Reitplatzbau: Wenn durch Vlies nichts mehr fließt

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Ob im Profireitsport, im Schul- oder Freizeitbetrieb immer stellt sich die Frage nach der Bauart und dem Aufbau der Reitplätze, die auf diehttp://cms.abz-online.com/typo3/backend.php vorgesehene Nutzung zum Beispiel als Dressur- oder Springplatz abzustimmen sind. Es haben sich unterschiedliche Bauweisen etabliert, die sich hinsichtlich ihres Aufbaus und ihrer Eigenschaften unterscheiden und zum Erhalt der sport- und schutzfunktionellen sowie der technischen Eigenschaften spezifische Anforderungen an den Aufbau und die Tretschicht und damit verbunden, an den Wasserhaushalt stellen.

Kommt es zu Funktionsstörungen, die den Wasserhaushalt des Aufbaus beziehungsweise der Tretschicht beeinträchtigen, sind die Reitplätze oftmals nur eingeschränkt oder gar nicht mehr zu bereiten (vgl. Abb. 2 a und b). Die Ursachen der Funktionsstörungen stellen sich dabei nicht immer eindeutig dar und sind oftmals das Resultat von Wechselwirkungen zwischen verwendeten Materialien, einer nicht fachgerecht durchgeführten Pflege oder nicht funktionierenden technischen Einrichtungen.

Diese Wechselwirkungen zu erkennen und die Funktionsstörung zu erklären, wird dann oftmals zur Aufgabe der Sachverständigen wie auch in dem Fall eines nicht funktionierenden Reitplatzes im südlichen Teil Deutschlands, der kurz nach der Fertigstellung erhebliche Funktionsstörungen aufwies, die sich letztlich nicht auf ein Versagen der Technik oder die Verwendung falscher Sande zurückführen ließ.

Der beschriebene Reitplatz wurde in Bauart eines Anstauplatzes, der auch als Ebbe- und Flutplatz bezeichnet wird, konzipiert und gebaut. Neben leichten Störungen, die Regeltechnik betreffend, kam es in Folge einer beeinträchtigten Wasserableitung nach Niederschlägen zu stehendem Wasser auf dem Platz. Die Niederschläge versickerten nicht und konnten nicht abgeleitet werden, wie das bei Anstauplätzen konstruktionsbedingt im Normalfall üblich ist (Abb. 3).

Durch den Wasseranstau war die Bereitbarkeit des Platzes nicht gegeben und die Belastung für die Pferde zu groß, der Reitplatz damit nicht nutzbar. Nach Untersuchungen des Reitplatzes durch das ausführende Unternehmen, mit dem Befund, dass keine Funktionsstörung vorliegen würde und alles so wie immer gebaut worden wäre, entschied sich der Auftraggeber zur Beauftragung meines Sachverständigen- und Ingenieurbüros, um die Ursache der Funktionsstörung festzustellen.

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Anstauplätze sind abgedichtete wannenartige Systeme, bei denen sich über die Regulierung des Wasserstands die Eigenschaft der Tretschicht verändern lässt. Damit ist es möglich, die unterschiedlichen physiologischen Ansprüche der Pferde bei der Reitplatznutzung zu berücksichtigen und die Festigkeit der Tretschicht an die Ansprüche der Pferde und die Art der jeweiligen Nutzung anzupassen.

Ein sehr wichtiges Detail beim Bau von Anstauplätzen, ist die Zusammensetzung der Sande, die in der Regel zweischichtig über der Abdichtung als Be- und Entwässerungsschicht und darüber als Tretschicht aufgebaut werden (vgl. Abb. 4). Die Festigkeit der Tretschicht ist unter anderem von der hydraulischen Bindung der Sande abhängig. Durch den Wasseranstau und den Erhalt des Wasserspiegels innerhalb des Aufbaus und den damit verbundenen kapillaren Aufstieg des Wassers in die Tretschicht wird eine konstante Feuchtigkeit und damit der Festigkeitsgrad in der Tretschicht erzeugt.

Durch das Absenken des Wasserspiegels lässt dich die Festigkeit des Sandes ähnlich den natürlichen Vorgängen eines Spülsaums am Meer herabsetzen. Dieses Funktionsprinzip ist mit den natürlichen Vorgängen in einem Spülsaum am Meer vergleichbar. Wird der Sand im Bereich des Spülsaumes vom Wasser überspült, verändert sich in Folge des Wasserüberschusses das Gefüge, das instabil und weich wird. Zieht sich das Wasser zurück, wird der Sand durch die verbleibende hydraulische Bindung zunehmend fester. Nimmt die Feuchtigkeit durch Verdunstung ab, verliert der Sand das Bindemittel und wird durch die abnehmende hydraulische Bindung wieder instabiler und tiefgründiger. Zum Erhalt des Funktionsprinzips muss der Sand auf der einen Seite eine gewisse Grundfeuchtigkeit aufweisen und auf der anderen Seite muss überschüssiges Wasser versickert und abgeleitet werden können.

In vielen Fällen ist die beeinträchtigte Versickerung der Niederschläge auf vertikal entwässernden Reit- oder Anstauplätzen auf die Zusammensetzung der Tretschichtsande zurückzuführen, die zu einer Verdichtung der Tretschicht in Folge eines zu hohen Anteils Schluff- oder Schlämmkorns neigen. Untersuchungen haben ergeben, dass sich ein zu hoher Schluffkornanteil, zum Beispiel unterhalb des Pflegehorizonts, in der Regel 5 cm unter der Oberkante der Tretschicht, anlagern und durch den Reitbetrieb verdichten kann.

In Folge entsteht eine wasserundurchlässige Schicht (Abb. 5), durch die das Wasser nicht versickern kann. Das Wasser staut sich je nach Randausbildung des Reitplatzes über der Tretschicht auf, der Reitplatz ist für den Reitbetrieb nicht mehr nutzbar (vgl. Abb. 2 a und b und 3).

Der erste Teil der Untersuchungen bestand deshalb in der Untersuchung des Aufbaus und der Schichtung der Sande sowie der Probenentnahme. Die Sandproben aus der Tretschicht und Dränageschicht wurden hinsichtlich ihrer Kornstruktur und Zusammensetzung zur Überprüfung an ein Labor überstellt. Um die Sickerfähigkeit der Sande zu überprüfen, wurde die Wasserinfiltrationsrate gemäß DIN EN 12616 Verfahren C bestimmt. Dafür wurde als Prüfeinrichtung ein Doppelringinfiltrometer anstatt eines Ringinfiltrometers (vgl. DIN EN 12616) verwendet, da bei der Verwendung des Doppelrings auf das Abdichten des Innenrings verzichtet werden kann und die Messergebnisse nicht beeinträchtigt werden.

Die Laboranalyse der Sande ergab eindeutig positive Ergebnisse, die zwar nicht den Anforderungen der FLL-Reitplatzempfehlung im Hinblick auf die Massenanteile des enthaltenen Schlämmkorns (Feinanteile < 0,063 mm) entsprachen, sich aber in der Praxis vielfach bewährt haben (vgl. Abb. 4). Die Infiltrationsfähigkeit der Sande bestätigte sich auch durch die guten Infiltrationsergebnisse. Als Ursache der Funktionsstörung konnten die verwendeten Sande damit ausgeschlossen werden.

Im weiteren Verlauf der Untersuchungen wurden, verteilt über die Platzfläche, mehrere Schurfgruben angelegt und ein Nivellement durchgeführt. Auffällig war, dass während der Durchführung der Schürfe kein Wasser auf der Abdichtung stand, obwohl die Pegelhöhe des Wasserspiegels im Kontroll- und Ausgleichsschacht eine Anstauhöhe von + 15 cm über Oberkante der Abdichtung aufwies (vgl. Abb. 7).

Um den Anstauvorgang und die Wasserverteilung auf der Reitplatzfläche zu erzeugen, wird Wasser aus einem Kontroll- und Ausgleichsschacht nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren, also drucklos, in Dränagerohre, bis zum Erreichen der Anstauhöhe geleitet (vgl. Abb. 4).

Der Wasserstand im Schacht entspricht grundsätzlich dem Wasserstand auf dem Reitplatz. In das System aus Dränagerohren werden in den Randbereichen außerhalb des Platzes zusätzlich Lüftungsrohre angeschlossen. Über diese wird der Gasaustausch in dem System gewährleistet. Die Lüftungsstutzen wurden ebenfalls mittels Grabung freigelegt und es wurden Untersuchungen zur Dichtigkeit der Durchdringung der Abdichtung durchgeführt (vgl. Abb. 8).

Darüber hinaus wurden die Lüftungsstutzen untersucht und es konnten Einbaufehler festgestellt werden, durch die der Gasaustausch in dem Rohrsystem verhindert wird. Die Lüftungsstutzen wiesen einen abfallenden Leitungsabschnitt auf, in dem Sperrwasser das Nachströmen und Entweichen von Luft verhindert. (vgl. Abb. 9).

Die Durchdringungen wurden nicht fachgerecht abgedichtet. Durch den Einsatz eines Kontrastmittels, das dem Wasser in dem Kontrollschacht zugesetzt wurde, konnten die Undichtigkeiten der Abdichtungsdurchdringungen nachgewiesen werden. Die Untersuchungen wurden ausgedehnt und die Dränagerohre freigelegt. Die Dränrohre wurden beim Einbau mit einem Vlies ummantelt und auf der Abdichtung verlegt. Beim Freilegen der Dränagerohre blähte sich die Vliesummantelung auf und in Bereichen mit Wasserkontakt konnte das Entweichen von kleinen Gasbläschen aus der Vliesummantelung beobachtet werden (vgl. Abb. 10).

Es ließ sich ein zischendes Geräusch vernehmen. Das Zischen entstand durch das Entweichen von komprimierten Gasen aus dem Drainagerohr. Besonders deutlich konnten diese Vorgänge nach dem Aufschneiden des Vliesmantels dokumentiert werden (vgl. Filmbeitrag unter youtu.be/dn-iqOfNmNQ), dem Zischen folgte ein schwappendes, gluckerndes Geräusch, das entsteht, wenn man eine mit Wasser gefüllte Flasche kopfüber entleert und die Luftsäule die Wassersäule verdrängt.

Die DIN EN ISO 11058:2019-09 zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit von Geotextilien und geotextilverwandten Produkten normal zur Ebene ohne Auflast beschreibt die Bedingungen, die zur erfolgreichen Durchführung der Versuche sichergestellt werden müssen. Dabei ist eine Grundbedingung, dass der gesamte Versuchsaufbau gasfrei gehalten wird. Um sicher zu stellen, dass sich keine Luft- beziehungsweise Gaseinschlüsse in dem Versuchsaufbau befinden, müssen alle Gerätschaften und Behälter, in denen sich Gase ansammeln könnten, aus Glas gefertigt beziehungsweise durchsichtig sein (DIN EN ISO 11058).

Überträgt man diese Anforderungen der DIN auf die Situation auf dem Reitplatz wird deutlich, dass ein gestörter Gasaustausch das Funktionsprinzip eines Anstauplatzes zum Erliegen bringen kann. Ebenso wird deutlich, dass ein Vlies, das wasserdurchlässig ist unter bestimmten Bedingungen nicht unbedingt gasdurchlässig sein muss. In der Regel werden die Dränrohre beim Bau eines Anstauplatzes nicht mit Vlies ummantelt, eine entsprechende Schlitzweite der Dränagerohre verhindert das Einrieseln des Dränsandes, so dass der Einsatz eines Filtervlieses nicht erforderlich ist. Bei dem verwendeten Vlies handelte es sich zudem um ein Schutzvlies, das dicker ist als ein Trenn- oder Filtervlies und andere Eigenschaften aufweist (vgl. Abb. 11).

Durch die Betrachtung und Auswertung der Untersuchungsergebnisse konnte die Ursache für die Funktionsstörung ermittelt und wie folgt erklärt werden. Damit Wasser aus den Rohren ausströmen kann, müssen nicht nur die Gase aus dem Dränrohr, sondern auch aus dem Rohr umgebenden Dränsand verdrängt werden. Ist der Gasdruck in dem Sandkörper und dem Dränrohr höher als der atmosphärische Druck, kann das Wasser die Luft nicht verdrängen und in Folge auch nicht aus dem Rohr in den Sandkörper einsickern, so wie es in den Schurfgräben im Rahmen der Untersuchungen festgestellt werden konnte. Die Vliesummantelung wirkt wie eine Barriere, durch die die Verdrängung der Luftsäule beziehungsweise der Gase aus dem Rohrsystem zusätzlich erheblich beeinträchtigt wird.

Die eingebauten Belüftungsrohre haben, bezogen auf die Dimension der Leitungslänge und durch den fehlerhaften Einbau der Belüftungsstutzen, den Gasaustausch in dem System verhindert und damit nicht ihre Funktion erfüllt. Das nach dem Öffnen des Vliesmantels unter Druck austretende Gas weist darauf hin, dass sich die Gase in den Dränrohren zunächst aufgestaut haben und durch das einströmende Wasser nicht aus dem Rohrsystem entweichen konnten. Durch das nachströmende Wasser wurden die Gase komprimiert und dadurch die Verteilung des Wassers in den Rohren blockiert. Dass sich Luftsäule und Wassersäule in dem System gegenseitig behindern, ließ sich mit dem Aufschneiden des Vlieses in der Schurfgrube dokumentieren und nachweisen. Die Untersuchung hat zweifelsfrei ergeben, dass die Luftsäule das Austreten des Wassers zunächst verhinderte. Nach dem Aufschneiden des Vlieses konnten die Gase entweichen und durch die Wassersäule verdrängt werden, so dass das Wasser aus den Rohren in die Schurfgrube nachströmen konnte.

Mit den gewonnenen Erkenntnissen lässt sich letztlich auch die Überstauung des Reitplatzes mit Niederschlagswasser erklären, denn die Barrierewirkung des Vliesmantels und der Innendruck in den Dränagerohren verhindert ebenso das Einsickern des überschüssigen Wassers in das Rohrsystem und damit die Ableitung des Überschusswassers über die Überlaufvorrichtung des Kontroll- und Ausgleichschachtes. Um die Funktionsfähigkeit des Anstauplatzes herzustellen, ist es notwendig, die Vliesummantelung der Dränagerohre zu entfernen.

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