Kamingespräche des VGL Nordrhein-Westfalen

Richtige Entscheidungen fallen in komplexen Situationen schwer

VGL Nordrhein-Westfalen Politik und Verbände
Zum Dank für neue Einblicke überreichte VGL-Präsident Hans Christian Leonhards (r.) bei dem Referenten einen Landschaftsgärtner-Schirm.
VGL Nordrhein-Westfalen Politik und Verbände

"Zukunftstrends sind immer Fiktionen der Gegenwart", so der Soziologe Prof. Dr. Armin Nassehi. Daher können Ideen aus der Vergangenheit, die heute als falsch angesehen werden, damals durchaus richtig gewesen sein. Er referierte bei den jährlichen Kamingesprächen des Verbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (VGL) Nordrhein-Westfalen in Gelsenkirchen über die Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung in komplexen Situationen.

Mauerfall für Zeitgenossen nicht denkbar

Wie der Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München deutlich machte, wird im Allgemeinen an die Zukunft immer mit dem Wissen und den technischen Möglichkeiten der Gegenwart gedacht. Dabei hob der Forscher vor den mehr als 160 Gästen hervor, dass Wissen nicht nur die Lösung, sondern auch ein Problem sein kann. Denn Wissen bringt nicht nur weiter, sondern kann auch blockieren.

Als ein Beispiel kann der Mauerfall genommen werden, der für viele zu jener Zeit jenseits aller Denkbarkeiten lag. Und mathematisch gesehen war der demografische Wandel bereits in den 70er-Jahren absehbar, passte damals aber nicht in die vorherrschenden Wissens-Zusammenhänge. Ein weiteres Beispiel: Während sich Ende der sechziger Jahre Mediziner sicher waren, dass es in Zukunft keine Infektionskrankheiten mehr geben würde, erleben wir heute Ebola als tödliche Bedrohung auf die die Welt wenig vorbereitet zu sein scheint.

Politische Resolutionen nicht realistisch

Um die Komplexität der Gesellschaft beim Erdenken von Zukunft zu veranschaulichen, zog der Wissenschaftler den Klimawandel heran: Aus einer politischen Perspektive betrachtet, lässt sich der Klimawandel über Resolutionen managen. Dagegen lässt sich aus Sicht der Wissenschaft fragen, welche Zahlen überhaupt realistisch sind. Und schließlich auf die individuelle Perspektive bezogen, ist jeder dazu bereit, sich einzuschränken - vor allem dort, wo es ihm selbst nicht wehtut. Aus dieser Gemengelage ergeben sich unterschiedliche Lösungskonzepte, die in einer demokratischen Gesellschaft kontrovers diskutiert werden.

Dies wird noch verstärkt durch die neuen technischen Möglichkeiten, sich zu vernetzen. Also einfacher als früher mit Menschen in Kontakt zu treten, die eigene Erfahrungen einbringen. "Wissen verteilt sich." Und dazu kommen digitale Suchmaschinen: "Zum ersten Mal wird gefunden, was nicht gesucht wurde", betonte der Professor. "Daten lassen sich rekombinieren." Für Zwecke, für die sie gar nicht erhoben worden sind. Da stellt sich die Frage: Wie lässt sich das Unkontrollierte regulieren?

Was Führungskräfte heute brauchen

Den Worten des Soziologen zufolge werden sich in einer Welt, in der Algorithmen neue Informationszusammenhänge verfügbar machen, unsere Vorstellungen von Qualifikation und Führungseliten verändern müssen. "Qualifikation wird in Zukunft nicht mehr ein für alle Mal erworben." Bedeutet: Hochqualifizierte werden künftig nicht lange als solche gelten, Die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Weiterbildung wird ein Bestandteil unternehmerischer Strategien werden müssen, wenn es um die betriebliche Kompetenzsicherung geht.

Gebraucht werden darüber hinaus Führungskräfte für Positionen, in denen Entscheidungen getroffen werden müssen. Menschen, die über die Fähigkeit verfügen, in Situationen mit fehlenden Informationen dennoch richtige Entscheidungen zu treffen. Dies sind laut Prof. Dr. Nassehi die Eliten, die für Gesellschaft und Wirtschaft wichtiger werden. Diese Personen müssen in der Lage sein, die gesellschaftliche Entwicklung aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten und als Übersetzer komplexer Sachverhalte zu wirken.

Denn: "Das Grundmodell des klassischen Industrie- und Wohlfahrtsstaates ist in der Krise." Das Erfolgsmodell Europas, durch eine wachsende Wirtschaft einen Sozialstaat zu pflegen, wird brüchiger. Ständiges Wirtschaftswachstum ist erforderlich für eine "Umverteilung von Mitteln, die nicht vorhanden sind". Dabei ist nicht zuletzt die politische Mehrheiten-Beschaffung über Geldausgaben für bestimmte Zielgruppen in Frage zu stellen. Nassehi: "Der Sozialstaat muss neu erfunden werden."

pcw

NL-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gärtner:in mit Funktion Vorarbeiter:in (w/m/d) -..., Bremen  ansehen
Leiter*in der Abteilung Planung und Neubau sowie..., Giessen  ansehen
Bachelor Fachrichtung Landschaftsarchitektur /..., München  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

Redaktions-Newsletter

Aktuelle GaLaBau Nachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen