Perfekte Bühne für die Kunst
von: M. A. Sibylle EßerKunstvolle Gärten sind durch alle Zeiten entstanden: von den sagenumwobenen hängenden Gärten der Semiramis in Babylon über römische Palast- und mittelalterliche Klostergärten, bis hin zu zeitgenössischen Inszenierungen. Kunst manifestiert sich in diesen grünen Paradiesen aber nicht nur in der Gestaltung - sondern auch in der Integration von Skulpturen und Plastiken. Das eine erhöht das andere. So hat die Kunst auch auf Bundes- und internationalen Gartenschauen und in den mit ihnen entstehenden Parks in Deutschland einen hohen Stellenwert.
Initiator der ersten großen Kunstausstellung auf einer BUGA, der "documenta", war der Kasseler Kunstprofessor und Designer Arnold Bode. Anlässlich der Bundesgartenschau 1955 gelang es ihm, mehr als 670 Exponate von 148 Künstlern vorzustellen. Schwerpunkt dieser ersten Ausstellung war die Abstrakte Kunst der 1920er und 1930er-Jahre. Ein unerwarteter Ausstellungserfolg löste bekanntlich den Impuls für die Wiederholung der documenta aus, die sich heute die weltgrößte Ausstellung zeitgenössischer Kunst nennt. In der Tradition der documenta präsentierten auch die nachfolgenden Gartenschauen Kunst vor grüner Kulisse. Hervorzuheben ist zum Beispiel die BUGA in Essen 1965, auf deren Gelände, dem heutigen GRUGA Park, aktuell mehr als 40 Kunstobjekte zu entdecken sind. Zum Beispiel Werke von Alfred Hrdlicka, Gerhard Marcks, Auguste Rodin, Georg Kolbe, Henry Moore und dem Bildhauer-Ehepaar Matschinsky-Denninghoff, das für seine monumentalen abstrakten Skulpturen aus Chromnickelstahl-Röhren bekannt ist.
Zur BUGA Koblenz 2011 unterstützte das Museum Ludwig
Zur BUGA Koblenz 2011 konnte das Museum Ludwig hinzugezogen werden, das sowohl in seinen Räumen wie auch auf dem BUGA Gelände Exponate zur Verfügung stellte. Damit hatte man gleich Kuratorinnen gewonnen: die Direktorin des Museums, Dr. Beate Reifenscheid-Ronnisch und die Frankfurter Galeristin Heike Strelow. Kunst leistete auf der Bundesgartenschau Koblenz 2011 einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung von Gartenräumen. Durch sie konnten die Besucher auch bekannte oder vertraute Dinge aus einem neuen Blickwinkel sehen. Dabei war sie kein dekoratives Beiwerk, sondern setzte sich mit dem jeweiligen Ort auseinander.NL-Stellenmarkt
Zentral positioniert bildete etwa im Blütengarten die Figur "Alchemy" von Jaume Plensas - eine Mischung aus Mensch und Pflanze - das Ineinander-Verwobensein von Mensch und Natur ab. Den Blick für eine Zwischenwelt voller ungehörter Geräusche eröffnet HD Schrader, der mit einer Sound- und Objektinstallation die Kommunikation der Fledermäuse erlebbar werden ließ. Michele Brodys "Grass Skirts", die Reifröcke, spielten im Schlossgarten mit den aristokratischen Bildern. Ihre Skulpturengerüste waren mit einem Stoffkleid überzogen, aus dessen Taschen Grashalme wuchsen. Im Verlauf der Zeit veränderte sich die Skulptur durch das ständig wachsende Gras, das im Stoff seine Spuren hinterließ.
Vorläufer IGA Berlin 2017 setzte auf partizipatorische Prozesse
Wieder einige Gartenschauen später, auf der IGA Berlin 2017, kuratierte Katja Assmann eine Kunstausstellung mit neun internationalen Künstlerinnen und Künstlern, die Skulpturen, Installationen und Klangarbeiten sowie partizipatorische künstlerische Prozesse im Park vorstellten. So faszinierte das Spiegelkabinett des dänischen Künstlers Jeppe Hein die Besucher, in dem es die Natur und die gestalteten Gärten reflektierte. Es durfte benutzt und angefasst werden. Katja Aßmann hatte Künstler gebeten, sich Gedanken zum Thema "Sichten einer Landschaft" zu machen.
Ihre Auswahl fiel auf Berliner Protagonisten, bei denen klar war, dass sie nicht zur kleinteiligen Introspektion neigen, sondern nach draußen gehen, Feldforschung leisten und das Umfeld einbeziehen. Wie es Serafina Lenz mit ihrer Performance "Anspiel" machte, die an verschiedenen Orten des Parks stattfand und Bewohner von Marzahn-Hellersdorf, dem Veranstaltungsort, mit einbezogen.
Zusammenspiel internationaler und regionaler Künstler auf der BUGA Heilbronn
Die BUGA Heilbronn 2019 hat ein ganz eigenes und sehr spannungsreiches Kunstkonzept entwickelt. 2017 wurden dazu gemeinsam mit den städtischen Museen erste Konzeptideen auf der BUGA und in der Stadt entwickelt, um das Thema in einer besonderen Qualität zu spielen. Heilbronn ist als Skulpturenstadt bekannt. Man zog die Stuttgarter Kulturmanagerin Helga Irion und den Bildhauer Matthias Dämpfle als Kuratoren bei der Erarbeitung des Kunstkonzeptes hinzu. Es steht unter dem Motto "Transformation einer Stadtlandschaft". Hierbei galt es eine adäquate Verknüpfung mit dem BUGA Konzept der Garten- und Stadtausstellung zu finden. Die Kuratoren haben sich intensiv mit den Inhalten der BUGA auseinandergesetzt und geschaut, welche Künstler und Formensprachen in die "Atmosphären" und zu den besonderen Orten der Bundesgartenschau Heilbronn passen. Sie konnten renommierte Künstler wie Alice Aycock und Erwerdt Hilgeman von den Ideen der BUGA und der vielgestaltigen neuen Stadtlandschaft begeistern, so dass diese gern ein Kunstwerk für die Kunstausstellung zur Verfügung stellten.
Sammlung Würth als Leihgeber
Die BUGA Heilbronn versteht sich als Bühne für die Kunstszene Baden-Württembergs. Es wurden Künstler, die entweder in Baden-Württemberg geboren wurden oder kreativ wirken, zu einem Wettbewerb eingeladen, um ortsspezifische Kunstobjekte auf Zeit zu entwickeln. Die regionale Kunstszene präsentiert ihre Vielfalt in kleinen Ausstellungscontainern. Als besonderes Highlight der Kunstausstellung werden acht Leihgaben aus der Sammlung Würth an ausgewählten Orten präsentiert. Horst Antes, Heinrich Brummack, Anthony Caro, Eduardo Chillida, Jaume Plensa und Niki de Saint Phalle werden Akzente setzen. Zudem greift die Kunstausstellung zeitgenössische Ströme wie den Hyperrealismus auf. Dazu haben die Werke von Carole Feuerman die Besucher der Biennale von Venedig und die Kuratoren der BUGA Heilbronn in den Bann gezogen.
Rolle der Kunst auf dem BUGA Gelände
Die Kunstausstellung wird einen kontrastierenden Gegenpol zu den gärtnerischen, architektonischen und städtebaulichen Ausstellungsinhalten schaffen. Die vielfältigen Werke von nationalen und internationalen Künstlern sollen mit den "Atmosphären" der Bundesgartenschau in den Dialog treten, mit den Sehgewohnheiten der Besucher spielen, zum Reflektieren und Hinterfragen anregen. Der Besucher kann die Kunst in der Parklandschaft selbst entdecken. Ein Kunstparcours zum Abschlendern soll die Kunstausstellung somit nicht sein. Für den Kunstinteressierten sind zusätzlich spezielle Führungen zur Kunst auf der BUGA angedacht. Ein Novum ist sicher auch, das Besucher insbesondere mit Künstlern der regionalen Kunstszene ins Gespräch kommen können. Der Künstlerbund Heilbronn, der Zigarre Kunst- und KulturWerkHaus e. V. und die Produzentengalerie B27 prräsentieren ContainerArt. Verschiedene Künstler zeigen ihre Werke in Wechselausstellungen in Seecontainern und sind zu bestimmten Zeiten vor Ort präsent.
Was bleibt nach der BUGA von der Kunst?
Leihgaben und temporäre Installationen werden nach Abschluss der BUGA abgebaut. Die BUGA Heilbronn 2019 GmbH setzt auf ein Kunsterlebnis, das als eine schöne Erinnerung beim Publikum nachklingt. Noch heute sprechen viele Heilbronnerinnen und Heilbronner vom Skulpturenpfad anlässlich der Landesgartenschau 1985 zwischen Innenstadt und Wertwiesenpark. Es ist aber nicht ausgeschlossen, das vielleicht doch etwas von all dem dauerhaft bleibt, wenn sich Interessenten und Sponsoren finden lassen.