Revitalisierung des Schlossgartens der Eutiner Residenz

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Im Jahr 2013 wurde ein öffentlich gefördertes Programm zur Restaurierung des Schloss- und Küchengartens Eutin auf den Weg gebracht. Fast 3 Mio. Euro standen zur Verfügung, um den Eutiner Residenzgarten möglichst umfassend in einen seiner Bedeutung angemessenen Zustand zu versetzen. Schloss- und Küchengarten werden wesentlicher Bestandteil der Landesgartenschau Eutin 2016 sein.

In den zurückliegenden Jahren waren insbesondere das Schloss und Gartengebäude Gegenstand umfangreicher Bauarbeiten. Ein Schwerpunkt der nun durchgeführten Maßnahmen war die Überarbeitung des gesamten Vegetationsbestandes und Wegenetzes nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten. Der innerhalb des Schlossgartens liegende Küchengarten, der viele Jahre brach lag, wurde wiederhergestellt und bepflanzt. Der Eutiner Schlossgarten stellt mit dem von Herzog Peter Friedrich Ludwig (1755-1829) auf der Grundstruktur einer barocken Vorgängeranlage geschaffenen Landschaftsgarten das wohl bedeutendste Gartendenkmal des Bundeslandes Schleswig-Holstein dar und gilt als eines der herausragenden Gartenkunstwerke der Aufklärungszeit in Deutschland. Herzog Peter Friedrich Ludwig hatte auf einer fast zweijährigen Englandreise viele bedeutende Landschaftsgärten besucht und dabei Anregungen für die ab etwa 1786 begonnene Gartengestaltung in Eutin gesammelt. Zur Attraktivität des Gartens trägt nicht zuletzt seine malerische Lage am Großen Eutiner See bei. Mit der Zeit hatte sich die Gartenanlage jedoch so verändert, dass die ursprünglich vorhandenen gestalterischen Qualitäten mehr und mehr verblassten. Dem entgegenzuwirken, war ein Ziel der in den Jahren 2014/2015 realisierten Maßnahmen.

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Gehölzbestand

Der Schlossgarten Eutin, der seit 1992 im Eigentum der Stiftung Schloss Eutin ist und von der Stadt Eutin gepflegt wird, verfügt mit über 100 Baumarten über einen sehr beachtlichen Gehölzbestand, der zum Teil noch aus dem Barock stammt. Besonders beeindruckend ist die östlich des Schlosses entlang des Seeufers in Nord-Süd-Richtung verlaufende, mit hohen alten Linden bestandene Allee. Obwohl bereits im Jahr 1788 gepflanzt, bietet sie trotz einiger Ausfälle nach wie vor ein sehr geschlossenes Bild. Auch viele Sträucher, die in den Einkaufslisten aus der Zeit um 1800 verzeichnet sind, lassen sich noch heute im Garten finden.

Die Arbeiten im Gehölzbestand begannen im Februar 2015 mit Fällungen und Rodungen. Nach einer artenschutzrechtlichen Bewertung und in enger Abstimmung mit den Denkmal- und Naturschutzbehörden wurden insbesondere Gehölze entfernt, die wertvollen, zu erhaltenden Baumbestand bedrängten oder historische Sichten verdeckten. Die teilweise ausufernden Strauchbestände wurden durchgearbeitet und Arten mit aggressiver Ausbreitungstendenz wie Gemeine Schneebeere und Blutroter Hartriegel reduziert. Zur Wiedererlangung einstiger Artenvielfalt und gestalterischer Qualität wurden einige verloren gegangene Straucharten nachgepflanzt und historische Baumstandorte wiederbesetzt. Besonderes Augenmerk lag dabei auf so wichtigen Gartenbereichen wie der Umgebung des Schlosses, des Großen und des Kleinen Wasserfalls, des Tuffsteinhauses und des Monopteros im Tempelgarten. Letzterer wurde um 1796 angelegt und stellt sowohl den topographischen als auch inhaltlichen Höhepunkt der Parkgestaltung dar.

Im Ergebnis dieser Arbeiten wurden teils beeindruckende Gartenräume wiedergewonnen. Sichten, insbesondere auf den Großen Eutiner See mit dem zum Schlossgarten gehörenden Seepavillon, sind wieder erlebbar. Um ein dem Charakter des Gartens angemessenes harmonisches Bild zu erlangen, sind jedoch beständige Nacharbeiten und Korrekturen erforderlich. Insofern konnten die 2015 realisierten Gehölzarbeiten nur eine Grundlage für die weiteren Pflegearbeiten schaffen.

Wege und Sitzplätze

Das Wegesystem im Eutiner Schlossgarten folgt den Prinzipien des Englischen Landschaftsgartens, besonders dem von Lancelot Brown begründeten Gestaltungsprinzip der Gürtelwege (belt-walks). Die Wegebreiten variieren und bilden ein hierarchisches System. Die Lindenallee ist der breiteste Weg des Schlossgartens und gleichzeitig der Auftakt des Rundgangs. Sie folgt im Verlauf einem während der Zeit des französischen Gartens angelegten Heckenweg und führt den Besucher in den Schlossgarten. In der Blickachse der Allee steht am südlichen Ufer des Gartenteichs eine Statue der Göttin Flora.

Wichtige Wegebeziehungen sind weiterhin der innere Ring um den Küchengarten und der äußere Ring um den Großen Piependiek, dem Teich im Südosten des Gartens, und den Monopteros.

Eine Besonderheit im Eutiner Wegesystem ist der "Philosophische Gang", ein schmaler Uferweg entlang des Großen Eutiner Sees, der seinen Ursprung bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hat. Prägende Gehölze der unregelmäßigen Alleepflanzung sind bis heute überkommen. Leider ist der Erlebniswert des Uferweges durch eine Freilichtbühne empfindlich gestört.

Die Parkwege werden täglich von zahlreichen Besuchern genutzt und sind ständig stark beansprucht. Im Zusammenhang mit der oft feuchten Witterung führte dies dazu, dass sich die Wegedecken in teilweise sehr schlechtem Zustand befanden. Ihre umfassende Sanierung war deshalb ein Schwerpunkt der Maßnahme. Zur Ermittlung der historischen Wegetrassen und -breiten erfolgten im Zuge der Arbeiten Suchschürfungen. Die neuen Wege wurden entsprechend den Befunden hergestellt. Ein Ergebnis der Schürfungen war die Feststellung, dass überraschend viele Wegeabschnitte durch Natursteinrinnen gesäumt waren. Diese Rinnen wurden instand gesetzt und ergänzt. Generell erhielten alle Wege- und Platzflächen wassergebundene Wegedecken. Als Material fand ein Naturkies aus der nahe gelegenen Grube Malente-Kreuzfeld Verwendung, der traditionell im Schlossgarten zum Einsatz kommt. Der realisierte Regelaufbau der Wege basiert auf einem bereits früher erarbeiteten Gutachten.

An besonderen Standorten, von denen sich reizvolle landschaftliche Szenerien und Sichten boten, standen früher weiße Parkbänke in klassizistischer Form. 2015 wurden 22 Kopien der historischen Bank hergestellt. Sie ersetzen die zuletzt vorhandenen Bänke, deren Gestaltung dem Wert und der Bedeutung des Eutiner Residenzgartens nicht gerecht wurde. Vier historische Sitz- beziehungsweise Aussichtsplätze wurden wiedergewonnen.

Wassersystem

Ein weiteres Teilprojekt war die Revitalisierung des historischen Wasserregimes. Seit der Anlage des Englischen Gartens verfügt der Eutiner Schlossgarten über vier durch Gräben miteinander verbundene Teiche. Auch zwei Wasserfälle gehören dazu. Bauliche Veränderungen im Einzugsbereich des den Garten versorgenden Gewässers führten in der Vergangenheit häufig zu starken Schwankungen der Zuflussmengen, so dass insbesondere die Wasserfälle oft nicht betrieben werden konnten. Über eine neu installierte Leitung wird nun das Wassersystem des Gartens bei Bedarf zusätzlich mit Wasser direkt aus dem Großen Eutiner See versorgt.

Eines der weithin bekannten Motive des Eutiner Schlossgartens ist der Große Wasserfall. Er entstand um 1790/91 als gestalterisches Werk des Eutiner Hofbildhauers August Friedrich Moser. Die bauliche Anlage des Wasserfalls wurde bereits vor einigen Jahren instand gesetzt. Damals nicht saniert wurden die unterhalb des Wasserfalls liegenden Wasserbecken und das Umfeld. Das holte man nun nach. Die Bassins wurde vorsichtig entschlammt, die teilweise noch vorhandene Sohlpflasterung freigelegt und fehlendes Pflaster ergänzt. Freiliegende Tuffsteine wurden geborgen, gereinigt und zur Befestigung der Uferlinie und zur Wiederherstellung der vollständig fehlenden Sohlschwelle verwandt. Eine dem Garten angepasste Holzkonstruktion ersetzt nun das zuletzt vorhandene defekte, aus grobem Beton bestehende Stauwehr. Die Reste eines historischen Holzwehres verblieben im Boden.

Auch die durch jahrelange Erosion veränderte Bodenmodellierung im Umfeld des Wasserfalls wurde korrigiert. Strauchflächen waren zurückzudrängen, Gehölzaufwuchs im Felsbereich zu roden. Vom freigelegten Plateau oberhalb des Wasserfalls ist nun wieder die Sicht zum Großen Eutiner See erlebbar.

Der sogenannte "Philosophische Gang" überquert einen kleinen Wasserfall, der ursprünglich 1774 im barocken Stil an seiner jetzigen Position vom Eutiner Hofbildhauer Johann Georg Moser für den Französischen Garten geschaffen, 1790 aber umgestaltet wurde. Wasser strömt dort über große, aufeinander geschichtete Steine in den Eutiner See. Nach Beräumung und gründlicher Reinigung wurden herabgestürzte Steine wieder aufgesetzt und deformierte Mauerabschnitte gerichtet.

Zur Überquerung der den Eutiner Schlossgarten durchziehenden Wasserläufe existieren acht Holzbrücken. Sie tragen mit ihren weißen Geländern zum individuellen Charakter der jeweiligen Landschaftsszenerien bei. In den vergangenen Jahren wurden zwei baufällige Brücken - die Duvendiekbrücke und die Chinesische Bogenbrücke - ersetzt. Nun wurden fünf weitere Brücken in das Sanierungsprogramm aufgenommen. Das Ausmaß der Schäden erforderte deren kompletten Ersatzneubau. Insbesondere die Verbindungen der Holzbauteile, die Auflager und Brückenbeläge wiesen massive Schäden durch Moderfäule auf.

Der Entwurf der Ersatzneubauten orientiert sich am Bestand, an teilweise vorhandenen Abbildungen auf Postkarten aus der Zeit um 1900 und an im Archiv gefundenen Angaben bezüglich der Holzabmessungen einiger Brückenbauteile (Bauetats 1842-1869).

Küchengarten

Im Zentrum des Eutiner Schlossgartens liegt der ab 1790 nach englischen Vorbildern angelegte Küchengarten. Er nimmt eine Fläche von knapp 2 ha ein. Geprägt wird der Garten maßgeblich durch das Orangeriegebäude, dessen Ursprung noch aus der Barockzeit datiert. Bereits 2008 bis 2011 wurde es instand gesetzt. 2015 konnte auch das "Neuholländerhaus" grundhaft saniert und in seine ursprüngliche Gestalt zurückversetzt werden.

Nachdem im Ergebnis eines VOF-Verfahrens im Jahr 2006 Lösungsansätze zur Revitalisierung des Gartens gefunden wurden, erfolgte seitdem die schrittweise bauliche Umsetzung. Im Rahmen des aktuellen Projektes wurde nun die Wiederherstellung der Grundstruktur des Küchengartens weitgehend abgeschlossen.

Hohe Backsteinmauern umgeben noch heute drei Seiten des Nutzgartens. Die Umfriedung dient als Schutz vor ungünstigen Witterungseinflüssen und begünstigt so ein spezielles Kleinklima für die Pflanzenanzucht. Mit der Errichtung eines Zauns erfolgte die Wiederherstellung der Abgrenzung des Küchengartenareals nach Osten. In Anlehnung an den historischen Zustand wurde ein etwa 20 m langer Abschnitt als Holz-Plankenzaun hergestellt. Das ebenfalls neue Tor in der östlichen Zufahrt ist eine gestalterisch den historischen Toren des Küchengartens angepasste, geschmiedete Metallkonstruktion. Die in West-Ost-Richtung verlaufende Quermauer unterteilt den Küchengarten in zwei Bereiche. Von ihr waren außer einem kleinen Abschnitt bis vor Kurzem nur Fundamentreste erhalten. 2015 wurde sie aus speziell an den Bestand angepassten Ziegelnwiedererrichtet. Die Flächen nördlich der Quermauer sollen in Verbindung mit der Orangerie künftig für Veranstaltungen genutzt werden.

Dazu wurden demontierbare Elektro-Versorgungspoller eingebaut. Für den Bereich südlich der Mauer war seit Entstehung des Küchengartens ein streng orthogonales Wegeraster nachweisbar. Dabei nahmen die Hauptwege eine Breite von 10 Hamburger Fuß (rund 2,8 m - entspricht der Breite der Eingangstore) und schmalere Nebenwege 7 Hamburger Fuß (etwa 2 m) ein.

Das Wegeraster wurde nach historischem Vorbild wiederhergestellt. Die zwischen Quermauer und Orangeriegebäude beiderseits von Wegen angelegten Klinkerstreifen dienen der Aufstellung von Kübelpflanzen. Sie bilden in der Flächengliederung einen gestalterischen Rahmen und betonen das Orangeriegebäude. Nach diesen Baumaßnahmen war eine umfassende Wiederbepflanzung des Küchengartens möglich. So wurden auf der Südseite der Mauer Formobst und Wein an neu angebrachten Holzspalieren gepflanzt.

Von den zahlreichen Obstbäumen, die den Bestand des Eutiner Küchengartens prägten, ist nur noch ein alter Apfelbaum der Sorte 'Holsteiner Cox' in der Nordost-Ecke des Küchengartens erhalten. Die Wiederbepflanzung des Gartens mit alten Obstsorten war deshalb ein wichtiges Anliegen, das dank einer großzügigen Zuwendung eines Sponsors auch realisiert werden konnte. Über 70 Obstbäume wurden in Anlehnung an die historische Quartierseinteilung gepflanzt.

Neben Spalierobst und hoch- und mittelstämmigen Obstbäumen gehörte auch niedrigstämmiges, sogenanntes Zwergobst zur Ausstattung des Eutiner Küchengartens. Bereits im Barock lassen sich hier zwei Quartiere für Formobstbau nachweisen.

Da diese Art von Obstzucht im 18. Jahrhundert in Frankreich unter Ludwig XIV sehr beliebt war, erhielt es den Namen Franzobst. Hauptanliegen war die Kultivierung von hochwertigem Tafelobst, das durch eine kesselförmig gezogene Krone besonders gut und reich gedieh. Obwohl Formobst bis ins späte 19. Jahrhundert in vielen Gärten üblich war, ist es heute in Deutschland nahezu in Vergessenheit geraten. Mit Hilfe des Eutiner Küchengartenprojektes soll Zwerg- beziehungsweise Franzobst wieder mehr Verbreitung in Deutschland finden. Im Jahr 2009 wurde eine Anzahl Obstbäume verschiedener Sorten veredelt und auf einer Fläche der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein im Gartenbauzentrum Ellerhoop kultiviert. Den sehr zeitaufwendigen und arbeitsintensiven Aufbau der Obstbaumkronen (Anzucht der Gerüstäste und Formschnitt) übernahm für sechs Jahre die Norddeutsche Fachschule für Gartenbau. Im Herbst 2015 konnten 25 Zwergobstgehölze in die Rabatten um zwei Quartiere gesetzt werden.

Bestandteile des Projektes waren zudem die Schaffung einer Skulptur und die Aufstellung von Spielgeräten, beide mit Bezug auf das Thema Küchengarten. Die Installationen wurden gemeinsam mit einem Holzgestalter entwickelt. Abgeleitet vom Schnittpunkt der Wegeachsen, wurden ein "Schnitt-Lauch-Punkt" und drei Wackelfiguren in der Form von Tomate, Paprika und Zwiebel aufgestellt.

Zur Erklärung der Geschichte, Restaurierung und Nutzung des Gartens und Erläuterung der angebauten historischen Obst- und Gemüsesorten wurden zehn Informationstafeln angebracht. Unter der Regie der Landesgartenschau Eutin 2016 gGmbH werden im Küchengarten in diesem Jahr verschiedene Themenbereiche und -gärten präsentiert. Eine anspruchvolle und nicht leichte Aufgabe wird es sein, Schloss- und Küchengarten auch zukünftig in einer ihrer Bedeutung entsprechenden Art und Weise zu bewahren und sie einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Literatur:

Thietje,Gisela: Der Eutiner Schlossgarten - Gestalt, Geschichte und Bedeutung im Wandel der Jahrhunderte, Neumünster 1994, 2. verbesserte underweiterte Auflage 2003.

Thietje, Gisela: 300 Jahre Orangerie- und Gewächshauskultur in der Eutiner Residenz, Schriftenreihe des Arbeitskreises Orangerien in Deutschland e. V., Band 5, Potsdam 2006.

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Dipl.-Ing. Kathrin Franz
Autor

Landschaftsarchitektin

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