Auch ein Thema auf der demopark in Eisenach

Regiosaatgut für die freie Landschaft

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Auf der ca. 4.000 m² großen Rasenfläche der Sonderschau Rasen in Eisenach, die speziell mit einer Rasentragschicht angelegt wurde, werden in einem Sonderprogramm Innovationen zur Rasenpflege sowie zur Bewertung von Rasenqualitäten vorgestellt. Als Grundlage einer dauerhaften Rasenfläche stehen naturgemäß die Gräserarten und die Leistungen der Gräsersorten im Mittelpunkt der Bewertung von Rasenmischungen.

Hierzu bietet die Sonderschau Rasen die einzigartige Möglichkeit, in den Rasen-Versuchsparzellen im Gelände der demopark die wichtigsten Zuchtsorten von Lolium perenne, Poa pratensis, Festuca rubra, Festuca ovina bis zu Festuca arundinacea in Reinsaat hinsichtlich Blatttextur, Blattfarbe oder Narbendichte zu vergleichen.

Qualitätskriterien für die Rasenmischungen bilden dabei die Erfahrungen aus den RSM-Mischungen der FLL sowie die Einzelbenotungen des Bundessortenamtes, die gerade in der aktuellen "Beschreibenden Sortenliste Rasengräser 2012" veröffentlicht wurden.

Neben den reinen Gräservarianten für die Rasennutzung können sich die Besucher auch einen Eindruck zur Entwicklung von Kräutermischungen verschaffen. Dabei werden Neuansaaten sowie Demonstrationsparzellen zur mehrjährigen Sukzession von Gräser-Kräutermischungen gezeigt.

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Erstmalig werden bei der demopark in Eisenach auch Flächen außerhalb der Rasenanlage mit "Regiosaatgut" angesät, sodass Fachbesucher, die sich für die Ansaat in der freien Landschaft interessieren, praktische Beispiele vorfinden werden.

Begrünung in der freien Landschaft

Für zahlreiche Verwender von Mischungen des Landschaftsrasens Typ RSM 7 oder der Biotopentwicklungsflächen Typ RSM 8 wird es zukünftig eine Neuorientierung geben, wenn es darum geht, Flächen in der freien Natur zu begrünen.

Zum Thema "Gebietseigenes Saatgut" bearbeitet derzeit ein FLL-Regelwerksausschuss ein neues Regelwerk, das unter dem Arbeitstitel "Empfehlungen für Begrünungen mit gebietseigenem Saatgut" im Herbst 2013 veröffentlicht werden soll.

Zwei Themenbereiche werden in diesem RWA der FLL berücksichtigt und somit in zwei separaten Teilen in das Regelwerk einfließen: Im Teil A "RSM Regio" werden sogenannte "Regel-Saatgut-Mischungen Regiosaatgut" erarbeitet. Im Teil B "Naturraumtreues Saatgut" geht es dann um die Bereiche "Mähgutübertrag", "Druschgutübertrag" und "Oberbodenübertrag". Beim Frühjahrsseminar der Deutschen Rasengesellschaft Ende April 2013 in Nürtingen ging es schwerpunktmäßig um die Belange zur Thematik "Regiosaat".

Der Leiter des RWA "Regiosaat", Dr. Frank Molder, legte mit seinen Ausführungen zum Thema: "Begrünung mit gebietseigenem Saatgut - Bericht aus dem FLL-RWA Gebietseigenes Saatgut", die Grundlage für die zukünftige Einschätzung und Bedeutung bei der Anwendung von Regiosaatgut. Er machte deutlich, dass die Notwendigkeit zur Erarbeitung eines Regelwerkes aus den gesetzlichen Verpflichtungen des Bundesnaturschutzgesetzes abgeleitet wurde. Darin heißt es in § 40 (4) (Novellierung 01.03.2010) "Das Ausbringen gebietsfremder Pflanzen in der freien Natur ist ohne Genehmigung nicht gestattet." Betroffen sind Arten inkl. Unterarten u. Teilpopulationen (n. BNatSchG § 7 (2) u. RL 93/626/EWG).

Unter dem Begriff "freie Natur" versteht sich der gesamte Außenbereich außerhalb von Siedlungsgebieten oder -anlagen. Grünflächen an Verkehrsanlagen sind freie Natur (BMU 2012, Ortner 2004), Ausnahmen gelten für den Anbau von Pflanzen in der Land- und Forstwirtschaft. Es besteht eine zehnjährige Übergangsregelung (bis 1. März 2020).

Bereits zuvor gab es rahmenrechtliche Vorgaben, aber seit 2010 ist die Rechtsgrundlage konkreter geworden, § 40 (4) BNatSchG gilt jetzt bundes-unmittelbar und muss von den Ländern umgesetzt werden, ohne dass Abweichungsmöglichkeiten bestehen.

Nach Molder (2013) heißt es: "Der Begriff Regiosaatgut im Sinne dieser Empfehlungen definiert sich über die Aussagen und Qualitätsvorgaben des Regiosaatgut- und Regiopflanzgut-Konzeptes (Prasse et al. 2010, s.a. regionalisierte-pflanzenproduktion.de). Das Konzept liefert mit seinen 22 Ursprungsgebieten und den jeweiligen Positivlisten der potenziell zu verwendenden Arten sowie mit den entwickelten Sammel-, Vermehrungs- und Zertifizierungsstrategien eine fundierte und abgestimmte Grundlage für die Abgrenzung des Begriffes und die Erstellung von Regiosaatgut-Mischungen."

Er erklärt weiter: "Die Begrünung mit naturraumtreuem Saatgut definiert sich über die Verwendung von Saatgut bzw. Diasporengemischen aus derselben naturräumlichen Haupteinheit (dreistellig nummeriert bei Meynen u. Schmithüsen, 1953-1962), in dem auch der Ausbringungsort liegt. Als Begrünungsverfahren, die sich für die Ausbringung oder Übertragung von Saatgut sowie Diasporengemischen/-substraten aus naturraumtreuen Herkünften anbieten, sind Mähgut- und Druschgutübertrag sowie Oberboden- und Sodenübertrag, aber auch die Aussaat mit auf entsprechender Naturraumebene gesammeltem/zwischenvermehrtem Saatgut aufzuführen."

Aus der Sicht der Praxis erscheint es sinnvoll, bei der Realisierung der Vorgaben eine Übergangsfrist bis zum Jahre 2020 zu gewähren, damit sich ein geeigneter Saatgutmarkt entwickeln kann und entsprechende Erfahrungen in den Regionen gesammelt werden können. Hierzu dient auch die Einrichtung von zunächst acht Produktionsräumen, sodass die Bereitstellung von Saatgut für die geforderten Arten gewährleistet ist. Die Umsetzungsbemühungen in den Fachbehörden nehmen inzwischen zu.

Definition Regiosaatgut

Regiosaatgut ist ein Begriff für Saatgut von Wildpflanzen, das über Handsammlungen in definierten Herkunftsräumen gewonnen und in bestimmten Produktionsräumen ohne züchterische Veränderungen für räumlich festgelegte Einsatzgebiete vermehrt wird. Es garantiert eine regionale Herkunft. Lokale Herkünfte lassen sich in Absprache mit Betrieben, die sich auf die Vermehrung und den Vertrieb von Wildpflanzen spezialisiert haben, produzieren. Sie sind naturschutzfachlich vorzuziehen. Der Erzeugung von Regio-Saatgut bzw. Regiosaaten sollen zukünftig 22 Herkunftsgebiete zugrunde liegen (s. Abbildung 1). Die Produktion der Samen erfolgt zurzeit in acht Produktionsräumen.

(Quelle: www.naturschutzinformationen-nrw.de/mahdgut/de/fachinfo/methoden/regiosaatgut)

Einsatzmöglichkeiten und Eignung

Der Haupteinsatzbereich ist die Anlage der verschiedenen Grünlandgesellschaften, wenn keine geeigneten Spenderflächen für die Mähgutübertragung bzw. für die Heudruschsaat zur Verfügung stehen. Das gezielte Einbringen von Arten in artenarme Grünlandbestände ist ein weiteres Einsatzgebiet. Die Flächen lassen sich sicher begrünen. Durch die Vermehrung der lebensraumtypischen Charakterarten wird die Artenzusammensetzung plan- und vorhersagbar.

Produktion von Regiosaatgut

Beim DRG-Rasenseminar in Nürtingen erläuterte Dr. Walter Bleeker in seiner Präsentation zum Thema "Regiosaatgut - Gewinnung, Aufbereitung und Kosten" die historisch gewachsene Entwicklung des Spezial-Saatenbetriebes Zeller beginnend mit der Handsammlung von Gräsern und dem ersten Kraut, der Schafgarbe, bis hin zur Vermehrung in ausgewählten landwirtschaftlichen Betrieben. Inzwischen wird die Produktion von 250 Arten in 80 Vermehrungsbetrieben von drei Produktionsstandorten aus organisiert.

Entscheidend ist immer noch die Handsammlung, damit aus den 22 definierten Herkunftsregionen geeignetes Pflanzenmaterial bereitgestellt werden kann. Die Ernte des Ausgangsmaterials ist immer mit einem intensiven Arbeitsaufwand und hohen bürokratischen Hürden verbunden. Zur Gewährleistung der Qualität ist in jedem Falle Fachpersonal erforderlich.

Für die eigentliche Vermehrung werden aus den Samen Einzelpflanzen vorkultiviert, bevor sie dann im Feldanbau ausgepflanzt werden.

Ziel ist der großflächige Anbau, damit die Kosten für Regiosaatgut erschwinglich bleiben. Als Preis für eine Grundmischung wurden 50 Euro/kg genannt, bei einer Saatstärke von 4 g/m².

Ein wichtiges Instrument bei der Zusammenstellung der Mischungen ist die Positivliste, um zu vermeiden, dass seltene Arten als Regiosaatgut erscheinen.

Ausschreibung von Regiosaatgut

In Nürtingen stellte Martin Degenbeck in seinem Referat "Ausschreibungspraxis für Wildsaatgut in Deutschland - Tipps für die Praxis, die rechtlichen Grundlagen sehr anschaulich und übersichtlich dar. Er unterstrich an Hand einiger Beispiele die Verantwortung von Auftraggeber AG und Auftragnehmer AN bei der Erstellung rechtlich einwandfreier Ausschreibungstexte.

Die Umsetzung der Richtlinie EU-RL 2010/60/EU zum 15.12.2011 in nationales Recht führte zur "Erhaltungsmischungsverordnung (ErMiV)". Durch eine Änderung im Saatgutverkehrsgesetz ergab sich die Legalisierung des Handels mit Wildpflanzensaatgut aller Arten zu Naturschutzzwecken. Die Inverkehrbringer müssen eine Zulassung nach §3 ErMiV beantragen.

Bei nachweislichem Saatgutmangel im Ursprungsgebiet (UG) darf bis 2020 aus dem benachbarten UG (siehe 22 Herkunftsregionen) geliefert werden (§ 4 (2) ErMiV).

Für die Praktiker verwies er auf einige Punkte, die häufig fehlerhaft ausgeschrieben werden:

  • Unkritische Übernahme von Standardpositionen.
  • Zu ungenaue Standortbeschreibung.
  • Artenzusammensetzung nicht standortgerecht oder nicht der regionalen Flora entsprechend.
  • Keine Marktsondierung, ob gewünschte Leistung überhaupt verfügbar ist.
  • Keine Herkunftsnachweise verlangt.
  • Fehlende Kontrolle der Lieferungen.
  • Keine wettbewerbsneutrale Formulierung.

Er machte deutlich, dass in dem neuen Regelwerk der FLL konkrete Hinweise für die Ausschreibung von Regiosaatgut enthalten sein werden.

Für die 22 Herkunftsregionen wird es jeweils vier unterschiedliche Mischungsvarianten geben:

  • Grundmischung,
  • Standort mager sauer,
  • Standort mager basisch,
  • Standort feucht.

Diese Basismischungen können projektspezifisch mit naturraumtreuem Saatgut (ca. 500 Naturräume) oder lokalem Saatgut ergänzt werden.

Zur Einhaltung und Umsetzung der geforderten Kriterien ist es notwendig, dass ein entsprechendes Qualitätsmanagement etabliert wird. Der Staat überlässt es den Produzenten kontrollierbare Systeme zu erarbeiten und deshalb existieren derzeit zwei Zertifizierungssysteme für Regiosaatgut. Eine Schlussfolgerung des Referenten lautete: "Wer Qualität fordert, darf nicht nur auf den Preis schauen und muss selbst kontrollieren."

Fazit

Die geplanten FLL-Empfehlungen zum Thema "Gebietseigenes Saatgut" müssen als eine Chance verstanden werden, Fakten für Genehmigungsbehörden zu schaffen. Die aktuellen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes zur Verwendung von gebietseigenem Saatgut in der freien Landschaft, aber auch die vom Bundessortenamt geleistete Umsetzung einer neuen europäischen Richtlinie bzgl. "Ausnahmeregelungen für das Inverkehrbringen von Futterpflanzensaatgutmischungen zur Erhaltung der natürlichen Umwelt" in nationales Recht sind wichtige rechtliche Grundlagen für die Arbeit des FLL-RWA.

Die Forderung nach biologischer Vielfalt in der freien Natur wird bei der Berücksichtigung des Bundesnaturschutzgesetztes und der Orientierung an dem neuen Regelwerk der FLL: "Begrünungen mit gebietseigenem Saatgut", voll gewährleistet.

Mit einem deutlichen Spannungsbogen wurde das Leitthema "Regiosaatgut" beim Frühjahrsseminar der Deutschen Rasengesellschaft e.V. vorgestellt. Auch wenn es in dem einen oder anderen Falle noch unterschiedliche Auffassungen bezüglich bestimmter Definitionen gibt, so sind die Zeichen für eine Vielfältigkeit (Biodiversität) in der freien Landschaft auf "Grün" gestellt. Rasenflächen als Sport- und Gebrauchsrasen sind von dieser Entwicklung nicht betroffen und haben weiterhin ihren hohen Stellenwert im Sinne einer nutzerfreundlichen Begrünung. Besucher der "demopark+demogolf" können sich vom 23. bis 25. Juni bei der Sonderschau Rasen einen praktischen Eindruck von den unterschiedlichsten Begrünungsformen machen.

Literatur

Anonymus, 2013: Regio-Saatgut, http://mahdgut.naturschutzinformationen.nrw.de/mahdgut/de/startmahdgut.naturschutzinformationen.nrw.de/mahdgut/de/start.

BNatSchG: Bundesnaturschutzgesetz. Am 29.07.2009 vom Bundestag beschlossen (I 2542). In Kraft getreten am 01.03.2010.

ErMiV: Verordnung über das Inverkehrbringen von Saatgut von Erhaltungsmischungen (Erhaltungsmischungsverordnung): Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) v. 06.12.2011 BGBl. I S. 2641 (Nr. 65), Geltung ab 15.12.2011.

Meynen E. u. J. Schmithüsen, 1953-1962: Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. Selbstverlag der Bundesanstalt für Landeskunde. Bad Godesberg.

Molder, F., 2013: Begrünungen mit gebietseigenem Saatgut - ein neues Regelwerk der FLL, European Journal of Turfgrass Science 41, 8-11.

Prasse, R., Kunzmann, D. u. R. Schröder (2010): Entwicklung und praktische Umsetzung naturschutzfachlicher Mindestanforderungen an einen Herkunftsnachweis für gebietseigenes Wildpflanzensaatgut krautiger Pflanzen. Abschlussbericht DBU- Projekt. LU Hannover, Institut für Umweltplanung. Förderkennzeichen: Az 23931. (2008-2009) 166 S.

Autor

Vorsitzender der Deutschen Rasengesellschaft e.V.

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