Wirkmechanismen gewinnen im Klimawandel an Bedeutung

Pilznetzwerke regulieren den Trockenstress in Böden

Forschung und Bildung
Die NanoSIMs ermöglicht es, Elemente und Isotope an Oberflächen von Zellen sowie chemische Veränderungen gut nachzuweisen. Foto: André Künzelmann/UFZ

Wenn Böden austrocknen, hat das einen negativen Einfluss auf die Aktivität von Bodenbakterien. Forscher des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung (UFZ) konnten nun mithilfe modernster Analyse- und bildgebender Verfahren zeigen, dass Pilze die Aktivität von Bakterien in ausgetrockneten und nährstoffarmen Habitaten erhöhen, indem sie sie mit Wasser und Nährstoffen versorgen. Die Fähigkeit der Pilze, Trockenstress in Böden zu regulieren und so für den Erhalt von Ökosystemfunktionen zu sorgen, ist gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels eine wichtige Erkenntnis.

Hyphen durchziehen das Erdreich

Als feines Geflecht dünner Fäden - sogenannter Hyphen - durchziehen viele Pilze das Erdreich. Auf der Suche nach Wasser und Nährstoffen wachsen die Hyphen in unterschiedlichste Richtungen und vergrößern so stetig das Pilznetzwerk. Wird der Pilz fündig, werden Wasser und Nährstoffe aufgenommen und durch die Hyphen transportiert. So werden auch die Teile des Pilzgeflechts gut versorgt, die sich beispielsweise in trockenen oder nährstoffarmen Bereichen des Bodens befinden. Von dem Transport durch die Pilz-Pipelines profitiert aber offenbar nicht nur der Pilz selbst: Auch Bakterien werden auf diese Weise mit lebenswichtigem Wasser und Nährstoffen beliefert. Das konnte jetzt ein UFZ-Forscherteam in seiner aktuellen im Fachmagazin Nature Communications erschienenen Studie zeigen. "Dass Pilze, was den Feuchtigkeitshaushalt von Böden angeht, eine wichtige Rolle spielen, wird schon lange vermutet", sagt UFZ-Umweltbiotechnologe Prof. Matthias Kästner. "Nun konnten wir mit Methoden der Sekundärionen-Massenspektrometrie (Nano-SIMS und ToF-SIMS) der am UFZ etablierten Forschungsplattform ProVIS endlich den experimentellen Beweis erbringen."

In ihren Untersuchungen haben die Forscher den Wasser-, Substrat- und Nährstofftransport durch die Hyphen mikroskopisch kleiner Pilze genauer unter die Lupe genommen. Dafür ließen sie die Pilze auf einem Nährmedium aus Wasser, Glucose und stickstoffhaltigen Nährstoffen wachsen. Die Pilz-Hyphen mussten dabei eine trockene und nährstofflose Zone passieren, um dann in einen neuen Bereich mit Nährmedium hineinzuwachsen. In der unwirtlichen Übergangszone befanden sich Sporen des weitverbreiteten Bodenbakteriums Bacillus subtilis. Sporen sind inaktive Dauerstadien von Bakterien, die ausgebildet werden, wenn für das bakterielle Wachstum nicht genügend Wasser, Nahrung und Nährstoffe vorhanden sind. Die Bakterien befinden sich dann in einer Art Tiefschlaf, aus dem sie nur erwachen, wenn die Lebensbedingungen für sie wieder günstiger werden.

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Wasser mit Isotopen markiert

Und in der Tat verbesserten sich diese im Experiment durch das Wachstum der Pilze: "Als die Pilz-Hyphen durch die trockene Zone hindurchwuchsen, keimten die Sporen der Bakterien aus, und wir konnten eine eindeutige mikrobielle Aktivität feststellen", sagt UFZ-Umweltmikrobiologe Dr. Lukas Y. Wick. "Die Pilze haben die Umweltbedingungen für die Bakterien offensichtlich verbessert und sie aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt." Doch was genau passiert auf chemischer Ebene, wenn in unmittelbarer Nähe von Bakteriensporen Pilz-Hyphen wachsen? Um das herauszufinden, hatten die Wissenschaftler das Wasser, die Glucose und die stickstoffhaltigen Nährstoffe des Nährmediums für die Pilze vorab mit sogenannten stabilen Isotopen markiert. Sollten diese Stoffe vom Pilz in die Bakterien übergehen, wäre dies mithilfe der Isotopenmarkierung und der NanoSIMS-Methode auf kleinster Skala und räumlich hochaufgelöst nachweisbar. "Mit der NanoSIMS-Methode ist es möglich, die Verteilung von Atomen und Molekülen und so auch Stoffwechselprozesse sichtbar zu machen", erklärt Kästner. "Und tatsächlich konnten wir in den Bakterien die stabilen Isotope des markierten Wassers, der Glucose und den stickstoffhaltigen Nährstoffen nachweisen, die nur die Pilze liefern konnten."

Mit ihrer Studie ist den UFZ-Forschern eine weitere wichtige Erkenntnis über Pilze und ihre wichtige Funktion in Böden gelungen: Pilze stellen Pumpstationen und Pipelines für Wasser, Substrate und Nährstoffe dar, können unwirtliche Standorte besiedeln und für Bakterien erschließen - und so die mikrobielle Aktivität im Boden ankurbeln. In vorherigen Untersuchungen konnten die Forscher bereits zeigen, dass Pilz-Hyphen für Bakterien als eine Art Pilz-Autobahn fungieren, auf denen sie sich fortbewegen können und ein Hotspot für bakteriellen Gentransfer darstellen. Wick: "Die Ergebnisse unserer aktuellen Studie zeigen erneut, dass Pilze durch ihre Interaktion mit Bakterien eine bedeutende und bislang unterschätzte Rolle im Ökosystem Boden spielen."

Pilze stabilisieren in Trockenperioden

Ist ein Boden zum Beispiel durch Schadstoffe belastet, können diese durch Bakterien abgebaut werden. Ist der Boden allerdings zu trocken, kommen die Abbauprozesse zum Erliegen. "Ist die Trockenperiode zeitlich begrenzt, wirken Pilze stabilisierend und können die Bodenprozesse am Laufen halten. Das könnte gerade in Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels von Bedeutung sein, wenn das Verhältnis von trockenen zu feuchten Bodenbereichen dramatisch zunehmen wird", sagt Kästner. In zukünftigen Untersuchungen wollen die Forscher daher noch näher an das echte Ökosystem Boden heran. "Wir wollen Bodenexperimente unter unterschiedlichen Umweltbedingungen durchführen und herausfinden, welchen Einfluss das Pilzwachstum dann jeweils auf den Schadstoffabbau hat", sagt Wick und ergänzt: "Es ist wichtig, dass wir die Rolle der Pilze für das Ökosystem Boden noch besser verstehen. Denn nur wenn wir wissen, wie Böden funktionieren, können wir auf Veränderungen wie zum Beispiel durch den Klimawandel mit sinnvollen Entscheidungen reagieren." Susanne Hufe

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