Schlosspark Oranienburg. Parkpflegewerk. Baumstruktur.

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Der Schlossgarten von Oranienburg ist eines der bedeutendsten Gartendenkmale im Land Brandenburg. In ihm haben sich die Grundstrukturen einer Gartenanlage der Kurfürstin Luise Henriette von Oranien erhalten, die auf das Jahr 1651 zurückgehen. Diese Anlage ist der Ausgangspunkt, der die Gartenkunst in Brandenburg und Preußen nach dem dreißigjährigen Krieg wieder zum Leben erweckt hat.

Durch den Sohn der Kurfürstin, Friedrich III./Friedrich I. König in Preußen, erfuhren Schloss und Garten 1690 durch prachtvolle Erweiterungen eine gewaltige Aufwertung und gelangten dadurch zu endgültiger Berühmtheit in ihrer Zeit. Die Wesenszüge des Gartens haben sich bis zum Anfang des 19. Jh. erhalten, wie ein Situations-Plan aus dem Jahr 1802 bezeugt. Trotz teilweisem Eintrag landschaftlicher Elemente durch die Planung von Jühlke¹ und einer Vielzahl von Eingriffen bis etwa 1980 erkennen wir selbst heute den ehemals barocken Park und können erstaunlich viele seiner übrig gebliebenen Applikationen in der "vegetativen Überwucherung" wahrnehmen. Hinsichtlich eines geschichtlichen Überblicks zur Entwicklung des Schlossparks Oranienburg verweise ich auf meinen Artikel in Stadt+Grün 2/2018.

Aufgabe und Problemstellung

Die Aufgabe von der Stadt Oranienburg war es ein Parkpflegewerk mit dem Schwerpunkt "Baumstruktur"² zu erstellen. Es hat sich mit Beginn der Bearbeitung herausgestellt, dass die für ein solches Vorhaben notwendige gartendenkmalpflegerische Grundlagenforschung nicht abgeschlossen ist. Die in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführte wissenschaftliche Forschung hat nie eine Zusammenführung gefunden und hat sich stets auf das vorangegangene Wissen gestützt ohne dies vielleicht ausreichend reflektieren zu können. Hinzu kamen durch die politische Wende und die Landesgartenschau 2009 Brüche in dieser Forschung. Wir befinden uns heute an einem Punkt, an dem wir auf eine Fülle von Ergebnissen zurückgreifen können, die sich aber ohne Vertiefung dieser Erkenntnisse nicht miteinander verbinden lassen. Mit einer vorbereitenden Untersuchung wurde versucht den Anschluss an die bisher geleistete Arbeit zu finden und zugleich festgestellt, dass in der Grundlagenforschung Lücken bestehen. Der Forschungsprozess ist also nicht abgeschlossen. Das Parkpflegewerk "Baumstruktur" fußt auf den gartendenkmalpflegerischen Grundlagen, die bisher erarbeitet wurden. Deren Ergebnis ist die Erhaltung von zwei Zeitschichten der Gartenkunst, die unterschiedlicher kaum sein können - Barock und Romantik oder die in der Romantik auflebende Landschaftskunst.

Die hier übereinanderliegenden Zeitschichten sind erkannt aber nach meiner Auffassung noch nicht endgültig in der Behandlung ihrer jeweiligen Priorität geklärt. Wir sehen durch die eingehende Beschäftigung mit dem Schlosspark einen Bedarf, das Erbe des Barock in dem, was wir noch vorfinden, neu zu definieren und ebenso die Qualität des nur teilweise umgesetzten Plans Jühlkes differenzierter zu betrachten.

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Baumstruktur

"Die häufigsten Bäume des Parks sind die Feldrüster, die kleinblättrige Winter- und die großblättrige Sommerlinde, die Winter- und Sommereiche und die Rotbuche. Zum hinteren Teil ist auch die Weißbuche [. . .] nicht selten. Hin und wieder ist eine schlanke Esche mit den gefiederten Blättern eingesprengt, [. . .] an den Rändern weißleuchtende Birken [. . .]. Auf der feuchten Wiese am Mittelweg und am Grenzgraben stehen Schwarzerlen (Alnus glutinosa), [. . .]. Am Hauptweg bilden [. . .] Roßkastanien ein schattiges Laubdach. Eine Riese unter dem Parkbäumen ist eine Schwarzpappel von bald fünf Meter Umfang. Stellenweise fallen [. . .] Silberpappeln auf. Auch die Zitterpappel [. . .] ist anzutreffen. Fichte und Edeltanne sind leider ganz verschwunden. Nur die Lärche ist noch [. . .] vorhanden. In der Nähe der großen Eiche ganz hinten im Park, unmittelbar am Wege, standen früher zwei eigenartige, mit der Akazie verwandte Bäume, Gleditschien oder Christusdorne genannt.." ³

Der raumprägende Baumbestand des Schlossparks stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die Baumstruktur ist in zwei Zeitschichten zu teilen, die sich aus dem formalen Charakter der Anlage ergeben. Alleen und Teile der Boskettpflanzungen bilden das barocke Grundgerüst der Anlage. Die Pflanzungen Jühlkes haben den Landschaftscharakter in die barocke Grundstruktur eingewebt. Hinzu kommen Strukturen, die im Zuge der Landesgartenschau 2009 in den Park eingebracht wurden. Durch bedeutende Sturmschäden des Jahres 2017 hat der Park einige Bäume verloren.

Baumalter

Die Baumaltersstruktur wurde auf der Grundlage von Planunterlagen der Stadt Oranienburg erstellt. Dabei wurden alle seit 2010 eingetretenen Veränderungen des Baumbestands eingearbeitet. Die ältesten Bäume führen etwa 220 Jahre in die Geschichte des Parks zurück und erreichen damit die barocke Phase kaum noch. Die Altersforschung mit den bisherigen Mitteln ist abgeschlossen. Es bleibt aber eine dauerhafte denkmalpflegerische Aufgabe, den natürlichen oder erzwungenen Abgang von alten Bäumen durch eine Altersbestimmung zu begleiten und zu dokumentieren.

Baummotive

Durch Jühlkes Planung 1878 und deren Realisierung in Teilbereichen ist nicht nur das landschaftliche Element in die Gartenanlage eingetragen worden, sondern der sicher größere Verdienst Jühlkes besteht darin, die barocke Anlage nicht vernichtet zu haben, sie mit neuen Alleen sogar teils wieder ins Leben gerufen zu haben. Das Planwerk Jühlkes wurde nur in Teilen umgesetzt. Das was Realität wurde, hatte nur eine kurze Verweildauer. Schon um 1900 verwischten sich auch diese Spuren ohne zu erlöschen. So ergeben sich heute im Schlosspark acht Grundmotive der Baumpflanzungen, welche barocke Strukturen oder landschaftliche Strukturen abbilden:

  • Alleen
  • Baumreihen
  • Klassische Baumgruppen englischer Art (Clumps of trees)
  • landschaftliche Baumgruppierungen
  • unregelmäßige Baumstreifen
  • Waldbosketts
  • Obstplantage im ehemaligen Küchengarten
  • Einzelbäume (z. B.: Naturdenkmal Eiche)

Entwicklungsmaßnahmen Baumstruktur

Das Gartenpflegewerk "Baumstruktur" bezieht sich nicht auf den Erhalt der vorhandenen Bäume nach den gärtnerischen Regeln ihres Vitalitätserhalts und der Baumsicherung im Zuge von Verkehrssicherungsmaßnahmen, sondern auf die denkmalwerten gestalterischen Elemente der Baumpflanzung, die als Entwicklungsmaßnahme in diese Pflege mit einbezogen werden müssen.

Es wurde geprüft und begründet, welche Bäume künftig an ihrem Standort erhalten werden sollen, welche kurz-, mittel- oder langfristig zu entfernen sind und welche Motive erneuert oder gestärkt werden müssen. Für die Maßnahmenbeschreibung wird der Schlosspark in neun Entwicklungsbereiche (E) eingeteilt.

E I

Der östliche Parkbereich zwischen Gartenportal (Parkeingang) und Boskettzone zeichnet sich durch zwei Zeitschichten aus, deren gestalterische Aspekte sich klar ablesen lassen. Er markiert den wichtigsten Teil der Landschaftsinszenierung Jühlkes und ist als Zeitschicht vollständig wieder herzustellen beziehungsweise zu erhalten. Jühlke hat die äußere barocke Fassung des ehemaligen Lustgartens mit den Alleen beibehalten. Seine Landschaftskunst orientierte sich nach innen, seine Baum- und Gehölzmotive entwickeln sich in den Wiesenraum hinein. Das große barocke Wasserbecken wurde formal in einen Teich mit geschwungenen Ufern überführt. Als Motiv sind die Alleen zu erhalten. Die Landschaftsmotive mit ihrem Gerüst aus Baumgruppen sind dargestellt, als Einzelmotive beschrieben, so zu erhalten oder wiederherzustellen. In die Entwicklungsbereiche I, VI und VII greift derzeit noch ein Schulbau ein. Für den Bereich E I ist die Arrondierung der Flächen nach dem Plan Jühlkes vorzunehmen, wenn die Schule, wie geplant, zurückgebaut wird.

E II

Der Beginn der Boskettzone mit ehemals acht großen Feldern, ist ein gestalterisch vollkommen untergegangener Raum. Er teilt den heutigen Park in zwei Teile, nämlich den Ostteil mit Jühlkes "wirklichen" Landschaftspark und den Westteil mit der Vorherrschaft barocker Grundgestalt. In E II sind die Baummotive von Jühlke nicht mehr existent. Übrig geblieben ist die im Bogen verlaufende Kastanienallee die erhalten wird und an deren Ende, am Übergang zu E I eine letzte Baumgruppe. Der gesamte Bereich E II ist durch unterschiedliche Einflüsse gestört und bedarf einer grundsätzlichen gartendenkmalpflegerischen Neufassung sobald die Schule rückgebaut ist.

In E II finden aus oben genannten Gründen vorerst keine Maßnahmen statt. Es ist die barocke Achse von der Orangerie nach Norden frei zu halten.

E III

Der Bereich behandelt nur die in ihrer barocken Grundstruktur erhaltenen vier mittleren der ehemals acht Bosketts. Die Bosketts waren dicht und plantagenähnlich bepflanzte Quartiere und wurden durch diagonal eingelegte Wege erschlossen. Die ehemals geometrische Wegestruktur innerhalb der Einzelflächen löste sich in der neuen landschaftlichen Struktur der Wege auf.

Die ehemaligen Baumpflanzungen oder deren Reste nutzt Jühlke als Grundlage seiner Gehölzpflanzungen, die sich aufgelockert darstellen. Seine Baumgruppen verlassen kaum die äußeren Begrenzungen der Bosketts, wie er auch nur verhalten Verbindungen zwischen ihnen herstellt.

Die heutige Situation zeichnet sich dadurch aus, dass vor allem die barocke Struktur am Leben gehalten wurde und die breiten Kreuze der Ost-West- und Nord-Südachsen herausgestellt sind.

Der gesamte Bereich bleibt wie er ist. Stangenholz, sofern noch vorhanden, ist auszuroden.

E IV

Das nördliche Boskett hat noch einen hohen Anteil barocker Grundstrukturen, zum Beispiel Mulden des ehemaligen Gewässers. Baummotive Jühlkes sind nicht erkennbar.

Vom südlichen Boskett aus entwickeln sich landschaftliche Gehölzformationen die den Barockrahmen verlassen. Die ehemalige Grotte in der Südwest-Ecke wird dicht mit Gehölzen gerahmt. Diese landschaftliche Ordnung ist nicht mehr erhalten und die ehemalige Grotte als Grundmauerreste unter einem Hügel begraben.

Der Bereich ist in der Südwestecke eng mit E VI verknüpft und greift in den Motiven über. E IV ist zu überarbeiten und in der denkmalpflegerischen Zielstellung zu überdenken.

E V

Der Abschluss im Westen ist im Barock mit einer Allee entlang des Abschlusskanals versehen. Jühlke stellt nur eine Baumreihe dar. Heute ist das barocke Baummotiv der Allee wieder vorhanden. Die Allee ist zu erhalten. Bäume die seitlich außerhalb der Allee stehen oder im Grabenprofil stehen, sind zu fällen.

E VI

Im Plan von 1802 verbindet ein mit Hecken gefasster Schlangenweg die Orangerie mit der Grotte. An der Südgrenze begleitet eine Baumreihe den Kanal.

Jühlkes Plan zeigt ein "Alleenfragment" ohne Abschluss im Osten und Westen. Die Südallee erhält zudem verbindende Gehölzgruppen zu den Bosketts. Die Orangerie als Motiv wird von Westen her kommend ausgeblendet und mit Gehölzen verstellt. Für E VI sind im Zuge einer Neubewertung der Zeitschichten wesentliche Entscheidungen zu treffen. Über den Umgang mit dem Bereich der ehemaligen Grotte muss befunden werden. Dieser greift über in E IV und ist vielleicht sogar als eigener Entwicklungsbereich zu definieren. Der Bereich Orangerie als barockes Element bedarf einer gartendenkmalpflegerischen Prüfung und Überarbeitung.

E VII

Vor einer den Nordkanal begleitenden Allee zeigt der Plan von 1802 Strukturen, die denen von nachgestellten kleinen Landschaften ähneln. Die wellenförmige Bewegung der Wege und Pflanzungen kann man als Pendant zur Südseite der Anlage von 1802 betrachten. Nach Süden wird dieser Bereich mit einer Baumreihe begrenzt.

Jühlkes Planung zeigt von diesen Motiven nur die Erhebung am Ostende und bezieht sie in seine Planung ein. Die kleine Erhebung, mit Bäumen bestanden, ist noch vorhanden. Ansonsten bleibt die Fläche von E VII planerisch unberührt.

Die über zwei Jahrhunderte erhaltene Schlichtheit des Bereichs besteht heute in Form einer Wiese. Entlang des ehemaligen Kanals, der heute wieder als trocken liegender Graben hergestellt ist, stehen in unregelmäßigen Abständen Einzelbäume. Bis es zu einer neuen Definition der denkmalpflegerischen Arbeit in diesem Bereich kommt, bleibt alles wie es ist. Abgehende Bäume und Sträucher sind vorläufig nicht zu ersetzen.

E VIII

Der Bereich war 1802 nur von Westen über eine kleine Brücke zugänglich und als Wiese gekennzeichnet. Der Nordkanal lag hier ohne eine begleitende Allee. Jühlke plante auf diesem Gelände nichts. Der Bereich ist im Zuge der Landesgartenschau 2009 mit einfachen vegetativen Strukturen ausgestattet worden. Sowohl die Schule wie auch die Zufahrt zu dem Grundstück liegen in diesem Bereich. Vor Rückbau der Schule und Freimachung des Geländes besteht kein Handlungsbedarf an Entwicklungsmaßnahme. Im Zusammenhang mit dem Rückbau der Schule muss für diesen Bereich die gartendenkmalpflegerische Arbeit überdacht und neu entschieden werden.

E IX

Die im ehemaligen Küchengarten stehenden Obstbäume erfüllen den gartendenkmalpflegerischen Zweck.

Der Ostteil der Fläche wird als "Grünes Klassenzimmer" genutzt.


Prolog

Das vorgelegte Ergebnis kann nicht als endgültig angesehen werden kann, weil ihm nun eine Beurteilung durch die Denkmalämter folgen muss. In der Tendenz wollen wir den barocken Elementen mehr zur Geltung verhelfen und die landschaftlichen Strukturen dort stärken und wieder in Szene setzen, wo sie sich als tatsächlich erlebbarer Landschaftspark präsentieren.


Literatur

¹ Johann Bernhard Ferdinand Jühlke * 1. September 1815, † 12. Juni 1893. Nachfolger von P.J. Lenné als Gartendirektor. Jühlke plante das landschaftliche Konzept für den Schlosspark, von dem nur Teile realisiert wurden.

² G+P Landschaftsarchitekten: Schlosspark Oranienburg. Parkpflegewerk Baumstruktur. Teil 2. Berlin 31.12.2017.

³ M. Rehberg 1926.

Dipl.-Ing. Jürgen Kleeberg
Autor

Landschaftsarchitekt BDLA, Gartenhistoriker

G+P Planungs- und Beratungsgesellschaft mbH

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