Bund, Länder und Experten legen ihre Papiere vor

So viele grüne Pläne dieses Jahr wie schon lange nicht

Förderprogramme Biodiversität
Mit einem neuen "Förderschwerpunkt Stadtnatur" hat das Bundesamt für Naturschutz seine Förderung für mehr Natur- und Grünflächen in Städten und Gemeinden ausgeweitet. Foto: Christian Fischer, Wikimedia-Commons, CC BY-SA 3.0

In kaum einem Jahr sind in Deutschland so viele grundlegende Empfehlungen und Beschlüsse für das Stadtgrün veröffentlicht worden wie 2021. Der Klimawandel und seine Folgen wie Hitze, Trockenheit und Starkregenereignisse haben die Hinwendung von Beratern und Entscheidern zu lebendigem Grün im urbanen Bereich beschleunigt. Wir fassen die wichtigsten Papiere und Dokumente zusammen.

Bundesamt für Naturschutz (BfN)

Mit einem neuen "Förderschwerpunkt Stadtnatur" im Bundesprogramm Biologische Vielfalt hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) im Auftrag des Bundesumweltministeriums im Juli seine Förderung für mehr Natur- und Grünflächen in Städten und Gemeinden ausgeweitet. Kommunen können eine Förderung von Projekten beantragen, wenn sie den Anteil an naturnahen Grün- und Freiflächen im Siedlungsbereich erhöhen und ein ökologisches Grünflächenmanagement einführen wollen.

Siedlungstypische Arten, wie Mauersegler oder Zwergfledermäuse, sollen dabei erhalten, ihre Lebensräume entwickelt und vernetzt werden. Verwendet werden soll heimisches oder gebietseigenes Saat- und Pflanzgut. Alt- und Biotopbäume müssen erhalten bleiben, auf Pflanzenschutzmittel und chemischen Dünger ist zu verzichten. Ein weiteres Ziel ist die Bewusstseinsbildung: Bürgern, Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Vereinen, Verbänden und Bildungseinrichtungen sollen der Wert und die Bedeutung von Stadtnatur vermittelt werden.

Hamburg

Die Hansestadt hat im April einen "Vertrag für Hamburgs Stadtgrün" geschlossen. Behörden, Bezirke und öffentliche Unternehmen sind seither verpflichtet, den Schutz des Hamburger Stadtgrüns zu garantieren. Rund 40 Prozent der Landesfläche sollen künftig nicht bebaut werden, sondern grün bleiben.

Das "Grüne Netz" Hamburgs mit zwölf Landschaftsachsen, zwei Grünen Ringen, Grünverbindungen und öffentliche Parks werden so geschützt. Seine Naturqualität soll durch Biotopwertsteigerung weiterentwickelt werden. Dazu beitragen sollen auch Ausgleichsflächen für Neubauten. Der Naturschutzbund NABU erwartet nun "mehr Personal in den Verwaltungen, mehr finanzielle Mittel für praktischen Naturschutz in der Stadt, mehr Monitoring in der Umsetzung, mehr Aufmerksamkeit für das Stadtgrün, Stadtklima und Lebensqualität in Politik, Verwaltung und Gesellschaft."

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Baden-Württemberg

Mehr Grün in den Städten sieht der im Mai unterzeichnete Koalitionsvertrag von Grünen und CDU in Baden-Württemberg vor: "Aufgrund der Folgen des Klimawandels kommt den Grün- und Wasserflächen in den Städten im Sinne einer 'doppelten Innenentwicklung' eine immer größere Bedeutung zu", heißt es im Abschnitt "Bauen und Wohnen". Stadtgrün, Parks und Grünanlagen seien im Rahmen der Städtebauförderung zu berücksichtigen.

Gebäudedächer, Grünflächen und Straßenräume sollen zukunftsfähig gestaltet werden, beispielsweise durch die Nutzung als Retentionsflächen. Das erhöhe zugleich die Aufenthaltsfunktion und Klimaresilienz der Stadtquartiere. Möglichst naturnah gestaltet werden die Gewerbegebiete. Pflanzen und Tiere sollen Lebensräume auf Außenanlagen, Dachflächen und an Fassaden finden. Die Klimaresilienz von Städten und Gemeinden mit Retention, Entsiegelung, Versickerung und Verdunstung will die Koalition in mehreren Modellkommunen erproben.

Umweltbundesamt (UBA)

"Die Vegetation in Siedlungen spielt eine zentrale Rolle für eine klimagerechte und -angepasste Siedlungsentwicklung", heißt es in der im Juni veröffentlichten Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 für Deutschland. Neben der Reduktion von Hitze-, Ultraviolettstrahlungs-, Luft- und Lärmbelastung sowie der Abflussminderung im Wasserhaushalt erfülle die Siedlungsvegetation wichtige Funktionen bei der Erholung und der Biotopvernetzung, schreibt Deutschlands zentrale Umweltbehörde. Mit der Bindung von Kohlenstoff und der Reduzierung des Kühlenergiebedarfs, habe sie auch eine Klimaschutzfunktion.

"Vegetation speichert im Gegensatz zu Gebäuden und versiegelten Flächen kaum Wärme und insbesondere Rasenflächen kühlen nachts schneller ab", so das Umweltbundesamt. Hinzu komme eine Kühlung durch Evapotranspiration. Grünräume könnten so zur Kaltluftversorgung von Siedlungen beitragen, vor allem wenn auf die Freihaltung von Kaltluftschneisen geachtet werde. Von besonderer Bedeutung für die Reduktion von Hitzebelastung sei, neben der Durchfeuchtung der Vegetation, der Schattenwurf von Bäumen.

Bundesbauministerium

Eine vom Stadtgrün geprägte Innenstadtstrategie hat der "Beirat Innenstadt" beim Bundesinnen- und Bauministerium im Juli vorgestellt. "Grün- und Freiflächen im direkten Wohnumfeld haben stark an Bedeutung gewonnen", heißt es in dem Papier. "Noch nie war die 'grüne Erweiterung' der eigenen Wohnung so wichtig und der Druck auf die städtischen Grünflächen so groß." Es sei ein Problem, dass viele Innenstädte nur unzureichend mit grünen und beschatteten Freiräumen ausgestattet seien.

Das Strategiepapier plädiert für die Schaffung neuer Grün- und Freiflächen auf ehemaligen Gewerbe oder Verkehrsflächen sowie auf Dächern und an Fassaden in stark verdichteten Städten. "Der Ausbau von klimaangepassten Räumen muss forciert werden und Modelle wie die Schwammstadt oder wassersensible Stadt mit biophiler Architektur, klimawandelgerechten Stadtbäumen, geringer Versiegelung, Gebäudebegrünung etc. weiter vorangetrieben werden."

Hochwassergebiete

Beim Wiederaufbau der zerstörten Städte und Gemeinden müsse dafür gesorgt werden, dass "große, stabile grüne Flächen" für überschüssiges Wasser eingeplant würden, empfahl Bauingenieurin Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker von der Universität Siegen, im Juli im Deutschlandfunk. In Städten sollten Fassaden und Dächer begrünt und Parks und Fußballfelder im Fall von Überflutungen gezielt genutzt werden, forderte Martin Weyand, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in der "Frankfurter Allgemeinen".

Für eine grüne und blaue Stadterneuerung mit mehr Bäumen und Grünflächen sowie mehr Wasserläufen plädierte Norbert Portz, Umweltfachmann des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), ebenfalls in der "Frankfurter Allgemeinen". "Wir müssen die zunehmende Verdichtung von Innenstädten zur Schaffung von Wohnraum hinterfragen", sagte Portz. Auch für Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sind mehr Grünflächen, weniger Versiegelung und der Ausbau von Hochwasser-Rückhaltebecken das A&O.

"Die Vielzahl der Programme verdeutlicht den Trend, dass sich die Politik auf allen Ebenen in die richtige Richtung bewegt", freut sich Thomas Krämer, Politik-Referent des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau (BGL). In den vergangenen drei Jahren habe sich der Klimawandel sehr deutlich durch heiße Sommer und starke Regenfälle gezeigt. Der Umbau zur klimagerechten Stadt müsse nun umso entschlossener angepackt werden. Krämer: "Wir brauchen wirksame Investitionen in die grüne und blaue Infrastruktur, die der Bund mit einer 'grünen Milliarde' langfristig fördern muss." cm

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