GaLaBau und Recht: Bau-Fachanwalt Rainer Schilling empfiehlt

Vorsicht Kaufmannseigenschaft!

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Praktisch jeder im GaLaBau-Bereich tätige Unternehmer, ganz gleich in welcher Rechtsform, der sein Unternehmen führt (z. B. GmbH, OHG, e. K.), besitzt die Kaufmannseigenschaft mit der Rechte und Pflichten verbunden sind. Darüber sind sich manche Unternehmer leider nicht im Klaren. Immer wieder muss ich Mandanten darauf hinweisen, dass sie aufgrund ihrer Kaufmannseigenschaft hätten handeln müssen. Aufgrund ihrer Untätigkeit haben sie nicht wieder gut zu machende Nachteile erlitten. Auf zwei Besonderheiten, die der Kaufmann unbedingt beachten sollte, möchte ich in meinem heutigen Beitrag hinweisen:
Vertragsrecht GaLaBau
Unbedingt das Material auf Fehler oder Mängel durchsehen nach dem Kauf. Foto: Doris Gräf, Adobe Stock

Bei einem Geschäft unter Kaufleuten (d. h. Käufer und Verkäufer sind Kaufleute) findet § 377 HGB mit seinen oft gravierenden Rechtsfolgen Anwendung. Leider ist die Vorschrift gerade im GaLaBau-Bereich immer noch zu wenig bekannt. Im kaufmännischen Verkehr bestimmt der Gesetzgeber, dass der Käufer unmittelbare Prüfpflichten direkt nach Erhalt der gelieferten Ware hat. So bestimmt § 377 HGB:

1. Die Prüfpflicht des Käufers nach § 377 HGB

Handelskauf

§ 377. (1) Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen.

(2) Unterlässt der Käufer die Anzeige, so gilt die Ware als genehmigt, es sei denn, dass es sich um einen Mangel handelt, der bei der Untersuchung nicht erkennbar war.

(3) Zeigt sich später ein solcher Mangel, so muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden; anderenfalls gilt die Ware auch in Ansehung dieses Mangels als genehmigt.

(4) Zur Erhaltung der Rechte des Käufers genügt die rechtzeitige Absendung der Anzeige.

(5) Hat der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen, so kann er sich auf diese Vorschriften nicht berufen.

Das heißt nach dem Gesetz muss der Verkäufer nicht nur nachbessern, sondern auch für die wegen des Mangels anfallenden Vollkosten einstehen. Löst sich zum Beispiel einige Zeit nach dem Einbau bei gelieferten Platten die Lasur, so muss der Verkäufer der Platten nicht nur die Ware ersetzen, sondern auch die Aus- und Wiedereinbaukosten zusätzlich tragen. Diese Kosten können höher sein, als der Kaufpreis der Platten.

Gerade vor kurzem hat wieder ein Mandant von mir wegen Nichtbeachtung von § 377 HGB den Kürzeren gezogen. Er hatte im Glashandel für ein Bauvorhaben eine ganze Reihe Mehrscheibengläser bestellt, die er direkt nach der Lieferung auf der Baustelle einbaute. Später bei der Abnahme rügte der private Endkunde, dass eine ganze Reihe Gläser in den Ecken deutlich sichtbare Einschlüsse, Schlieren und Blasen aufwiesen. Der Kunde war nicht bereit, den Zustand der Gläser hinzunehmen und verlangte Nachbesserung. Das bedeutete die Nachlieferung der mangelhaften Scheiben. Hinzu kam noch, dass die recht großen Scheiben nur unter Zuhilfenahme eines Kranes ausgetauscht werden konnten. Auf die Mängelrüge meines Mandanten berief sich der Glashändler auf § 377 HGB und war weder zum Austausch der Scheiben, noch zur Rückerstattung des bereits gezahlten Kaufpreises bereit. Der Verkäufer war leider im Recht. Die Mängel an den Scheiben waren bei Auslieferung deutlich erkennbar und hätten eigentlich jedem auffallen müssen. Mein Mandant hatte seine ihm nach § 377 HGB obliegende Prüfung der Scheiben eindeutig verletzt, so dass er auf dem Schaden sitzen blieb. Erst als dem Glashändler neue Geschäfte angeboten wurden, zeigte er sich kulant und kam meinem Mandanten etwas entgegen.

Haftung für erforderliche Aufwendungen

Für Verträge, die nach dem 01.07.2018 geschlossen worden sind, sei auf die in § 439 Abs. 3 Satz 1 BGB enthaltene Regelung besonders hingewiesen. Mit ihr wird die Haftung des Verkäufers wesentlich erweitert und präzisiert. Die Vorschrift lautet wie folgt:

"Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen."

Zu beachten ist hierbei, dass ein Käufer eine als mangelhaft erkannte Sache diese nicht einbauen darf. In einem solchen Fall verliert er seine Rechte für die erforderlichen Aufwendungen. Ist ausnahmsweise ein Fall gegeben, bei dem der Käufer die mangelhafte Sache zur Vermeidung eines größeren Schadens einbauen will, muss sich der Käufer zuvor mit dem Verkäufer in Verbindung setzen, um mit ihm wegen der Ein- und Ausbaukosten eine Regelung zu treffen. Den Käufer trifft hierbei eine Schadensminderungspflicht.

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Vertragsrecht GaLaBau
Unternehmerinnen und Unternehmer sollten Bestätigungsschreiben gründlich prüfen und erforderlichenfalls widersprechen. Foto: insta_photos, Adobe Stock

Vorsicht Streckengeschäft

Gerade bei Bauvorhaben, bei denen größere oder auch zahlenmäßig recht unterschiedliche Materialien benötigt werden, vereinbaren die Kaufvertragsparteien oft die Lieferung direkt an die Baustelle und nicht an die Adresse des Käufers. Dorthin wird zum Schluss lediglich noch die Rechnung mit der Bitte um Überweisung geschickt. Eine solche Verfahrensweise nennt man hinsichtlich der Abwicklung in Fachkreisen oft "Streckengeschäft".

Im Hinblick auf die Bestimmung des § 377 HGB kann jedem Käufer im kaufmännischen Geschäftsverkehr nur dringend angeraten werden, bei der Lieferung der Kaufsache jemanden vor Ort zu haben, der das Baumaterial bei Anlieferung überprüft, ob es sich bei der angelieferten Ware um die bestellten Artikel handelt (auch Anzahl ist zu überprüfen) und der bei Beanstandungen (z. B. falsche Ware, falsche Stückzahl oder mängelbehaftete Artikel) unverzüglich für eine Rüge beim Verkäufer Sorge trägt.

Nur so kann der Käufer bei einem Streckengeschäft seine Rechte zur späteren Geltendmachung wahren. Gerade beim Streckengeschäft wird die vom Gesetzgeber vorgesehene Rügepflicht häufig nicht beachtet und führt beim Käufer unter Umständen zu nicht wiedergutzumachenden Schäden. Unterbleibt die nach § 377 HGB erforderliche Rüge, gilt die mangelhafte Ware als genehmigt und ist vom Käufer voll und ganz zu bezahlen. In den letzten Jahren hatte ich schon mehrere Fälle, bei denen Käufer wegen Nichtbeachtung von den in § 377 HGB vorgeschriebenen Rügeverpflichtungen kräftig Schaden genommen haben. Besonders tückisch ist dabei die Lieferung des Materials direkt an den Einsatzort (Baustelle) und nicht an die Adresse des Rechnungsempfängers.

2. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Im Geschäftsverkehr werden mündlich (auch telefonisch) getroffene Vereinbarungen in der Regel von einem der beiden Vertragspartner zum Zwecke des Beweises schriftlich bestätigt. Den Inhalt solcher Bestätigungsschreiben sollte man auf alle Fälle gründlich prüfen und erforderlichenfalls widersprechen. Weicht der Inhalt eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens von dem vorher mündlich vereinbarten ab und nimmt der Empfänger des Bestätigungsschreibens dieses widerspruchslos entgegen, so wird nach Handelsbrauch der Inhalt des Bestätigungsschreibens zum Vertragsinhalt.

Nur, wenn der Empfänger des Bestätigungsschreibens widerspricht, kommt es nicht zu dem im Bestätigungsschreiben ersichtlichen Vertragsinhalt. Der Widerspruch muss allerdings innerhalb einer angemessenen kurzen Frist erfolgen. Lässt man sich mit dem Widerspruch zu lange Zeit, gilt der bestätigte Inhalt. Gab es zwischen den Vertragsparteien Vertragsverhandlungen, ohne dass es zu einem Vertragsabschluss gekommen ist, so kann das Schweigen auf ein nachfolgendes Bestätigungsschreiben den Abschluss des Vertrages mit dem im Schreiben ersichtlichen Inhalt herbeiführen. Hiervon ist allerdings die im Rechtsverkehr gebräuchliche Auftragsbestätigung zu unterscheiden.

Eine reine Auftragsbestätigung selbst ist noch kein kaufmännisches Bestätigungsschreiben und erzeugt nicht dessen Wirkungen. Weicht eine Auftragsbestätigung von einem gemachten Angebot ab, so gilt die Auftragsbestätigung lediglich als neues Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB). In der Praxis ist es manchmal schwierig, den Unterschied zwischen einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben und einer Auftragsbestätigung festzustellen. Es sei deshalb dringend empfohlen, stets zu widersprechen, wenn in einem Schreiben oder in einer Auftragsbestätigung ein Inhalt wiedergegeben wird, den man als Vertragspartei nicht haben will.

 Rainer Schilling
Autor

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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