, Az. XII ZR 164/03). Wegen Zugangsschwierigkeiten kam es häufig vor, dass Gesellschafterversammlungen darunter litten, dass nicht alle Gesellschafter ordnungsgemäß geladen waren. Mit dem vom BGH gebilligten Einwurf-Einschreiben sind diese Schwierigkeiten weitgehend behoben.

Der Verfasser muss allerdings einräumen, nicht immer positive Erfahrung mit der Versendeform des Einwurf-Einschreibens gemacht zu haben. Es kam durchaus vor, dass Postboten Einwurf-Einschreibe-Sendungen in Briefkästen geworfen haben, die kein Namensschild trugen. Der Postbote vermutete damals, dass der Briefkasten zum Empfänger gehören würde. Eine derartige Vermutung ist nicht zulässig. Ebenso verhielt es sich in dem Fall, als ein Empfänger von seinem Briefkasten bewusst das Namensschild entfernte, weil er verzogen war und sich dies aber noch nicht beim Postboten herumgesprochen hatte. Beim Einwurf-Einschreiben ist der Absender weitgehend auf die Sorgfalt des Postboten vor Ort angewiesen, so dass man im Einzelfall stets überlegen sollte, ob man sich nicht doch lieber des Übergabe-Einschreibens bedient.

E-Mail als Versendeform

Ich möchte in diesem Beitrag keine ausführliche Abhandlung zur Wirksamkeit der Übersendung von Willenserklärungen per E-Mail machen. Für die Übermittlung von Willenserklärungen ist zwischenzeitlich die Übersendung per E-Mail Gang und Gebe. Die wenigsten machen sich darüber Gedanken, dass in manchen Vorschriften eine schriftliche Übermittlung verlangt wird. Nach der bisher hierzu ergangenen Rechtsprechung ist man großzügig gewesen und hat in vielen Fällen die Übermittlung per E-Mail akzeptiert. Allerdings sind auch einige Parteien in Rechtsstreiten, die sich auf die Übermittlung per E-Mail verlassen haben, bei Gericht unterlegen. Dies gilt insbesondere im Falle des § 13 Abs. 5 VOB/B. Dort ist bestimmt, dass die erste schriftliche Rüge eines Mangels dazu führt, dass nach Zugang des schriftlichen Nachbesserungsverlangens eine neue Zwei-Jahres-Frist in Lauf gesetzt wird. In zwei Urteilen des Oberlandesgerichtes Frankfurt und einem weiteren des Oberlandesgerichts Jena wurde von den Gerichten entschieden, dass eine Mängelrüge mittels E-Mail der Schriftform nicht genügen soll und dementsprechend eine verjährungsunterbrechende Wirkung nicht gegeben sei. In den Fällen dieser drei veröffentlichten Urteile kamen die Gerichte jeweils zu dem Schluss, dass mangels Unterbrechung der Verjährung die Ansprüche auf Mängelbeseitigung verjährt waren. Die herrschende Meinung hält diese von den beiden Gerichten vertretende Ansicht für unzutreffend und meint auch die Mängelrüge mit Nachbesserungsverlangen per E-Mail gelten zu lassen. So lange allerdings zu diesem Punkt keine ausreichende Rechtssicherheit gegeben ist, sei vorsichtshalber empfohlen, Mängelrügen, die zur Verjährungsunterbrechung nach § 13 Abs. 5 VOB/B dienen sollen, zumindest per Einwurf-Einschreiben zu versenden.

Neue Gesetzestexte

Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren bei Erlass von neuen Gesetzen der Versendeform per E-Mail in gewissem Umfang Rechnung getragen. In neuen Bestimmungen verlangt man praktisch nirgendwo mehr die Schriftlichkeit einer Willenserklärung. Fast immer wählt der Gesetzgeber jetzt das Wort, dass die Willenserklärung "textlich" übermittelt wird. Eine E-Mail genügt in jedem Fall den Erfordernissen einer textlichen Übermittlung.

Telefax als Alternative

Auch wenn langsam die Übermittlung per Telefax außer Mode kommt, sei darauf hingewiesen, dass im Gegensatz zur Übermittlung per E-Mail die Gerichte bei Telefax keine Bedenken haben, die Übermittlung des Textes an den Empfänger als "schriftlich" anzusehen. Nachdem der Bundesgerichtshof seine strenge Rechtsprechung zum Beweis des Eingangs eines Telefaxes beim Empfänger gelockert hat, sollte man ernsthaft überlegen, statt der Versendung einer Willenserklärung per E-Mail dem Telefax ausnahmsweise einmal den Vorzug zu geben.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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